Weltumrundung 2011/12
Weltumrundung? Solarbetrieben!
Sein Name "SolarWorld Gran Turismo" ist Programm:
Erstmalig in der Geschichte hat dieser Sonnenwagen energetisch autark die Welt umrundet.
Die erste Etappe der Weltumrundung begann nach der Teilnahme an der World Solar Challenge 2011 in Australien. Nach weiteren Etappen durch Neuseeland (von Nord nach Süd), durch die USA (von Ost nach West) und durch Europa, wurde Russland durchquert. Im Dezember 2012 wurde Australien von Norden nach Süden bereist.
Am Ende der Tour standen 29.753 Kilometer auf dem Weltumrundungstacho.
3. Etappe, USA: 30.01. - 22.03.2012
Kein Mietwagen, nur ein Hotelzimmer für 10 Personen – so startet das Solarcar-Team der Hochschule Bochum zur dritten Etappe der Weltumrundung quer durch die USA. Eigentlich war von Deutschland aus alles perfekt organisiert. Warum die entsprechenden Reservierungsdaten nicht den Weg über den Atlantik gefunden haben, bleibt unklar. Nach diversen Telefonaten und ein paar Emails später sind Unterkunft und Transportmittel bereitgestellt.
Bis zur Abfahrt von SolarWorld GT gilt es noch einiges zu organisieren und so teilt sich das Team. Einkaufen für Trupp 1, Containerinhalt sortieren für Trupp 2. Letzteres ist schon perfekt vorbereitet. Sponsor DHL hat den Container schon komplett abfertigen lassen. In den großen Hallen des Logistik-Dienstleisters wird reichlich Platz geboten, um alles für den Weg von Westen nach Osten vorzubereiten. Überaus freundliche und hilfsbereite Mitarbeiter schaffen im wahrsten Sinne des Wortes jedes Problem aus dem Weg. Wenn es sein muss, auch mit dem Gabelstapler...
Zum Frühstück gibt es die Cornflakes zunächst noch im Kaffeebecher, da das gesamte Geschirr noch sortiert und gespült werden muss. Und auch sonst bleibt noch viel zu tun: Der Anhänger muss für die Tour aufgerüstet werden, mit den Dachboxen hätte er nicht in den Container gepasst. Und natürlich entspricht die elektrische Anschlussbelegung der Anhängerkupplung nicht der bisher gefahrenen Norm. Auch am Solarcar muss gearbeitet werden. Die Erfahrungen mit Brüchen in den Uniballgelenken in Neuseeland haben deutlich gemacht, dass eine massivere, stabilere Version dieser Teile nötig ist. Die Ausbildungswerkstatt von Opel in Bochum-Langendreher hatte die benötigten Drehteile kurzfristig gefertigt.
Die Unterstützung seitens DHL schließt nahtlos an das an, was bisher vom großen Sponsor und seinem deutschen Personal bekannt war. Getränke, Kaffee, Mittagessen, Internet und Druckmöglichkeiten sowie Platz zum Arbeiten und die sehr wichtige Unterstützung bei der Arbeit mit der Amerikanischen Zulassungsstelle helfen dem Team enorm. Per Expressendung werden die technische Dokumentation, Zulassungspapiere und Gutachten an die Zulassungsstelle geschickt, um eine schnelle Klärung und somit eine "temporary permit" für die Nutzung auf den amerikanischen Straßen zu erhalten.
Gekocht wird nach Feierabend in der Unterkunft. Auf der Speisekarte ein Klassiker aus dem kulinarischen Repertoire der Sonnenwagenfahrer: Spaghetti Bolognese!
Letzte Vorbereitungen zum Start auf die US-Highways. Weil SolarWorld GT eine offizielle deutsche Straßenzulassung hat, darf das Fahrzeug zumindest in Kalifornien fahren. Diese definitive Auskunft der örtlichen Registrierungsbehörde DMV(Department of Motor Vehicle) bringt den Durchbruch für die Abfahrt. Jetzt heiß es Abschied nehmen vom DHL-Team rund um Joie Garrett und Rob Mehegan . Beide hatten nicht nur bei den Formalitäten der Containerabfertigung und der Unterbringung des Teams stark geholfen, sondern auch für zwei Mittagessen gesorgt und bei der Kommunikation mit der DMV die Wege geebnet. Joie Garret ist sichtlich gerührt und verlierte sogar ein paar Tränen, als sich das gesamte Team verabschiedet. Eine Platzrunde im SolarWorld GT mit Matthias Drossel für die beide Unterstützer auf dem DHL Gelände bildet den krönenden Abschluss.
Erste Position auf der heutigen Besucherliste: Sponsor Maxim. Das SolarCar wird ausgestellt, eine Präsentation zum Thema SolarCar Projekt, Weltumrundung und elektrisches System informiert die Mitarbeiter vor Ort, wo und wie Maxim zum Erfolg der Weltumrundung beiträgt.
Von Maxim aus führt der Weg der Deutschen an eine besonders prominente Adresse. Die Universität Stanford gehört international zu Top-Hochschulen und residiert auf dem zweitgrößten Campus der Welt. Das dort ansässige SolarCar Team hat eingeladen zum Erfahrungsaustausch und nebenbei unterstützt der Besuch des schönsten Solarcars der Welt die amerikanischen Studenten bei der Anwerbung neuer Teammitglieder. Stanford ist eines der Teams, das darüber nachdenkt, sich vom Tischtennisplattendesign zu verabschieden und ein Alltags-Solarcar zu bauen.
Gegen Abend geht es dann von Stanford aus zur Half Moon Bay. Auf der Speisekarte zum Abendessen heute leckere Bratnudeln mit Salat, um für den morgigen, ersten Tag auf der Straße gut vorbereitet zu sein.
Half Moon Bay, Santa Cruz, Monterey Bay – so heißen ersten Stationen entlang des Pacific Coast Highways. Eine Traumstrecke zum Start der USA-Etappe. Immer wieder gehobene Daumen und Hupen im Verkehr, man merkt, dass die Leute SolarWorld GT schon aus der Berichterstattung im örtlichen Fernsehen kennen. Kaum stoppt der Sonnenwagen, finden sich Interessierte und Schaulustige, die genauer wissen wollen, was da auf der California State Route unterwegs ist.
Das Fahren im amerikanischen Straßenverkehr läuft äußerst entspannt. „Cruisen“ heißt die Devise – keiner macht Stress wegen des Solarcar-Konvois, der mit 50 km/h dahinrollt.
Immer wieder lädt die Kulisse zu Fotostopps. Santa Cruz wirkt in dieser Hinsicht wie für einen Film gemacht.
Die Sonne geht auch an der Westküste im Osten auf. Ein Campingplatz etwas hinter Lucia direkt an der Steilküste hat also morgens Schatten, daher früher Start, um sonnenbeschienenes Terrain zu finden, damit die Akkus wieder vollgeladen werden können. Ruhige Fahrt nach Santa Maria. Die dortige Chefin des Campingplatzes findet das Projekt faszinierend und gewährt 50% Rabatt für Solarcar-Fahrer. Außerdem ruft sie noch beim örtlichen Fernsehreporter an, der für CBS und Fox Interviews und Bilder vom fahrenden SolarWorld GT macht.
Heilige scheinen in Kalifornien als Namensgeber für Städte sehr beliebt zu sein. Von Santa Maria geht es dementsprechend am nächsten Tag nach Santa Barbara.
Hier steht die Ausstellung des SolarCars mit Präsentation und Verlosung einer Rundfahrt auf dem Campus der UCSB(University of California Santa Barbara) auf dem Programm. Der Fahrtag begann entspannt, da die restlichen Kilometer bis nach Santa Barbara locker bis 14 Uhr zu schaffen waren. Beim ersten Zwischenstopp auf einem Parkplatz eines Einkaufzentrums zum Laden dürfen die Studenten die Freundlichkeit der Amerikaner erfahren. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern ist sehr interessiert und Matthias Drossel nimmt sich die Zeit, den kleinen Entdeckern alles, was sie wissen wollen, genauestens zu erklären. Nach über einer halben Stunde sind alle Fragen geklärt. Das Team dachte, die Familie würde nun nach Hause fahren, doch knapp 15 Minuten später erscheint diese mit Getränken, belegten Croissants und frischem Obst. Alle sind hell auf begeistert und bedanken sich mehrfach für diese nette Geste.
Das Team stellt gegen 16 Uhr auf dem Campus der UCSB das Fahrzeug sowie die Technologie vor, die es um die Welt fahren lässt, beantwortet Fragen und verlost mit SolarWorld Marketing-Strategin Claudia Jordan eine Rundfahrt auf dem Beifahrersitz. Man merkt sehr schnell, dass hier mehr als ein oberflächiges Interesse besteht und Kalifornien eine Vorreiterrolle in Sachen sauberer Mobilität in den USA spielt. Nicht umsonst gibt es hier eine Toyota Prius-Dichte auf der Straße, die ihres Gleichen sucht.
Am nächsten Morgen geht es um 10 Uhr an der UCSB bei strahlendem Sonnenschein los nach Camarillo. Hier hat Hauptsponsor SolarWorld einen Standort. Der bekannte Malibu Beach aus TV-Serien wie Baywatch oder Two and a Half Men lockt am Abend mit einem wunderschönen Sonnenuntergang.
Der Sonntag bringt Freizeit, nebenbei werden die Batterien geladen. Es bleibt Zeit, die Umgebung von Los Angeles zu erkunden. Der Hollywood-Schriftzug, Fahrt durch Bel Air und Beverly Hills, Walk of Fame, Venice Beach – alle Highlights an einem Tag!
Der Tagesplan sieht für heute Newport Beach als Ziel vor, der letzte Ort der USA-Reise mit Pazifikblick. Morgen soll es dann in die Berge Richtung Westen gehen. 1200 Höhenmeter müssen überwunden werden.
Vor der Abfahrt sollen aber noch die SolarWorld-Mitarbeiter des Standortes Camarillo erfahren, was solare Mobilität bedeuten kann. Morgens um 7:30 Uhr ist die Info-Show angesetzt. Das bedeutet Aufstehen um 4:30 Uhr, damit alles rechtzeitig gepackt ist.
Extra angereist ist der Präsident von SolarWord Americas Kevin Kilkelly mit Tochter Abby. Auch die Bürgermeisterin von Camarillo Jan McDonald hat es sich nicht nehmen lassen, zu dieser frühen Stunde zu erscheinen.
Neben den Reden des Präsidenten Kilkelly und des studentischen Teamchefs Skerra gibt es auch hier wieder die beliebte Verlosung des Beifahrerplatzes für eine Testfahrt im SolarWorld GT. Das Glück ist Abby hold. Die Tochter des SolaWorld-Americas-Präsidenten darf mit Justus Just einmal um den Block fahren.
Um 10Uhr geht es dann los auf dem Highway No1. durch den Großraum LA, immer an der Küste entlang. An der Marina von Venice Beach werden 2 Stunden lang die Energiespeicher gefüllt, denn für die kommenden beiden Tage ist durchgehend Regen angesagt.
Der Regen ist zwar bisher ausgeblieben, trotzdem hat sich der Charakter der Tour in den letzten beiden Tagen radikal geändert. Nach traumschönen Straßen Richtung Süden immer am Pazifik entlang und Sonne satt geht es jetzt nach Osten in die Berg- und Wüstenlandschaft im Grenzgebiet zu Arizona. Gewundene Straßen bei bewölktem Himmel führen in den Anza Borrego Desert State Park. Schroffe Hügel und Steppenlandschaft säumen den Weg durch diese unwirkliche Mondlandschaft. Die Nächte hier sind nicht besonders kalt und wunderbar still – ein krasser Gegensatz zu den lebhaften Gebieten entlang der Küste. Die Route führt nahe der mexikanischen Grenze entlang, die teilweise nur 40km entfernt ist, bis zum Colorado River bei Palo Verde . Der Fluss markiert die Grenze zwischen dem Sonnenstaat Kalifornien und dem nächsten Bundesstaat der USA für das Team, Arizona. Nächstes großes Ziel für das Team ist die Großstadt Phoenix.
Bei der Reise veränderte die Gegend nochmals ihr Aussehen und wird von einer steinigen, kargen weiten Ebene zu einer absolut vegetationslosen, mit Sanddünen überzogenen Wüste. Man hätte auch vermuten können, dass man im arabischen Raum unterwegs ist.
Der gestrige, der heutige und die kommenden beiden Tage sind eine echte Herausforderung für das Team. Hoher Anstieg, schlechtes Wetter und viel Strecke sind zu bewältigen. Immer wieder nett sind die Begegnungen auf den Zeltplätzen. Ob Campingplatzbesitzer oder Motorrad-Rocker samt kleiner Tochter – alle lassen sich begeistern vom gelben Sonnenwagen aus Deutschland. Wenn man für das Probesitzen jedes Mal eine Gebühr erheben würde, ließe sich eine lohnende Einnahmequelle für die Weltumrundung erschließen.
Eigentlich fehlen nur noch die Reiter am Horizont, sonst passt das Panorama, das sich dem SolarCar-Team aus Bochum derzeit bietet, perfekt in jeden Klischee-Western. Strahlender Sonnenschein bei 20 Grad tagsüber, in der Nacht Temperaturen unter Null , so präsentiert sich der Winter in Arizona.
Bis auf die Metropole Phoenix passiert SolarWorld GT immer wieder kleine Städtchen und Dörfer, dazwischen endlose Weiten. Abseits der Touristenströme kann ein Campingplatz auch schon mal geschlossen sein. Kein Problem bei den freundlichen Amerikaner, die die Dorfwiese von Aguila als Zeltplatz vorschlagen. Die benachbarte Feuerwehr hat nichts dagegen und gibt Küche und Waschräume der Brandwachstation frei für die Reisenden in Sachen solarer Mobilität.
Kleine und große Bewohner des Ortes nutzen die Gelegenheit und besichtigen das Sonnenauto aus Deutschland. Die Hunde der Nachbarschaft schauen auf der Suche nach Essbarem und Streicheleinheiten auch vorbei. Justus Just kann beim Schlafen gehen einen besonders anhänglichen Welpen nur mit Mühe aus dem Schlafsack komplimentieren.
Yavus Apaydin sucht beim Aufstehen um 5 Uhr am nächsten Morgen seine warme Mütze und tastet im Vorzelt zwischen Taschen und nicht benutzten Liegematten. Was seine Hände greifen, fühlt sich zwar an wie die Mütze, ist aber warm und bewegt sich. Der Welpe vom Vorabend will sich offensichtlich von seinen neuen Freunden aus Deutschland nicht trennen und hat kurzerhand im Vorzelt übernachtet. Freudig begrüßt er das Team am Morgen.
Nach dem Frühstück heißt es aber Abschied nehmen. Heute soll das Glendale Community College in Phoenix besucht werden. Wie üblich, Präsentation von SolarWorld GT, diverse Reden, viele Fragen, Probe sitzen usw.
Weiterfahrt am nächsten Morgen gegen 10:30 Uhr. Die Route führt zuerst über den Freeway quer durch Phoenix. Ca. 70 km sind im dichten, vierspurigen Verkehr ohne Blech und Kohlefaserschäden zu meistern. Das Abschirmen des SolarCars mit dem Chase Fahrzeug gehört mittlerweile zur Routine und auf den gut ausgebauten Highways kann der normale Verkehr weiterfließen, auch wenn das SolarCar Team mit nur 31 Meilen pro Stunde unterwegs ist.
Mit der Zeit werden die Straßen schmaler, die gewählte Strecke führt durch den Tonto National Park. 20 Meilen vor dem Tagesziel, dem Apache Lake, wird aus der bis dahin beschaulichen Bergfahrt auf gutem Untergrund eine spannende Talfahrt auf einer rauhen Schotterpiste. Eine der beiden Motorspulen setzt aus und muss getauscht werden. Denkbar schwierige Bedingungen, da der Konvoi auf der engen Straße nur wenig Platz findet, Durchgangsverkehr durchgeleitet werden muss und es neben der Straße weit in eine Schlucht geht. Sauber abgesperrt und mit Warnwesten und Fahnen „bewaffnet“, wird die große Aktion „Spulenwechsel“ angegangen und beendet.
Trotz Spulenwechsel steigen die Motorcontroller immer wieder aus. Ein Neustart der gesamten Fahrzeugelektrik ist jedes Mal die Folge. Auch mechanisch zehren die schlechten Straßenverhältnisse an SolarWorld GT. Die Spurstange der Lenkung reißt einseitig ab. Die Reparatur dauert 45 Minuten.
Im nächsten Ort ein weiterer „Boxenstopp“, um endlich dem Elektrikproblem auf die Spur zu kommen. Messungen an der Kohlefaserkarosse zeigen eine hier anliegende Spannung. Ein durchgescheuertes Kabel ist die Ursache, vermutlich auch für die Motoraussetzer.
"Sonnenwagen fahren" ist normalerweise ein begehrter Job. Angesichts des Wetterberichtes und der frostigen Temperaturen findet sich heute aber kein Freiwilliger. Also setzt sich Teamchef Tim Skerra selber ans Steuer.
Es bleibt aber nicht nur bei der Kälte. Kaum ist der Konvoi auf der Straße, fallen die ersten Schneeflocken. Zum Glück nur kurze Zeit, dann reißt der Himmel auf und auch die Satellitenbilder des staatlichen Wetterdienstes zeigen, das Team hat genau den einzigen freien Fleck der Region in der Wolkendecke abgepasst. Jetzt schnell die Panels zum Laden aufbauen! Bis 12Uhr wird mit über 1100 Watt geladen, die Batterien sind wieder fast voll.
Die Fahrt führt weiter über ewig lange, schnurgeradeaus verlaufende Highways bis nach New Mexico. Bundesstaat Nummer 3 in den USA ist nun erreicht. Ein riesiges Gebiet mit Satellitenschüsseln am Rande des Highways entpuppt sich als Feld von 27 Radioteleskopen, die parallel geschaltet sind und so eine große, sehr empfindliche Empfangsanlage für Strahlung aus den Weiten des Universums bilden.
Die Fahrt endet in Magdalena, einem kleinen zerfallenen Dorf mit dem Charme einer verlassenen Goldgräber-Stadt. Motelzimmer statt Zelt bilden wegen des Winterwetters das Quartier für die Nacht.
Wie eine Puderzuckerhaube liegt der Schnee der vergangenen Nacht auf SolarWorld GT. Etwas Druckluft und die strahlende Sonne befreien die Solarpanels vom Ladehemmnis. Das Wetter der Hochebene meint es gut mit dem Team und so ist der Himmel an diesem Tag völlig wolkenfrei! Die Batterien können wieder auf ca. 70% bis 12 Uhr geladen werden.
Straßen schnurgerade bis zum Horizont, weite Ebenen – eine ruhige, gleichmäßige Fahrt ohne technische Probleme. Die Unterkunft liegt heute nahe dem Ort „Capitan“. Das Team will aus Kostengründen nicht wieder ins Hotel; Zelten scheidet angesichts der Temperaturen um den Nullpunkt auch aus. Ein christliches Kirchencamp „Fort Lone Tree“ mitten in der Wildnis, ca. 7 Meilen außerhalb der Stadt, bietet eine willkommene Alternative. Die Bezeichnung Fort darf man wörtlich nehmen. Die Palisaden und der Stacheldraht rund um die Gebäude machen den Eindruck, als erwarte man hier noch Indianerangriffe. Innen entpuppt sich die Unterkunft aber als sehr gemütlich. Eine Turnhalle bietet Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung.
Weiter geht es am nächsten Morgen nach Roswell, die Stadt die seit dem 8. Juli 1947 für den unbestätigten Absturz eines unbekannten Flugobjektes (UFO) bekannt ist. Wahrscheinlicher ist wohl die außerplanmäßige Landung eines für militärische Zwecke genutzten Wetterballons. Die Touristenattraktion UFO präsentiert Roswell heute eher halbherzig. Ein Museum und eine Straßenbeleuchtung mit Leuchtkörpern in Alienkopfform und entsprechende Plakate versuchen die Stadt spannend zu machen. Wirklich futuristisch erscheint aber nur der gelbe Sonnenwagen aus Deutschland, der im Licht der Straßenleuchten strahlt wie von einem anderen Stern…
Abfahrt 10:45 Uhr. Es geht wieder durch Ödland, Texas soll erreicht werden. Esther Heilgenberg nimmt als erste Fahrerin heute Platz am Steuer des SolarWorld GT. Kurz vor der Staatsgrenze wird ein kurzer Stopp eingelegt, eine typische amerikanische Köstlichkeit zur Stärkung lockt die Weltumrunder: Corn Dogs. Ein Würstchen im Maisteigmantel, gebacken am Stiel. Schnell noch ein Teamfoto vor der kleinen Burgerschmiede. Dann nimmt Michael „Mike“ Scherer am Steuer Platz und bringt den SolarWorld GT sicher nach Brownfield.
Brownfield ist die erste nennenswerte Stadt, die das Team im Bundesstaat Texas sieht. Ein stark heruntergekommener Ort, von Leerstand gezeichnet. Die einzige Unterkunft, die zur Verfügung steht, ist das Economy Inn. Zimmer sind hier günstig: Nur 35$ pro Nacht - weniger als die Hälfte der meisten anderen Motels. Wlan gibt es auch.
Die letzten Tage haben Energie gekostet und das Wetter gab nicht wirklich Gelegenheit dazu, die Batterien wieder laden zu können. Mit nur wenig Ladung in den Batterien wird gestartet und das Tagesziel steht schnell fest. Soweit es möglich ist fahren, ohne die Technik zu gefährden. Eine Tiefentladung der Batterien würde niemand riskieren wollen, denn dies könnte größere Einbußen bei der Ladekapazität der Batterie zur Folge haben.
Eine dichte, tiefhängende Wolkendecke versperrt der Sonne den direkten Weg zur Erde und zu den Solarzellen von SolarWorld GT. Nach etwas 60km Reifenpanne hinten rechts am SolarCar. Es wäre schon fast ein wirklich langweiliger Tag geworden, wäre da nicht das nasskalte Wetter und der nötige Reifenwechsel am SolarCar gewesen.
Mit dem Reifen wurden auch gleich die Batterien gewechselt. Pack zwei hält noch einige Kilometer, dann ist endgültig Schluss. Die Stelle des Stopps wird mit Farbspray markiert, per GPS wird der Punkt gespeichert, damit am kommenden Tag von der richtigen Position wieder gestartet werden kann.
Am Abend packte das Team der Ehrgeiz. Christoph Bönneken - geheimer Küchenkönig im WU-Team, der mit viel Finesse in Neuseeland täglich Leckereien für das Team gekocht hatte - soll geschlagen werden: Thomas Fröbrich, Justus Just, Matthias Wiemers, Phillip Liesen und Yago Elbrecht als Hauptakteure dieser Küchenschlacht zaubern selbstgemachte Rinderrouladen mit Kartoffelpüree, grünem Spargel und buntem Salat zum Abendessen. Das Team ist begeistert und allen, die die zweite Etappe der USA-Strecke ab Dallas mitfahren werden, ist klar: Christoph Bönneken muss nachlegen.
Nachlegen in den nächsten Tagen muss vor allem die Sonne, denn ohne deren Energie geht für SolarWorld GT vorerst nichts mehr.
Aufbruch mit dem Morgengrauen am Montag. Am Vorabend wurde bereits alles gepackt, nur die Schlafsäcke werden noch in den Trailer geworfen. Die Sonntagspause ist ihrem Namen gerecht geworden und auch jetzt steigt die Sonne in einen klarblauen Himmel. Start an der markierten Stelle, auf dem Kartenausschnitt zur Navigation tauchen am Rande Dallas und Fort Worth auf. Hier soll Halbzeitpause für die Amerika-Etappe sein. Ein Teil des Teams wird getauscht, Esther Heilgenberg, Yago Elbrecht, Matthias Drossel und Tim Skerra werden auch den zweiten Teil bis zur Ostküste mitfahren.
Gut 420 Kilometer sind es noch bis dahin. Das sollte in zwei Tagen zu schaffen sein. Knapp 9 Kilometer nach dem Start der erste Boxenstopp. Der Reifen vorne rechts ist platt. Schon nahe an der Verschleißgrenze hat ein spitzer Stein die Lauffläche durchstochen. Wechsel des Pneus in "Renngeschwindigkeit. Clairmont heißt der nächste Haltepunkt für einen Ladestopp bei bester Mittagssonne. Gut 4 Stunden wird hier geladen, um die Batterien möglichst voll zu bekommen. Im Ort Clairmont leben 6 Einwohner, die Attraktion des Ortes ist ein altes Gefängnis. Nicht nur die Akkus werden gefüllt, auch das Team kann endlich ausgiebig frühstücken, wofür am Morgen keine Zeit gewesen war. Der Platz, an dem Energie getankt wird, gehört dem "Bürgermeister" und Bewohner von Clairmont, Bobby Beck. Er verkörpert praktisch jede nennenswerte Instanz hier in einer Person. Nicht verwunderlich bei nur 6 Einwohnern. Er wünscht alles Gute und ist begeistert wie so viele Menschen, die SolarWorld GT auf der Reise trafen. Ein typischer Texaner, der bereits im Rentenalter ist und eine unverwechselbare Stimme samt Slang besitzt.
Weiter geht es via Throckmorton und Jacksboro Richtung Fort Worth. Eine Unterbrechung gibt es nur, da sich ein Kabel losgerüttelt hat. Der Fehler wird schnell gefunden. Ein alter Freund des SolarCar-Teams wartet am Ende der Etappe. Joachim Saupe unterstützt das Team schon seit vielen Jahren als treuer Fan. Als deutscher Kontakt hatte er den Bochumern bei ihrer ersten Teilnahme an der American Solar Challenge 2008 alle Wege geebnet. Der gebürtige Deutsche lebt seit 1981 In Texas und kam damals als Bundeswehrsoldat hier her. Ein lang gehegter Wunsch geht diesmal für ihn in Erfüllung. Er darf sich selber ans Steuer des Sonnenwagens aus Bochum setzen, auf einem abgesperrten Parkplatz nach gründlicher Einweisung...
Das "USA-Bergfest" feiern die Weltreisenden in einem japanischen Restaurant, wo direkt am Platz die Speisen anschaulich und mit großem Unterhaltungswert zubereitet werden. Bei dieser Gelegenheit lassen es sich Matthias Wiemers als Projektbetreuer und Tim Skerra als studentischer Teamleiter der WU nicht nehmen, jeweils in ihren Reden allen Beteiligten für ihren Einsatz zu danken. Nach dem leckeren Essen geht es noch in einen historischen Teil Fort Worths, in dem früher die großen Viehherden verladen wurden, die aus Texas in den Norden gebracht wurden. Billy Bob's Worlds Biggest Honkey Tonk, eine Art Kneipe mit Rodeo Show, Billardtischen, Tanzfläche, Bars, Restaurant und Cowboyshop bildet den perfekten Abschluss der Feierlichkeiten.
Trotz Streik in Frankfurt haben es alle neuen Teammitglieder nach Fort Worth geschafft. Felix Burmeister, Christoph Bönneken, Pezhman Raie, Julia Thiele und Cris Coyoka werden Solar World GT zusammen mit Esther Heilgenberg, Tim Skerra, Yago Elbrecht und Matthias Drossel, die schon die erste Hälfte durch die USA gefahren sind, Richtung Ostküste bringen.
Tagesbeginn um 9 Uhr bei DHL am Airport Dallas/Fort Worth. Der Wagen wird technisch fit gemacht. DHL hat uns überraschend auch an diesem Standort ein Frühstück gesponsert. Typisch Amerikanisch gibt es Donuts und zum Mittagessen leckere Sandwiches! Gut gestärkt geht es dann um 13 Uhr los Richtung TCU(Texas Christian University). Ein Präsentationstermin wartet. Der Wagen wird noch einmal auf Hochglanz poliert und dann geht es auch schon los. Wie immer erst ein paar einleitende Worte des Gastgebers, dann SolarWorld und dann Tim Skerra für das Team. Ein Gruppenfoto für SolarWorld und die übliche Rundfahrt mit dem Gewinner der Tombola im SolarCar runden das Programm ab.
Der Rest des Wochenendes steht im Zeichen einer Generalrenovierung von SolarWorld GT. Sponsor DHL hat es möglich gemacht, dass der Container mit zahlreichen Ersatzteilen und Werkzeug noch einen Zwischenstopp in Fort Worth einlegen konnte. So haben die Studierenden perfekte Arbeitsbedingungen, um den Sonnenwagen für die weitere Reise fit zu machen. Das Bremssystem wird neu befüllt, das Lenkungsspiel beseitigt, die Fahrzeugverkabelung sauberer verlegt, die Begleitfahrzeuge gereinigt, das Telemetriesystem neu aufgesetzt und die Funkübertragung verbessert, der Anhänger umgebaut und aufgeräumt.
Ein großes Problem stellen die Anhängerreifen dar. 4 Räder hat der Hänger, beide Ersatzräder sind schon im Einsatz und nun hat ein weiterer Pneu einen Defekt. Einen gesamten Tag ist das Team damit beschäftigt, neue Reifen zu organisieren, jedoch ist der spezielle Trailerreifen in den USA nicht erhältlich. Nach langem Suchen und Telefonieren wird ein Reifen gefunden, der auch auf den Anhänger passt. Glücklicherweise hat ein Reifenhändler nahe des DHL-Standortes noch 5 Reifen diesen Typs da. Der Anhänger wird komplett auf das neue Fabrikat umgerüstet. Eine Testfahrt für die neuen Teammitglieder, um alle Abläufe während der Fahrt zu trainieren, schließt die Umbauaktionen ab. Der Container wird verschlossen und geht wieder auf die Reise, diesmal zum Gesamtzielort der USA nach Chaleston.
