Hintergrundwissen

Auf dieser Seite findet ihr Informationen zu Fachbegriffen und -diskursen rund um das Projekt SusConGen.

Was ist eigentlicher nachhaltiger Konsum?

Unter Konsum allgemein versteht man die Inanspruchnahme von (Verbrauchs-)Gütern und Dienstleistungen zur Befriedigung von Bedürfnissen. Der Begriff Konsum stammt dabei vom lateinischen consumere ab, was so viel bedeutet wie verbrauchen. Immer wieder wird davon gesprochen, dass wir heutzutage in einer Konsumgesellschaft leben und ein vor allem im globalen Norden stattfindender Überkonsum unsere planetaren Grenzen überschreitet. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie wir nachhaltig(er) konsumieren können? Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definiert nachhaltigen Konsum als “consumption of goods and services that meet basic needs and quality of life without jeopardizing the needs of future generations”. Im wissenschaftlichen Diskurs hat sich eine begriffliche Unterscheidung in schwachen und starken nachhaltigen Konsum etabliert. 

Im schwachen nachhaltigen Konsum bemühen sich Konsumierende vor allem darum, (Verbrauchs-)Güter und Dienstleistungen zu beanspruchen, die mit geringerem Energie- und Ressourceneinsatz oder mit weniger negativen Auswirkungen auf die Umwelt produziert werden. Darüber hinaus wird auf bessere Arbeitsbedingungen bei der Produktion sowie Effizienz in der Nutzung geachtet. Beispiele hierfür sind ein T-Shirt aus recyceltem Material, ein neuer Kühlschrank mit höherer Energieeffizienzklasse als das Vorgängermodell oder ein sparsamerer Neuwagen. Im schwachen nachhaltigen Konsum wird also primär darüber nachgedacht, was wir konsumieren, aber nicht, wie viel wir konsumieren. Doch auch wenn alle Menschen in Zukunft T-Shirts aus recyceltem Material und effiziente Kühlschränke nutzen sowie sparsamere Neuwagen fahren, ist dies immer noch zu viel Konsum gemessen an den planetaren Grenzen. Überdies besteht die Gefahr von Rebound-Effekten: Einerseits kann die finanzielle Ersparnis durch eine effizientere Ressourcennutzung die Konsummenge oder Nutzungsintensität steigern. Andererseits kann das gute Gewissen beim Kauf von ‚grünen‘ Produkten potenziell dazu führen, dass mehr von diesen Produkten gekauft werden als nötig. 

Genau hier setzt der starke nachhaltiger Konsum an. Auch dabei ist es wichtig, möglichst umweltfreundliche und sozialverträgliche Güter zu konsumieren. Zusätzlich werden jedoch die eigenen Konsummuster und die jeweils zugrundeliegenden Bedürfnisse oder Wünsche grundsätzlich reflektiert. Im starken nachhaltigen Konsum geht es vor allem darum, bewusster zu konsumieren und unnötigen Überkonsum zu vermeiden. Gerade im globalen Norden erfordert dies oft, den eigenen Konsum zu reduzieren anstatt bestehende Konsummuster lediglich auf grüne(re) Produkte zu übertragen. Konsumierende sollten sich immer wieder selbstkritisch hinterfragen: Brauche ich das neue T-Shirt aus recyceltem Material wirklich oder habe ich eigentlich genug T-Shirts im Kleiderschrank? Wäre es nicht sinnvoll einen Kühlschrank, den ich schon habe, so lange zu nutzen bis dieser endgültig funktionsunfähig ist? Brauche ich wirklich ein eigenes Auto oder kann ich nicht auf Car-Sharing, den ÖPNV oder das Fahrrad umsteigen? Gefordert ist also nicht nur Effizienz, sondern auch ein Wandel hin zu einem suffizienteren Konsumverhalten.  


Was ist eigentlich Suffizienz?

In wissenschaftlichen Diskursen und öffentlichen Debatten werden üblicherweise drei Nachhaltigkeitsstrategien unterschieden: Effizienz, Konsistenz und Suffizienz. 

