Studentisches Projekt "Carbon Sequestration @ NRW"

CSEQ @ NRW - Klimaschutz vor der Haustür

Warum müssen wir jetzt handeln?

Dürren, Hitzeperioden, Starkregenereignisse, Wassermangel, Artensterben – dies sind nur einige wenige Folgen des anthropogenen Klimawandels, die in gemäßigten Breitengraden wie Deutschland bereits beobachtbar sind. Der Klimawandel wird durch menschliche Aktivitäten stark beschleunigt, wie z. B. durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen, die Rodung von Wäldern oder die Bewirtschaftungs- methoden in der industriellen Landwirtschaft. Diese anthropogenen Ursachen beschleunigen den lebensbedrohlichen Wandel des Weltklimas durch die Freisetzung des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2).

Durch neue gesetzliche Regelungen auf verschiedenen Ebenen, wie die des Europäischen Green Deals, werden Unternehmen, Finanzdienstleister und andere Institutionen verpflichtet, ihre Geschäftstätigkeit nachhaltiger zu gestalten. Auch von Verbraucher*innenseite besteht Nachfrage nach ganzheitlich gedachter Nachhaltigkeit. Aus diesem Grund stellt die Reduktion von CO2 und Entnahme von unvermeidbaren CO2 ein zentrales Ziel von Regierungen, Kommunen, Unternehmen und anderen Akteuren dar. Es ist jedoch nicht nur Aufgabe der Politik dem fortschreitenden Klimawandel entgegenzuwirken, sondern es ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe, aktiv Lösungswege zu erarbeiten und diese umzusetzen, um die Auswirkungen des Klimawandels zu verlangsamen.

 

Beteiligte und Projektziel

Das studentische Projekt „Carbon Sequestration @ NRW“ (CSEQ@NRW) der Hochschule Bochum arbeitet und forscht an einem Lösungsansatz zur Reduktion von unvermeidbaren Treibhausgasemissionen, insbesondere die von CO2. Initiiert wurde das Projekt 2019 von Prof. Dr. Jan Paul Lindner. Anfang 2023 haben Prof. Dr. Mandy Gerber und Prof. Dr. Marcus Schröter die Projektleitung übernommen.

Es wurde sich von Beginn an das Ziel gesetzt, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und in dauerhaften Strukturen zu binden. Nach ausgiebiger Recherche wurde sich auf die Methode der Kohlenstoffsequestrierung mithilfe von Pflanzenkohle geeinigt. Im Vergleich zu anderen Negativemissionstechnologien (NETs) weist Pflanzenkohle ein recht hohes CO2-Speicherpotential auf und befindet sich bereits heute auf einem Technologie-Reifegrad von 6-7 (Smith et al., 2023).

Mittels Pflanzenkohle soll CO2 aus der Atmosphäre entfernt und langfristig im Boden gespeichert werden. Der Prozess der CO2-Entfernung und Speicherung im Boden wird Kohlenstoffsequestrierung genannt. Im Boden kann der Kohlenstoff bis zu Tausenden von Jahren verbleiben. Der Vorteil dieses Ansatzes sind die Zusatznutzen für den Boden. Die Zugabe von Pflanzenkohle in den Boden kann neben der langfristigen Speicherung von atmosphärischem Kohlenstoff zeitgleich die Bodenqualität und -fruchtbarkeit verbessern, z. B. hinsichtlich der Wasserhaltekapazität, Nährstoffspeicherkapazität oder Bodenbelüftung.

Ziel des Projekts ist es die Methode zu skalieren und in die breite Anwendung zu bringen. Für die Erreichung des Projektziels wird auf drei Säulen aufgebaut:

  1. Wissensaufbau: Wir bauen Wissen zu der gesamten Wertschöpfungskette auf - von der Beschaffung der Biomasse bis hin zu der Anwendung von Pflanzenkohle. Dies geschieht durch Labor- und Feldversuche bei der Herstellung und Anwendung von Pflanzenkohle, durch Analysen der Biomasse, den Pyrolyseprodukten und dem Boden sowie durch die Auswertung von bereits veröffentlichten Studien. Bilanzen zum Stoffstrom, zur Energie und zu der Wirtschaftlichkeit der Wertschöpfungskette geben Aufschluss über die Sequestrierungsleistung und tragen zur Prozessoptimierung und Technologieskalierung bei.
  2. Wissensvermittlung: Mit dem erarbeiteten Wissen gehen wir auf relevante und interessierte Akteure zu, wir besuchen Veranstaltungen und stellen Informationsmaterialien bereit, damit das Wissen in die Gesellschaft getragen wird und die Möglichkeiten mittels der Pflanzenkohletechnologie bekannter werden.
  3. Wissensanwendung: Durch die Vernetzung mit interessierten Akteuren sollen Kooperationspartner gefunden werden, mit denen wir Projekte zur Herstellung und Anwendung von Pflanzenkohle realisieren können. Diese sollen durch die Projektstudie wissenschaftlich begleitet werden.

Seit Anfang 2023 ist die Projektstudie Carbon Sequestration in das hochschulweite Verbundprojekt THALESruhr (Transfer Hub for the Advancement, Livability and Efficacy of Sustainability Transformations) eingebunden, welches von der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ gefördert wird und das Ziel hat die Transformation der Metropole Ruhr in Richtung Nachhaltigkeit voranzutreiben.

Kontakt

Projektleitung
Prof. Dr.-Ing. Mandy Gerber
Projektleitung
Prof. Dr. rer. pol. Marcus Schröter
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Mianfen Jenny Chong, M.Sc.
Pflanzenkohle aus einer selbstgebauten Blechdose
Versuchsfläche auf dem Hof Bergmann

Kooprationspartner

Unterstützt wird die Projektstudie besonders von unserem Kooperationspartner Johannes Tangen vom Gemeinschaftsgarten Hof Bergmann e. V.

Hof Bergmann in Bochum, Vogelperspektive

Zielgruppe

Nachhaltigkeit und Klimaschutz ist ein Gemeinschaftswerk, welches nur in Zusammenarbeit mit Akteuren der Gesellschaft erreicht werden kann. Dazu gehen wir in den Dialog mit unterschiedlichen Akteuren aus der Landwirtschaft, der Grünpflege, der Energieversorgung, der Abfallentsorgung, der städtischen Verwaltung, der Bildung, u. v. m. Wir haben großes Interesse unser Wissen weiterzugeben und mit Kooperationspartner*innen in die Anwendung zu gehen.

Falls Sie Interesse haben sich zu diesem Thema auszutauschen, sprechen Sie uns gerne an!

Warum Pflanzenkohle? Und der Bezug zu den SDGs

Die Pflanzenkohletechnologie ist nach derzeitigem Kenntnisstand eine der wenigen Negativemissionstechnologien (NET), die nachweislich CO2 langfristig binden kann und technologisch so weit entwickelt ist, um skaliert zu werden. Viele andere NETs sind weder in ihrer Technik noch in der Kosteneffizienz weit genug entwickelt, um kostengünstig relevante Mengen an CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Zudem müssen potentielle Umweltrisiken, die mit NETs zusammenhängen weiter erforscht werden. Pflanzenkohle bietet außerdem den Vorteil, dass sie regional einsetzbar ist. Dies sorgt für mehr Transparenz und Nachverfolgbarkeit bei der Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen. So kann Klimaschutz vor der Haustür stattfinden und gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung im Ruhrgebiet vorangebracht werden.

Ein weiterer Vorteil der Pflanzenkohletechnologie ist, dass diese Methode gleichzeitig mehreren Nachhaltigkeitsherausforderungen begegnet und damit zu mehreren Sustainable Development Goals (SDGs) der UN beiträgt:

Für die Herstellung von Pflanzenkohle können verschiedene Biomassen genutzt werden. Im besten Fall werden Rest- und Abfallstoffe genutzt, die sonst CO2-intensiv verbrannt werden müssten. So kann eine Kreislaufnutzung entstehen, bei der diese wertvollen Ressourcen sinnvoll weiter genutzt und erneut ins Produktions- und Konsumsystem eingebunden werden. Hierbei wird ein Beitrag zu SDG 12 „Nachhaltige/r Konsum und Produktion“ geleistet.