Start zur zweiten Hälfte der USA-Etappe am Sonntag um 11 Uhr nach großer Verabschiedung vom alten Team. Der Wochenendverkehr machte es dem Team einfach aus der Stadt zu fahren. Nur der starke und sehr böige Wind weht beim Ladestopp über Mittag das ein oder andere Sandwich vom Teller. Solarpanels und Radkastendeckel müssen gut festgehalten werden bei diesen Bedingungen.
Das neue Team funktioniert und findet sich in seine Aufgaben gut ein. An der Navigation sitzt Pezhman Raie, der an seinem ersten Tag gleich eine Feuertaufe erlebt. Baustellen über Baustellen machen die Routenfindung nicht einfach. Eine Straßensperrung zwingt zur Umleitung der Fahrzeugkarawane. Das Wetter ist auf der Seite des Teams. Durchgehend strahlend blauer Himmel bringt Energie für SolarWorld GT.
Dann der Schock für alle und besonders Fahrer Felix Burmeister, der seit Neuseeland das erste Mal wieder am Steuer des Solarcars sitzt: Auf einer völlig ebenen Straße ohne nennenswerte Schlaglöcher oder Bodenwellen bricht der massive Verbindungsbolzen, der den unteren Dreieckslenker und die Stelze des vorderen linken Fahrwerks verbindet. Die Karosse setzt vorne links mit einem hässlich kratzenden Geräusch auf. Der Radkastendeckel, der normaler Weise in der Karosseriestruktur eine aerodynamische Aufgabe übernimmt, hatte die ausknickende Stütze des Fahrwerks daran gehindert, weiter nach außen zu klappen und dabei Dämpfer und oberen Dreieckslenker zu beschädigen. Leider ist der Deckel dadurch selbst stark in Mittleidenschaft gezogen worden.
Sofort wird die Unfallstelle abgesichert, Begleitfahrzeuge und SolarCar werden möglichst weit von der Fahrbahn gebracht, der Wagen aufgebockt und Yago Elbrecht begutachtet den Schaden. Die Stelzen sind erst in San Francisco eingebaut worden, zur Verbindung zum Dreieckslenker wurden die alten Bolzen weiterverwendet. Offensichtlich passen diese Bauteile nicht zueinander. Bis das Problem gelöst ist, bleibt aus Sicherheitsgründen nur eine Möglichkeit: Auf beiden Seiten des vorderen Fahrwerks werden wieder die alten Stelzen eingebaut. Cris Coyoka kümmert um die provisorische Reparatur und Schadensbegrenzung des Radkastendeckels.
Nach 2 Stunden Reparaturzeit geht es weiter, das Tagesziel Corsicana wird erreicht.
Der Wetterbericht sagt starke Bewölkung mit 30% Regenwahrscheinlichkeit voraus. Heute geht es über den Richland Chambers Reservoir, einen großen Stausee, der über eine lange Brücke gekreuzt wird. Gegen 11 Uhr Halt zum Laden bis 15 Uhr. Bei mittlerer Bewölkung - das Wetter klart auf - kommt endlich Energie von der Sonne.
Heute sitzt Esther Heilgenberg am Steuer von SolarWorld GT. Bis 18 Uhr fährt sie knapp 300 Kilometer und führt damit die Fahrer-Tageskilometer-Wertung der Weltumrundung an. Nach erfolgloser Suche eines Campingplatzes wird es doch wieder ein Motel zur Übernachtung. Woodville heißt der Zielort der Unterkunftssuche.
Abfahrt um 9:15 Uhr per Trailer von Willi’s Motel zum gestrigen Stopppunkt der solaren Fahrt auf dem "Highway 190 "Richtung Longville. Es ist wieder stark bewölkt, die solare Leistung liegt praktisch bei 0. Das ist nun schon der 2. Tag mit schlechtem Wetter und Besserung ist nicht in Sicht. Zurzeit wird nur aus den Batterien gefahren. Gute 10 Meilen nach dem Start eine Reifenpanne: Wegen der niedrigen Reisegeschwindigkeit von 31 Meilen/h muss öfters mal Platz gemacht werden für den Folgeverkehr. Bei diesem Manöver wird auf den breiten Seitenstreifen ausgewichen. Eine Schraube aber findet ihren Weg durch das Reifenprofil des Solarcars. Der Reifenwechsel ist schnell erledigt...
Über Jasper geht weiter bis 12 Meilen vor Longville, dann ist Schluss. Die Batterien sind leergefahren und der Sonnenwagen muss verladen werden. Ein netter Campingplatz am See wird in Longville gefunden und das Team richtet sich dort mit seinem kleinen Zeltlager ein. Der Wetterbericht wird nun mehrfach täglich gecheckt mit Hoffnung auf Besserung.
Der morgige Tag wird wohl zum Ladetag herhalten müssen. Kein Problem, liegt das Team doch einen ganzen Tag vor dem eigentlichen Zeitplan der Route. Aufgrund der langen Fahrten auf den Highway hat das Kochteam mit Julia Thiele, Christoph Bönneken und Esther Heilgenberg eine Idee zur Abwechslung bei der Essensplanung. Jedes Teammitglied darf sich eine Zutat für das Abendessen aussuchen. Aus allen Wünschen wird das Menü des Tages gezaubert: Geschmorter Loup de Mer an einem Yoghurt-Frühlingsdressing mit Paprika und Champions, abgerundet mit lokalem Knoblauch. Dazu wird feiner Kartoffelstampf und junger, grüner Spargel im Schinkenmantel gereicht.
Die freie Zeit an diesem Tag nutzt das Team für die weitere Planung der folgenden WU-Etappen. Frei nach dem Motto: "Es gibt immer was zu tun!"
Die Batterien sind leer und so soll der Tag eigentlich zum Laden genutzt werden. Wenn die Sonne aber morgens nur hinter dichten Wolken verdeckt aufgeht, kann man auch liegen bleiben und endlich mal wieder ausschlafen. Gegen 10 Uhr trifft man sich zu Kaffee und Brot am Trailer. Wenig später klart es mehr und mehr auf und das Team baut alles auf, um die Akkus zu „betanken“. Nebenbei bleibt tagsüber viel Zeit, um SolarWorld GT einer gründlichen Wartung zu unterziehen. Yago Elbrecht erneuert die Batteriehalterung für den zweiten Satz Akkus, klebt hierzu Schraubpunkte ein und biegt Aluminiumhalter in die richtige Form. Matthias Drossel kümmert sich mit Felix Burmeister um die Telemetrie und Verkabelung der Begleitfahrzeuge. Eine Rundumleuchte wird auf dem Trailer so angebaut, dass der nachfolgende Verkehr noch frühzeitiger gewarnt wird.
Teamchef Tim Skerra fährt mit Julia Thiele, Esther Heilgenberg und Christoph Bönneken nach Lake Charles. Eine Rückrufaktion des Herstellers des Leadfahrzeuges macht einen Austausch nötig. Ein vergleichbares Fahrzeug mit der nötigen Anzahl Sitzplätze und Ladekapazität steht aber nicht zur Verfügung, also muss der vorhandene Wagen morgen in der Werkstatt Instand gesetzt werden. Immerhin findet sich nach dieser zunächst erfolglosen Aktion noch ein großes Einkaufszentrum, um Proviant für das Abendessen zu bunkern.
Aufwachen im 'Tropenwald', zumindest vom Wetter. Extreme Mückenplage! Nieselregen drückt auf die Stimmung. Das Chase-Fahrzeug springt nicht an, die Autobatterie ist völlig leer. Das neu gekaufte Starterkabel hat Kontaktschwierigkeiten. Kein Problem für Matthias Drossel, der auf der Weltumrundung schon ganz andere Kabelprobleme gelöst hat. Endlich laufen alle Verbrennungsmotoren und es geht weiter über den Highway 190 bis nach Opelousas. An dieser Stelle muss sich das Leadfahrzeug erneut vom Konvoi trennen, um die Reparatur am Mietwagen durchführen zu lassen. Das gesamte Team soll am Abend in Baton Rough wieder zusammen treffen. Das Wetter meint es gut. Nach einem völlig verregneten Morgen wird nun blauer Himmel keine Seltenheit. Der Ladestopp bringt so viel Energie, dass Port Allen bei Baton Rough erreicht wird. Einen ganzen Tag herausgefahren – SolarWorld GT ist voll auf Kurs. New Orleans ist nicht mehr weit. Die Landschaft im Staat Louisiana ist geprägt von Sümpfen, der Golf von Mexico kommt in Reichweite. Mücken bleiben leider auch auf den kommenden Campingplätzen die Quälgeister der Nacht.
Auf dem aktuellen Zeltplatz kommt der Besitzer mit seiner Frau noch kurz vor der Abfahrt vorbei. Die gute Dame hatte vor kurzem einen Unfall und einen gebrochenen Fuß. Sie wollte es sich aber nicht nehmen lassen, die deutschen Studierenden kennenzulernen, die mit einem selbstgebauten und rein solarbetriebenen Fahrzeug auf ihrem Platz stehen. Zum Abschied bekommt das Team Kunststoffperlenketten geschenkt - ein traditioneller Brauch in New Orleans zum Karneval.
Am Steuer sitzt heute zum ersten Mal Julia Thiele. Sie fährt sicher und energiesparend bis zum Ende der Tagesetappe. Gegen 18 Uhr, pünktlich zum Sonnenuntergang trifft das Team in Boutte ein.
Die kleine Stadt liegt nahe New Orleans. Leider sind hier keine Campingplätze zu finden, die preiswerten Motels sind durchweg ausgebucht. Nach langem Suche findet sich ein gut ausgestattetes Motel, das aber mit seinen Preisen über dem geplanten Tagesbudget liegt. Eine Buchung wird dennoch durchgeführt, denn irgendwo muss ja geschlafen werden. Der Portier lässt sich für das Projekt Weltumrundung begeistern und so werden aus über 200 $ schnell nur noch 160 $ Gesamtkosten für sehr gut ausgestattete Zimmer, schnelles Internet und integrierte Küchen.
Tagesbeginn um 6 Uhr. Aufstehen, eine warme Dusche genießen, dann ins Waffel House zum Frühstück auf "amerikanische" Art. Das Angebot ist vielfältig und kalorienreich: Waffeln oder Omlett mit Bacon, Toast, Hashbrowns (Reibeplätzchen) und Eier (scrumbbled oder sunny side up) dazu ein leckerer Kaffee. Nicht nur SolarWorld GT braucht Energie für den Tag. Dann geht es bei bedecktem Himmel und leichtem Nieselregen los.
Rund um New Orleans sind die Straßen mit Schlaglöchern gespickt, die Ampeln und der dichte Verkehr machen den Start der Tagesetappe nicht einfach. Der Wetterbericht sagt ab Mittag sonnigere Bedingungen voraus. Leider nur ein kurzes Zwischenspiel, nach 80 Meilen kommt der Sonnenwagen zum Stehen. Eine Wiese am Straßenrand, nahe einer Scheune, bietet Platz zum Parken und Laden. Die Sonne hält sich weiter versteckt – effektives Energiespeichern ist so nicht möglich.
Nach einer Stunde stoppt ein Pickup. Ein älterer Herr steigt aus und spricht ohne Umschweife Cris Coyoka und Tim Skerra an: "Was macht ihr hier? Das ist mein Land! Ihr müsst dafür zahlen, wenn ihr hier steht!" Das Team versucht zu erklären, warum die Crew gerade hier zum Stehen gekommen ist. Die Laune des Herrn, der sich als Russe vorstellt, bessert sich zunehmenden und nach einer weiteren halben Stunde mit Familienfotos am Fahrzeug und einigen guten Gesprächen bietet er an, dass das Bochumer Team auf seinem Grund und Boden zelten darf. Strom und Wasser sind inklusive.
Für Morgen ist besseres Wetter vorausgesagt. Ein langer Vormittag zum Laden steht an, um dann bis nach Gulfport zu fahren, nahe der Grenze zum Bundesstaat Alabama. Hier wird das Team dann auf Ron treffen. Ron verfolgt seit der WSC2011 das Team in allen Medien und hat sich telefonisch bei Teamleiter Tim Skerra gemeldet. Ron ist fasziniert vom deutschen Team und möchte seiner Familie, besonders seinen Kindern das Auto mal zeigen und will mit Sack und Pack im Camper in den Süden Alabamas kommen. Wieder einmal zeigen sich die Amerikaner von ihrer gastfreundlichen Seite, die das Team nun schon mehrfach kennen- und schätzen lernen durfte.
Am Abend wird dann gemeinsam im Anhänger, der etwas Schutz gegen Kälte und Mücken bietet, BINGO und "Wer bin ich?" gespielt. Die Stimmung ist gut und das Team findet einen wunderbaren Abschluss für diesen Tag.
Aufbruch vom Nachtlager bei bestem Sonnenschein. Der Wetterbericht sagt „Sonne satt“ an, gute Bedingungen für viele Kilometer. Kurz nach dem Start gilt es eine Benefizradtour zu überholen. Begeisterte Radfahrer jubeln dem Team beim Überholmanöver zu!
SolarWorld GT fährt nach seiner Überarbeitung auf der ersten Etappe der USA nun anstandslos und ohne Probleme. Mississippi, Alabama, Georgia – so heißen die nächsten Bundesstaaten auf der geplanten Route.
Long Beach, Mississippi wird passiert. Der Name ist hier Programm. Kilometer langer weißer Sandstrand. Christoph Bönneken darf bei diesem Wetter und diesem Ausblick Platz auf dem Fahrersitz im Sonnenwagen nehmen. Der technische Projektbetreuer des SolarCar-Projekts genießt sichtlich die Fahrt an der Uferpromenade.
Bei einem Ladestopp hält wieder einmal ein Auto an, um sich zu erkundigen, was denn das da am Straßenrand sei. Diesmal sind es Philippiner, die in die USA ausgewandert sind. Der Mann ist sehr interessiert, hat er doch als Kind bei seiner Tante einmal in einem Magazin von solarbetrieben Autos gelesen und weiß, dass es auch ein philippinisches Solarcar-Team gibt. Jetzt sieht er zum ersten Mal in seinem Leben ein solches Auto und ist fasziniert. Restlos begeistert sind die Filipinos, als sie zu allem noch ihre Landessprache hören. Teammitglied Cris Coyoka, der selbst philippinische Wurzeln hat, sorgt wie immer für gute Stimmung! Ein Eintrag im roten Buch darf da natürlich nicht fehlen und 'Mabuhay' wird als philippinischer Gruß noch ergänzt. Man verabschiedet sich herzlich und das Pärchen fährt seiner Wege. Im Gepäck eine volle Speicherkarte mit Bildern, die man den Kindern zeigen will.
Gegen 17:30 Uhr Stopp für heute im Franck Jackson State Park in Opp, Alabama. Ein toller Campingplatz am Rande eines Sees, hoffentlich ohne Mücken….
Start gegen 11:30 Uhr in Brainbridge. Für heute sind nur wenige Kilometer - ca. 110 - geplant. Das Team war die letzten Tage so schnell unterwegs, dass eine größere Strecke nicht mehr möglich ist: Gemeinsam mit dem Hauptsponsor SolarWorld sind bereits für die kommenden Tage feste Öffentlichkeitstermine und Präsentationen in Tallahassee geplant. Tallahassee ist übrigens die Hauptstadt des US-Bundesstaats Florida!
Die Fahrt führt wieder über Landstraßen. Heute wird zudem der Bundesstaat Florida erreicht. Unterwegs musste von der geplanten Route abgewichen werden, denn plötzlich lagen 20 Meilen Schotterpiste vor den Studierenden. Sie entschieden sich dann für eine Routenänderung und fuhren so bis ins Umfeld des Zentrums von Tallahassee. Gegen 15 Uhr wurde ein Motel erreicht und anschließend die Accus mittels Sonnenkraft geladen. Die "freie" Zeit wurde außerdem genutzt, um die Arbeiten durchzuführen, die auf englisch "maintanance" heißen: Solarzellen reinigen, Bedarfslisten für Materialbestellungen anfertigen, Abarbeiten organisatorischer Aufgaben für die weitere Weltumrundungs-Planung und die Optimierung der Sicherheitsstandards für Team und Fahrzeuge. Die bisherigen Erfahrungen während der Weltumrundung ermöglichen die Sicherheitsanweisungen des Projekts anzupassen und zu verfeinern. Diese Sicherheitsanweisungen wurden dann abends gleich noch mit dem Team besprochen, so dass alle Teammitglieder auf dem neuesten Stand sind.
Nachdem Ron - ein Interessierter aus Alabama - das Team leider nicht treffen konnte, steht nun der Besuch eines weiteren Fans an. Nur: Diesmal fährt das Team zum Fan!
Dr. Glenn Hallam ist Psychologe und Mitinhaber der "Wahi Media production", einem Unternehmen, das sich als Pionier des interaktiven Films und des automatisierten interaktiven Dialogs versteht.
Glenn ist begeistert von dem, was die Studierenden des SolarCar-Teams der Hochschule leisten. Er selbst verfügt über viel Platz in Haus und Hof und wird das Team zwei Nächte bei sich einquartieren. Im Gegenzug besucht das Team die Grundschule (Elementary school) der Kinder des Gastgebers und wird dort das Fahrzeug vorstellen.
Hauptsponsor SolarWorld ist ebenso begeistert wie das Team und natürlich mit dabei. Wieder einmal ist das Team von der Initiative und der Gastfreundschaft der Amerikaner beeindruckt.
Der Tag beginnt entspannt mit einem gemeinsamen Treffen um 8 Uhr vor den Motelzimmern. Heute stehen Wartungsarbeiten am Fahrzeug an. Vorhersoll der Tag mit einem richtigen amerikanischen Frühstück beginnen. Das „International House of Pencakes“, kurz IHOP bietet das volle Programm - ein wahrer Genuss und Portionen, die den Tag über sättigen. Nach dem Essen ging es wieder zurück zum Motel. Ab 14 Uhr ist man verabredet mit Glenn Hallam und Familie.
Der selbständige Produzent aus der Filmbranche hatte bei C-NET online über das Team gelesen und wollte unbedingt bei der Tour durch die USA behilflich sein. Quartier für alle Studierenden sei überhaupt kein Problem, es gäbe Platz genug. Auf der angegebenen, außerhalb von Tallahassee liegenden Straße gestaltet sich die Suche nach der richtigen Hausnummer schwieriger als gedacht. Umso kleiner die Nummern werden umso größer werden die Grundstücke. Die passende Zahl gehört zu einem Haus, das eher die Bezeichnung „Anwesen“ verdient.
Herzlichst begrüßt durch Glenn Hallam gibt es gleich eine Führung durch die Villa und den Flügel des Anwesens, in dem die Weltumrunder mit eigenen Badezimmern und Schlafräumen nächtigen dürfen. Die deutschen Damen genießen besonderen Luxus: Sie dürfen das Zimmer der Tochter samt großem Himmelbett für zwei Nächte beziehen.
Das Team ist fasziniert und völlig überwältigt von der Gastfreundschaft der Hallams. Der Speiseplan wird umgestellt, mit einem typisch deutschen Gericht wollen die Studenten sich erkenntlich zeigen: Rouladen, Rotkohl und Kartoffeln!
Heute geht es zur Hawks Rise Elementary School. SolarWorld GT soll allen Kindern dieser Grundschule gezeigt werden. „Alle“ heißt für diese Bildungseinrichtung ca. 800 Schülerinnen und Schüler. 2 Stunden lang werden Fragen beantwortet, darf jeder einmal kurz Platz nehmen. Eine Belastungsprobe der besonderen Art und ein erneuter Beweis für die Alltagstauglichkeit des Bochumer Sonnenwagens. Allein dafür müsste es eigentlich einen Eintrag in das Weltrekordbuch geben.
Am Nachmittag geht es dann zum nächsten Termin an die Florida Agricultural And Mechanical University, kurz FAMU. Wegen der Semesterferien bleibt die Anzahl der Interessenten hier deutlich überschaubarer.
Ein typisch amerikanisches Smokey Southern BBQ bei Familie Hallam rundet den Tag ab. Im Fernsehen und im Radio laufen Berichte zum Auftritt des Teams an der Hawks Rise Elementary School.
Am nächsten Morgen heißt es Abschied nehmen. Noch ein letztes Foto, dann muss das Team weiter, um die angepeilten 100 Meilen des Tages zu schaffen. Über den Highway geht es auf die Interstate 10. Hier wird der Konvoi das erste Mal auf seiner Reise von der Polizei gestoppt. Grund: Der Verkehr ist sehr dicht geworden und der vergleichsweise langsame Sonnenwagen bildet ein Hindernis. Der Officer empfiehlt aus Sicherheitsgründen die nächste Ausfahrt auf einen Highway, der auch zum Tagesziel Cross City führt.
Auf dem Campingplatz erfahren die Bochumer von anderen Campern, dass die Daytona Bike Week gestartet ist. 10.000 Motorradfahrer machen die Stadt unsicher und belegen alle Campingplätze und Motels. Das heißt also ab jetzt frühzeitig Plätze für die Übernachtung reservieren. Merklich steigen die Temperaturen je weiter das Team nach Süden fährt. Bis vor einigen Tagen noch lange Hose und Pulli am Abend, so kann man sich heute in kurzer Kleidung noch spät abends draußen aufhalten.
Der Morgen startet mit einer kleinen Feier. Das Team versammelt sich vor dem Zelt des Chefmechanikers Yago Elbrecht und stimmt ein Geburtstagsständchen zum Wecken an. Kleine Geschenke dürfen natürlich auch nicht fehlen. Start der Tagesetappe bei bedecktem Himmel gegen Mittag von Cross City aus. Starker, anhaltender Regen macht das Fahren anstrengend. Ein Zeltplatz bei Spring Hill nicht weit vom Golf von Mexico soll das Tagesziel sein. Weil es immer noch regnet, bleiben die Zelte zunächst in den Wagen und das Team fährt erst einmal zum nahegelegenen Chillis Diner, um sich ein reichhaltiges Mittag- bzw. Abendessen zu gönnen. Spare Rips und Loaded Mashed Potatos gibt es für das Geburtstagskind.
Der Himmel klart während des Essens auf und so geht es bei Sonnenschein wieder zurück zum Campingplatz, dort kann in Ruhe das Zeltlager aufgebaut werden. Ein kleiner See mit Bootsverleih gehört zum Platz. Die Bootsfahrten sind eine willkommene Abwechslung!
Florida soll der Treffpunkt mit einem Kamerateam aus Deutschland sein, das für die Telekomstiftung einen Videoclip drehen will. Die Stiftung plant Internet-Fernsehen für Wissenshungrige, die Sendung soll "WQ – Das Wissenschaftliche Quartett" heißen und beschreibt sich selbst als hochprofessionelles Internet-Fernsehformat. Garant für Qualität ist der Wissenschaftsjournalist und Fernsehmoderator Karsten Schwanke, bekannt aus der ZDF-Sendung "Abenteuer Wissen". Zusammen mit Matthias Drossel am Steuer begibt er sich auf eine halbstündige Testfahrt und macht sich schlau zum Themenfeld "Solare Mobilität". Die Ladezeit über Mittag wird für weitere Interviews genutzt.
Der Golf von Mexico und badetaugliche Temperaturen locken die Studenten ins Wasser. Die eine Hälfte kümmert sich um die Energiespeicherung, die andere darf in die Fluten.
Am Nachmittag geht es weiter Richtung Naples. Nach ein paar Fahraufnahmen verabschiedet sich das Drehteam mit Karsten Schwanke und fliegt von Miami wieder zurück nach Deutschland. Die fertig produzierte Sendung wird vermutlich im Juli auf www.wq-tv.de zu sehen sein.
Zum Ende des Tages muss noch ein Reifen am rechten vorderen Rad gewechselt werden. Ein schleichender Platten macht den Tausch notwendig.
Am Abend gehen die Teammitglieder relativ früh in die Schlafsäcke. Der lange Tag war anstrengend genug und morgen wartet eine spannende Metropole auf die Bochumer: Miami!
Aufbruch in Neaples. Die Nacht auf dem Campground, der zur "KOA"-Kette gehörte, war gut. Leider war mal wieder einmal die Zeit viel zu knapp, um alle Annehmlichkeiten wie Pool etc. genießen zu können.
Mit Sonnenaufgang ging es dann wieder los für das Team. Übliches Prozedere, dann auf die Straße. Von Neaples ging es dann in die Everglades. Ein riesiges Feuchtgebiet an der Südspitze Floridas, das eigentlich ein riesiger Fluss ist, aber mehr doch wie ein Moorgebiet aussieht. Hohes Gras, von vielen Wasserwege durchzogen, prägt das Bild der Everglades. Dieses Gebiet ist auch bekannt für seine Artenvielfalt an Tieren. Seeschlangen und Krokodile finden sich hier vielerorts und so kann das Team auf der Fahrt über den einzigen Highway durch dieses Gebiet immer mal wieder Amphibien am Straßenrand entdecken.
Dann ein Klackern und ein schneller Stopp für das Team. Wohl nur ein Steinchen, das seinen Weg in den Radkasten fand. Technisch ist soweit alles ok und die Fahrt kann ohne Probleme weitergeführt werden.
Das Team möchte an diesem Abend unbedingt Miami erreichen, um sich so einen freien Tag zu "erfahren". Dennoch soll es nicht einfach so im Eiltempo durch die Everglades gehen. Eine Bootstour auf einem echten Airboat durfte da nicht fehlen. Eine tolle Erfahrung, die allen viel Spaß gemacht hat!
Am Straßenrand ist das SolarCar nicht das einzig auffällige Fahrzeug: Auch "Monstertrucks" stehen ab und zu am Straßenrand. Es gelingt dem Team sogar, ein solches Fahrzeug einmal nahe ans SolarCar zu bringen. Zwei Gegensätze, durch und durch.
Die Fahrt führte weiter bis nach Miami. Trotz dichtem Stadtverkehr ging es gut voran. Wir entschlossen uns, bis zur vorgelagerte Insel "Miami Beach" zu fahren. Kurz vor der Promenade wurde es dann in den Straßen zwischen all den Apartmenttürmen so dunkel, dass das Team aus Sicherheitsgründen umschwenkte und SWGT trailern möchte. Einen Platz zum Verladen zu finden ist jedoch nicht so einfach, da jeder noch so kurze Stopp vor einem der Wohntürme sofort vom jeweiligen Sicherheitsdienst unterbunden wird. Eine lange Parklücke am Straßenrand ist dann der Ort der Wahl. Alles musste schnell gehen: Straße kurz sperren, Wagen hinter den Trailer schieben, Trailer kippen, Wagen verladen, Trailer wieder kippen, Verspannen und weiter geht's.Hier sitzt jeder Handgriff, nach 5 Minuten ist das Team schon wieder unterwegs.
Den ganzen Tag über versuchte das Team eine Unterkunft für Miami zu finden. Gut 25 Anbieter wurden angerufen und am Ende gab es genau zwei Campingplätze im Süden, die noch Platz für die Gruppe aus Bochum hatten - ca. 30 Meilen entfernt von Downtown. Schnell wurde eine Wahl getroffen und nach einer 1 Std. Fahrt erreichte man das Nachtlager. Hier wurde es noch einmal spannend.
Der Campingplatz ist das Winterdomizil für im Ruhestand befindliche Camper, die hier bis zu 6 Monate verbringen. Jeder kennt jeden. Kurz nachdem das Team den Platz erreicht hatte, fuhr direkt ein Parkwächter vor: Es gab wohl kritische Anrufe. Man erkundigte sich, wer denn so spät ankomme und ob das denn richtig sei.
Merkwürdig war ferner, dass das Team zwar einen Trailer hatte, aber in Zelten schlafen wollte. Etwas, dass die "Nutzungsbedingungen" des Campingplatzes offensichtlich nicht kennt. Nach einer anstrengenden Diskussion zu später Stunde fand man doch noch zur wohlverdienten Nachtruhe.
Ende gut, alles gut.
Die Tagesetappe sollte am Miami Beach beginnen, deshalb war vorab eine einstündige Trailerfahrt vom Campingplatz aus nötig.
Das Wetter ist besser als ursprünglich prognostiziert, es scheint ein sonnenreicher Tag zu werden. Angekommen in Miami Beach taucht ein Problem auf: Der Parkstreifen, auf dem das Team am Ende der letzten Etappe angehalten hat, ist mit Baufahrzeugen belegt. Eine nächste Haltemöglichkeit gibt es erst in 2 Meilen. Dort wird SolarWorld GT schnell ausgeladen und zurück zum Ausgangspunkt gefahren. Jetzt kann die Tagesetappe beginnen. Es geht über den "Ocean Drive", der bekanntesten Flaniermeile von Miami Beach, immer am Strand entlang.
Teamfahrzeuge und SolarWorld GT ziehen einige Blicke auf sich, glücklicherweise fließt der Verkehr relativ ruhig. Einzig die vielen Ampeln stören eine flüssige Fahrt.
