„Wir haben ja jetzt auch ein paar Damen bei uns“
Ingenieurinnen – Ausnahmefrauen?! – Bericht vom Workshop beim virtuellen Netzwerktreffen der Frauen in der Technik an der Hochschule
Die fortbestehende Minderheitensituation der Frauen in der Technik war das Thema des virtuellen Netzwerktreffens von WomEngineer in diesem Wintersemester. Am 25.11.2020 trafen sich dazu 15 Frauen aus allen Hochschul-Statusgruppen unter der Moderation von Eva Thul. Zwischen 6% und 28% liegt der Anteil der weiblichen Studierenden in den technischen Fachbereichen an der Hochschule. Gerade bei einem Anteil im einstelligen Prozentbereich fällt frau bei jeder Bewegung als Frau auf, unabhängig wie unterschiedlich diese wenigen Frauen in ihrer Persönlichkeit sind.
Die Ingenieurin und Gender-Wissenschaftlerin Inka Greusing hat diese Situation in ihrer Dissertation untersucht. Die Ergebnisse sind in 2019 unter dem Titel „Wir haben ja jetzt auch ein paar Damen bei uns“ erschienen, und ein Auszug daraus stellte den Input für den Workshop dar. „Das sind meiner Meinung nach echte Ausnahmen.“ – gemeint sind in diesem Zitat eines Ingenieurs Frauen, die sich für Mathematik und Mechanik interessieren. Darin zeigt sich die in den Ingenieurwissenschaften immer wieder deutlich werdende gedankliche Konstruktion, dass es Ingenieure/Männer, Nicht-Ingenieure/Frauen und „Ausnahmefrauen“ gibt, die sich in den Ingenieurwissenschaften aufhalten – „Mischwesen“, „Mannweiber“ oder ähnliche Bezeichnungen fallen hier durchaus. „Ausnahmefrau“ – davon kann es nicht viele geben, und das Zusammentun mit anderen Frauen kann gefährlich werden – also ein durchaus problematischer Status für die „Ausnahmefrau“, der durch diese Konstruktion entsteht. Wie bereichern die Frauen die Ingenieurwissenschaften? Inka Greusing findet wenig Hervorhebungen der vorhandenen Fachkompetenz, dafür wird die soziale Kompetenz der Frauen unterstrichen – was genau genommen diese Frauen aus dem fachlichen Feld ausgrenzt und dazu führt, dass sie sich immer wieder dafür beweisen müssen.
Inwieweit ist das, was in der Dissertation diagnostiziert wird, von den Teilnehmerinnen durch eigenes Erleben nachvollziehbar, wie lässt sich damit leben, wie lässt sich das ändern? Mit solchen Fragen ging es in die Diskussion in vier Kleingruppen. „Sehr intensiv“, ein „toller Austausch“, „interaktiv und interessant“ fanden die Teilnehmerinnen den Workshop. Abschließend wurden die Ergebnisse der Kleingruppen im Plenum zusammengetragen.
Im privaten Umfeld sich als „Ausnahmefrau“ rechtfertigen müssen, das kennen einige Teilnehmerinnen. Ebenso sind sie Stereotypen begegnet, wie „Frauen sind sozial kompetenter“ und „Frauen gehören nicht in Führungspositionen“. Um weiter zu kommen, sollte frau sich nicht nur in Frauen-Netzwerke bewegen, sondern auch gemischte Netzwerke ebenso nutzen. Manchmal ist es aber nicht leicht, da hineinzukommen.
Wie könnte die Situation verändert werden? Wünschenswert für Frauen wie für Männer ist, dass sie in einem Umfeld arbeiten, in dem ihnen gleich viel zugetraut wird – dies liegt besonders in der Verantwortung der Führungskräfte. Gute Beispiele – Vorbilder für Frauen und Unternehmen, die sich hierfür stark machen – gilt es bekannt zu machen. Wichtig ist zu verdeutlichen, dass auch Teamfähigkeit und Kommunikation die Berufspraxis als Ingenieur*in auszeichnen, und die Tätigkeit sehr vielseitig ist. Eine interessante Idee für den Hochschulalltag wurde noch benannt: In das technische Studium auch fachbereichsübergreifende Projekte zu integrieren mit Fachbereichen, in denen mehr Studentinnen sind, und so eine bessere Durchmischung der Geschlechter zu erreichen.
Bereichert durch den Erfahrungsaustausch und gemeinsame Perspektiven gingen die Teilnehmerinnen der virtuellen Zusammenkunft nach zwei Stunden „nach Hause“. Das WomEngineer-Networking-Team wird überlegen, wie die Ergebnisse in der Hochschule weiter bearbeitet werden können – MINT-Frauen wollen und sollen keine Ausnahmefrauen bleiben, das ist der gemeinsame Auftrag an alle Beteiligten, egal welchen Geschlechts!
Organisiert war das Treffen von WomEngineer, dem Netzwerk der Frauen in der Technik an der Hochschule Bochum. Die Initiative WomEngineer setzt sich für die Vernetzung aller Frauen in der Technik ein, ob Studentin, Ehemalige, Mitarbeiterin oder Professorin. Ein Netzwerktreffen zu fachlichen oder überfachlichen Themen mit Erfahrungsaustausch findet einmal im Semester statt.