Unter Effizienz werden zum einen Bestrebungen zusammengefasst, Produktionsabläufe energie- und ressourceneffizienter zu gestalten. Beispielsweise könnte bei der Produktion einer Jeans durch Optimierung des Fertigungsprozesses der Einsatz von Bleichmitteln und Wasser reduziert werden. Zum anderen wird versucht, den Energie- und Ressourcenaufwand durch die Nutzung eines Produktes, z.B. den Stromverbrauch eines Kühlschranks oder den Kraftstoffverbrauch eines Autos, zu senken. Es handelt sich also primär um technische Lösungen, für die ein (umwelt-)technologischer Fortschritt notwendig ist. Dies birgt jedoch die Gefahr von Rebound-Effekten, durch die die Effizienzgewinne wieder kompensiert werden. 

Die Konsistenz zielt darauf ab, den In- und Output von Produktionsprozessen umweltverträglicher zu gestalten: Dies kann einerseits dadurch erreicht werden, dass bisherige Produktionsmaterialien durch biologisch kompatible Stoffe substituiert werden, also Stoffe, die regenerativ gewonnen werden können und/oder biologisch abbaubar sind. Ein Beispiel hierfür wäre der Wechsel von Erdöl-basierten Kunststoffen zu Kunststoff aus Maisstärke. Bei Produkten, bei denen eine solche Substitution nicht möglich ist, wird andererseits angestrebt, geschlossene Stoffkreisläufe zu etablieren. Ein Stoffkreislauf liegt beispielsweise vor, wenn gebrauchte PET-Flaschen recycelt werden, damit hieraus wieder neue Pfandflaschen hergestellt werden können. Bisher ist dies jedoch in vielen Fällen technisch nicht oder nur mit Abstrichen möglich. 

Suffizienz (von lat. sufficere = genügen, ausreichen) setzt dagegen beim Verhalten an. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass ein Mehr an Konsum ab einem gewissen Konsumniveau kaum noch zu mehr Lebenszufriedenheit führt. Ziel ist es daher, den eigenen Konsum so zu gestalten, dass man einerseits von allem, was man für ein gutes Leben braucht, genügend hat, ihn andererseits aber auch so zu beschränken, dass der eigene ökologische Fußabdruck das verträgliche Maß nicht übersteigt. Je nach Ausgangslage, erfordert Suffizienz also eine Veränderung in unterschiedliche Richtungen. Für die meisten Menschen in wohlhabenden Gesellschaften, läuft sie jedoch auf eine Reduktion des Konsumniveaus hinaus. Dies bedeutet jedoch nicht Verzicht um jeden Preis. Vielmehr ist Suffizienz als Prozess zu verstehen, der damit anfängt, die eigenen Konsumwünsche zu reflektieren: Brauche ich das wirklich? Welche Alternativen zur Neuanschaffung gibt es? Kann ich mein Bedürfnis vielleicht auch auf andere Weise befriedigen, die ökologisch und sozial verträglicher ist (z.B. indem ich mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit fahre?). Studien zeigen, dass Suffizienz hierdurch sogar zu einer Steigerung der Lebenszufriedenheit führen kann, weil sie dabei hilft, sich vom sozio-kulturellen Konsumdruck zu lösen und das, was man hat, mehr wertzuschätzen. 

Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass Effizienz und Konsistenz den Fokus primär auf die Produktion legen: Während die Effizienz darauf abzielt, besser zu produzieren, indem der Energie- und Ressourcenverbrauch bei gleichem Output gesenkt wird, wird in der Konsistenz versucht, durch den Einsatz regenerativer Energien und die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft anders zu produzieren. Bei der Suffizienz steht dagegen der Konsum im Mittelpunkt: Dabei geht es bei einem hohem Wohlstandsniveau vor allem darum, weniger und anders zu konsumieren, damit Menschen, die nur wenig haben, ggf. sogar mehr konsumieren können. 

Ziel einer Nachhaltigen Entwicklung ist ein gutes Leben für alle – heutige und zukünftige Generationen – im Rahmen unserer plantaren Grenzen. In der Nachhaltigkeitswissenschaft besteht inzwischen weitestgehend Konsens, dass dies nur durch die Kombination aller drei Strategien gelingen kann. 

 


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