Nach ca. 15 Meilen "Stop and Go" an der Promenade entlang wechseln Team und SWGT auf den Highway (HW) No. 1 Richtung Norden. Hier läuft der Verkehr flüssiger, in Miami verlorene Zeit kann eingeholt werden. In Fort Lauderdale - bei bestem Sonnenschein - geht es dann wieder nur "Stop and Go". Der Verkehr wird Richtung Zentrum immer dichter. Wie zu erwarten, wird SWGT zum absoluten Hingucker für Strandgänger und "Springbreaker" - Studierende in den Frühlingsferien. Meist nur in Schrittgeschwindigkeit kann sich das Team fortbewegen.
Nachdem Fort Lauderdale passiert ist, findet sich gegen 16 Uhr in Fort Pierce ein netter Campingplatz, den das Team dankbar anfährt. Der lange Tag hat Spuren hinterlassen: Es war sehr warm und ständige Höchstkonzentration war gefordert.
Nach gut 130 Meilen konnte das Team einen erfolgreichen Tag abschließen.
Der Tag beginnt ganz entspannt. Das Team hat bis zum letzten Präsentationstermin in Palatka nur noch etwa 200 Meilen vor sich und gut zweieinhalb Tage Zeit für diese Tour. Zudem herrscht bestes Wetter und beim entspannten Start um 10.40 Uhr sind die Batterien schon wieder komplett voll.
Es geht vom Nachtlager in Fort Pierce weiter über den HW No.1, immer entlang der Ostküste Floridas. Die Temperaturen steigen auf 28°C, die Sonne brennt vom Himmel. Nicht nur die Akkus des SolarCars sind bei diesem Wetter vollgeladen. Bei diesem tollen Wetter wird ein Zwischenstopp für einen Besuch des Kennedy Space Centers eingeplant. Hier kann hautnah die Technik und die Faszination des amerikanischen Weltraumprogramms der NASA erkundet werden.
Am Space Center angekommen, entschließt sich das Team dann aber doch gegen einen Besuch: Die Zeit ist einfach zu knapp und leider gibt es für das Team auch keinen Eintritts-Rabatt. Egal - ein Bild mit der ersten Rakete darf nicht fehlen, die einen Amerikaner ins Weltall gebracht hat. Vom Space Center geht es noch ca. 20 Meilen die Küste entlang zum nächsten Campingplatz, der zum Nachtlager wird.
Das Wetter war heute wieder einmal fantastisch. Sonne satt. Das Team schwitzte, die Akkus sind voll. Aufgrund des ausnahmsweise frühen Endes der Tagesetappe kann das gesamte Team jetzt auch einmal den Pool des Campingplatzes auskosten. Das haben sich alle verdient!
Entspannter Start um 11 Uhr morgens. Gut 100 Meilen sind es bis zum geplanten Tageszielort, Palatka. Bei dem mal wieder fabelhaften Wetter sollte das kein Problem sein.
Julia Thiele nimmt erneut Platz am Steuer des Solarflitzers. Über den Highway 1 und der Florida State Route A1A geht es weiter an der Ostküste entlang Richtung Norden.
Das Streckenhighlight für die Tagesetappe sollte Daytona Beach sein. Die alljährlich stattfindende "Daytona Bike Week" hat allerdings gerade heute und gerade hier ihren letzten Tag und Höhepunkt: Zehntausende Motorradfahrer aus allen Winkeln der USA und aus anderen Ländern sind nach Daytona angereist. Das Straßenbild ist deutlich in der Hand der Biker. Dennoch erheischt SolarWorld GT anerkennende und begeisterte Blicke, auch von eingefleischten Rockern und Bikern.
Die Tagesetappe endet direkt am wunderschönen Strand in St. Augustine nahe Jacksonville.
Am nächsten Morgen geht es zunächst - nach einigen Telefonaten und Emails vom Teamleiter Tim Skerra - zum Kennedy Space Center. Dort möchte das Team Fotos mit SWGT vor den eindrucksvollen Raumfahrzeugen schießen. Diese Möglichkeit wird aber leider nicht eingeräumt. Stattdessen bekommt das Team Freikarten für einen Center-Besuch am nächsten Tag. Für Studierende der Ingenieurswissenschaften, und sicherlich auch für alle anderen, eine wunderbare Chance, die gerne in Anspruch genommen wird.
Vom Space Center geht es dann weiter nach Cocoa zum "Florida Solar Energy Center" (FSEC). Gemeinsam mit Hauptsponsor SolarWorld präsentiert das Team im bewährten Rahmen den Solarrenner. Auch hier sind die Interessierten sichtlich vom Umwelt-Botschafter begeistert. Die Mitfahrt bei der mittlerweile obligatorischen Verlosung gewinnt ausgerechnet die einzige FSEC-Professorin für Solartechnik! Professorin Nicoleta Hickman ist stark beeindruckt und bietet spontan ihre Unterstützung an, falls ein Team-Mitglied ein Auslandssemester in Florida verbringen möchte. Eine tolle Option für die Zukunft...
Weiter geht es zum nächsten Fototermin mit einem SolarWorld-Array im Hintergrund. In Florida gibt es über einhundert dieser Station mit 10KW Leistung je Einheit, die in Krisenzeiten - z.B. nach Wirbelstürmen - die Notstromversorgung wichtiger Gebäuden sicherstellen.
Am Nachmittag dann besteht endlich für das Team die Möglichkeit, einen verdienten Abstecher zum Strand zu machen. Frühzeitig kann das Nachtlager auf dem Campingplatz in der Nähe vom Space Center bezogen werden.
Eine angenehme Nachtruhe liegt hinter dem Team. Um 8:30 Uhr ist bereits alles gepackt, alle haben gefrühstückt und das Team ist auf der Straße. Ziel: Das Kennedy Space Center auf Merritt Island. Das Team hatte am Vortag Freikarten von der Leitung des Besucherzentrums geschenkt bekommen und wollte sich diese Chance nicht nehmen lassen. Extra hierfür wurde ein Fahrtag "geopfert", der hinterher an den zwei verbleibenden Fahrtagen aufgeholt werden soll.
Bei strahlendem Sonnenschein erreicht das Team das Center. Natürlich darf ein Foto mit dem riesigen NASA-Symbol nicht fehlen. Ein Paradies für Studierende der Ingenieurswissenschaften und alle Weltraum- und Technikinteressierten.
Das Team hat hier die Chance, die Geschichte der Raumfahrt anhand von 1:1-Modelle aller gebauten Raketen zu erleben, eine Bustour über das offizielle Abschussgelände des Kennedy Space Centers zu unternehmen, die Startrampen der Apollo-Missionen und des Spaceshuttle-Programms zu sehen. Der Höhepunkt des Tages ist die Besichtigung des Apollo- und Saturn V-Centers, in dem der maßstabsgerechte Nachbau einer Saturn V-Rakete bestaunt werden kann. Dem Team stockt der Atem beim Anblick dieses gewaltigen Ungetüms. Die Saturn V ist die größte je gebaute Rakete und erzeugte nach der Atombombe den lautesten Knall der je von Menschen geschaffen wurde. Sie ist ein riesiges Wunderwerk der Technik, auch wenn über 90 Prozent ihrer Gesamtmasse "nur" hochexplosiver Treibstoff ist. Dagegen ist das Anfassen eines echten Stücks Mondgestein fast schon unspektakulär.
Schön für das Team ist es auch, des Öfteren erkannt zu werden. Aufgrund des Besuches am gestrigen Tage beim FSEC gab es Berichte in den lokalen Zeitungen. Immer wieder wird das SolarCar-Team darauf angesprochen.
Gegen 18 Uhr geht der Tag dann im Kennedy Space Center für das Team zu Ende. Natürlich hat sich jeder seine persönlichen Souvenirs gesichert.
Vom Space Center geht es zurück nach St. Augustine, wo das Team am 18.03. gestoppt hatte. Von hier aus geht es dann am 21.03. für zwei weitere Fahrtage weiter, bis das letzten Ziel auf amerikanischem Boden erreicht ist, die Stadt Charleston im Bundesstaat South Carolina.
Ein früher Start mit den ersten Sonnenstrahlen um 7:45Uhr. Das Team hat sich für den vorletzten Fahrtag viel vorgenommen. Gut 500 km bis zum Endziel der USA-Etappe Charleston. Das Wetter ist durchschnittlich, aber es bleibt trocken. Nach knapp 7.000 gefahrenen Kilometern in den Staaten funktioniert SolarWorld GT wie ein Uhrwerk. An diesem Tag werden die Staatsgrenzen von Georgia und South Carolina überquert. Übernachtungsstopp bei Ridgeland nach 409 Kilometern - längste gefahrene Tagesstrecke bei der Weltumrundung bisher!
Noch 80 Meilen bis Charleston. Abfahrt um 10 Uhr, das Team ist also ausgeruht, das Wetter spielt mit. Um 11 Uhr meldet sich der "kleine" Hunger. Stilecht wird dafür zum ersten Mal mit dem Sonnenwagen ein Drive-In-Restaurant angefahren. Fahrer Felix Burmeister hat die Qual der Wahl bei der Speisekarte. Beim Servieren der Bestellung zeigt sich ein kleines Manko bei der ansonsten überragenden Alltagstauglichkeit des gelben Flitzers: Die Türscheiben lassen sich nicht herunterkurbeln! Durch die geöffnete Tür findet das Menü aber problemlos seinen Weg zum hungrigen Piloten.
Um 12 Uhr wird die Küste der Halbinsel von Charleston erreicht, die Etappe ist offiziell beendet: 7.037 Kilometer war die Strecke durch die USA lang, 7 Wochen waren die Studierenden von Westen nach Osten unterwegs.
Perfekt von Sponsor DHL organisiert, wartet in Charleston schon der Container. Effektive 5 Stunden nur brauchen die SolarCar-Weltreisenden, um das gesamte Equipment samt Trailer und SolarWorld GT zu verstauen. Auch das ein neuer Rekord für das Team.
Gut 10.000 Kilometer stehen jetzt auf dem Weltumrundungs-Tacho; ein Drittel der Gesamtstrecke ist geschafft. Ende April startet die Europaetappe im Süden von Italien. Über Frankreich, Belgien, und Holland soll SolarWorld GT am 29. Mai in Bochum halten. Anfang Juni gibt es einen Termin im Park von Schloss Bellevue. Der Bundespräsident hat eingeladen...
4. Etappe, Europa: 30.04. - 28.05.2012
Start der nächsten Etappe der Weltumrundung im Süden von Italien. Cosenza in Kalabrien bietet mit der Partnerhochschule perfekte Startbedingungen. Die italienischen Professoren und Studenten empfangen die Bochumer begeistert und haben viele Fragen zum SolarCar. Selbst beschäftigt man sich noch mit fossiler Verbrennungstechnik: Das kalabrische Formula Student Team präsentiert stolz den eigenen Rennwagen.
Nach dem Show-Termin am Vormittag bereitet sich das Team auf die Abfahrt vor. Statt der bisher üblichen Mietwagen kommen jetzt hochschuleigene Begleitfahrzeuge zum Einsatz. Neben dem Trailer, der auch als Garage und Transportfahrzeug für SolarWorld GT dient, ergänzt jetzt ein weiterer kleiner Anhänger für Gepäck und Ersatzteile den Begleittross. Der große gelbe Hänger ist weiter aufgerüstet worden. Die Solaranlage auf dem Dach wurde vergrößert, ein 70l-Frischwassertank im Unterboden eingebaut, um auch abseits von Städten und Campingplätzen eine gute Versorgung des Teams sicherzustellen.
Sorgen macht den Studierenden noch einer der Motoren. Eine neu eingebaute Spule funktioniert nicht. Nach diversen Tests und Versuchen wird die alte Konfiguration wiederhergestellt. Besuch während der Vorbereitungsarbeiten: Patricia Löffler und Mira Mehlbert, beide Studentinnen an der Hochschule Bochum im Studiengang International Business and Management-Italienisch, helfen beim Kauf von italienischen SIM-Karten für Telefon und Internet und besorgen am Abend auch leckere Pizza. Einkaufen gehen wird zum ersten Mal auf der Weltreise zur Herausforderung, denn Englisch sprechen hier die wenigsten.
Über Napoli nach Roma
Am 1. Mai macht sich das Team auf den Weg nach Norden. Die Metropolen Neapel und Rom stehen in den nächsten Tagen auf der Streckenplanung, bester Sonnenschein lässt auf guten Energieeintrag hoffen. Doch zunächst müssen sich die Fahrer des Solar-Konvois an die italienischen "Verkehrsregeln" gewöhnen. Am Feiertag wollen alle ans Meer, die Fahrt der Bochumer landet bald im Stau. Alle Klischees entsprechend machen die meisten Autofahrer ihrem Ärger mit wildem Gestikulieren und lautem Hupen Luft. Nach zwei Stunden Kriechgang geht es dann auch nur langsam vorwärts. Enge Kurven, viele Berge, immer wieder Stopps im zähflüssigen Verkehr - das kostet Energie. Trotzdem stehen am Ende des Tages 214 Kilometer mehr auf dem Weltumrundungskilometerzähler.
Am nächsten Tag geht es durch Agropoli auf die Landstraße SS18 Richtung Salerno und Neapel. Die Landstraße ist zwar nicht so schön wie die Küstenroute, weist ein weniger anspruchsvolles und damit energetisch günstigeres Streckenprofil auf. Bei einem kurzen Stopp des Leadfahrzeuges, um auf den Konvoi zu warten, wird Bekanntschaft mit der italienischen Fahrweise gemacht. Beim Abbiegen auf die Straße drängelt sich ein Kleintransporter am Leadvorbei und im nächsten Augenblick treffen sich die beiden Außenspiegel der Fahrzeuge. Kein Problem für den Italiener, der gleich seinen Spiegel richtete und weiterfährt. Kein Schaden am Leadfahrzeug des Teams, also ist Entspannung angesagt.
Pünktlich um 14 Uhr steht der SolarWorld GT in Neapel auf dem Piazza del Plebiscito und wird von Medien umringt. Der Bürgermeister der Stadt ist sichtlich begeistert. Ein voller Erfolg. Nach dem Pressetermin geht es im Hänger dann für den GT zum gebuchten Campingplatz.
Neapel selbst wird dem Team als reine Katastrophe und Stress in Erinnerung bleiben. Und mitten drin: das SolarCar! Im Straßenverkehr scheint es keine Regeln zu geben. Jeder fährt, wie es ihm beliebt. Pascal Dombrowski am Steuer des mehrere hunderttausend Euro teuren SolarCar bleibt locker und bringt den Sonnenwagen sicher aus dem Verkehrschaos.
Auf der Fahrt zum Campingplatz kommt es doch noch zum Fahrzeugausfall. Begleitfahrzeug Nr. 1 macht Probleme mit der Kupplung, Bremse und Turbolader scheinen auch defekt zu sein. Begleitfahrzeug Nr. 2 überhitzt zu allem Überfluss, als es an einige Steigungen geht.
Um 9 Uhr klingelt der Wecker am nächsten Morgen im Hotel. Ein Teil des Teams hat 6 Stunden geschlafen, aber die meisten hatten wegen des Ausfalls des zweiten Begleitfahrzeuges nur etwa 3 Stunden Schlaf finden können.
Die Studierenden müssen sich an diesem Tag aufteilen, um die Problematik des Fahrzeugausfalls und den angesetzten Medientermin vor dem Petersplatz in Rom zu schaffen. So ist Team 1 samt SolarWorld GT pünktlich um 13 Uhr vor dem Petersplatz, um mit der Mediencrew von Hauptsponsor SolarWorld um "Keil Photography" Bilder und Videos aufzunehmen. Gegen 14 Uhr steht noch ein Interview mit dem italienischen Umweltminister vor dem SolarCar mit Blick auf den Petersdom auf dem Terminplan. Gegen 15 Uhr geht es dann durch den Stadtverkehr Roms Richtung Latina.
Team 2 kümmert sich um das liegen geblieben zweite Begleitfahrzeug. Man trifft sich mit dem Abschleppservice, der gleich ein Ersatzfahrzeug dabei hat. Die Fahrt mit dem Leihwagen endet bereits nach wenigen Autobahnkilometern, da sich ein Schwungrad des Fahrzeuges löste. Das Team staunt nicht schlecht, als das Fahrzeugteil plötzlich bei ca. 80 Stundenkilometern das eigene Fahrzeug überholt!
Team 1 kommt gegen 17:30 Uhr in Latina an und trifft dort Franz Joseph Joosten, den man seit der European Solar Challenge von 2011 kennt. Der engagierte Freund der SolarCar-Szene ist einer der Mitgründer und Initiatoren dieses Rennens und wohnt selbst in Latina, um dort einen Standort seiner Firma Futec, die sich mit Solar- und Windkraftanlagen beschäftigt, aufzubauen. An diesem Tag ist auch eine kleine Ausstellung von Firmen und Entwicklern von und mit Solaranlagen, Elektrofahrzeugen und moderne Haustechnik im Zentrum Latinas. Das Team stellt kurzer Hand den GT dort selbst aus. Viele Leute vor Ort sind begeistert und machen Fotos.
Der nächste Tag sieht Michael Düde am Steuer von SolarWorld GT. Als ehemaliges Teammitglied darf er sich in Deutschlands als Erster mit dem akademischen Grad Master of Science für Elektromobilität schmücken. Die Fahrt an diesem Tag ist endlich mal wieder ein voller Erfolg für das Team. Über die Autobahn geht es flüssig bis zum Tagesziel nach Latina. Die 190 km Tagesstrecke werden gut gemeistert. Nur kurz vor Latina verhindert eine Blase am vorderen linken Reifen eine pünktliche Zieleinfahrt.
Mit gut 15-minütiger Verspätung fährt das Team auf der Piazza del Popolo ein. Viele Leute bewundern den Sonnentourenwagen aus Deutschland. Gegen 20 Uhr wird der GT eingeladen. Am morgigen Tag sollen 300 km gefahren werden. Florenz ist das Ziel.
Der Regen des Vortages hat dafür gesorgt, dass nicht geladen werden konnte während der Fahrt. Ein erster Blick um 7:30 Uhr zeigt einen wolkenverhangenen Himmel. Um 11 Uhr reißt zum Glück die Wolkendecke auf. Endlich wieder Energie für die Batterien. Den Tag über wird geladen und die Ausrüstung wieder auf Vordermann gebracht. Die Vorräte werden aufgefüllt. Gegen 16:30 Uhr ist es dann soweit. Das Team hat über den Tag immer wieder gerechnet und ist nun optimistisch, die verlorene Zeit der letzten Tage wieder einfahren zu können. Hierzu sollen heute bereits 100 km in Angriff genommen werden. Die Strecke führt von Marina de Grosseto bis nach Marina de Cecina. Im wunderschönen Sonnenuntergang bleibt sogar noch Zeit für tolle Fahraufnahmen des SolarCars auf einer Zypressenallee mit der Media Crew von SolarWorld.
Aufstehen mit Sonnenaufgang auf dem Campingplatz in Cecina. Heute ist ein besonderer Tag für das Team. Pascal Dombrowski hat Geburtstag. Nach dem Gratulieren und einem Frühstück unter Campern am Trailer werden Zelte und Equipment eingepackt. SolarWorld GT geht frisch gecheckt mit dem Geburtstagskind an den Start dieser Tagesetappe. Von Beginn an dabei ist die Filmcrew von SolarWorld. Durch die kleine Stadt und viele Umwege aufgrund des Wochenmarktes in der Innenstadt geht es zurück auf die SS1 Richtung Genua. Der Verkehr fließt gut, das SolarCar blockiert kaum, obwohl die Straße nur zweispurig ausgebaut ist. Um die Mittagszeit wird ein Ladestopp an einem Rastplatz eingelegt. Zu diesem Zeitpunkt schließ auch Prof. Friedbert Pautzke zum Team auf, der mit seiner Frau nach Italien gekommen ist und sich die Chance nicht entgehen lassen will, sein Team vor Ort in Aktion zu sehen.
Nach dem ausgiebigen Ladestopp geht es zurück auf die SS1. Einige Abschnitte mit Tunneln liegen nun auf der Strecke. Am Steuer Prof. Pautzke! Das erste Mal, dass der Ideengeber und Gründervater des SolarCar-Projekts einen der Sonnenwagen fahren kann. Ein tolles Erlebnis, wie er nach der Fahrt schwärmt und sichtlich stolz seinen Studierenden gratuliert. Nach gut 1,5 Stunden Fahrt im GT übergibt Friedbert Pautzke das Steuer wieder an den Fahrer des Tages, Pascal Dombrowski. Der Professor begleitete seine Studenten noch ein Stück im eigenen Mietwagen bevor man sich trennt.
Ankunft in Genua am Nachmittag. Schnell wird ein geeigneter Platz in der Stadt zum Verladen gefunden und dann geht es mit ein paar geschmierten Broten schon weiter samt Trailer nach Verona. Hier wird das Team für Hauptsponsor SolarWorld den Solar Racer auf der SolarEXPO ausstellen.
Am späten Abend wird Verona erreicht, das Team ist sichtlich geschafft. 230km solar gefahrene Kilometer stehen am Tagesende wieder einmal auf dem Tacho. Das sonnige Wetter ist zurück und das Team ist nun gut unterwegs zum nächst größeren Ziel: MONACO!
High Tech trifft High Society
Start in Genua um 10 Uhr. Zweimal links, dreimal rechts, in vielen Serpentinen geht es den Berg nach Genua herunter. Dann einmal falsch abgebogen und schon steckt der Konvoi des Teams in einer kleinen Straße fest. Es geht nicht vor und nicht mehr zurück. Kurzerhand wird eine Reihe von Motorrollern umgestellt, der Anhänger abgekoppelt und per Hand um die Kurve geschoben. Alle Hände werden für diese Aktion gebraucht und so fehlen die Beweisfotos. Der Anhänger ist wieder frei, die Fahrt Richtung Uferpromenade und Stadtring wird fortgesetzt. Von hier aus geht es auf die Autobahn Richtung Monaco.
Ein Campingplatz an der Grenze zu Frankreich bietet einen tollen Blick über das Mittelmeer. Morgen steht ein fürstlicher Termin im Kalender.
Um 8:30 Uhr am nächsten Morgen sind alle abfahrbereit. Unter der Führung von Freund und Helfer Lucien Jenny geht es per Auto und Trailer zum Palast der Grimaldis, der über dem schönen Monaco thront. Noch ein T-Shirt und eine Kappe für den Fürsten schnell vorbereitet, dann darf die Technikcrew samt GT in den Innenhof des Palastes, um den technischen Checkup durchzuführen. Eine kostenloste Führung durch das palasteigene Museum überbrückt die Wartezeit, bis der Fürst Zeit hat für die Weltreisenden. In eine Reihe aufgestellt, warten das Team und die Mediacrew von SolarWorld auf den Herrscher von Monaco.
Ganz normal, ohne großes Tamtam kommt Albert mit einigen Minuten Verspätung über den Hof geschlendert. Teamchef Tim Skerra hat die Ehre, den Fürsten als erster begrüßen zu dürfen und nach und nach alle Teamkollegen vorzustellen. Natürlich lässt es sich Albert von Monaco nicht nehmen, selbst am Steuer Platz zunehmen. Gespannt lauscht er den Erklärungen des Teamchefs und diskutiert die Möglichkeiten dieser Technik. Nach einem kurzen Gespräch über andere solare Projekte wie die Weltumrundung per Solarboot, die erst eine Woche vor dem Studententeam in Monaco endete, überreicht Tim Skerra dem Fürsten noch das vorbereitete Teamshirt und die Kappe mit den Unterschriften des Teams als Andenken.
Nach dem Palast geht es samt SolarCar zum Formel-Eins-Stadtkurs von Monaco, wo in 14 Tagen der Rennzirkus gastieren wird. An diesem Tag findet der Historische Grand Prix in Monaco statt. Etwa 300 Oldtimer Rennwagen sind vor Ort. Das Team hat hier die Chance, die letzte Stunde vor dem Rennstart ein paar Runden auf der Rennstrecke fahren zu können. SolarWorld GT mit zwei Personen im Cockpit zieht seine Runden über den Kurs um Monte Carlo.
Am Abend kommt das Rote Buch von Fürst Albert zurück. Der Fürst hatte sich die Zeit genommen, eine ganze Seite zu schreiben und die Studenten zu loben und zu beglückwünschen.
Der Wecker klingelt um 7 Uhr. Teamchef Tim Skerra prüft die Wetterlage. Blauer Himmel, aber die Sonne versteckt sich noch hinter den umgebenden Bergketten. Per Smartphone App wird der Sonnenverlauf gecheckt und ein geeigneter Ladeplatz für eine ausgiebige Ladephase am Morgen ausgemacht. Um 7:30 Uhr sind dann alle Teamkollegen geweckt, der GT wird ausgeladen und die Panels ausgerichtet. Dann wird das Frühstück vorbereitet. Unterstützer Lucien Jenny hilft direkt, als eine interessierte Gruppe Wanderer den GT entdeckt. Herr Jenny hält einen kleinen Vortrag und erklärt die Weltumrundung. Bis 12:30 Uhr wird ausgiebig geladen. Ein Batteriepack wird komplett voll, das zweite bereits angeladen. In der Zwischenzeit wird eingekauft, Wäsche im örtlichen Waschsalon gewaschen, Daten per Satellitenmodem nach Deutschland übertragen, Wäscheleinen im Anhänger angebracht und die Wäsche aufgehängt. Der Checkup des Solarcars darf natürlich auch nicht fehlen. 12:30 Uhr geht es los. Tagesziel heute ist Grenoble. Der Weg führt zu Anfang 11 km über die Autobahn. Danach geht es auf eine herrliche Landstraße, die an diesem Tag nur noch über einem mäßig steilen Pass nach Grenoble führt. Immer wieder tolle Ausblicke. Am Steuer Mike Scherer. Die letzten 50 km sind stark befahren, weswegen das Team immer wieder mal einen kleinen Halt einlegen muss, um die Folgefahrzeuge vorbei zu lassen.
Gegen 14 Uhr wird nur ein kleiner Stopp eingelegt, da es ein Verbindungsproblem mit dem Bluetooth Modul der Telemetrie gibt. Das kann aber schnell gelöst werden. Die Pause wird genutzt, um schnell für alle ein leckeres Baguette zu schmieren, das den Hunger besänftigen soll. Zum Abendessen kann dann das erste Mal selbst gekocht werden mit dem neu erworbenen Gaskocher. Zum Auftakt gibt es Currygeschnetzeltes mit Ananas und Reis. Eines der beliebtesten Gerichte auf der Weltumrundung.
Am Tagesende stehen 179 km auf dem Tagesstreckenzähler.
Start um 9 Uhr vom Campingplatz in Seyssins. Die Fahrt soll nach Bourg-en-Bresse gehen. Die Fahrt beginnt mit einigen Umleitungen wegen vieler Baustellen. So passiert es, dass das Team die falsche Route nimmt und sich schnell auf einem Bergpass befindet. Ein Wenden ist nicht möglich, so geht es weiter hinauf und wieder ein Stück herunter. Dann ein weiterer Rückschlag. Die Straße ins Tal ist gesperrt, die Umleitung führt das Team einmal um das Hochtal herum zurück zum Ausgangspunkt. Kurzerhand wird nach dieser langen Irrfahrt von etwa 3,5Std. ein Ladestopp für weitere 4 Std. eingelegt. Um 16Uhr geht es den gleichen Weg, den das Team gekommen ist, zurück nach Grenoble und von dort aus über große, gut ausgebaute Landstraßen weiter nordwärts.
Die Irrfahrt durch das Gebirge hat das Team viel Zeit, Nerven und Energie gekostet, jedoch mit wunderschönen Alpenpanoramen ein wenig entschädigt.
Um 7 Uhr klingelt am nächsten Morgen mal wieder der Wecker. Da bereits gestern der Wetterbericht für die kommenden Tage nur mäßiges bis schlechtes Wetter vorhersagte, ist der heutige Tag der einzige, der zum Laden der Batterien eingeplant werden kann. Die Temperaturen sind in den letzten Tag immer weiter gefallen und so hat der Morgen nicht nur Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt bereitgehalten, sondern auch einen Boden, der mit Raureif überzogen ist.
Wieder Anschluss zum Team hat Freund und Helfer Lucien Jenny gefunden. Der engagierte Franzose aus dem Elsass kümmert sich direkt nach seiner Ankunft um 9 Uhr morgens um Zeitungsreporter, die der Campingplatzbesitzer informiert hatte. Gemeinsam mit SolarCar-Teammitglied Thierry Wilmes, der auch perfekt die Landessprache beherrscht, kümmerte man sich um alle Interessenten des Campingplatzes.
Ein netter Herr, der sich für das sonnengetriebene Auto interessiert, erklärt sich bereit, mit zum Einkauf zu fahren, den Studenten alle notwendigen Geschäfte zu zeigen und bei Problem mit der Landessprache behilflich zu sein. Für das Mittagessen wurde gleich dreifach gesorgt. Das Team besorgt leckeres Baguette, Lucien Jenny überrascht mit Kebab und Pommes und von begeisterten Campern gibt es leckeren Kuchen nach lokalem Rezept. Der Campingplatzbesitzer steuert hierzu zwei Flaschen Schaum-Wein aus der Region bei. Savoir-vivre nennt man das wohl hier.
Unter den Besuchern findet sich auch ein Lehrer einer angrenzenden Schule. Er bittet die Studierenden um einen Gefallen: Ein kurzer Stopp an seiner Schule!