Die Pyrolyse von Biomasse und die Einbringung von der entstehenden Pflanzenkohle in den Boden kann CO2 langfristig aus der Atmosphäre entfernen und im Boden speichern. Dieser Prozess wird Sequestrierung genannt. Dadurch kann die Bodenqualität und -fruchtbarkeit durch z. B. höhere Wasserhalte- und Nährstoffspeicherkapazität verbessert werden. So kann die Resilienz der Böden gegen Extremwetterereignisse, wie z.B. Dürre- und Hitzeperioden sowie Starkregenereignisse verbessert werden. Damit trägt die Kohlenstoffsequestrierung zu den SDGs 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ und 15 „Leben an Land“ bei.


Entstehung von Pflanzenkohle und ihre Wirkung
Pyrolyseofen
Aufladung der Pflanzenkohle in Fässern

Pflanzenkohle besteht aus Biomasse. Das können beispielsweise Äste, Blätter, Holzschnitzel, Nussschalen, etc. sein. Die Biomasse enthält Kohlenstoff, welcher durch Photosynthese von Pflanzen als CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen wurde. Durch die Pyrolyse (Verkohlung) der Biomasse entsteht Pflanzenkohle. Unter Pyrolyse wird die thermische Umwandlung chemischer Verbindungen durch hohe Temperaturen (250 - 600°C) unter anaeroben Bedingungen verstanden, das bedeutet ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr. Durch den fehlenden Sauerstoff findet kein Verbrennungsprozess statt, stattdessen wird die Biomasse verkohlt.

Für den Pyrolyseprozess wird ein bestimmten Trocknungsgrad der organischen Biomasse benötigt. Dieser ist abhängig von der Art der Pyrolyseanlage. Der Trocknungsprozess findet entweder separat oder in der Anlage vor dem Pyrolyseprozess statt, wo die thermo-chemische Umwandlung erfolgt. Bei der Pyrolyse entstehen neben der Pflanzenkohle als Feststoff, auch gasförmige und flüssige bzw. teerige Produkte. Letztere können zur Energiegewinnung genutzt werden.

Um die Pflanzenkohle und ihre bodenverbessernden Eigenschaften im landwirtschaftlichen Bereich nutzen zu können, ist es wichtig, dass die Kohle mit Nährstoffen „aufgeladen“ wird. Würde sie ohne Aufladung in die Erde eingearbeitet werden, würde dem Boden aufgrund der sehr porösen Oberfläche der Kohle Nährstoffe entzogen werden. Um dies zu verhindern, wird die Kohle mit Gülle, Mist oder anderen nährstoffreichen Substanzen versetzt. Die nun mit Nährstoffen aufgeladene Pflanzenkohle kann in die Erde eingebracht werden und dient Pflanzen als Speicher für Wasser und Nährstoffe sowie den Mikroorganismen als Lebensraum.


Werde Teil des Projekts!

Du möchtest Teil des Projekts sein und einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten?

Dann bist Du hier genau richtig! Mitmachen können alle Studierende der BO! Bei einigen Studiengängen kannst Du durch deine Teilnahme am Projekt wertvolle ECTS sammeln und dir anrechnen lassen. Dies gilt beispielsweise für Studierende der Studiengänge Nachhaltige Entwicklung (B.Sc.), Nachhaltige Entwicklung (M.Sc.)und Angewandte Nachhaltigkeit (M.Sc.).

Deine Arbeitsbereiche darfst Du Dir abhängig von deinen Interessen und Stärken auswählen. Sie reichen von Feld- und Laborversuchen sowie Analysen zu Energie- und Stoffbilanzen über die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit. Es ist also für jede Person etwas dabei, egal, ob Du nun einen wirtschaftlichen, sozialen oder naturwissenschaftlichen Hintergrund hast!

Es ist von Vorteil, wenn Du ein gewisses Interesse an den technischen, chemischen und biologischen Grundlagen rund um den Pyrolyseprozess und den Boden mitbringst. Wichtiger ist aber die Bereitschaft Dich in die Themen einzuarbeiten!

Wenn Du also Lust hast an einer vielversprechenden Lösung zur Reduktion von CO2 zu arbeiten und Dich engagiert in die Projektarbeit einbringen möchtest, bist Du herzlich eingeladen dies bei CSEQ@NRW zu tun!

Wir freuen uns auf Dich!

Literatur

Smith, S. M., Geden, O., Nemet, G. F., Gidden, M., Lamb, W. F., Powis, C., … Minx, J. (2023, February 8). State of Carbon Dioxide Removal - 1st Edition. https://doi.org/10.17605/OSF.IO/W3B4Z