Es ist gerade Pause und hunderte Kinder kommen zum Zaun des Schulgeländes gerannt, um das SolarCar zu sehen. Wenig Aufwand für das Team, das sich so ein Stück bei den netten Menschen hier im Ort revanchieren konnte. Um 16Uhr geht es los. 120 km sind angepeilt, die auch ohne Probleme absolviert werden. Um 19 Uhr kommt der Konvoi auf dem Campingplatz Arbois an.
Auf dem Speiseplan heute leckere Schnitzel mit Kartoffeln und einer Pilz- Sahnesauce. Chefkoch Yago Elbrecht übernimmt das Ruder für das Küchenkommando und lässt seine Kollegen im Akkord für das Abendessen arbeiten. 5kg Kartoffeln, 2kg Fleisch und literweise Sauce müssen auf dem zweiflammigen Gaskocher zubereitet werden. Ein grandioses Menu in großer Runde beschließt den Tag. Für den morgigen Tag hat es sich das Team verdient, eine Stunde länger schlafen zu können. Auch der Abwasch wird auf die Morgenstunden verschoben, mit der Hoffnung, dass es im Sonnenlicht vor allem wärmer sein wird als an diesem Abend. 4°C zeigt das Thermometer an und die Stammcrew der Weltumrundung erinnert sich an die Tage und Nächte in den White Mountains in Arizona, USA. Noch 2 Wochen, dann will man in Bochum einfahren und Freunden, Familie, Sponsoren und Interessierten das selbst gebaute Solarauto vorführen. Nach gut 12.500km zurückgelegter Wegstrecke.
Die heutige Tagesetappe soll von Belfort in das wunderschöne Colmar an der französisch-deutschen Grenze gehen. Gegen 16 Uhr Ankunft auf dem Messegelände in Colmar, wo das Fahrzeug an diesem Nachmittag auf der EcoBio-Messe ausgestellt wird. Am Abend geht es dann in das freundlicherweise zur Verfügung gestellte Hotel „Roi Soleil“.
Am nächsten Morgen trifft man sich um 8 Uhr in der Hotel-Lobby zum Frühstück. Croissants, Brötchen, Kaffee und Eier - ein reichhaltiges Frühstück, um das sich das Team einmal nicht selber kümmern muss. Da steigt die Laune gleich am Morgen zur Höchstform. Um 10 Uhr startet die EcoBio-Messe in Colmar und das SolarCar-Team ist mit eigenem Stand und viel Engagement vor Ort am Haupteingang und klärt die interessierten Besucher über die Technik auf. Mit dabei Lucien Jenny, der mit viel Engagement das Team unterstützt. Um 12:30 Uhr dann ist das Auto im Anhänger verladen. Es geht für einen kleinen Abstecher nach Freiburg im Breisgau. Leider verschlechtert sich das Wetter und das Team musste sich dazu entschließen, den Wagen bis nach Freiburg zu trailern, um genügend Energie in den Batterien zu behalten, um die kommenden Tage besser meistern zu können.
Kurz vor Freiburg Stopp auf einem Rastplatz. Schnell ist der GT ausgeladen und gecheckt. Thierry Wilmes nimmt Platz am Steuer und der solare Konvoi fährt in die Sonnenstadt Europas ein. Erster von zwei Terminen für das Team bei Architekt Rolf Disch am Sonnenschiff. Der Architekt ist bekannt für seine EnergiePlus-Projekte in Form von Wohnanlagen. Eine solche, zusammen mit einem Bürogebäude namens „Sonnenschiff“, steht in Freiburg. Der Architekt zeigt sich begeistert und lauscht mit interessierten Bewohnern und Gästen der Siedlung den Erklärungen der Studenten. Danach geht es auf eine kleine Führung durch die Siedlung. Bei einem Blick vom Dach des Sonnenschiffs zeigt sich, dass die komplette Siedlung mit Solarpanelen bedeckt ist. Ein wesentlicher Bestandteil des Energiemixes, um unterm Strich einen Überschuss an Energie zu erwirtschaften. Der Architekt, der selbst schon einmal in Australien an der WSC teilgenommen hat, beglückwünscht die Studenten aus Bochum zu ihrem Solarcar und lässt es sich nicht nehmen, das Team noch zum zweiten Termin zu begleiten. Vom Sonnenschiff geht es 5 km durch die Innenstadt Freiburgs zum Fraunhofer Institut ISE, das sich intensiv mit solarer Energieerzeugung auseinandersetzt. Auch intelligente Ladekonzepte für Elektromobilität sind dort ein Thema. Leider spielt das Wetter an diesem Nachmittag nicht mehr mit, jedoch zeigen sich die Forscher des Instituts beeindruckt von der Entwicklung aus der Bochumer Solarwagenmanufaktur und der Forschung die an der Hochschule Bochumer betrieben wird.
Morgen geht es für das Team ein letztes Mal zum Stand auf der Messe, bevor am frühen Nachmittag die Fahrt Richtung Straßburg angetreten wird.
9 Uhr morgens, die Sonne lacht. Der Solarrenner wird noch auf der EcoBio Messe präsentiert, um 12 Uhr wird alles startklar gemacht. Das heutige Tagesziel heißt Strassbourg, Hauptsitz des Europäischen Parlaments. Begleitet von Zeitung und vielen Fotografen, mit einem Redakteur auf dem Beifahrersitz, geht es los. Die Route führt über die Elsässer Weinstraße. Wie der Name schon andeutet, finden sich in den vielen kleinen Orten rechts und links in dieser Gegend jede Menge Winzer, die hier bevorzugt die Rebsorten Riesling und Pinot blanc anbauen. Gemütlich geht es über die Landstraße und zum Schluss sogar ein Teil Autobahn bis nach Strassbourg, wo das Team erneut ein Hotel bezieht, welches von Unterstützer Lucien Jenny wieder einmal gesponsert wird. Am Abend wird dann endlich mal wieder selbst gekocht. Leckere Galettes, die herzhafte Version der Crepes, zaubert Matthias Drossel auf dem hoteleigenen Parkplatz im Sonnenuntergang.
Am nächsten morgen früh raus, direkt ans Auto. Checkup für Mechanik und Elektrik werden bei strahlend blauem Himmel erledigt. Gleichzeitig wird das Privatgepäck verstaut. Um 7:30Uhr treffen Lucien und Jannic, die beiden Unterstützer und Freunde des Teams in Frankreich, ein. Jetzt geht es noch schnell ans große Frühstücksbuffet im Hotel und um 8:05 Uhr heißt es dann über den Funk „Go, Go, Go.“ Das Startsignal für den Konvoi, sich in Bewegung zu setzen.
Über die kaum befahrene Autobahn und Hauptverkehrsstraßen geht es bis zum Europäischen Parlament, das heute den Tag der offenen Tür anbietet. Das Team bekommt vor dem architektonisch wunderschönen Gebäude einen Platz mit bester Lage zugewiesen, direkt am Eingang, wo alle der erwarteten 20.000 Besucher vorbeikommen. Um 10Uhr wird die EU-Flagge gehisst. Der GT in bester Lage für Film und Foto, inmitten der Soldaten und Musiker, die zu diesem Anlass vor Ort sind, macht eine gute Figur.
Um 15 Uhr geht die Fahrt Richtung Metz weiter. Freund Lucien hat sich bereits am Parlament verabschiedet, verspricht aber am 29.05. in Bochum zu sein, wenn es heißt: Halbzeit für die WU. Unterstützer Jannic fährt vor allen Fahrzeugen und bringt das Team sicher auf die gut ausgebaute Landstraße N4 Richtung Metz. Hier trennt man sich und das Team schafft die Reststrecke bis nach Metz bis zum Abend. Gegen 20Uhr erreicht man den dortigen Campingplatz. Weit und breit ist leider keine andere Unterkunftsmöglichkeit zu finden. Also muss das Zelt heute herhalten, obwohl ein Gewitter im Anmarsch ist. Das fällt nicht ganz so schlimm aus wie erwartet und das Team findet gegen 22 Uhr endlich seinen verdienten Schlaf.
In der Nacht ist ein Gewitter über den Zeltplatz gezogen und am Morgen ist der Boden etwas aufgeweicht. Aber es regnet zumindest nicht mehr. Heutiges Ziel ist eine Veranstaltung für den Hauptsponsor SolarWorld in Strassen bei Luxemburg-Stadt. Die Fahrt geht über ländliche Straßen und einen kleinen Teil Autobahn. Besonderer Gast bei diesem Termin ist der Wissenschaftsjournalist und Fernsehmoderator Jean Pütz. Der Luxemburger, der seit Jahrzehnten in Deutschland lebt und aus vielen Fernsehproduktionen bekannt ist, zeigt sich begeistert von der Entwicklung der Bochumer Studenten und zeigt mit vielen Fragen großes Interesse. Gegen 15Uhr geht es zu einem kleinen Videodreh vor dem Palais des Fürsten von Luxemburg in die Stadt. Auf dem Beifahrersitzt Jean Pütz, für den dies nach eigener Aussage ein historischer Moment ist.
Das Wetter hält die Energie der Sonnenstrahlen fern. Daher wird auf große Umwege verzichtet und die Fahrt geht über die deutsche Grenze bei Wasserbillig in den kleinen Ort Igel. Aufgrund des schlechten Wetters und eines anstehenden Medientermins am kommenden Mittag in Namur in Belgien entschließt sich das Team dazu, diese Nacht in einer Pension zu verbringen. Der Gastwirt des Hotels zur Löwenmühle zeigt sich sehr zuvorkommend. Nicht nur das 2 Personen nicht mitberechnet werden, auch das Frühstück gibt es gratis. Das Ganze wird am Abend noch getoppt, als sich die Frage stellt, wo man mit dem eigenen Kocher das Abendessen kochen könnte. Fischstäbchen und Kartoffelpüree stehen auf dem Speiseplan. Der Küchenchef des Hauses verwirft kurzerhand den Plan des Teams und bittet ins Restaurant des Hotels. Die Fischstäbchen werden in der Küche mit leckeren frischen Pommes zubereitet und mehrere Pizzen ergänzen das Menü für die hungrigen Weltreisenden. So viel Gastfreundschaft am ersten Abend im Heimatland!
Per Trailer wird das SolarCar nach Namur in Belgien gebracht. Einen Medienstopp vom Hauptsponsor, bei dem viele Vertriebsmitarbeiter den Solarrenner begutachten. Leider spielt auch an diesem Tag das Wetter nicht mit. Auf dem Rückweg nach Deutschland dann ein Lichtblick. Die Sonne kommt hinter den Wolken hervor und das Team reagiert sofort. Schnell wird eine Raststelle angefahren und das Auto samt Panels für 2 Stunden zum Laden aufgebaut.
Heute Abend stehen die Zelte auf dem Gut eines Winzerhofes. Camping zwischen Weinbergen - das gab es auf der ersten solarautarken Weltumrundung bisher auch noch nicht. Zum Abend gibt es einen Dämmerschoppen mit freundlicher Unterstützung der Winzer-Familie. So klingt der Abend bei leckerem Chili con Carne aus.
Bei starkem Nebel geht es am kommenden Morgen an der malerischen Mosel entlang Richtung Bonn. Das Wetter meint es erneut nicht gut mit dem Team. Der Himmel bleibt bedeckt. Über die Vulkaneifel, in der man oft rotes Gestein wie in Australien sieht, führt der Weg bis in das Rheintal bei Bonn. Michael Düde sitzt am Steuer des GTs. Gegen 12Uhr wird ein zweistündiger Ladestopp eingelegt, der wegen drohender Gewitterwolken abgebrochen wird. Tatsächlich kommt der Konvoi in einen Regenschauer. Der Asphalt wird rutschig und das Fahren verlangt volle Konzentration. Kurz vor Bonn wird auf die Autobahn gewechselt auf die andere Rheinseite und nach Königswinter, wo das Team an diesem Tag unterkommt. Am Donnerstag wird der Sonnenwagen auf der Aktionärsversammlung der SolarWorld AG in Bonn ausgestellt.
Nach Terminen in Bonn bei der Aktionärsversammlung für Hauptsponsor SolarWorld und im Landschaftspark Duisburg-Nord vor eindrucksvoller Hochofenkulisse kommt der gelbe Sonnenwagen zur Halbzeit der Weltumrundung heute an seinen Entstehungsort zurück. Zwischen C- und F-Gebäude soll der große Empfang stattfinden, die entsprechenden Fassaden sind mit den Flaggen der Länder der Weltumrundung geschmückt. Sponsoren präsentieren sich in einem Spalier aus Zelten. Aus Belgien ist das befreundete Solarcar-Team angereist und zeigt seinen Solar-Rennwagen. Um 14 Uhr beginnt die offizielle Show. Der Präsident der Hochschule Prof.Dr. Martin Sternberg begrüßt die Gäste, die tatsächlich aus der ganzen Welt angereist sind. Aus Neuseeland ist Dr. Mike Duke erschienen, der „Großvater“ des Solarcar-Projekts der Hochschule Bochum. In seiner Zeit an der London Southbank University hatte er um die Jahrtausendwende fast ausschließlich mit Studenten der Hochschule Bochum, die ihr Auslandssemester an der LSBU absolvierten, ein Solarcar mit dem Namen Mad Dog III konstruiert und gebaut, das 2001 bei der WSC an den Start gegangen war.
Einen noch tieferen Blick in die Geschichte der solaren Mobilität gestattet der Besuch von Hans Tholstrup, Gründervater der internationalen Solarcar-Szene und Ideengeber für die Weltmeisterschaft der Sonnenwagen in Australien. Der Cheforganisator der WSC, Chris Selwood, hat es sich auch nicht nehmen lassen, extra aus Australien anzureisen. Er verkündet in seiner Rede die Einführung einer neuen Klasse in das Reglement der Weltmeisterschaft, die von Bochum aus initiiert wurde. Die Cruiser-Klasse, benannt nach dem BOcruiser, soll die Alltagstauglichkeit der in dieser Kategorie angetretenen Fahrzeuge besonders berücksichtigen, um die Strecke Darwin – Adelaide möglichst ohne Trailern in der vorgeschriebenen Zeit zurückzulegen.
Eine besondere Aufgabe für das Team der Weltreisenden hat Dr. Ottilie Scholz, Oberbürgermeisterin der Stadt Bochum, mitgebracht. Ein Gastgeschenk für die Bochumer Partnerstadt Donezk in Ukraine gilt es zu überbringen. So werden die Studierenden aus Bochum nicht nur zu Botschaftern der abgasfreien Mobilität, sondern sind nun auch in diplomatischer Mission unterwegs.
In Gesprächen mit Tim Skerra und Prof.Dr. Friedbert Pautzke sowie Tim Kohlmann und Dr. Peter Biele, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp Electrical Steel beleuchtet Moderator Stefan Spychalski die zahlreichen Aspekte und Geschichten zur Weltumrundung und gibt einen Ausblick zur Zukunft der Solarwagen-Manufaktur an der Lennershofstraße in Bochum. Beim anschließenden Australien Barbecue treffen Sponsoren und Team aufeinander und lassen den Tag im Schein der Abendsonne ausklingen.
Morgen wird SolarWorld GT in der Innenstadt bei den Stadtwerken präsentiert. Unter anderem hat eine Schulklasse ihren Besuch angekündigt. Am Abend will man in Lünen campieren, dann geht es in den darauffolgenden Tagen nach Berlin. Am 5. und 6. Juni hat der Bundespräsidenten in den Garten des Schloss Bellevue geladen, bei der Woche der Umwelt repräsentiert das Bochumer Team für die Energieagentur NRW die innovativen Entwicklungen der Region zwischen Rhein und Weser.
5. Etappe, Eurasien: 01.06. - 06.07.2012
Start der Etappe Europa 2. Die Stadtwerke Bochum präsentieren als Sponsor den Sonnenwagen in der Unternehmenszentrale in der Innenstadt. Dann geht es über die A40 und später die B1und die B236 nach Lünen. Hier wohnt Geron Löbbe, Freund, Helfer und Unterstützer des SolarCar Projekts seit vielen Jahren. Er wird auf dieser Etappe mitfahren und bietet sein Haus zur Übernachtung an. Der Denker und Tüftler war maßgeblich mit an der Entwicklung der Motoren des Teams beteiligt und bereits als Teammitglied in Australien und Neuseeland mit dabei.
Leider geht es am ersten großen Fahrtag für das EU2 Team mit absoluter Minimalbesetzung los. Wegen Krankheit fällt ein Kollege aus, man ist nur zu siebt unterwegs. Das Wetter meint es zudem auch nicht gut. Starker Regen prasselt auf die Solarzellen. Die Sonne bleibt leider den ganzen Tag über verborgen. Die Strecke führt Richtung Hannover. Erstmals seit Neuseeland wieder am Steuer des Solarrenners ist Geron Löbbe. Er steuert den Wagen sicher durch den Verkehr und über die nassen Straßen. Leider muss er mit Wasser im Innenraum zurechtkommen. Eine nicht ganz abgedichtete Stelle im vorderen Dach lässt langsam Wasser in den Innenraum tropfen. Bei gut 110 km Tagesstrecke sammeln sich dabei mehr als nur ein paar Tropfen.
Bei Porta Westfalica geht es auf die B65 und nur wenige hundert Meter nach der Auffahrt steht das Team mit dem kompletten Konvoi. Ein Motor arbeitet völlig falsch, reagiert nicht mehr und auch die Messwerte stimmen nicht. Also den Konvoi auf dem Standstreifen absichern, Auto verladen und erst einmal runter von der Bundesstraße. Immer noch Regen. Dank hilfsbereiter Kinder in der Stadt wird ein Unterstand bei der Gesamtschule von Porta Westfalica gefunden. Der Motor muss geöffnet werden. Verdacht: Defekte Motorsensorik.
Nach einer guten halben Stunde bestätigt sich die Vermutung. Wasser ist an den Motorkabeln durch die Radachse langsam in die Spule des Motors auf die Sensorik getropft. Alles getrocknet, die Spule 180° gedreht, damit die Sensorik nicht mehr nass werden kann. Ein Fahrtest zeigt, dass alles wieder läuft. Der Abend ist da, wegen des schlechten Wetters stoppt der Tross für heute.
Am nächsten Morgen geht es weiter rein Batteriegetrieben mit gespeicherter Sonnenenergie, da der Himmel von dunklen Regenwolken bedeckt ist. Die Fahrt führt über die B65 bis nach Hannover zum Platz der Weltausstellung. Hier wird der GT sich präsentieren, bevor es auf den Weg Richtung Berlin weitergeht.
Die Einfahrt nach Berlin. Ein kurzes Stück Stadtring, dann muss nur noch einmal rechts abgebogen werden und man erreicht das gebuchte Hostel für die kommenden Nächte.Die gefundene Unterkunft ist nicht nur günstig, sondern bietet dem Team mit 10 Betten in 2 Zimmern, Abstellkammer und 2 Bädern jede Menge Platz. Am morgigen Tag wird es zum Aufbau in den Schlosspark Bellevue gehen, bevor ab Dienstag für 2 Tage der SolarWorld GT im Rahmen der Woche der Umwelt auf dem Stand der Energieagentur NRW ausgestellt wird.
An den Ausstellungstagen geht es per U-Bahn in die Innenstadt zum Schloss Bellevue. Parkplätze sind hier sehr rar und deshalb hat das Team die Begleitfahrzeuge zurückgelassen. Erst der Personaliencheck durch die Bundespolizei, dann der Sicherheitscheck. Nach einer halben Stunde ist man endlich auf dem Gelände. Schnell wird der Stand aufgebaut, der SolarWorld GT ins rechte Licht gerückt. Leider gibt es strenge Vorschriften auf dem Gelände und so kann das Team den Wagen nicht optimal zum Laden platzieren. Das Wetter ist wechselhaft. Hin und wieder kommt mal die Sonne durch, allerdings ist doch die meiste Zeit der Himmel schwarz. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und das Team wartet so weiter auf mehr Sonne, um am Donnerstag die Strecke nach Dresden in Angriff zu nehmen. Über den Tag besuchen viele Personen den Stand des Teams. Viele Fragen werden beantwortet. Glücklicher Weise bessert sich das Wetter über den Tag noch etwas und man kann tatsächlich nennenswerte Ladeergebnisse erzielen.
Zum Abend wird gegen 20 Uhr der Stand geschlossen. Über 12Std. auf den Beinen, hat sich das Team den Feierabend verdient. Der Weg steht fest. Durchs Schloss soll es zur Vorderseite gehen, so wie man es schon des Öfteren am heutigen Tage gemacht hat. Am Ausgang des Gebäudes wird man von Sicherheitskräften aufgehalten und mit den Worten „Sie sind hier gerade im Weg“ angewiesen, sich zur Seite auf die Treppen des Einganges zu stellen. Im nächsten Moment fahren 2 schwarze Limousinen auf das Gelände, der Bundespräsident und seine Lebenspartnerin steigen aus. Das Team, völlig überrascht und noch mit Kunstblütenkränzen eines Ausstellers geschmückt, steht Spalier. Sichtlich amüsiert kommt Joachim Gauck auf die Bochumer zu und begrüßt jeden einzeln. Ein kurzes Gespräch, man wünscht sich noch einen schönen Abend und verabschiedet sich herzlich vom Staatsoberhaupt.
Am Anfang des Tages sollen Filmaufnahmen vor dem Brandenburger Tor in Berlin auf dem Programm stehen. Ein Filmteam hatte sich um Ausnahmegenehmigungen für die Umweltzone für unsere beiden Begleitfahrzeuge gekümmert, aber nicht um eine Drehgenehmigung. Deshalb werden nur Filmaufnahmen während der Fahrt durch Berlin und auf der Fahrt nach Meißen gemacht. Die Dreharbeiten und der Pressetermin am Brandenburger Tor entfallen. Kein kräftiger, sondern leichter, aber beständiger Regen machte die Fahrt aus der Hauptstadt zu einem düsteren und nicht gerade motivierenden Start für das Team. Da die letzten Tage energetisch auch nicht besonders ergiebig waren, muss heute sogar das Batteriepack gewechselt werden, um die Fahrt fortsetzen zu können.
Lange ist es her, doch heute passierte es einmal wieder. Ein Navigationsfehler in der Routenplanung. Das Team wird an einer Abzweigung auf eine Strecke gelotst, die für das große Gespann des Trailers nicht zugelassen ist. Also Ausweichroute suchen, einplanen und weiter geht’s.
Die Batterien werden leer gefahren. Der nächste Parkplatz zum Einladen liegt neben einer Gaststätte und da das Budget für die Verpflegung noch einen kleinen Spielraum erlaubt, wird dort sehr lecker gegessen. Abends wird auf einem Campingplatz in Freiberg übernachtet, um am nächsten Morgen zur Fabrik von SolarWorld fahren zu können, wo der GT Mitarbeitern präsentiert werden soll.
Die Mitarbeiter dort zeigen reges Interesse am SolarCar. Nach den üblichen Fotos und Videoaufnahmen geht es per Trailer weiter nach Dresden zur sächsischen Staatskanzlei. Um 13 Uhr ein Termin mit dem sächsischen Ministerpräsident Tillich. Tim Skerra erklärt dem Ministerpräsident ausführlich das SolarCar. Ein Eintrag in das Rote Buch rundet das Programm ab. Auf dem Parkplatz vor der Staatskanzlei wird bei teilweise sehr gutem Wetter geladen. Einige Kilometer für die nächste Etappe Richtung Prag werden geerntet.
7 Uhr am nächsten Morgen. Die Sonne lacht vom Himmel. Das Team lädt sofort den Solarflitzer aus und richtet alle Arrays zur Sonne aus. Es muss dringend getankt werden. Die Zeitplanung für die kommenden Tage ist kaum noch zu halten und das Wetter wird einfach nicht besser. Heute finden sich öfter Sonnenlöcher in der sonst dichten Wolkendecke und gegen 13:30Uhr bricht das Team vom Campingplatz der letzten Nacht mit etwa 150 km Batteriekapazität auf, um sich an den Endpunkt von vor 2 Tagen bei Meißen, kurz vor Dresden zu begeben.
Ein erfreuliches Wiedersehen gibt es für das Team und besonders für die Teammitglieder, die bereits mit in den USA dabei waren, mit Freund und Unterstützer des Projekts, Jochen Saupe. Der Auswanderer, der schon lange seine Heimat in Fort Worth bei Dallas, Texas gefunden hat, ist mit Familie zurzeit in Deutschland unterwegs und besucht bei dieser Gelegenheit das Team direkt auf seiner Tour vor Ort.
Nach dem Checkup am Startort nimmt zum ersten Mal Malte Bülthoff, Chefmechaniker für das neue Fahrzeug, das in der Planung ist, am Steuer des Sonnenflitzers Platz. Die Route soll durch das Erzgebirge bis zur Grenze der Tschechischen Republik führen. Einmal muss gestoppt werden für eine Motorradausfahrt. 691 Motorräder waren geschlossen unterwegs. Ein unglaubliches Schauspiel!
In Zinnwald kommt das Team dann nach einer wirklichen Berg- und Talfahrt bei der örtlichen Herberge nur 100 m vor der Grenze an. Zum Abendessen wurden leckere Hamburger, ein Weltumrundungsklassiker, der immer mal wieder variiert wird, zubereitet. Die Strecke hat Energie gekostet. Die Reichweite ist gering, das Wetter erlaubt nur geringes Laden in den Abendstunden. Morgen soll es bis hinter Prag gehen, bevor der Wagen aufgeladen wird, um nach Wien und München für Messen und Präsentationen gebracht zu werden.
Nach einem Abstecher nach Wien in den dortigen Tierpark geht es zur Intersolar nach München. So heißt Europas größte Messe der Solarbranche und zum Eröffnungstag präsentierte das SolarCar Team der Hochschule Bochum am Stand von Hauptsponsor SolarWorld den GT der Öffentlichkeit. Viele Besucher sind fasziniert und begeistert vom Sonnenrenner.
Um 5:30Uhr ging bereits der Wecker, um 6:45Uhr steht man mit Sack und Pack vor den Toren der Messe, um den Sonnenwagen anzuliefern. Dies wurde bereits am Vortag versucht, jedoch durfte aufgrund einer fehlenden Nachtarbeitslizenz nicht mehr angeliefert werden. Also jetzt der zweite Anlauf, vor Messestart den GT auf das Gelände gebracht, das 1:1 Model des GT’s abgebaut und verladen und der GT an Ort und Stelle ins rechte Licht gerückt.
Nach dem erfolgreichen Messetag werden am Abend dann wieder die Fahrzeuge getauscht. Dummy auf den Messestand und GT in den Anhänger. Danach geht es für das Team kurz zurück zur Unterkunft, um sich frisch zu machen und dann direkt ins Gasthaus, wo man gemeinsam dem Sieg der Nationalelf entgegenfiebert. Mit dabei auch Michael Schmidt als Vertreter der SolarWorld AG, der dem Team an diesem Abend ein Essen ausgab als Dankeschön für die vielen Pressetermine. Er wünschte allen eine gute Fahrt und dass man sich gesund am Ende des Jahres in Deutschland wieder trifft.
Am morgigen Tag wird es für das Team und den GT (im Anhänger) wieder zurück nach Prag gehen, wo man am Folgetag wieder weiterfahren möchte.
Es geht von München wieder zurück nach Prag, um am morgigen Tag wieder solar unterwegs zu sein. Am Abend Ankunft im netten Hostel in Praha 10, in dem übernachtet wird. Der erste Checkin in einem Land, in dem niemand die eigene Sprache spricht und auch englisch nicht weiterhilft. Mit viel Hand und Fuß wird erklärt, etwas Deutsch und Englisch helfen doch. In der Unterkunft der Wahl hat man trotz kurzer Betten ohne Lattenrost gut geschlafen. Auch das Duschen in einer Ecke des Badezimmers ohne Vorhang etc. nur mit der Brause, die keinen Haken hat, sorgte mehr für Lachen als für Verwunderung.
Johannes von Reth, zum ersten Mal mit auf der WU, aber bereits schon beim Rennen in Australien mit dabei gewesen, nimmt an diesem Tag zum ersten Mal Platz am Steuer des GT’s. Es geht über die Autobahn Richtung Süden. Die Strecke ist energetisch gut, allerdings sind die Straßenverhältnisse fragwürdig. Immer wieder starke Schlaglöcher, die auch mal 30cm tief sein können. Die Fahrbahn selbst ist in Plattenbauweise angelegt: Jede Übergangsfuge ist hörbar und im "Allerwertesten" zu spüren...
Zur Mittagszeit wird ein Ladestopp auf einem Rastplatz eingelegt. Trotz 55-60km/h war das genutzte Batteriepack erst bei 70% Füllstand angekommen. Innerhalb von guten 2 Stunden werden die Batterien wieder aufgeladen.
Die Tschechische Polizei schaut vorbei. Die Beamten sind sehr interessiert an diesem Spezialfahrzeug. Glücklicherweise spricht einer der beiden sogar Deutsch. Die besten Wünsche der Ordnungshüter begleiten das Bochumer Team auf der Weiterfahrt nach Poysdorf in Österreich. Auf dem Campingplatz angekommen, ist das Team mit dem Tagesergebnis sichtlich zufrieden: Eine sehr gute Distanz von 233 km ist geschafft und dank etwas Laden am Abend wird der Tag so beendet, wie er angefangen hat, nämlich mit vollen Batterien!!
Ein neuer Tag, ein neuer Trip. Ziel ist Oradea in Rumänien. Es geht um etwa 9:30 Uhr vom Campingplatz in der City von Budapest los. Etwa 20km Strecke sind durch die Stadt zu absolvieren. Bisher hatte das Team glück mit den Straßenverhältnissen. Die Autobahnen in Ungarn sind sehr gut ausgebaut und in gutem Zustand. Das gilt jedoch nicht für Budapest. Hier gleicht die Fahrt einem Spießroutenlauf zwischen Schlaglöchern und der chaotischen Verkehrsführung. Interessant sind auch die verschiedenen Ausblicke in der Stadt selbst. Von Arm bis Reich, von neu ausgebaut bis hin zu total baufälligen Gebäuden, in denen man sich das Wohnen nicht vorstellen kann, ist alles dabei.
Die Fahrt ist entspannt, jedoch muss jederzeit aufgepasst werden, da die Osteuropäischen Nachbarn besonders bei Überholmanöver risikoreich fahren. Immer wieder wird knapp aus- und eingeschert. Das Team stellt sich darauf ein und denkt besser für alle Verkehrsteilnehmer mit.
In Oradea angekommen, erreicht man die Orthodoxe Kirche. Hier glaubte man, das Ziel erreicht zu haben. Eine Unterkunft für wenige Euros an diesem Tag. Nach einem Telefonanruf war klar, die eigentliche Kirche samt Gemeindezentrum liegt 100m die Straße herunter.
An der „richtigen“ Kirche angekommen, wird man von einem Rumänen, der in Österreich aufgewachsen ist, freundlich in Empfang genommen. Die Unterkunft: Das Posticum - einfach sensationell. Ein Schlafsaal unter dem Dach mit Matratzen und frischen Bezügen sowie Handtüchern wartet auf das Team, dazu ein eigenes Badezimmer und Küche. Eine Terrasse mit WLAN-Zugang steht bereit. Was will man mehr…
Für den kommenden Tag ist ebenfalls eine lange Tagesetappe geplant. 270km sind angesetzt um wieder in den Zeitplan zufahren. Am nächsten Morgen verabschiedet man sich herzlich. Alle Mitarbeiter vom Posticum sind sehr nett und begeistert von der Mission des Teams. An dieser Stelle wollen wir auf die Internetseite dieser einmalig netten und hervorragenden Unterkunft mit eigenem Bauernhof hinweisen: http://www.posticum.ro
Tagesbeginn bequem um 8 Uhr. Ein gemütlicher Tag nach zwei wirklich langen Fahrtagen ist für heute angesetzt. Ein landestypisches Frühstück wartet auf die Weltreisenden, ungewohnt, aber durchaus lecker!
Süßes Gebäck mit selbstgemachter Marmelade oder Honig, geröstetes Brot mit allerlei Pasten (Frühlingszwiebeln, Paprika, Tomaten, Knoblauch) sowie Eier und leckere Wurststücke, dazu frischen Kaffee und Orangensaft.
Abfahrt gegen 10 Uhr. Etwas außerhalb der Stadt findet das Team einen riesigen Parkplatz bei dem örtlichen Einkaufszentrum. Hier wird der dringende Einkauf von Lebensmitteln mit einer Ladepause von gut 3 Std. verbunden. Nach gut 1 Std. wird der Sicherheitsdienst des Geländes aufmerksam. Auf Rumänisch erkundigen sich die Wachkräfte, was man hier mache, ob man etwas verkaufe und wo die Genehmigung dafür sei (wie man später auf Englisch erfuhr). Trotz Zeichensprache und aufgemalten Bildern und Piktogrammen gelingt die Verständigung nicht. Nach weiteren 5 Minuten kommt eine Dame der Leitung des Zentrums mit besten Englischkenntnissen. Endlich kann Teamchef Tim Skerra erklären, was das Team hier tut. Nach wenigen Sätzen lacht man gemeinsam und alle Probleme sind aus der Welt geschaffen.
Dann geht es los Richtung Brasov. 180 km sind angepeilt. Die heutige Etappe ist bergiger als die bisherigen, da es Richtung Karpaten geht. Hier, im Osten Rumäniens, sieht man vielerorts, wie der Großteil der Bevölkerung noch immer lebt. Kleine Dörfer, einfache Lehmhäuser und Hütten, teils nur Bretterverschläge. Ein Bauernland, zumindest erweckt dies den Eindruck. Viel Schwerlastverkehr drängt sich über die wenigen Straßen durch die kleinen Dörfer, dazwischen die Pferde- und Eselskarren der Bauern mit Strohballen beladen. Auch selbstgebaute Landmaschinen sieht man immer wieder. Die Spanne zwischen Arm und Reich scheint hier sehr groß zu sein. Gerne wird aus der eigentlich zweispurigen Straße zum Überholen auch mal eine 3 oder 4 spurige gemacht. Hier in Rumänien scheint das ganz normal zu sein. Man hat bisweilen den Eindruck, dass jeder Zebrastreifen vor 1 Woche erst gebaut wurde und die Fahrer nicht so wirklich etwas damit anzufangen wissen.
Nach 181 km und einem mehr als abenteuerlichen Stadtverkehr von Brasov kommt das Team am Campingplatz an. Dieser wirklich gut ausgebaute Campingplatz lässt keine Wünsche offen. Natürlich ist man gleich nach der Ankunft Gesprächsthema Nummer 1. Nachdem die Formalitäten geklärt sind, kommt die Rechnung. Umgerechnet 7Euro pro Person sind zu zahlen. Ein absolut guter Preis! Der Abend klingt mit selbstgemachten Pfannkuchen aus.
Treffen zum Frühstück im Restaurant des Hotels, zumindest nennt sich die Herberge so. Dann die Überraschung. Niemand weiß etwas davon, dass das Team ein Frühstück bekommen soll. Auf energisches Nachfragen hin wird telefoniert und diskutiert. 20 Minuten später wird eine Omelette serviert. Das war das Frühstück.
Heute soll es in die Ukraine gehen. Die Route führt für 1,5 km durch Moldawien, alles andere wäre ein Umweg. Der Grenzübertritt scheint einfach. Ein netter Zöllner lässt sich auf Englisch alles erzählen und drückt dem Team die Daumen. Auch ein Eintrag im Roten Buch ist zu bekommen. Dann geht es bis zur Grenze 100m vorwärts. Hier werden die Pässe kontrolliert, die Fahrzeugpapiere gecheckt. Dann ein Rückschlag. Die Unterlagen reichen nicht aus, um das Team als rechtmäßige Besitzer der Fahrzeuge zu identifizieren. Es müssten Schreiben vorhanden sein, die eindeutig belegen, dass die Studenten als Vertreter der Hochschule Halter dieser Fahrzeuge sind. Tim Skerra hat jede Menge Unterlagen. Unter anderem Originaldokumente, dass er einige der Fahrzeuge selbst zulassen durfte. Zusammen mit dem Unterstützungsschreiben des NRW Ministeriums wird alles den Zöllner präsentiert. Die Zöllner sind hilfsbereit, müssen sich aber auch an ihre Regeln halten. Nach vielem Diskutieren kommt man auf die Idee, dass gestempelte Dokumente rechtskräftig wären und wenn wir einen Stempel der Hochschule hätten, wäre dies ein Zeichen, dass wir offiziell dazugehören.
Das Glück ist auf der Seite des Teams! Genau einen solchen Stempel hatte man sich zu Beginn der WU anfertigen lassen, für alle Fälle. Eine kleine Investition von knapp 4 € hilft, die Grenze passieren zu können.
Direkt über die Grenze zu fahren, geht dann doch immer noch nicht. Es muss noch eine Moldawische Versicherung abgeschlossen werden. Umgerechnet 140 € kostet das. Immerhin bleiben den Weltreisenden alle üblichen Maßnahmen wie das komplette Ausräumen der Fahrzeuge und das Abnehmen der Innenverkleidung erspart.
Der gute Kilometer, der in Moldawien zu fahren ist, wird zur Härteprüfung für die Fahrwerke! Schlaglöcher, so tief, dass der komplette Fuß darin verschwinden kann. Gleich einem Slalomlauf geht es von links nach rechts über die gesamte Fahrbahn, um möglichst wenige dieser Krater durchfahren zu müssen.
An der Grenze zur Ukraine verschärfte Ausreisekontrolle und dann eine ähnliche Prozedur zur Einreise in die Ukraine. Kontrolle der Fahrzeuge obligatorisch, auch hier nur rudimentär. Innenverkleidung und Gepäck dürfen bleiben, wo sie sind. Das SolarCar erregt Aufsehen. Doch Bürokratie bleibt Bürokratie. Auch an der zweiten Grenze wird viel palavert, um die nötige Erlaubnis der Einfahrt zu bekommen. Auch für die Ukraine muss natürlich eine Versicherung für alle Fahrzeuge gekauft werden. 20 € nur will man hier dafür haben. Schnell noch das restliche Rumänische Geld getauscht und dann geht es gleich wieder ins Auto. Einfach neben dem Auto zu stehen, ist verboten. Wer nicht offiziell angewiesen wird, auszusteigen, muss im Fahrzeug bleiben. So wartet man fast 2 Stunden bei bis zu 40°C im PKW, bis man die Durchfahrt geregelt hat. Nach 18 Uhr geht es dann für das SolarCar-Team in über die Grenze, die Ukraine ist erreicht!!!
Start der Tagesetappe um 12Uhr. Bei der täglichen Inspektion in brütender Hitze fällt die Entscheidung, das Fahrwerk des GT’S weicher einzustellen, um die Belastungen der teils sehr schlechten Straßen etwas besser aufnehmen zu können und das Fahrzeug selbst zu schonen. Es geht nach Odessa, einer der größten Städte am Schwarzen Meer. Die Route soll an der Küste entlanglaufen. Nach etwa 50 km die letzte Möglichkeit, die nördliche Alternativroute fahren zu können. Wegen der dabei erneut erforderlichen Überquerung der Moldawischen Grenze geht es aber auf die Küstenstraße. 3 km nach dem Abzweig eine echte Herausforderung in Sachen Straßenqualität: Schlaglöcher, bei denen das SolarCar aufsetzten könnte und Schwerlastverkehr. Nach einem weiteren Kilometer dann ein Bruch im vorderen Fahrwerk. Ein Titanbolzen hat den andauernden Belastungen der Ukrainischen Straßen nicht Stand gehalten. Nach dem Wechsel des Bolzens durch Yago Elbrecht und einer leckeren Brotzeit konnte Kyrill Loguvyi, der Landessprache mächtig, wichtige Informationen von vorbeifahrenden Personen in Erfahrung bringen. Die nördliche Alternative, die kürzer ist als die gewählte Route, soll auch für Schwerlastverkehr ab 15 Tonnen gesperrt sein und der Grenzübergang zu Moldawien sei kein Problem, da er nur als Transitstelle funktioniere.
Der Grenzübergang, den das Team unbedingt vermeiden wollte, war in der Tat überhaupt kein Problem! Kurzer Stopp an der ersten Grenze. Hier gibt es einen gestempelten Zettel mit Personenanzahl und Kennzeichen. Nach gut 5 km kommt Grenzstation Nr. 2. Hier wird der Zettel einfach wieder abgegeben und man ist wieder auf Ukrainischem Boden unterwegs. Eine Unterkunft am Stadtrand von Odessa erweist sich als Glücksgriff! Tolle Zimmer, eine gute WLAN-Verbindung, Duschen, und einen Grill samt Geschirr gibt es dazu.
Der freundliche Besitzer der Herberge organisiert Freunde und TV aus dem Raum von Odessa und man informierte in Englisch und Russisch über das Projekt. Ein gemeinsames Abschiedsfoto mit dem engagierten Herrn darf natürlich nicht fehlen. Wenn hier engagiert steht, dann ist dies auch wirklich so. Der gute Herr will unbedingt weiterhin behilflich sein. So telefoniert er viel herum und besorgt für das Team ein günstiges Hotel in Mykolaiv, dem nächsten Tagesziel. Am späten Nachmittag kommt das Team an. Viel Platz bietet das Hotel und da man den Tag so gut gemeistert hatte, geht man landestypisch im Restaurant um die Ecke essen. Leckere Suppe mit Brot und Hühnchen Kiev stehen auf der Karte. Das Beste daran für Kassenwart Yago Elbrecht: Die Kosten für das Essen war fast gleich als wenn das Team selbst gekocht hätte!
Heute ist großer Fahrtag für Kyrill Lugovyi. Der Ukrainer des SolarCar Teams hat sich auf diesen Tag schon lange gefreut. Von Mykolaiv geht es in die Heimat seiner Familie nach Nova Kachovka, nahe des Schwarzen Meeres. Großeltern, Tanten und Onkel leben hier und erwarten das Team. Am Steuer des SolarCars macht Kyrill eine gute Figur. Als Beifahrer sitzt Gereon Löbbe mit an Bord und gibt unterwegs wertvolle Tipps. Nahe Nova Kachovka Stopp an der örtlichen Talsperre. Man wird mit Hupen, Fanfaren und freundlichem Händeschütteln begrüßt. Ein ukrainisches Begleitfahrzeug fungiert ab jetzt als Lotse durch die Stadt zum geplanten Zielpunkt. Langsam ahnen die Weltreisenden den Empfang, der bevorsteht. Es geht durch die kleine Stadt im Autocorso mit Hupen und Rundumleuchten. Alle Einwohner wissen Bescheid und schauen gespannt und bewundernd, wenn das SolarCar mit dem „Sohn ihrer Stadt“ vorbeifährt. Die städtische Hochschule ist der geplante Ankunftsort und das Team wird fantastisch empfangen. Gejohle und Gehupe, laute Fanfaren. Ca. 50 Leute stehen vor Ort, um das Team und den Stadthelden Kyrill Lugovyi willkommen zu heißen.
Umarmung und freundschaftliche Küsse, jeder bekommt eine Rose überreicht. Alle sind stolz, dass junge Menschen so etwas Tolles möglich machen und auf der Welt zeigen! Jeder will ein Foto mit dem Team, mit dem SolarCar. Flyer mit der Route der Weltumrundung und Aufkleber des WU Logos finden reißenden Absatz. Auch Kappen für die kleinsten Fans werden gern genommen. Der Besucheransturm scheint gar nicht aufzuhören. Autogramme müssen natürlich auch sein! Dann eine Begrüßungsrede und noch eine Zweite, um das Team in der Stadt willkommen zu heißen.
Nach fast 2 Std. und einer kleinen Führung durch die örtliche Hochschule wird der GT eingeladen und es geht zur organisierten Unterkunft. Sanatorium konnten die Bochumer am Eingangsschild entziffern. Tolle Zweibettzimmer erwarten das Team und dazu noch bestes Internet! Frühstück inklusive für umgerechnet 16 € pro Person für zwei Nächte!
Das Abendessen steht auf dem Programm. Die sogenannte „Schaschlikbude“ des Onkels von Kyrill bietet sich an. Der soziale Mittelpunkt des Ortes. Vom kleinen Mann bis zum Polizeipräsidenten gehen hier alle Leute ein und aus. Die Studenten aus Bochum werden fürstlich bewirtet. Leckeres Fleisch und Gemüse in rauen Mengen, nicht ansatzweise bleibt eine Chance alles aufzuessen. Zur Unterhaltung eine Bauchtanzvorführung! Bier und selbst hergestellter Wodka werden gereicht. Es ist überwältigend, wie gastfreundlich die Menschen in diesem Land sind! Das Team wird gefeiert, sogar Champagner wird geöffnet. Alle Gäste des Restaurants werden zu Ehren der Bochumer auf die Tanzfläche gebeten. Trotz Sprachbarriere versteht man sich. So fürstlich ist das Team auf seiner Tour noch nie eingeladen gewesen und das von Menschen, die wirklich nicht viel haben. Eine übliche Rente für studierte Menschen aus dieser Stadt liegt bei etwa 160 € pro Monat für zwei Personen. Umso überwältigender der Empfang und die Gastfreundschaft der Menschen in dieser kleinen Stadt, die das Team sicherlich immer als erstes in den Gedanken haben wird, wenn man über die Ukraine spricht!
Heute soll es von Nova Kachovka nach Melitopol gehen. Man nimmt bis zur Schaschlikbude des Onkels den Cousin von Kyrill Lugovyi im SolarCar mit. Erneut Glückwünsche für die tolle Leistung und eine Einladung zum Essen. Da das Team aber dafür keine Zeit mehr hat, muss es bei leckeren Früchten aus eigenen Anbau, Eiscreme, Kaffee und Tee bleiben. Nach einer halben Stunde verabschiedet man sich dann zum letzten Mal und tritt die Tagesetappe nach Melitopol an. Die Straßenqualität auch heute Mittelmaß. Für die angepeilten 170 km vergehen deshalb fast 6 Stunden Zeit. Fast das Doppelte, das man sonst benötigt.
In Melitopol angekommen, findet sich nach etwas Suche die Unterkunft. Diese wurde vom Gastgeber aus Odessa besorgt, der das Team bis nach Donezk mit der Unterkunftssuche unterstützt. Ein kleines nettes Hotel mit schönen Zimmern, gesicherten Parkplätzen und einer Möglichkeit zu kochen.
Frühstück vor dem Start. Heute wird nur Brot gegessen. Die lokale Milch hat eher den Geschmack von Buttermilch oder saurer Milch und wird für die Cerealien dann doch lieber nicht genommen. Gegen 9:30 Uhr beginnt das Team dann mit dem Checkup. Dank des eingezäunten Hinterhofs der Unterkunft kann dies unter Ausschluss der angrenzenden Nachbarn passieren, die leider bei diesem Teil der morgendlichen Prozedur eher etwas hinderlich wären.
Die Tagesstrecke ist gut 200 km lang, ein Ladestopp ist eingeplant. Zu zweit geht es im SolarCar nach Mariupol, der Industriestadt am Schwarzen Meer. Geron Löbbe nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und dokumentierte die Fahrt aus der Perspektive der SolarCar-Fahrer. Gut 50 km später wird es spannend. Der Konvoi wird von der Polizei angehalten. Leichte Nervosität macht sich breit, Sofort werden die Fahrzeugpapiere und Führerscheine gezückt. Entwarnung nach wenigen Minuten. Man ist angehaltenworden, weil die Polizei neugierig war! Außerdem hatte ein Journalist das Team unterwegs bemerkt und die Polizei gebeten, es zu stoppen, da er gerne ein Interview haben wollte. Eine interessante Kooperation zwischen Medien und Staatsmacht! So steht man am Straßenrand mit Polizeischutz und widmet sich der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Unterkunft für den Abend erweist sich als totaler Reinfall. Teuer, verdreckt und in einem maroden Zustand. Hier will man nicht bleiben. Nach einer Stunde Suche wird ein passendes Hotel gefunden. Rechtzeitig für die zweite Halbzeit des Spiels Deutschland - Italien. Bei dessen Ausgang schmeckte die bestellte Pizza dann leider nicht mehr so gut.
Am nächsten Morgen trifft sich um 9 Uhr in der Lobby zum Frühstück. Das Tagesprogramm sieht den letzten Fahrtag für die Eurasien-Etappe vor. Donezk, Bochums Partnerstadt im Osten der Ukraine, heißt das Ziel. Der eingeplante Campingplatz schließt nach dem letzten EM-Spiel, daher muss eine Ausweichunterkunft gefunden werden. Das passende Hotel liegt mitten im Zentrum von Donezk. Leider gibt es am Hotel keinen Platz für den großen Anhänger des Teams. Auf einem bewachten Parkplatz beim Campingplatz bietet sich eine Parkmöglichkeit. Eine schmale Straße, mal wieder mit Schlaglöchern gespickt, führt dorthin. Ein Abzweig verpasst, bei der nötigen Wende dann ein Knall! Das Lead-Fahrzeug stoppt abrupt. Auf der staubigen Straße war ein alter Schacht nur mit einem dünnen Blech, das kaum das Gewicht einer Person tragen würde, abgedeckt worden. Im hohen Gras und auf der staubigen Straße nicht zu sehen, hatte man genau ein Rad über dieses Blech manövriert und in der Grube versenkt. Dieses steckt nun zur Hälfte in der Grube. Mit der Unterstützung von Anwohnern mit langen Eisenstangen wird der Team-Bus wieder flottgemacht.
Am Nachmittag in Donezk angekommen, werden die Zimmer bezogen. An den kommenden Tagen müssen noch Restarbeiten erledigt werden bis zur feierlichen Einfahrt in die Partnerstadt am 02.07.2012. Am Sonntag wird das Team vom deutschen Konsulat in Donezk, das die feierliche Einfahrt und ein schönes Programm für die kommenden Tage in der Partnerstadt organisiert hat, zum Essen eingeladen. In einer geselligen Runde um Generalkonsul Klaus Zillikens schaut man das Endspiel der Fußball EM und unterhält sich über die Tour der Studenten und die Partnerstadt Donezk.
Es sind gefühlte fünf Minuten, die das Team am Montagmorgen auf einem großen Parkplatz mit ausgebreiteten Solarpaneelen die morgendliche Sonnenstrahlung einfängt. Bereits jetzt wird man schon vom ersten Kamerateam abgefangen, das die Chance nutzen wollte, Fahrzeug und Team vor die Linse zu bekommen, noch bevor diese auch nur einen Meter in Richtung Innenstadt bewegen konnten. Wenige Schritte entfernt feierten noch vor wenigen Tagen Menschenmassen auf einem großen Camping-Park die Europameisterschaft beim Public Viewing bis tief in die Nacht. Die Studierenden können in einem günstigen Hotel mit ausreichend Schlaf genug Energie für den Tag tanken. Zwei Veranstaltungen sind für heute direkt hintereinander geplant. Zunächst der Empfang im Rathaus und kurz darauf folgend eine Präsentation auf einem zentralen Platz. Pünktlich um viertel vor Zwölf kann es dann auch losgehen. Elena Dorovina, ein enge Mitarbeiterin des Generalkonsuls, den wir zusammen mit ihr am Vorabend das erste Mal treffen konnten, ließ sich noch kurz vorher am Parkplatz absetzen. Ganz spontan lässt sie sich als Beifahrerin des SolarCars einladen.
Ein Polizeifahrzeug führt uns hin zum Rathaus. Mit gemütlichen vierzig Kilometern in der Stunde kann man fast ohne Stopp die komplette Strecke im Stadtverkehr mitschwimmen. Allein an größeren Kreuzungen warnt das heute mal blaue Führungs-Fahrzeug die Passanten vor dem zu plötzlichen Betreten der Straße mit Hupe und Signal-Sirene. Dafür, dass Donezk mittlerweile eine Millionen Einwohner zählt, kann man es tatsächlich zu einer der ruhigsten und gelassensten Stadtfahrten der Weltumrundung zählen. Vielleicht liegt es auch daran, dass man sich mittlerweile an die teils skurrile Verkehrsführung und den unkonventionellen, doch sicheren Fahrstil der Ukrainer gewöhnt hat.
Vor dem Rathaus der Stadt wartet bereits die Presse. Teamleiter Tim Skerra hatte sich am frühen Morgen zu einer kurzen Rückreise nach Deutschland verabschiedet, um mit dem nachfolgenden Team im Schlepptau am kommenden Sonntag wieder zurückzukehren. Also ist es nun dessen Vertreter Yago Elbrecht, der vor einem Pulk an Medienleuten mit Mikrofon und Kamera steht.
Mit nicht weniger Aufmerksamkeit geht es im Rathaus selbst weiter. Zum Pressetermin gesellen sich neben vier Fernsehsendern ein Dutzend weiterer Reporter mit Mikrofon oder Notizblock und Stift. Der Bürgermeister selbst muss sich leider entschuldigen. Zu den finalen Terminen rund um die abgeschlossene Fußball-Europameisterschaft bedarf es seiner Anwesenheit leider anderswo. Sein erster Vertreter, Herr Nikolaj Volkov, und dessen Mitarbeiter warten aber mit vollem Interesse am Konferenztisch auf. Nach den Grußworten der Stadtverwaltung folgt eine Ansprache des Generalkonsuls, der so freundlich ist und das Gespräch leitet und dann ein paar generelle Informationen zum Fahrzeug und der Entwicklung von unserem stellvertretenden Teamleiter.
Das Gastgeschenk von Bochums Oberbürgermeisterin, Frau Dr. Ottilie Scholz, wird überreicht: Ein Fan-Schal der letzten Frauen-WM, die auch in Bochum ausgespielt wurde und der versiegelte Brief für die Partnerstadt reisten mittlerweile einen Monat sicher verwahrt beim Team mit. Anerkennend erwidert der stellvertretende Bürgermeister, dass man merken würde, wie die Städte Donezk und Bochum sich vollends schätzen und als Partner respektieren würden. Vor allem über die Farbgestaltung des Fahrzeuges und der Teambekleidung freut man sich. Die satten Gelb- und Blau-Töne stimmen mit den Nationalfarben der Ukraine perfekt überein. Das Team hingegen kann ein wenig mit dem neuen Sinnspruch der Stadt liebäugeln „Power and Beauty“ prangt neben dem Städtenamen, der von einem schwarzen Karo und einem roten Reis umgeben ist. Das steht für die schwarze Kohle, die in der Region abgebaut wird und das Rot der vielen Rosen, die das Stadtbild prägen.
Ein wenig Zeitdruck scheint dann doch zu bestehen. Das liegt neben der Fußball-EM auch an der Organisation der diesjährigen Feiern zum 80-jährigen Bestehen des Verwaltungsbezirkes Oblast Donezk, dessen Hauptstadt und Verwaltungssitz Donezk selbst ist. Hinzu kommt auch das 25-jährige Bestehen der Städte-Partnerstadt zwischen Donezk und Bochum. Für den Eintrag ins rote Buch muss aber die Zeit noch reichen. Etwas Unruhe kommt auf, als bemerkt wird, dass durchaus auch eine Probefahrt im zweisitzigen SolarWorld GT machbar ist. Eine Runde um den Rathausvorplatz möchte der stellvertretende Bürgermeister in jedem Falle mitmachen und hofft, gerade in dem Moment von wichtigen Telefonaten verschont zu bleiben. Mit einem breiten Grinsen steigt Herr Volkov nach der kurzen Fahrt aus dem Auto und nimmt sich dann doch noch einmal die Zeit, vor Laufender Kamera zu verkünden, wie unerwartet bequem das Fahrzeug doch sei und rechnet vor, wie viel Benzin ein normales Auto auf den bisher über 17.000 zurückgelegten Kilometern verbrauchen würde.
Zum letzten Tagesziel geht es noch einmal weiter zum Lenin-Platz. Neben der überlebensgroßen Lenin-Statue hat das Konsulat einen Pavillon aufgestellt und informiert vor versammeltem Publikum auf Landessprache noch einmal über das Projekt. Nachdem am vergangenen Wochenende parallel zur Heimat auch in Donezk die bekannte „Extra Schicht“ stattfand, wird heute ein hervorragendes Beispiel für Wissenschaft und Technik des heutigen Deutschlands vorgezeigt.
Gleich zwei große Hochschulen in Donezk haben deutliches Interesse an einem Besuch des Bochumer SolarCar-Teams angemeldet. Das deutsche Konsulat in Donezk hat entsprechende Termine organisiert. Am Dienstag geht es um zehn zur Nationalen Universität Donezk, der größten Universität der Region mit rund 1000 Professoren und Dozenten. Hier gibt es in Kooperation mit der Magdeburger Universität seit 1992 die Deutsche Technische Fakultät. Sie wird von Dekan Professor Viktor Ivanovitsch Kalaschnikov geleitet, der heute Gastgeber ist.
Im Kopf hat das Team noch die Fragen vom Vortag, die sich den Medien entsprechend um alltägliche Themen des Straßenverkehrs gedreht haben: Wollte man das Auto schon einmal klauen, wie fährt es sich, wie viel kostet es, was war das bisher schönste oder spannendste Erlebnis? Vor allem mit letzterer Frage tun sich die Studierenden besonders schwer. Jeden Tag gibt es neue Erfahrungen, Eindrücke, die sich nur schwer auf einer Skala zwischen 1 und 10 einordnen lassen.
An diesem Tag jedoch kommen die Studierenden, die das Publikum vor dem Fakultäts-Gebäude bilden, schnell zu den ingenieurwissenschaftlichen Details des Projekts. Natürlich möchte man sich auch einmal hineinsetzen, doch viel spannender sind doch die technischen Details: Leistung, Nenndrehzahl und Sensorik der Motoren? Ein dauererregter Synchron-Motor? Dann sollte die Regelung doch Drehmoment-basiert sein, oder? Letztendlich wird nicht nur das Heck für einen Einblick ins Fahrzeug geöffnet, sondern diesmal sogar der komplette vordere Radkasten.
Bei einer nachfolgenden Führung durch die Labore wird klar, wo das spezielle Interesse herkommt. Antriebstechnik für industrielle Anwendungen ist einer der Schwerpunkte der Forschung hier. Auch die Steuerung und Vernetzung bei der Energieerzeugung wird untersucht. „Smart-Grid“ ist hier das Stichwort - die intelligente Steuerung und Vernetzung von Energieerzeugern, Speichern und Verbrauchern und Aspekte der Verteilung, besonders wichtig für regenerative Energiequellen. Zum Schluss gibt es eine auf Deutsch gehaltene Kurzpräsentation zu einem Antriebsstrang eines Elektrofahrzeuges und dafür verwendbare Motoren. Die deutsche Sprache ist in der Fakultät übrigens verpflichtend. Zwei Studenten freuen sich bereits auf den Austausch mit Deutschland und vermerken im roten Buch: Gute Arbeit! Bis bald!
Ein vorerst letzter Termin am folgenden Mittwoch ist eigentlich als lockere Veranstaltung vor Studierenden der „Akademie des Autotransportwesens“ geplant. Anstatt in den Hörsaal geht es aber zunächst in das Büro der leitenden Rektorin, Frau Iryna Englezi. In kleiner Runde lässt man sich das Projekt ausführlich vorstellen. Über die kurze Zeit, in der SolarWorld GT entstanden ist, runzelt man ein wenig die Stirn. All das hätten die Studierenden der Hochschule Bochum ganz alleine auf die Beine gestellt? Ja, natürlich hätte man Unterstützung innerhalb und außerhalb der Hochschule, aber Bau und Betrieb seien letztendlich die Leistung des Teams. Man entgegnet, dass man in naher Zukunft vorhätte, selbst ein Kleinwagen mit der Fähigkeit zur Formänderung für den Stadtverkehr zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wird ein Wunsch der Akademieleitung deutlich: Die Kooperation mit der Hochschule Bochum, die offensichtlich in Sachen Elektromobilität ein überaus kompetenter Partner sei.
6. Etappe, Russland I: 10.07. - 02.08.2012
Das neue Team, das SolarWorld GT auf seiner ersten Etappe durch die russische Föderation bringen soll, ist am Vortag angekommen. Arne Austing, Matthias Drossel, Yago Elbrecht, Esther Heilgenberg, Sven Hennecken, Johannes Ruban, Tim Skerra, und Matthias Wiemers bereiten die letzten Details für die Einfahrt nach Russland von Donezk aus vor. Technik und Logistik müssen stimmen, damit auch diese Etappe klappt. Die Bremsanlage des GTs muss neu gefüllt und gereinigt werden. Zudem muss eines der Begleitfahrzeuge zur Überprüfung in eine Werkstatt gebracht werden. Mobilfunkkarten für Telefone und Straßenkarten für Russland müssen besorgt werden. Wichtige organisatorische Aufgaben sind zu erledigen, damit der Grenzübergang an der Russischen Grenze reibungslos zu schaffen ist. Johannes Ruban und Tim Skerra kümmern sich um alle Dokumente für den Grenzübergang in dieser Woche und um die ersten Unterkünfte. Auch hier ist wieder einmal der Kontakt zum deutschen Generalkonsulat in Donezk sehr hilfreich.
Bei einer Testfahrt des GTs stellt man leider eine nicht zufriedenstellende Bremsleistung fest. Also muss sich das Mechanikteam um Arne Austing und Yago Elbrecht noch einmal um die Bremse kümmern. In der Zwischenzeit wird das Kochequipment auf Vordermann gebracht und Sven Hennecke wird von Matthias Drossel in die Telemetrie eingearbeitet.
Am Abend des 10.Juli trifft man sich ein letztes Mal mit Mitarbeitern des deutschen Konsulats zum Abendessen. Ein schöner Abschluss des Aufenthalts in Bochums Partnerstadt Donezk, die SolarWorld GT morgen Richtung Russische Grenze verlässt.
Start der Russland-Fahrt. In Teamkleidung treten die Studierenden an, um an der russischen Grenze einen guten Eindruck zu machen. Taschen müssen verstaut werden, das SolarCar wie an jedem Fahrtag penibel technisch geprüft werden und auch Funkgeräte, GPS-Tracker, Navigationslaptop, Verpflegung in den Fahrzeugen, Sicherheitsequipment, Kühlwasser- und Ölstand der Fahrzeuge dürfen nicht vergessen werden. Um 9:45Uhr sind dann alle Arbeiten abgeschlossen und nachdem sich das Team in Fahrkonfiguration aufgestellt hat, kann noch eine letzte Sicherheitsunterweisung zum Absichern des Konvois durchgeführt werden. Gut in der Zeitplanung geht es dann um 10:10Uhr los. Über die Artema Straße nahe des Teamhotels aus Donezk raus auf die M04 und später über die M03 Richtung russischer Grenze.
In der Stadt sind die Straßen noch vorzüglich. Der Berufsverkehr hat nachgelassen und der Konvoi schwimmt im Verkehr sehr gut mit. Wie immer ist dieser erste Fahrtag für das neu zusammen gekommene Team spannend. 17 km vor dem Grenzübergang wird eine längere Pause gemacht. Über den Tag haben sich die Batterien nur langsam entladen, da man unterwegs gute solare Einstrahlungswerte hatte. Man entscheidet, die Grenze an diesem Tag noch nicht in Angriff zu nehmen. Das Leadfahrzeug samt Besatzung machen sich auf die Suche nach einer Unterkunft. Genau 50 m vor der Grenze wird gerade ein Hotel umgebaut und beim Gespräch mit dem Besitzer wird erlaubt, dass man die eigenen Zelte auf dem Gelände aufschlagen darf.
Am folgenden Tag erfolgt die Ausreise aus der Ukraine schnell und unkompliziert. In der Warteschlange für die Einreise nach Russland steigen viele Fahrer aus, machen Fotos und stellen Fragen zum SolarWorld GT. Johannes Ruban ist zur Stelle und erklärt das Vorhaben des Teams und Details zum Solarworld GT auf Russisch. An der russischen Passkontrolle erhält das Team den Einreisestempel. Sehr viele Grenzbeamte eilen herbei, jedoch nur aus Neugier und um sich mit dem Auto fotografieren zu lassen. Ein Foto vom Team und den Grenzbeamten in der klassischen Uniform mit den großen Schirmmützen wird leider nicht genehmigt. Die Fahrzeuge werden lediglich oberflächlich kontrolliert und müssen nicht ausgeladen werden. Problematischer ist die offizielle Einfuhr des Materials, denn alle mitgeführten Gegenstände sollen aufgelistet werden. Nachdem Tim Skerra, Matthias Drossel und Yago Elbrecht eine Stunde die entsprechenden Papiere ausgefüllt haben, stellt sich heraus, dass das Team die falschen Unterlagen erhalten hat. Dem sehr freundlichen Grenzbeamten ist dies unangenehm, daher schließt er sich in seine Kabine ein und füllt die Papiere schnell selbst aus. Andere Einreisende empören sich, doch das Team freut sich. Nach insgesamt 4 Stunden ist die Grenze passiert und es geht schnell weiter Richtung Novoshakhtinsk, denn ein Gewitter kündigt sich an. Dieses bleibt zum Glück bis auf ein wenig Regen aus und der SolarWorld GT kann die geplante Strecke fahren. Das Auto wird eingeladen und es geht weiter zu einem Abstecher nach Rostov-na-Donu.
10 km vor Rostov-na-Donu staut es sich an einem Autobahnkreuz. Spontan passt sich der Verkehr an. Die dreispurige Autobahn wird auf 6-7 Spuren erweitert, je nachdem wie breit die Piste ist.
Neue Reifen sollte der Vito des Teams bekommen. Hierfür muss Johannes Ruban mal wieder mit seinen perfekten Russischkenntnissen das Telefon zur Hand nehmen und findet so einen Händler, der das passende Fabrikat vorrätig hat. Handykarten für die Kommunikation innerhalb der Gruppe sind ebenfalls immer sehr wichtig und werden gleich mit besorgt. Der Gang zur örtlichen Polizeiwache steht an, um sich dort registrieren zu lassen. Nach Informationen des Teams ist es zwingend notwendig, sich innerhalb der ersten 7 Tage nach Grenzübertritt bei der Polizei mit seiner Migrationskarte, die man beim Grenzübergang erhält, zu melden. Nach einem klärenden Gespräch mit den Beamten in der Wache wird deutlich: Das Team hat den benötigten Stempel bereits bei der Einreise an der Grenzstation erhalten und bekommen den zweiten notwendigen erst wieder bei der Ausreise aus der russischen Föderation. Keine weiteren Gänge zur Registrierung während der Tour sind von Nöten, was dem Team eine Menge Arbeit erspart.
7:30 Uhr: Esther Heilgenberg, Tim Skerra und Matthias Drossel schmeißen den Herd an und bereiten Rührei mit Brot und leckeren Kaffee für das Team zu. Um 8 Uhr beginnt die gemeinsame Frühstücksrunde, um 8:45 Uhr stehen bereits die ersten mit gepackter Tasche am kleine Anhänger zum Einladen des Privatgepäcks. Eine halbe Stunde später ist das Team auf der Straße. Per Trailer geht es zurück zum letzten Punkt des ersten Solartages in Russland. Über die M21 geht es zunächst nach Belaya-Kalitva. Einen Reifen muss das Team auf der Autobahn wechseln. Nach gut 1.500 km macht der raue Straßenbelag dem Leben des Gummis ein Ende. Nach nur 12 Minuten geht es weiter. Kurios: Bei der Auffahrt auf dem Beschleunigungsstreifen stoppt ein 40-Tonner und setzt auf der Autobahn gut 100m zurück, um vor dem Team anzuhalten und sich das Schauspiel besser ansehen zu können.
Nach dem Laden der Batterien am Nachmittag geht es zum Einchecken vom Ladeplatz per Vito samt Anhänger zum Hotel. Als Abkürzung wird ein kleiner Feldweg genommen. Leider ist der Anhänger nicht ganz verschlossen und ein kleiner Tagesrucksack fällt vom Team unbemerkt auf die Straße. Eine Anwohnerin vermutet einen geplanten Bombenanschlag und alarmierte die Polizei. Inzwischen wird der Verlust auch bei den Bochumern bemerkt. Man versucht die ältere Dame davon zu überzeugen, dass es sich nicht um einen Bombenanschlag handle. Die Polizei kommt kurze Zeit später an und befragt den Teamkollegen. Wenige Minuten später kommt ein ziviles Fahrzeug dazu, zwei nicht uniformierte Herren steigen aus. Mitglieder einer 20-köpfigen SOKO, die einen Taschendieb in dieser Stadt suchen. Die Täterbeschreibung samt Kleidung passt gut. Nach einigem Palaver können die Umstände geklärt werden, die den Rucksack auf die Straße brachten und wer sein rechtmäßiger Eigentümer ist. Zu guter Letzt unterhalten sich Polizisten und Teammitglieder gemeinsam am SolarCar, man bekommt wertvolle Tipps zum Straßenverkehr und zum generellen Verhalten in Russland. Abschließende Fotos am SolarCar dürfen nicht fehlen.
Strahlender Sonnenschein am nächsten Morgen. Das muss ausgenutzt werden. Schon um 6 Uhr beginnen die Startvorbereitungen. Arne Austing soll heute ans Steuer, ein SolarCar-Veteran, der schon bei SolarWorld No.1 mit dabei war und das Team bei dieser Etappe unterstützt. Die Reiseverpflegung wird von Esther Heilgenberg verantwortet, die bereits die komplette USA Tour des Teams begleitet hat und schon dort die Moral des Teams immer im grünen Bereich halten konnte. Die Laune eines Solarcarianers geht durch den Magen!
Die Fahrt heute wegen der energetisch perfekten Wetterverhältnisse mit 60 km/h Richtung Wolgograd. Lange schöne Strecken, guter bis mäßiger Asphalt, angenehmer Verkehr. Gegen 12:30 Uhr Mittagsstopp bis 15Uhr. Das leergefahrene Batteriepack wird zu ¾ wieder aufgeladen. Das Thermometer zeigt inzwischen 34°C. Ein neuer Tagesstreckenrekord wird eingefahren. 311 Kilometer stehen auf dem Tacho, als Wolgograd, das ehemaligen Stalingrad erreicht wird. Diese Stadt war im 2. Weltkrieg einer der strategisch wichtigen Punkte und Schauplatz der entscheidenden Schlacht des Deutsch-Sowjetischen Krieges. Nun kommen deutsche Studierende an diesen Ort mit einer ganz anderen Botschaft. Das Team macht auf der Weltumrundung immer wieder die Entdeckung, den eigenen Geschichtsunterricht zu durchfahren.
Kurz vor Wolgograd stockt der Verkehr. Rauch steigt am Straßenrand auf, ein größerer Feld- und Waldbrand wird von mehreren Löschzügen bekämpft. Am Abend findet man ein sehr einfaches „Hotel“, eine Unterkunft, die allerdings einen guten Ausgangspunkt für den kommenden Tag bietet. Der Sonnenuntergang, leckere Nudeln mit Oliven-Tomatensauce und ein kühles Bier beschließen den Tag.
Entlang der Wolga mit ihren zahlreichen Stauseen führt die Strecke nach Nordosten. Das Straßenpanorama lässt langsam die legendäre russische Weite erahnen. Die Sonne scheint prächtig in diesen Tagen. Ein Tagesschnitt deutlich über 250 Kilometer wird dadurch möglich, frühes Aufstehen ist dafür nötig. Unbesiedeltes Land und viel Fernverkehr prägen die Route. Die Straßen sind zwar asphaltiert, dennoch strapazieren Schlaglöcher das Fahrwerk des Sonnenwagens. Mehrfach brechen Bolzen in der Lenkung, der Ersatzteilbestand wird knapp. Kransnoarmeysk heißt das Tagesziel. Leichter Regen zieht auf, am Horizont verfinstert sich der Himmel völlig. Ein schweres Unwetter kündigt sich mit lautem Donner an.
Die Frage der Unterkunft gestaltet sich schwieriger als erwartet. Man muss die Polizei in dieser Region verständigen, wenn man Ausländer aufnimmt. Ein Aufwand, den viele Herbergen scheuen. Nach zwei Fehlversuchen - das Gewitter im Nacken - findet sich endlich ein Quartier mit angeschlossenem Restaurant. Starker Wind setzt ein, der den losen Untergrund am Straßenrand aufwirbelt und in einem ausgewachsenen Sandsturm gipfelt. Regen, Blitz und Donner folgen. Zentimeterhoch steht das Wasser auf Straßen und Wegen. Timing ist alles!
Auf dem Weg zum Restaurant fällt plötzlich der Strom aus. Eine Verteilerstation ist vom Blitz getroffen. Da die Küche Gasöfen benutzt, wird nicht nur bei Kerzenschein gekocht, sondern auch gegessen. Candlelight Dinner mit russischen Spezialitäten wie Borschtsch oder Gullasch im urigen Restaurant.
Der nächste Tag sieht nur 80 Kilometer Strecke nach Saratow vor. Entgegen anderslautender Infos am Anfang der Russland-Etappe hat sich herausgestellt, dass sich das Team bei der Migrationsbehörde alle 7 Tage registrieren muss. Schläft man in Hotels, so übernehmen in der Regel größere Häuser diese Pflicht, die gut und gerne einen halben Tag kosten kann. Campingplätze oder kleine Hostels tun dies hingegen nicht. In Rostov hatte Professor Oleg Bodyagin von der Partneruniversität eine Unterkunft gefunden, die die erste Registrierung für das Team übernahm.
Bei der Einfahrt nach Saratov hat das Team mit dichtem Stadtverkehr und Stau zu kämpfen. Viele Baustellung und Umleitungen, sowie der dichte Verkehr kosten das Team fast 2 Std. Zeit. Am Hotel angekommen, wird der große Parkplatz zur Ladestation umfunktioniert. Bis nach 20 Uhr abends werden die Batterien geladen. Natürlich bleibt das Team den Anwohnern nicht verborgen und nach einer halben Stunde haben sich Kinder und Bewohner der umliegenden Häuser eingefunden und stellen viele Fragen.
Spiegelei, Brot mit Käse und Butter, gebratene Wurst und schwarzer Tee: So sieht das Frühstück an diesem Morgen aus. Für 100 Rubel pro Person, umgerechnet etwa 2,50 €, gönnt sich das Team an diesem Morgen das Frühstück in der Unterkunft. Man kann so nicht nur eine halbe Stunde länger schlafen, sondern spart sich auch das Abspülen.
An diesem Tag geht es die 228 Richtung Norden. Das SolarCar-Team liefert sich ein Kopf-an-Kopf Rennen mit vielen LKW’s. Bergab überholen diese immer, um dann beim nächsten Anstieg wieder vom SolarCar überholt zu werden.
Nach der Mittagspause geht es weiter bis zum Zielort. Hier findet sich 6 km vor dem Ortseingang ein guter Platz, um bis zum Sonnenuntergang die Batterien laden zu können. Zum Abendessen wird unter der Regie von Arne Austing und Esther Heilgenberg leckerer Eintopf mit Würstchen, Kartoffeln und Möhren zubereitet, der allen sehr gut schmeckt.
In der Zwischenzeit waren Johannes Ruban und Tim Skerra mit einem Fahrzeug in der kleinen Stadt unterwegs um eine Unterkunft zu finden. Nach fast 1 Stunde Suche und viele nur unbefriedigenden Lösungen, entscheidet man sich am Ladeort zu zelten. Wenige Meter in den malerischen Birkenwald hinein findet sich eine wunderschöne Lichtung, die zum Campen und Sternegucken an diesem Abend einlädt. Nach einem kurzen Gespräch mit dem örtlichen Waldhüter wird dies auch offiziell genehmigt und der Abend schließt ab mit einem wunderschönen Blick auf Sterne und Milchstraße.
6:45 Uhr. Ein Teil des Teams wird nach einer angenehmen Nacht im Zelt von einem starken Regen geweckt. Wer sein Zelt nicht richtig dicht hatte, um Sterne in der Nacht sehen können, muss jetzt schnell sein! Nach 20 Minuten ist der Regen vorbei und das Team findet sich gegen 7:30 Uhr zum Frühstück und Ausladen des GTs ein. Zelte und Equipment müssen getrocknet werden. Mittlerweile strahlenden Sonnenschein begleitet das Team auf dieser Etappe. Die Fahrt gestaltete sich unspektakulär bis auf 2 Situationen. Zweimal hält die Polizei den Konvoi zu einer routinemäßigen Kontrolle an. Johannes Ruban kann jedes Mal anschaulich erklären und die offiziellen Dokumente reichen, um schnell wieder weiterfahren zu können.
Am späten Nachmittag wird die Stadt Toliatti erreicht, in der man für wenig Geld eine tolle Wohnung bezieht, die zur Herberge umgebaut ist. Küche und Waschmaschine stehen neben den Schlafräumen hier zur Verfügung.
Gemeinsam schaut das Team dann am Abend den Beitrag mit Moderator Karsten Schwanke, der in Florida während der USA-Etappe entstanden ist und nun endlich online zu sehen ist. An diesem Abend gönnt man sich die Pizza vom Lieferdienst, da man sehr gut in der Zeitplanung ist. Der morgige Tag wird etwas entspannter für das Team. Es wird nicht solar gefahren, dafür aber viele Besorgungsfahrten gemacht, die für das allzu oft unterschätze „Drumherum“ von Nöten sind.
Die Entscheidung ist in Bochum gefallen. SolarWorld GT wird weiter durch Russland fahren, neuer Zielort für die Gesamtetappe wird Wladiwostok im äußersten Südosten der Russischen Föderation sein. Ursprünglich war eine Streckenführung durch Kasachstan und China geplant, die jetzt endgültig abgesagt wurde.
Kein Land der Erde hat das Orga-Team in Bochum so viel Zeit gekostet wie China. Diverse Anfragen zur Unterstützung liefen über die Partnerhochschulen und offizielle politische Kanäle. Ein- und Ausfuhrbestimmungen wurden analysiert, Reiseunternehmen mit Fernosterfahrungen stellten ihren Erfahrungsschatz zur Verfügung. So hieß es am Anfang der Weltreise, dass Fahrzeuge in China nicht von Ausländern gesteuert werden dürfen. Inzwischen ist klar: Bei der Einreise in die Volksrepublik muss eine spezielle Führerscheinprüfung mit entsprechendem Sehtest abgelegt werden. Eigene PKWs nach China mitzubringen, bedeutet aber auch einen erheblichen finanziellen Aufwand. Kautionen müssen hinterlegt werden, Gebühren in erheblicher Höhe werden fällig. Dieser Faktor war schließlich ausschlaggebend für die Routenänderung, denn das Budget der Weltumrundung ist ausgereizt. „Wir wären gerne durch China gefahren, aber wir können einen Kostenunterschied in fünfstelliger Höhe im Sinne der uns zur Verfügung gestellten Sponsorengelder nicht ignorieren.“, erklärt Prof. Pautzke, Chef des SolarCar-Projektes.
Nun geht es also durch Südsibirien, vorbei am Baikalsee. Wladiwostok soll Ende September erreicht werden. Von da geht es per DHL-Container wieder nach Australien. Ende des Jahres soll sich dort der Kreis der Weltumrundungsstrecke schließen.
Nach einer erholsamen Nacht in der fantastischen Unterkunft gibt es „Arme Ritter“ zum Frühstück. Um halb zwölf beginnt der solar gefahrene Teil des Tages. An diesem Tag scheint das Team im Fokus der Straßenwächter zu stehen. Zweimal wird der SolarCar-Konvoi angehalten. Jedes Mal muss erklärt werden, was man denn macht, was das für ein Spezialauto sei. Die Kennzeichen des GTs, hinten ein durchleuchtetes Kunststoffkennzeichen und vorne ein Klebekennzeichen, sorgen für Gesprächsstoff, da diese hier noch nie gesehen wurden. Auch eine Taschenkontrolle auf Drogen und Waffen müssen die Teammitglieder über sich ergehen lassen. Am Ende aber sind alle Ordnungshüter vom SolarCar begeistert, und wünschen eine gute Fahrt.
Dann ein unplanmäßiger Stopp: Tim Skerra, heute am Steuer des SolarCars, hat plötzlich keine Anzeige der Geschwindigkeit mehr und die Motoren reagieren kurze Zeit später auch nicht mehr. Sofort wird angehalten. Glücklicher Weise ist gerade eine Autowerkstatt am Straßenrand, die genügend Platz bietet. Etwa eine Stunde dauert der erzwungene Halt. Ein Defekt in der Niederspannungsbox hatte das Fahrzeug zum Stillstand gebracht.
Am Ende des Tages findet sich in der nun hügeligen weiten Landschaft Russlands ein wunderbarer Haltepunkt, an dem bis zum Sonnenuntergang geladen werden kann. In der Zwischenzeit baut ein Teil des Teams am nahegelegenen See das Zeltlager auf und bereitet leckeres asiatisches Hühnchen zu. In geselliger Runde lässt man den Abend beim Sternegucken auf einem nahegelegenen Hügel ausklingen und genießt die Ruhe in der Einsamkeit. Nicht einmal Handyempfang hat man hier. Eine Wohltat, um mal gänzlich abschalten zu können.
6:00 Uhr Der Wecker klingelt. Heute will das Team nach einer wunderbaren klaren Nacht am See schon die ersten Sonnenstrahlen zum Laden mitnehmen. Die Sonne steht bereits deutlich über dem Horizont. Aber warum? Eine weitere Zeitzone wurde auf dem Weg nach Osten passiert, ohne dass die Uhren umgestellt wurden. Eigentlich ist es bereits 8 Uhr! Alle Panels werden schnell aufgebaut, die Sonne scheint bereits kräftig. Eine Herde Rinder kommt vorbei und schaut sich die merkwürdigen Besucher am See einmal genauer an.
Um 10:30 Uhr geht es dann los. Gut 2 km Offroad-Strecke sind bis zur Straße zu bewältigen. Kein Problem für den GT mit seinen drehmomentstarken Motoren aus der Bochumer Solarwagenmanufaktur. Etwa 250 km werden an diesem Tag dank der guten Straßenverhältnisse abgespult. Am Abend wird Ufa erreicht.
Ein schwerwiegender Defekt der hinteren Zugmaschine fällt bei der Inspektion des Fahrwerks auf: Ein vorderer Stoßdämpfer ist gebrochen! Damit es schnell weitergehen kann, muss eine Lösung her. Zufällig fährt ein Geländewagen vorbei, der sofort gestoppt wird. Nach einem klärenden Gespräch und mehreren Anrufen ist eine passende Werkstatt für Offroadfahrzeuge gefunden. Langsam geht es zur Werkstatt. Der Dämpfer ist nicht zu retten. Ersatz muss aus Deutschland bestellt werden. Das kostet im schlimmsten Fall wertvolle Fahrtage! Der findige Werkstattmeister weiß eine Lösung. Gebrauchte Stoßdämpfer, die etwas zu lang sind, werden gekürzt und für die Aufnahme im Fahrzeug umgebaut. Nach sechs Stunden hat es die Werkstatt geschafft, der Wagen fährt wieder wie eine Eins! Umgerechnet 150 € haben Material und Arbeit gekostet. Dann die Mitteilung per Email: Die Ersatzdämpfer sind per Express schon unterwegs und sollen in 3 Tagen da sein. Ein sehr langer Tag, der für das Team erst gegen 2 Uhr morgens zu Ende geht. Dennoch kann es am nächsten Tag weitergehen!
Auf jedes Hoch folgt auch mal ein Tief. Das gilt auch für das Wetter. Am Morgen ist der Himmel bereits wolkenverhangen. Gut 200km Tagesstrecke sind angesetzt. Bei der Fahrt durch waldiges und bergiges Gebiet an diesem Tag verfinstert sich der Himmel und öffnet zur Mittagszeit all seine Schleusen. Erst starker, dann beständiger Regen verwandelt die ausgefahrene Straße in eine glatte Rutschpiste, sodass neben dem SolarCar auch andere Fahrzeuge Probleme haben, vernünftig weiterfahren zu können. Aus den Erfahrungen, die das Team mit starkem Regen in Europa bereits gesammelt hat, entscheidet man, sofort anzuhalten. Nach gut 30Minuten ist der erste Regen vorbei und die Straße trocknet wieder ab, es geht wieder auf die Straße. Der zweite Regen hält bis in die Nacht an. Die Tagesetappe muss bei einem Truckstopp nach gut 100km abgebrochen werden.
Das Hotel hat zum Glück noch 8 Plätze frei. Also wird der GT verladen und das Abendessen zubereitet. Wer kann; sucht sich ein trockenes Plätzchen unter der Klappe des Anhängers oder sitzt im Hotel.
Ein Zeichen dafür, dass man sich außerhalb von Ballungszentren befindet, ist, dass es hier im Südural keinerlei Telefon- und Stromverbindung gibt. Erst um 19Uhr wird der Dieselgenerator des Hotels angeworfen und man hat Strom.
8Uhr morgens. Die ersten Sonnenstrahlen treffen auf den großen Parkplatz des Rastplatzes. Eine 4-köpfige Truppe des Teams kümmert sich darum, das SolarCar auszuladen und alle Arrays zum Laden aufzubauen. Ein kleiner Schwimmteich sorgt für die nötige Frische am Morgen.
Der Verkehr ist viel ruhiger als am gestrigen Nachmittag. Die Fahrt führt an diesem Tag über den größten Anstieg der Russlandstrecke. Auf gut 800 Höhenmeter über NN geht es an diesem Tag. Die Batterien sind nicht ganz gefüllt und der Anstieg wird zusätzlich Energie kosten. Unterwegs muss oft langsam gefahren werden, da sich die vielen LKWs nur langsam den Berg hinaufquälen. Ein Schnitt von 30 bis knapp 40km/h über den gesamten Tag ist das Maximum. Am Nachmittag gegen 15Uhr wird das Team wieder von der Polizei angehalten. Zuerst möchte der Polizist die Fahrzeugpapiere vom Leadfahrer ausgehändigt bekommen. Als er dann das SolarCar entdeckt, vergisst er die Papiere völlig und eilt sofort zum Sonnenflitzer. Auch die weiteren 4 Polizisten der mobilen Kontrollstation kommen herüber und lassen sich das Solarmobil erklären.
Unterwegs trifft das Team mehrere Fahrzeuge mit deutschem Kennzeichen was bisher eine absolute Seltenheit auf dieser Etappe ist. Die Strecke endet gut 70km vor Tscheljabinsk, dem eigentlichen Tagesziel.
Start um 9 Uhr morgens. Heute steht nur eine kurze Strecke für das Team an. Gut 92km sind es bis nach Cheljabinsk, der nächsten großen Stadt auf der Route des Teams. Hier wird morgen ein Pressetermin stattfinden, den das Team gemeinsam mit dem deutschen Konsulat aus Jekaterinburg initiiert hat. Die Fahrt an diesem Tag verläuft sehr gut. Bereits um 11:30Uhr erreicht man einen geeigneten Stopppunkt vor der Stadt, der als Ladepunkt bis zum Abend genutzt wird. Jetzt gilt es viele Besorgungen zu erledigen und sich zu registrieren. Mal wieder sind 7 Tagen herum und das Team will dieses Mal die Migrationsbehörde eigenständig aufsuchen. Ein schwieriges Unterfangen! Am Ende steht man mit vielen Informationen, keinem Stempel und etwas Verwirrung da. Das Thema Registrierung wird das Team also noch weiter beschäftigen und zwar ob, wie oft und durch wen. Denn bereits in einem Büro der Behörde bekommt man unterschiedliche Aussagen. Hinzu kommt, dass keine einheitliche Regelung in Russland existiert.
Einkäufe werden danach erledigt und am Ende des Tages treffen sich alle Teammitglieder am Hotel. Dieses ist mal wieder eine umfunktionierte Wohnung in einem russischen Megawohnblock. Im Flur riecht es nach Kanalisation, die Aufzugskabine scheint schräg im Schacht zu hängen und die Fenster hat hier seit Jahren keiner mehr geputzt. Die kleinen engen Zimmer reichen aber an diesem Abend, an dem das gesamte Team erschöpft ins Bett fällt.
Pressetermin in Cheljabinsk. Um 9:30 Uhr trifft das Team Lisa Ose, Kulturmanagerin des Robert-Koch-Instituts. Der Kontakt kam über das Konsulat aus Jekaterinburg zustande, um auch in Russland die Medien anzusprechen. Eigentlich ist die Presse für 10 Uhr geladen. Bereits um 9:45 Uhr sind zwei TV-Sender und Zeitungen da. Johannes Ruban als Muttersprachler und Teamchef Tim Skerra müssen viele Interviews geben. Arne Austing und Sven Henneke erklären für das Fernsehen den SolarWorld GT und fahren eine kleine Runde. Gegen Mittag geht die „Show“ zu Ende. Die Ersatzteilversorgung steht jetzt im Mittelpunkt. Per Post aus Deutschland sollen benötigte Teile geschickt worden sein. Nach vielen Gesprächen, mehreren Anlaufstellen war das Ergebnis entmutigend. Das Päckchen ist nicht angekommen und falls es das jemals tun sollte, könnte es das Team nicht mehr abholen. Also müssen zukünftig alle Teile immer im Privatgepäck der anreisenden Teammitglieder transportiert werden.
Die Ladecrew steht bereits auf dem Hof des Roadstopps und lädt den Sonnenwagen aus. Ab 7:30 Uhr knistern schon mehrere hundert Watt in die Batterien. Heute fährt das Team eine wichtige Etappe! Es ist eigentlich die Schlussetappe für Russland 1. Allerdings war das Wetter so viel besser als erwartet, dass das Team versuchen wird, die noch verbleibenden 5 Tage zur Weiterfahrt bis nach Omsk zu nutzen. Am Abend am Hotel angekommen, gönnt man sich beim Laden zum Sonnenuntergang leckeres Schaschlik mit Reis und Hähnchen aus der Hotelküche. Das Hotel ist eine angenehme Überraschung, sehr sauber und preisgünstig. Auch die nötige Registrierung bei den Behörden wird von hier aus durchgeführt, das Team ist wunschlos glücklich. Sogar die Zimmeraufteilung bietet Spielraum für alle Wünsche. Jeder darf mit seinem Wunschzimmernachbarn auf ein Zimmer, denn es gibt nur ein Zimmer für das gesamte Team! Das erste Mal ein 8-Bett-Zimmer; teambildende Maßnahme könnte man sagen.
7 Uhr. Der Wetterbericht hat sein Versprechen gehalten. Der Himmel ist bis zum Horizont grau. Regen ist auch noch angekündigt mit bis zu 80% Wahrscheinlichkeit. Um dennoch Strecke zu machen, packt das Team kurzerhand alle Sachen zusammen, macht zügig die täglichen Checks und dann geht es auch schon los. Gefrühstückt wird im Auto während der Fahrt. Bereits um 8:50Uhr ist der SolarCar-Konvoi auf der Straße, so früh wie noch nie auf dieser Etappe. Vom Start in Kurgan soll es möglichst weit auf der geplanten Strecke gehen. Was die Batterien hergeben, lautet also die Devise.
Gegen 15Uhr nachmittags stoppt das Team nach nur 3 kleinen Pausen an einem Roadhouse. Bis auf 50 Restkilometer sind die Batterien leer gefahren. 262 km wurden an diesem Tag geschafft. Nicht zuletzt dank der sehr guten Straßenverhältnisse über den gesamten Tag und des sehr geringen Verkehrs auf der Straße.
6:50 Uhr. Teamchef Tim Skerra steht vor dem Hotel und prüft das Wetter. Wettervorhersage hin oder her, der Blick zum Himmel ist meist am zuverlässigsten. Grau in Grau, auch die Straßen sind noch nass und verdreckt. Eine frühe Abfahrt kommt also nicht in Frage. Also zurück ins Hotelzimmer: Um 8:30Uhr reist der Himmel auf und die Straßen sind trocken. Auch wenn der Himmel bedeckt ist und man nur mit Hilfe von Smartphone Apps bestimmen kann, wo die Sonne steht, werden ein paar Wattminuten geladen. Das Team ist ehrgeizig und will genügend Energie tanken um die 150km Tagesstrecke zu meistern. Um 13Uhr sind 100km im „Tank“ des GT’s. Um 16Uhr geht es dann auf die Straße für den solargetriebenen Weltumrunder. Auch das Reinigen der Solarzellen mit einem eigens dafür entwickelten Spezialklebeband hat die Leistung noch einmal etwas gesteigert. Heute ist das Wetter anders wie bisher in Russland. 10 Grad Lufttemperatur und ein kalter Wind. Heißer Tee und Kaffee helfen, dass man nicht einfriert. Sibirien lässt grüßen! Ischim wird am frühen Abend erreicht. Zum Abendessen leckere Erbsensuppe mit Würstchen.
8 Uhr. Eine Stunde später als bisher geht der erste Blick nach draußen zum Himmel. Das Team hat mittlerweile die nächste Zeitzone erreicht. Nun 5 Stunden vor der Deutschen Zeit, macht man sich am Morgen auf, Sonne zu tanken. Ein wirklich schwieriges Unterfangen. Fast den gesamten Tag über liegt ein Dunst in der Luft, der wie Wolken am Boden wirkt. Die Sonne kommt nur schwer durch diese graue Suppe. Man kann mit bloßem Auge problemlos direkt in die Sonne schauen. Was man am eigenen Leib schon spürt, untermauert die Telemetrie. Durchschnittsleistungen von max. 300 Watt, üblich sonst über 1000 Watt, sind an diesem Tag nur drin. Somit wird dieser Tag zum ersten auf der Russland-1-Etappe, an dem das Team nur laden kann und keinen Meter solar fährt.
Zeit, sich um das Tagebuch zu kümmern. Das Handynetzt hatte bereits seit Tagen Probleme gemacht, sodass der Nachschub an Informationen und Bildmaterial für das Onlinetagebuch in Bochum stockte. Nun ist man auf das mitgebrachte Satellitenmodem ausgewichen und kann so wieder alle Daten übertragen. Diese Technik wird auf den beiden kommenden Russlandetappen die Sicherheit sein, die Berichterstattung weiter zu ermöglichen. Am späten Nachmittag dann kündigt sich der erste Regen an und das Team packt alles rechtzeitig ein. Das SolarCar darf einen kurzen Schauer im Freien genießen, um ein wenig vom Dreck der letzten Tage befreit zu werden. Dann geht es aber auch für SolarWorld GT in den Trailer.
Seit gut 2 Tagen kämpft das Team am Hotel mitten im Nirgendwo um jede Wattminute für die letzten 180 km bis zur Zielstadt Omsk. Rauch von Waldbränden war die Ursache für die Ladehemmung. An diesem Morgen ist der Himmel wolkenfrei, der Dunst noch nicht so stark und die Sonne schon kräftig. Gerade einmal 10 Minuten brauchen die ersten Teammitglieder bis die Fahrzeuge am Ladestandtort sind, der GT ausgeladen und alle Arrayständer aufgebaut sind. Bis gut 12:30Uhr wird so geladen.
Sven Henneke nimmt an diesem Tag für die Abschlussfahrt der Russland-1-Etappe Platz am Steuer des SolarWorld GT. Routiniert geht es für das Team auf die Straße. Eine Polizeikontrolle nach wenigen Kilometern ist nun kein Problem mehr. Die Reaktionen der Ordnungshüter sind mittlerweile gut bekannt und nach einigen Erklärungen und ein Paar Fotos mit der Handykamera darf man weiterfahren.
Gegen 17 Uhr wird Omsk erreicht. Gut 800 km mehr als geplant hat das Team auf dieser Etappe zurückgelegt. Wie es sich für ein Etappenende gehört, geht es gleich in ein kleines Restaurant zum Abschlussessen. Schaschlik, gefüllte Teigtaschen und leckerer Eintopf, dazu ein kühles Piva, wie der Gerstensaft hier heißt. Feierabend für heute. In den kommenden Tagen muss der GT aufgeladen werden, denn Sonne satt ist vorhergesagt, und Ersatzteile für die Begleitfahrzeuge besorgt werden. Mit über 3000 km ist Russland 1 nun abgeschlossen. 2 Monate, 2 Teamwechsel und gut 6.000 Kilometer liegen noch vor den Weltreisenden, bis man am Ziel auf diesem Kontinent in Wladiwostok angekommen ist. Am 6. August startet die Etappe Russland 2!
7. Etappe, Russland II: 06.08. - 30.08.2012
5 Uhr morgens. Die Sonne kriecht langsam hinter dem Horizont hervor. Matthias Drossel, Yago Elbrecht und Tim Skerra, die Stammbesatzung der Weltumrundung, warten auf die neue Crew aus Deutschland. Etliche Flüge mussten umgebucht werden, weil SolarWorld GT auf der ersten Russland-Etappe deutlich weiter gefahren ist als ursprünglich geplant. Anderthalb Stunden später ist es dann soweit. Das neue Team ist in Omsk gelandet und kann im Sonnenaufgang in Empfang genommen werden. Zuerst geht die Fahrt zur Unterkunft, um gemeinsam zu frühstücken.
Letzte Vorbereitungen und die Einweisung der neuen Teammitglieder stehen heute auf dem Programm. Lebensmittel müssen gekauft werden, ein Teil am Hänger soll noch geschweißt werden. Nach getaner Arbeit trifft man sich zum Abend in einem russischen Restaurant. Auch die lokale Küche soll verkostet werden.
Am nächsten Morgen Standard-Prozedur: Frühstück und Inspektion der Fahrzeuge. Neben den technischen Prüfungen wird heute auch das Äußere in Form gebracht. Die Begleitfahrzeuge werden mit dem Dampfstrahler auf Vordermann gebracht, SolarWorld GT erfährt eine schonende Handreinigung.
Nach Rücksprache mit der Rezeption und der Migrationsbehörde kann an diesem Tag nur am späten Nachmittag eine Registrierung durchgeführt werden. Zu spät für das Team, da man an diesem Tag bereits eine große Strecke solar fahren möchte. Nach einem weiteren Gespräch versichert die Migrationsbehörde, dass eine Registrierung innerhalb der ersten 7 Tage ausreichend sei. Man entschließt sich zu starten und in der nächsten großen Stadt den Meldepflichten nachzukommen.
Dann noch einmal den Funk erklärt, GPS Tracker gestartet und um 12:30 Uhr geht es los. Eine Tagesstrecke von 180 km wird angepeilt. Wenige Kilometer nach dem stadtnahen Gebiet um Omsk herum ist der Verkehr gering, die Fahrt verläuft gut. Einarbeiten der neuen Teammitglieder ohne Stress, Sonne satt über den gesamten Tag. So entschließt sich das Team 18 km vor dem zunächst geplanten Ziel weiter zu fahren. Am Ende des Tages stehen gut 250 Kilometer auf dem Solartacho. Ein tolles Ergebnis für einen ersten Fahrtag als neues Team. Ein Rasthaus in der Nähe von Belekhta bietet Quartier für die Nacht. Natürlich wird selbst gekocht. Das Kochduo aus der Amerika-2-Etappe, Julia Thiele und Christoph Bönneken, ist wieder mit dabei und gibt sich größte Mühe, das Team bestens zu versorgen.
Es ist 8:00 Uhr an diesem Morgen, als sich das Team draußen trifft. Sebastian Schirling und Tim Skerra waren bereits etwas früher auf und haben schon Tee- und Kaffee-Wasser aufgesetzt. Zuerst das SolarCar ausladen und die Panele zur Sonne ausrichten. Gut 30% Batteriekapazität werden an diesem Morgen schon geladen.
Nach dem gründlichen Checkup und dem Auftanken der Begleitfahrzeuge geht es auf die M51 zurück. Julia Thiele nimmt an diesem Tag Platz auf dem SolarCar-Fahrersitz.
Die Verkehrslage bleibt entspannt, wenig Autos und eine Straße in gutem Zustand machen die Fahrt an diesem Morgen zu einer wunderbaren Tour. Die Landschaft ist wird wilder, Kuhherden und Wildpferde kann man heute vom Auto aus sehen. Um 13:10 Uhr wird gestoppt zum Laden, Einkaufen und Mittagessen. Starker Wind fordert beim Laden die Crew. Die aufgestellten Panels drohen wegzufliegen. Um 16:15 Uhr geht es weiter. Nur noch 88 km zu fahren, dann soll das Ziel für diesen Tag erreicht werden. An einem kleinen Rasthof vorher hat das Team Gelegenheit, den Brauchwassertank des Anhängers aufzufüllen. Der Wasservorrat ist wichtig, um unabhängig spülen und waschen zu können.
Eine gute Stunde später der letzte Stopp für heute. Bis die aufziehenden Wolken die Sonne verdunkeln, wird noch geladen. Geschlafen wird an diesem Abend nicht in einem Hotel, Motel oder einer Herberge. Passend für Weltumrunder werden die Zelte an einem See aufgebaut. Ein Lagerfeuer sorgt für Atmosphäre und Stimmung an diesem mal wieder sehr erfolgreichen Tag. Gegen 23 Uhr kriecht auch der Letzte in den Schlafsack. Für morgen ist bereits Nowosibirsk angepeilt, ein Tag früher als ursprünglich geplant.
Nach einer geruhsamen Nacht trifft sich das Team um 9 Uhr morgens. Das wunderbare Hotel der letzten Nacht hatte nicht nur die nötige Registrierung für das Team durchgeführt, sondern auch mit hervorragenden Zimmern zum Erholen eingeladen. Nach dem alle Taschen gepackt sind, will man in der Kolonne aufbrechen und den nahegelegenen Supermarkt ansteuern. Plötzlich kommt eine Dame auf das Team zu. In Ihrer Hand ein Zettel mit 2 deutschen Sätzen aus einem Internetübersetzer. Die Dame ist die Hotelmanagerin. Vor ein paar Tagen hatte sie einen TV-Bericht über das Team gesehen und hat sich nun sehr gefreut, die deutschen Studenten bei sich begrüßen zu dürfen. Zum Abschied gibt es 2 Flaschen vom besten russischen Champagner und viele Glückwünsche für die weitere Reise.
Nach dem Großeinkauf im Supermarkt geht es für das Team zurück zum Haltepunkt des Vortages. Hier wird der GT ausgeladen, und zur Freude aller kommt die Sonne durch die Wolken. Bis zur Abfahrt um 14:30 Uhr an diesem Tag wird noch genug in die Batterien geladen, um die größte geplante Etappe der Russland-2-Tour zu fahren.
225 km soll es nach Topki gehen. Das Wetter zieht bei der Abfahrt wieder zu, starke Bewölkung drückt die solare Leistung fast auf null. Gut das das Team mit seinen Batterien für solche Tage gewappnet ist. Heute am Steuer des SolarWorld GT sitzt Olivia Steinhelfer. Die Studentin der Wirtschaftswissenschaften kommt aus dem Organisationsteam und unterstützt durch ihre russischen Wurzeln das Team auf dieser Etappe. An vielen kleinen Dörfern geht es an diesem Tag vorbei. Im Gepäck 20 neue Reifen von Sponsor Schwalbe die dank Sponsor DHL am Abend mit dem Team zusammengefunden haben. Gegen 16:30 Uhr muss wegen Regen ein Stopp eingelegt werden. Direkt vor einer Schaschlik-Bude - sehr praktisch, um die Ernährungslage zu stabilisieren.
Nach gut 30 Minuten Wartezeit geht es zurück auf die Straße. Die Hälfte der Tagesstrecke ist schon geschafft. 45 Min. vor dem Fahrtende für diesen Tag muss nochmals gestoppt werden: Das Batteriepack ist leer und muss getauscht werden. Mit dem zweiten Batteriesatz geht es dann noch bis zur Tageskilometerzahl von 177 km weiter. Um 19:05 Uhr wird auf einem Parkplatz in bewaldetem Gebiet gestoppt. Das Lead sucht einen Platz zum Campen, in der Zwischenzeit wird der GT verladen. Am Zeltlager angekommen, wird leckeres Chilli con Carne gekocht, ein Klassiker auf dem Speiseplan der Weltreisenden. Bei einem kleinen Feuer und Bier wird der Abend in leichtem Nieselregen beendet. Für Morgen ist Sonne angesagt, die das Team jetzt auch wieder braucht. Max. 90 km sind noch mit der verbliebenen Energie zu schaffen. 260km sind es noch bis Marinsk, dort soll das letzte Teammitglied in Empfang genommen werden. Zwei Tage bleiben dafür noch Zeit.
8 Uhr morgens. Das Team verlässt mit frisch gewaschener Kleidung und Registrierung in der Tasche das Hotel. Es geht zum Supermarkt durch die Stadt, da alle Vorräte aufgebraucht sind. Nach 2 Std. Einkauf und einem kleinen Frühstück geht es zum Ausladeplatz, wo man am Vortag stoppte. Die Energie in den Batterien reicht für 70 km, wenn das Wetter mitspielt. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Immer wieder Regen, dann sogar durchgehend und immer stärker. Dieser Fahrtag fällt sprichwörtlich ins Wasser. Auch Laden ist nicht möglich, gerade einmal 40 Watt erzeugen die Solarpanele in der Spitze. Das reicht für keinen Kilometer. So widmet sich das Team anderen Aufgaben, die schon lange überfällig sind. Unter anderem wird ein Obst- und Gemüsenetz über dem Kühlschrank installiert, damit entsprechendes Gut nicht mehr in den luftdichten Transportboxen schimmeln kann. Eine Plane wird an der großen Klappe des Anhängers angebracht. Bei Sonne wie bei Regen vergrößert sie den schattigen oder trockenen Bereich um ein Vielfaches, Platz zum Kochen und gemeinsamen Essen. Am Abend wird gibt es dann leckere Bratkartoffeln und Buletten. Danach geht es zu einem Zeltplatz im Wald. Den Tipp hat das Team von einem Bauern bekommen, der sogar den gesamten Weg dorthin zeigte. Japanische Gefangene hatten sich im zweiten Weltkrieg hier kleine Lager im Wald errichtet. Die Bedingungen sind ideal: Windstill und von den Schwärmen an Mücken befreit, kann hier geruhsam genächtigt werden.
7 Uhr. Der Teamchef checkt die Wetterlage. Wieder einmal nur graue Wolken. Die Sonne ist nicht in Sicht. Also dürfen alle bis 9 Uhr schlafen, dann ist es aber so trocken, dass man gerne die möglichen Kilometer fahren will, die in den Batterien noch stecken. Die Straße ist an diesem Vormittag gut befahren und immer mal wieder muss man wegen Baustellen und Straßenarbeiten stoppen. Gute 60 km werden bei der Berg- und Talfahrt geschafft. Es findet sich ein Zeltplatz nahe eines kleinen Dorfes. Dank Allrad-Fahrzeug im Konvoi schafft man das Equipment auf den kleinen Hügel trotz des schlammigen Untergrunds. Die Sonne zeigt sich am Nachmittag noch einmal, wenn auch nicht all zu lange. Ein Gewitter wird zum Härtetest für die neue Planeninstallation am Anhänger. Hin und wieder dann doch ein Sonnenloch, das zum Laden genutzt wird. Alles in allem ein mühseliger Tag mit nur wenigen Kilometer solare Leistung. Ohne Einkaufsmöglichkeit bei widrigem nasskaltem Wetter wird die Motivation der Bochumer Studierenden gefordert. Selbst das Lagerfeuer bleibt aus. Gut aufgeschichtet, jedoch durchnässt durch das Gewitter will das Feuer nicht brennen.
Der Himmel an diesem Morgen ist wieder bedeckt, aber am Horizont zeichnet sich ein blaues Wolkenloch ab. Also den GT ausladen und die Paneele aufgestellt. Nach 3 Tagen schlechtem Wetter, Regen und Wolken im Wechsel ist der heutige Tag ein echter Lichtblick für das Team! Die dringend benötigte Energie vom Himmel kommt seit Tagen das erste Mal wieder durch die dichte Wolkendecke. Bereits um 8:30 Uhr lädt das Team mit 850W die Batterien. Spitzenwerte, die leider nur von kurzer Dauer sind, bis die nächsten Wolken aufziehen und den Himmel wieder verdunkeln.
Das Laden über die letzten Tage hat etwa 80 km in die Batterien gebracht, die man heute gerne fahren möchte. Dann setzt wieder leichter Nieselregen ein. Also in Ruhe frühstücken und alles einpacken. Dann geht es mit dem gesamten Tross über das matschige Feld bis zum örtlichen Supermarkt. Hier wird der GT ausgeladen und der Checkup durchgeführt. Schnell noch die Supermarktverkäuferin ins rote Buch eintragen lassen und dann geht es los.
Tertezh war nun für 4 Tage die "Zeltheimat" des Teams. Nun geht es endlich weiter, soweit wie es geht. Die Straße ist teils gut, teils schlecht. Man kommt gut voran. Allerdings muss das Team mehrmals die Fahrt für 20Minuten unterbrechen, da Regen einsetzt. Abends erreicht man Kansk, und hat damit die 1,5 Tagesetappen geschafft. Wenn das Wetter jetzt mitspielt will man wieder in den Zeitplan fahren. Nach einer abendlichen Ladephase, in der auch die nassen Zelte trocknen können, geht es zum Hotel. Eine wunderbar heiße Dusche und eine richtige Toilette erscheinen nach 5 Tagen Zelten wie der pure Luxus.
Um 7:30 Uhr trifft man sich an nächsten Morgen zur Abfahrt. Dichter Nebel hüllt Kansk in einen trüben Schleier. Die Sicht maximal 100 m. Wo die Sonne steht, kann gerade so erahnen. An Laden ist zwar jetzt noch nicht zu denken, aber die Erfahrung zeigt: Auf Nebel am Morgen folgt bester Sonnenschein. Erste Aktion an diesem Morgen: Tanken bei Gazprom, der Betreiber der örtlichen Tankstelle. Bei der großen russischen Kette gibt es qualitativ hochwertigen Diesel und Benzin. Anderswo ein schwieriges Thema. Zunächst wird aber die Abrechnung gemacht, 20 Minuten wird der gesamte Tankstellenbetrieb dafür eingestellt. Kein Problem, der Nebel hat sich noch nicht gelichtet. Nach dem Tanken geht es zum Ladeplatz zurück, wo man ab ca. 10Uhr mit Werten um 800Watt lädt. Bereits um 13 Uhr ist Batteriepack Nr.1 randvoll und Pack Nr.2 lädt ebenfalls fleißig. Keine Energie verschenken. Gegen 15Uhr sind dann beide Batterien vollgeladen und man macht sich auf den Weg Richtung Taishet. Die Fahrt führt nach einigen Kilometern Stadtverkehr nur noch durch dichten Wald. Die transsibirische Straße erfüllt nun alle Klischeebilder. Unbewohntes Gebiet soweit das Auge reicht, ab und an werden kleine Dörfer passiert, in denen durchgehende Stromversorgung oder fließend Wasser aus dem Hahn nicht denkbar sind. Die ganze Zeit sorgt die Sonne dafür, dass trotz starkem Auf und Ab auf dieser Etappe nur ein Batteriepack für die gefahrenen 150 km von Nöten war.
30 km vor Taishet bekommt das Team einen kleinen Vorgeschmack in Sachen Straßenbelag, wie man es oft von LKW Fahrern erzählt bekommen hat: 5 km steile Straße, die sich durch den Wald windet, nur grober Kiesel und Sand, kein Asphalt. Mit gerade einmal 10-15 km/h geht es über die Piste, um das Material nicht zu sehr zu belasten.
Der erste Zeltplatz, den man sich ausgesucht hat, entpuppt sich als ungeeignet. In der Stadt kommt man letztendlich in einem Hotel unter. Es ist bereits 21 Uhr, Kochen will heute keiner mehr, man geht in einem Restaurant essen. Dann die Mitteilung des Teamchefs: Schon wieder eine neue Zeitzone, 7 Stunden vor der deutschen Zeit! Nach einem langen, aber erfolgreichen Tag eine Stunde Schlaf weniger. Gegen 24:00Uhr sind dann alle in den Federn, da es am nächsten Tag schon um 7:30 Uhr wieder weiter geht.
Böse Überraschung am nächsten Morgen: Die Heckscheibe des Vitos ist eingeschlagen, die Plane des Hängers wurde aufgeschlitzt. Einen Helm mit Kommunikationstechnik, ein Oszilloskop und einen 10-Liter-Treibstoffkanister haben die Diebe mitgehen lassen. Offensichtlich sollte der Vito geklaut werden, denn die Lenkradsperre ist geknackt und abgerissene Kabel am Zündschloss deuten auf einen entsprechenden Versuch. Ordnungsgemäß wird alles bei der Polizei gemeldet. Die aufwendigen Formalitäten kosten aber einen ganzen Fahrtag.
8:30Uhr Aufbruch von Taishet aus. Nach dem verlorenen Fahrtag soll es heute wieder weiter gehen.
Nachdem die Polizei gestern den Tatort genau untersucht und Fingerabdrücke am Vito genommen hatte, musste das gesamte Team auf der Polizeiwache erscheinen, damit von allen eine Aussage aufgenommen werden konnte. Eine offizielle Dolmetscherin übersetzte, die Pässe wurden kopiert, die gesamte Prozedur nahm über sechs Stunden in Anspruch. Währenddessen wurde auch geladen, die Teammitglieder auf der Wache entsprechend immer wieder ausgetauscht. Bei 20 Kilometer Distanz zum Ladeplatz ein zeitaufwendiges Unterfangen.
Der Wetterbericht sagt für heute einen Regen-Wolkenmix voraus, der Sonnenwagen hinkt dem Zeitplan um mindestens zwei Tage hinterher. Direkt beim Start am Hotel trennt man sich. Der Trailer fährt zum Laden und Checken bereits vor, während das Lead Blech besorgt, das das mit Plastikplane notdürftig abgedeckte Loch in der Heckklappe verschließen soll. 200km sind für heute angepeilt. Immer wieder nieselt es kurz, aber das Team schafft es, die Fahrstrecke durchgehend zu fahren. Am Steuer heute sitzt Marco Dahlhaus. 2 Großbaustellen auf der Transsibirischen Straße müssen passiert werden. Die Umleitung führt jeweils mehrere Kilometer durch kleinste Dörfer, in denen Pferdekarren die einzigen Fortbewegungsmittel darstellen. Grob geschottert und mit Schlaglöchern und großen Steinen übersät, wird der Straßenbelag zur Härteprüfung für die Fahrwerke. Ein Hüpfer über einen größeren Brocken gibt dem hinteren rechten Fahrwerk des GT den Rest. Ein Bruch in einem Gelenk eines Dreieckslenkers sorgt dafür, dass das Rad sich querstellt. "ROT, ROT, ROT!" lautet das während der Weltreise selten gehörte Funkkommando für diesen Fall. Sofort wird der GT zum Straßenrand getragen, die Unfallstelle abgesperrt und das Mechanikteam um Christoph Bönneken und Mechanikchef Yago Elbrecht macht sich daran, das defekte Fahrwerksteil zu tauschen. Nach gut 30 Minuten kann es wieder weitergehen. Als der Zeltplatz für die Nacht erreicht wird, scheint die Sonne nochmals in voller Stärke. Gut 50km werden so noch in die Batterien geladen. Auf einem Feld findet man einen gut geschützten Platz abseits der Straße. Olivia Steinhelfer, die perfekt russisch spricht, wird von der Polizeileitung angerufen. Man soll sich in Irkutsk melden, wenn man dort angekommen ist. Offensichtlich sorgen sich die Ordnungshüter um das Wohlergehen der deutschen Studenten aus Bochum.
Zum Abendessen gibt es mal wieder etwas Selbstgemachtes: Kartoffelsuppe und Quarkspeise zum Nachtisch. Zum Abend hin, nach Sonnenuntergang, fällt die Temperatur stark. Tagsüber +20 °C, nachts um die 0°C. Bis spät in den Abend wird das Heckblech angepasst, der Anhänger mit Sirenen ausgestattet und ein GPS-Tracking installiert, das jetzt nicht nur die aktuelle Position des Teams während der Fahrt am Tag anzeigt, sondern auch in der Nacht Koordinaten via Satellit nach Deutschland sendet. Das Team will auf Nummer sicher gehen. 23:30Uhr zeigt die Uhr, als an dem verlassenen Ort, der als Campingplatz für das Team fungiert, ein Auto verdächtig die Straße auf und ab fährt. Es sucht offensichtlich nach einem Weg zu den Studenten. Dann hält es auf der Straße und zwei Männer mit Taschenlampen bahnen sich einen Weg durch den Wald zum Lager des Teams. Es ist eine Polizeieskorte, die für die Sicherheit des Teams geschickt wurde, bis Irkutsk wird man nachts von der Polizei beschützt. Schnell werden noch Brote für die netten Polizisten geschmiert, die die ganze Nacht am Lager des Teams Wache halten.
An diesem Tag begrüßt ein sonniger Morgen das Team nach einer sternklaren und frostigen Nacht. Schnell stellt sich die Crew auf das schöne Wetter ein, so dass die Paneele direkt aufgestellt werden, um die intensive Sonneneinstrahlung zum Laden der Batterien zu nutzen. Beide Batteriepacks können geladen werden. Gestärkt vom Frühstück geht es auf die M53 Richtung Irkutsk, eine Stadt in der Nähe vom Baikalsee, die 300km entfernt liegt.
Vladimir, der freundliche Russe, den die Crew am Vorabend kennen gelernt hat, informierte das Team über die guten Straßenverhältnisse auf dem Weg nach Wladiwostok. Vor zwei Jahren soll das russische Staatsoberhaupt diese Strecke entlang gefahren sein und daraufhin bauliche Maßnahmen veranlasst haben – eine Autofahrt solle nicht so unkomfortabel sein. Somit beginnt der heutige Tag unter optimalen Voraussetzungen.
Plötzlich stoppt jedoch die Datenübertragung der Telemetrie, so dass ein kurzer Stopp unvermeidbar ist. Als auch das Licht nicht mehr funktioniert, ist der Fehler schnell gefunden. 2 Stecker des Lichtmoduls haben sich gelöst und stören die Datenverbindung. Wieder eingesteckt läuft die Datenübertragung und das Team kann seine Fahrt fortsetzen.
Am Steuer des GTs sitzt Julia Thiele. Sie steuert den GT sicher an diesem Tag über die M53, trotz teilweise dichtem Verkehr. Nach einer Stunde Fahrt muss eine weitere Pause eingelegt werden, da die Solarleistung aussetzt. Doch dieser Fehler wird nach einigen Minuten gefunden: Eine Sicherung des Arrays hatte ausgelöst. Ohne weitere Zwischenfälle geht es nach dem Tausch der Komponente für diesen Tag weiter.
15Uhr. Viel Sonnenschein und die Aussicht auf Regen am nächsten Tag bringen das Team dazu, noch einmal Energie zu tanken. Durch die guten Einstrahlungswerte hat das Team ausreichend Energie im Tank, um die Strecke des morgigen Tages zurückzulegen.
Nach 35km Fahrt erreicht das Team den versteckt im Wald liegenden Zeltplatz und der GT bahnt sich auch abseits von befestigten Straßen seinen Weg durch das Gelände. Schnell werden der GT verladen, die Zelte aufgebaut und das Essen in Angriff genommen. Fische, ein großzügiges Geschenk von Vladimir, stehen auf dem Speiseplan. Bei einem wunderschönen Sonnenuntergang lässt das Team den Tag ausklingen.
Mittwoch, 29.8.12, 14:45 Uhr deutscher Zeit, Flughafen Düsseldorf: Einchecken der fünfköpfigen Truppe für die dritte Russlandetappe. Nach gut elf Stunden Flug landen Amelie Karcher, Michael Roch, Lars Gebauer, Alexander Hellwig und Mischa Schleimer in Irkutsk. Schnell wird die Verfolgung des SolarCar-Team aufgenommen, da das Sonnenwagen-Team zwischenzeitlich schon über 400 km weiter Richtung Ulan-Ude vorgerückt ist.
Da der Zug ganz knapp verpasst wird, ist das alternative Transportmittel ein russischer Kleinbus, mit denen viele Einheimische längere Reisen in die dünnbesiedelte Region bestreiten.
Erster Kulturschock für die Deutschen: Wörter wie "defensive Fahrweise" existieren im russischen Sprachgebrauch anscheinend nicht. Überholen vor Bergkuppen oder in Kurven und waghalsiges Tempo auf buckeligen Straßen meistert der Busfahrer souverän, sorgt aber dennoch für Angstschweiß in den Gesichtern der deutschen Passagiere. Die sechs einheimischen Mitfahrer schlafen fast durchgehend, sodass schnell klar wird: Das ist hier normal.
Die Ankunft in Ulan-Ude sorgt dementsprechend für ein großes Durchatmen. Begrüßt von der Stamm-Crew geht es nun erst einmal Schaschlikessen - die russische Spezialität, die hier überall zu bekommen ist. Das anschließend angesteuerte Hotel "New York" überrascht auch mit hohen Standards: Heiße Duschen und saubere Betten bereiten eine angenehme Nacht.
Am nächsten Tag zwingt schlechtes Wetter die Weltreisenden zu weiterem Warten. Die Nacht wird daher in einem Motel kurz außerhalb der Stadt verbracht, für den folgenden Samstag ist strahlender Sonnenschein vorhergesagt, dann sollte die Weiterfahrt möglich sein.
Der Winter im kontinentalen Klima Südost-Russlands rückt immer näher und treibt Sorgenfalten in die Team-Gesichter. Es sind noch über 3.000 km bis Wladiwostok zu bewältigen, gleichzeitig bedeutet das Vorrücken des Winters immer öfter bedecktes Wetter, das ein Abwarten erzwingt. Eine gute Seite hat es jedoch: Das Gästehaus liegt direkt am Fluss, der sich zwischen den pyramidenförmigen Hügeln in der russischen Landschaft schlängelt und verfügt über eine "Banja", eine russische Sauna, von der abends Gebrauch gemacht wird.
8. Etappe, Russland III: 31.08. - 23.09.2012
Mittwoch, 29.8.12, 14:45 Uhr deutscher Zeit, Flughafen Düsseldorf: Einchecken der fünfköpfigen Truppe für die dritte Russlandetappe. Nach gut elf Stunden Flug landen Amelie Karcher, Michael Roch, Lars Gebauer, Alexander Hellwig und Mischa Schleimer in Irkutsk. Schnell wird die Verfolgung des SolarCar-Team aufgenommen, da das Sonnenwagen-Team zwischenzeitlich schon über 400 km weiter Richtung Ulan-Ude vorgerückt ist.
Da der Zug ganz knapp verpasst wird, ist das alternative Transportmittel ein russischer Kleinbus, mit denen viele Einheimische längere Reisen in die dünnbesiedelte Region bestreiten.
Erster Kulturschock für die Deutschen: Wörter wie "defensive Fahrweise" existieren im russischen Sprachgebrauch anscheinend nicht. Überholen vor Bergkuppen oder in Kurven und waghalsiges Tempo auf buckeligen Straßen meistert der Busfahrer souverän, sorgt aber dennoch für Angstschweiß in den Gesichtern der deutschen Passagiere. Die sechs einheimischen Mitfahrer schlafen fast durchgehend, sodass schnell klar wird: Das ist hier normal.
Die Ankunft in Ulan-Ude sorgt dementsprechend für ein großes Durchatmen. Begrüßt von der Stamm-Crew geht es nun erst einmal Schaschlikessen - die russische Spezialität, die hier überall zu bekommen ist. Das anschließend angesteuerte Hotel "New York" überrascht auch mit hohen Standards: Heiße Duschen und saubere Betten bereiten eine angenehme Nacht.
Am nächsten Tag zwingt schlechtes Wetter die Weltreisenden zu weiterem Warten. Die Nacht wird daher in einem Motel kurz außerhalb der Stadt verbracht, für den folgenden Samstag ist strahlender Sonnenschein vorhergesagt, dann sollte die Weiterfahrt möglich sein.
Der Winter im kontinentalen Klima Südost-Russlands rückt immer näher und treibt Sorgenfalten in die Team-Gesichter. Es sind noch über 3.000 km bis Wladiwostok zu bewältigen, gleichzeitig bedeutet das Vorrücken des Winters immer öfter bedecktes Wetter, das ein Abwarten erzwingt. Eine gute Seite hat es jedoch: Das Gästehaus liegt direkt am Fluss, der sich zwischen den pyramidenförmigen Hügeln in der russischen Landschaft schlängelt und verfügt über eine "Banja", eine russische Sauna, von der abends Gebrauch gemacht wird.
Am nächsten Morgen reißt der Himmel stellenweise auf und verspricht gutes Wetter für den Tag. Nach einem kurzen Frühstück und der Einweisung der neuen Teammitglieder geht es direkt auf die Straße, um möglichst viele Kilometer zu fahen. Nach gut 50 km strahlt die Sonne stark genug, um die halbleeren Akkupacks in einem kleinen Dorf mit der Mittagssonne optimal aufzuladen.
Nach 3 Stunden Ladepause geht es weiter auf der M55 Richtung Chita. Russland zeigt sich von seiner schönsten wie auch schlechten Seite. Holprige Straßen rütteln jeden Reisenden bis auf die Knochen durch, zugleich entschädigt die Landschaft mit atemberaubenden Ausblicken über riesige Landschaften und grenzenlos weitem Horizont. Strahlender Sonnenschein ermöglicht ein ungehindertes Vorrankommen. Am Ende des Tages werden es 230 Kilometer weniger sein, die auf der Strecke nach Wladiwostok vor dem Team liegen.
Am frühen Abend entdeckt das Team vom Lead-Fahrzeug einen abgelegenen Rastplatz für die Nacht. Inmitten von Tundra und Birkenwald lässt die neunköpfige Crew den erfolgreichen Tag bei einer ordentlichen Portion Nudeln und Lagerfeuer ausklingen - hoffend, dass die nächsten 4 Wochen reichen, um Südost-Russland zu durchreisen, bevor es der Winter für mehrere Monate im festen Griff hat.
Sonntagmorgen, 2. September. Strahlend blauer Himmel, grüne Wiesen und Wälder. Eine wunderbare, stille Idylle, in der das Team die sibirische Natur in ihrer vollen Schönheit erlebt. -4°C zeigt das Thermostat beim Sonnenaufgang an diesem Morgen an: Kälterekord für die Weltumrundung in Russland. Die Zelte sind eingefroren und wer sich nur in einen Schlafsack gehüllt in die Natur gelegt hat, muss auch ein eiskaltes Kopfkissen hinnehmen. Unter der Anleitung von Matthias Drossel werden an diesem Morgen der GT ausgeladen und die Paneele zum Laden aufgebaut. Mit den ersten warmen Lichtstrahlen der aufgehenden Sonne wird in die noch sehr kalten Batterien geladen. Kaffee- und Teewasser werden aufgesetzt und das Lagerfeuer vom Vorabend wieder entfacht. Nach der sternenklaren Nacht mit klirrender Kälte nimmt das neue Team nun aufgewärmt die täglichen Aufgaben in Angriff. Alles ganz in Ruhe, denn einige Stunden wird man auf der Lichtung im Birkenwald verweilen müssen bis die Batterien des GTs vollgeladen sind.
Am Mittag stehen der 150 - 200km Fahrdistanz für diesen Tag eigentlich nichts mehr im Wege. Jedoch fällt bei dem täglichen Mechanik-Check des GTs auf, dass einer der Bremszylinder Öl verliert. Dieser muss getauscht werden. Dafür wird das gesamte Bremssystem ausgebaut, der Zylinder ausgewechselt und der Kreislauf neu mit Öl gefüllt.
Gegen 16 Uhr geht es für das Team mit vollen Batterien endlich auf die Straße. Doch die Fahrtstrecke an diesem Tag ist schlecht. Ein Schlagloch folgt dem Nächsten. Funkkommandos folgen im Minutentakt. Die angepeilte Geschwindigkeit von 50km/h ist an diesem Tag schwer zu erreichen. Da man mit vollen Batterien nicht regenerativ bremsen kann, kommt die mechanische Scheibenbremsanlage des GTs an diesem Tag vermehrt zum Einsatz. Der Härtetest bei der langen Abfahrt hinterlässt Spuren. Die Bremsscheiben werden warm. Vorsichtshalber werden mehrere Stopps eingelegt, um die Temperatur der Scheiben im Auge zu behalten.
20:30 Uhr, es wird kurz vor Khilok gestoppt und der GT verladen. Nach einem klärenden Gespräch mit Einwohnern wird deutlich, dass es hier keine Zeltmöglichkeiten und auch keine Unterkünfte in der Stadt gibt. Als dem Team davon abgeraten wird länger zu bleiben, zieht es in zweier Konvois noch 90 km auf der M55 bis zum nächsten Roadhouse weiter. Dies ist die einzige Unterkunft auf der Strecke von Khilok nach Tschita. Die Fahrt ist anstrengend, denn die Straße ist in einem desolaten Zustand, viele Baustellen unterbrechen immer wieder die Fahrt. Teilweise geht es im Schritttempo mitten durch den laufenden Baustellenbetrieb.
Die Auf- und Abfahrt durch die sibirische Berglandschaft lässt im Sonnenuntergang immer wieder tolle Ausblicke auf die Landschaft erhaschen, bis die Vollmondnacht hereinbricht. Um 22:15Uhr erreicht das Team das Roadhouse. Hier kann man zum Glück zu Abend essen und übernachten. Man bucht die Übernachtung gleich für 2 Nächte, da die Strecke mit dem SolarCar sicherlich den kommenden Tag einnehmen wird. Es geht früh ins Bett unter die warme Decke, denn das Thermostat zeigt schon wieder frostige Temperaturen an.
Als die ersten Teammitglieder um kurz vor acht auf den Parkplatz der Unterkunft treten, liegt ein bekannter Geruch in der eisigen Luft: Es riecht nach Winter. In knackiger Kälte wird ein schnelles Frühstück vor geparkten Schwerlast-LKW eingenommen, Tee und Kaffee wärmen die rasch klamm werdenden Finger. Zügiges Aufbrechen ist angesagt: Die 90km, welche gestern in schwarzer Nacht zurückgelegt wurden, müssen heut mit dem Trailer zurückgefahren und dann nochmal mit dem Solarauto wiederholt werden. Das Team sorgt sich um die Zeit, da auf der Strecke eine Baustelle das Vorrankommen stark erschwert. Bei komplettem Baubetrieb mitten in der Nacht, ohne Abgrenzungen oder Markierungen schlich man im Schneckentempo durch die lang erscheinende Schotterpiste, um sich zwischen den Schlaglöchern durchzuschlängeln.
Tatsächlich täuschte der Eindruck in der Dunkelheit: Die Baustelle ist bei Tageslicht viel kürzer als es am vorigen Abend erschien, sodass man schon um 12 Uhr Khilok erreicht. Auf einem Feldweg kurz vor dem Ort wird das Solarcar nach der Trailerfahrt wieder mechanisch und elektrisch geprüft - zum Glück werden keine zu reparierenden Schäden entdeckt Auch wenn noch ein voller Akku vorhanden ist, wird natürlich die Zeit während des Checkups genutzt, um die Solarpanels vor der Kulisse von Feldern und grasenden Kühen zum Sonne tanken auszurichten. Um kurz vor ein Uhr rauscht ein „Go-Go-Go“ durch den Funk und das Dreiergespann macht sich mit Marco Dahlhaus als Solarauto-Pilot wieder auf den Weg in Richtung Unterkunft der letzten Nacht. Wie zum Ausgleich der gestrigen Schwierigkeiten läuft heute alles so, wie man es sich auch für den Rest der Etappe Russland 3 erhofft: Kaum überholende Fahrzeuge, wenig Verkehr auf der Straße und selbst die Baustelle wird vom SolarWorld GT mit Bravour gemeistert. Sogar dort, wo auf lockerem Kiesuntergrund das Offroad-Trailerfahrzeug den Allrad zuschaltet, überraschen die Semi-Slick-Reifen des Solarautos mit gutem Grip. Zügig wird die Baustelle hinter sich gelassen, um Punkt 15 Uhr an der Unterkunft anzukommen. Unter wolkenlos blauem Himmel wird der Rest des Tages genutzt, um wieder alle Energiespeicher zu füllen und andere Aufgaben wie Wäschewaschen und Abspülen zu erledigen.
Der auffällig lackierte Wagen bleibt auch nicht lange unentdeckt: Kommen am Anfang zwei Jungs auf ihren Fahrrädern vorbei, um den Automobilexoten zu bestaunen, stehen kurze Zeit später anscheinend alle Jungs des Dorfes um das Auto, während Yago Elbrecht mit Händen und einigen wenigen Russisch-Brocken den Kindern das Fahrzeug erklärt. Der Tag geht für das Team mit der untergehenden Sonne und leckeren asiatischen Hühnchen aus der Pfanne zu Ende. Heiße Duschen und warme Betten stehen bereit, um dem Team eine angenehme Nachtruhe zu bereiten.
Unter dem klaren Sternenhimmel kommen einige Teammitglieder mit den dort übernachtenden LKW-Fahrern ins Gespräch. Man kennt die deutschen Solarfahrer bereits über Funk und auch aus dem Fernsehen. Wurden doch mehrere Videos aus überholenden LKWs gedreht und im nationalen Fernsehen gezeigt. Hilfe wird dem Team angeboten, sodass man am späten Abend alle Rasthäuser auf dem Weg nach Wladiwostok im Atlas eingezeichnet bekommen hat.
Heute stehen 240km auf dem Plan, Tschita heißt die nächste große Stadt, die als Meilenstein angepeilt wird. Das ist die Prämisse, als die neun Russland-Abenteurer um 8 Uhr ihre Herberge verlassen. Eisig kalt wie die gestrigen Tage wird auf dem Parkplatz zwischen der Armee-Feldküche der russischen Streitkräfte und den 40-Tonnern das Frühstück eingenommen, während die Elektriker und Mechaniker die Checkliste für das Fahrzeug durchgehen. Russische Fernfahrer und das Raststättenpersonal begutachten neugierig das Vorgehen auf dem Hinterhof des Roadhauses, während das Team mittlerweile routiniert die Vorbereitungen zur Abfahrt trifft.
Für die kommenden Abschnitte ist man gut gerüstet: Ein Fernfahrer hat gestern Abend das Team auf dem Parkplatz angesprochen, nach einem Bericht des russischen Fernsehens über das Auto, welcher vor 11 Tagen ausgestrahlt wurde, hat er sich mit seiner Frau gezielt auf die Suche nach den deutschen Globetrottern gemacht. Er versorgt das Team mit Sicherheitstipps sowie einer Liste mit geeigneten Rastplätzen für die nächsten Tage – die M55 ist seine Heimstrecke, er kennt sie auswendig.
Als um 10Uhr die Räder des Solarcars den Asphalt der M55 berühren, gibt es eine Änderung der Aufgabenverteilung: Erstmals ist Amelie Karcher als Lenkerin im Rennwagen unterwegs. Anfangs noch zaghaft, jedoch mit immer mehr Vertrauen in die Technik nimmt sie die Strecke in Angriff. Und diese weist die besten Voraussetzungen auf: wahres Highlight: Kaum Schlaglöcher, wenige Leute auf den Straßen und eine Fahrbahn wie aus einem Guss schneidet sich durch eine atemberaubende Landschaft, überdacht von einem ultramarinblauen, wolkenlosen Himmel. Ohne jegliche Zwischenfälle zirkelt das Solarauto durch Kurven und Dörfer, gleitet über Geraden durch eine Landschaft, die einige vielgereiste Team-Veteranen unweigerlich an den mittleren Westen der USA erinnert.
Ein mittäglicher Lade-Stopp wird für eine kurze Überholung eines Radlagers und das obligatorische Laden genutzt, es entfällt jedoch der geplante Fahrerwechsel: War zunächst Matthias Drossel ab jetzt als Fahrer eingeplant, weigert sich Amelie standhaft das Lenkrad aus der Hand zu geben. Das Fahren macht so großen Spaß, dass sie die Etappe bis Tschita selber beenden möchte. Nach knapp 200km kündigt sich am späten Nachmittag ein Ende der Genussfahrt an. Die Großstadt Tschita ist lange sichtbar, bevor man ein Schild sieht oder die Stadt erblickt: Zuerst feiner, dann immer stärker werdender Dunst zwischen den Hügeln in der Ferne verkünden die Anwesenheit von Kohlekraftwerken und viel Verkehr. Zum Glück wird die Stadt nicht durchfahren: Die M55 führt in einem leichten Bogen darum, dicke Luft gibt es dennoch. Vor einer Bergkuppe blockiert ein Dreiachser der russischen Armee ein Vorankommen mit der geplanten Durchschnittsgeschwindigkeit von 50km/h und bläst dabei dichte, schwarze Wolken in den Himmel. Kein Problem im Chase-Fahrzeug, im Solarauto bekommt die Fahrerin jedoch eine gute Portion davon ab. Kurzentschlossen wird ein Überholmanöver geplant: Das Lead fährt vor, wartet auf freie Gegenfahrbahn, sobald das Kommando „Strecke frei, überholen, go-go-go“ ertönt zieht das Solarauto mit 10kW Spitzenleistung an dem Koloss vorbei – mustergültig!
Tschita links liegen lassend, überrascht die Landschaft wieder mit einem Wechsel der Kulisse: Umgeben von dichten Fichtenwäldern geht es auf eine Berg-und-Tal-Fahrt, immer mehr Höhenmeter werden auf dem GPS angezeigt – wieder werden Erinnerungen an andere Flecken der Welt wie Kanada, die Rocky Mountains oder auch das Sauerland wach. Diese überaus erfolgreiche Etappe endet an einem Parkplatz, auf welchem das Solarauto wieder seine Paneele gen Himmel richtet. Während der eine Teil der Crew das Fahrzeug bewacht und später verpackt, macht sich der Vito mit den anderen Mitgliedern auf den Weg in die Stadt, um dringende Einkäufe zu erledigen und eine Herberge zu suchen.
Mit 7 vollbepackten Einkaufswagen, in einem kleinen Supermarkt manövriert von 5 gelbgekleideten Deutschen erntet die Versorgungstruppe erstaunte Blicke, bevor man gegen 21 Uhr ein Hotel in der Innenstadt bezieht. Nachdem alle Fahrzeuge sicher auf dem überwachten Parkplatz untergebracht sind, endet ein ebenso anstrengender wie erfolgreicher Tag für die Reisenden.
"An Tagen wie diesen" liegt Wladiwostok in geradezu greifbarer Nähe!
Mit Sonnenaufgang beginnt ein neuer Tag für das WU Team. Bei knackiger Kälte wird ein kleines Frühstück eingenommen, bevor sich das Team aufteilt. Denn heute ist Vito-Tag!
Das Begleitfahrzeug des Teams macht seit einigen Kilometern ungewöhnliche Geräusche und hier in Chita ist für die kommenden 1.000 km die letzte Möglichkeit, eine fähige Werkstatt zu finden, die das Problem beheben kann. So fährt das andere Begleitfahrzeug die gut 20 km aus der Stadt hinaus, um dort den GT mit Sonnenkraft aufzuladen. Team 2 fährt um 10 Uhr zur ersten Werkstatt. Erst jetzt öffnen Geschäfte und Werkstätten in der Stadt. Mit dem einbrechenden Herbst in Sibirien verschieben sich die Öffnungszeiten der Geschäfte weiter nach hinten: Bevor die Sonne nicht aufgegangen ist, ist es zum "Shoppengehen" viel zu kalt. Werkstatt 1 entpuppt sich als kleiner, neuer Betrieb mit zwei engagierten, aber eher unkundigen Mechanikern. Nachdem fleißig am Fahrzeug gewackelt wurde, hier und da mal geschraubt und der Stabilisator ab- und wieder angeschraubt wurde, wird die Vermutung geäußert, dass es sich um einen Radlagerschaden handeln könnte. So unkundig der erste Eindruck der beiden Mechaniker auch geblieben ist, diese Vermutung stellte sich am Nachmittag als richtig heraus!
Da sich die Mechaniker dieser kleinen Hinterhofwerkstatt nicht sicher waren und sie - trotz aller Bemühungen - keine Mercedes-Ersatzteile zwischen Irkutsk und Wladiwostok ausfindig machen konnten, geht für das SolarCar-Team die Reise durch die Stadt auf der Suche nach einer anderen Werkstatt weiter.
Einige Teammitglieder erinnern sich dann an etwas, das bei der Einfahrt in die Stadt den Eindruck einer Autowerkstatt machte. Dieser zweite Versuch sollte mehr Erfolg bringen: Die Werkstatt mit Namen "Quattro" sah deutlich aufgeräumter und auch von der Ausstattung her besser aus. Nach einer Probefahrt sind sich die Mechaniker absolut sicher: Das Radlager ist defekt. Dem kleinen SolarCar-Team wird angeboten, in die Stadt gefahren zu werden, denn die Werkstatt weiß sofort, dass es kein Ersatzteil geben wird. Dennoch soll bis zum Abend eine Lösung gefunden werden.
Nach über 2 Stunden ist die Bremsscheibe gelöst und das Radlager wird von den engagierten Mechanikern ausgebaut. Völlig defekt! Ersatzteile für Mercedes kann auch diese Werkstatt nicht besorgen. Der Chef verspricht, dass der Wagen bis zum Abend wieder flott ist. Das SolarCar-Team unternimmt in der Zwischenzeit eine Spaziergang zur Innenstadt und besichtig eine der wunderschön neuerrichteten russisch orthodoxen Kirchen. Eine Augenweide.
Gegen 17 Uhr dann der erlösende Anruf der Werkstatt: Alles wieder in Ordnung. Der Werkstattchef persönlich holt die Bochumer ab. Nach stundenlangem Suchen haben die findigen Mechaniker ein Lager eines japanischen Herstellers ausgekundschaftet, das genügend Material bot, um dieses passend drehen zu lassen. Also: Ab in die örtliche Maschinenfabrik und das Lager auf den richtigen Durchmesser runtergedreht!
Nach einer Probefahrt kann sich das Team glücklich schätzen, genau diese Werkstatt gefunden zu haben. die hochmotiviert soviel Energie in die Reparatur gesteckt hat und eine solche Lösung möglich gemacht hat. Wir sind wirklich zufrieden. So ist der Vito gut gerüstet für die noch anstehenden 3000 km bis nach Wladiwostok.
In der Zwischenzeit haben die anderen SolarCar-Teammitglieder bereits die Akkus vom SWGT vollgeladen und einen Campingplatz ausgekundschaftet. Also geht es mit Sack und Pack raus aus der Stadt.
Nach der Wiedervereinigung wird das bereits aufgebaute Lager bezogen, ein Feuer entfacht und eine leckere Gemüsepfanne mit Nudeln zu essen bereitet. Bei einem wunderbaren Sternenhimmel und etwas Nachhilfe in Sternbildkunde kommt richtige Lagerfeuerromantik auf. Das Team genießt eine ruhige, kühle und trockene Nacht nach diesem anstrengenden Tag.
Um kurz nach Sieben klingeln die ersten Wecker in den Zelten auf dem Zeltplatz vor dem große Funkmast, wo das Team die Nacht verbrachte. Grund für das frühe Erwachen ist aber weniger ein möglicher Zeitdruck zum Losfahren, sondern einige Teammitglieder wollen die exponierte Lage nutzen, um den Sonnenaufgang zu betrachten. Drei Mann trauen sich sogar, auf den gut 30m hohen Funkmast zu klettern, um von dort mit einem atemberaubenden Tagesbeginn belohnt zu werden.
Kurz darauf kehrt aber auch bei den übrigen Mitreisenden Geschäftigkeit ein: Zelte werden zerlegt, Wasser für Tee gekocht und Frühstück eingenommen, sodass kurz danach der Tross am gestrigen Endhalt, einer Parkbucht an der Seite der Landstraße hält. Nach dem obligatorischen Überprüfen des Solarfahrzeuges gibt es auch wieder eine Einweisung für einen Solarcar-Novizen: Diesmal ist es Alexander Hellwig, Mitarbeiter bei Solarcar-Unterstützer Rossink, der das Team als Dolmetscher begleitet und jetzt in die Eigenheiten eines Experimentalfahrzeuges eingewiesen wird.
Was die Crew gestern noch nicht wusste: Man hat die Tagesetappe zufällig am höchsten Punkt weit und breit beendet. So kommt Alexander in den Genuss, das Fahrzeug zunächst mit über 70 Kilometern in der Stunde über die perfekte Asphaltdecke zwischen Birken- und Fichtenwäldern zu lenken, da die vollgeladenen Batterien kein regeneratives Bremsen oder Fahren mit Tempomat erlauben. Die folgenden 200 Kilometer bis zum mittäglichen Ladestopp könnten nicht besser sein: 500 Höhenmeter werden durchfahren, sodass im ersten Streckenabschnitt mehr Energie durch regeneratives Bremsen eingespeist wird, als zum Fahren benötigt. Die Straße und der Verkehr sind wahrlich makellos: Dieser Teil der Strecke nach Wladiwostok wurde erst vor kurzem asphaltiert, sodass Kommandos wie „Gelb Links“ praktisch nur alle halbe Stunde, wenn überhaupt, durch den Äther rauschen.
Beim Ladestopp sind so noch ganze 40 Prozent Ladung im ersten Akkupack vorhanden, der dann wieder auf 75 hochgepumpt wird. Die so gesammelten Sonnen-Wattstunden werden noch für weitere 149 Kilometer reichen, die das Solarauto durch fast menschenleere Tundra zurücklegt.
Tatsächlich ist die durchfahrene Strecke bis auf Siedlungen mit einigen wenigen Häusern derart leer, dass es beim Etappenende um 20 Uhr ein ernsthaftes Problem ist, eine geeignete Schlafstätte zu finden: Die nächsten 70 Kilometer kommt keine nennenswerte Stadt, und in dieser Gegend gibt es außer der Hauptstraße quasi keine Infrastruktur. Selbst Feldwege, die in das Unterholz abzweigen, um dort sicher zu campieren – Fehlanzeige. Als Rettung kommt eine kleine Straßenkapelle am Rande der Stecke in den Fokus: Dahinter findet das "Auskundschafter"-Vehikel einen geeigneten Platz. Unter sternklarem Himmel schlägt das Team seine Zelte auf.
Die heutige Etappe setzt für alle neue Maßstäbe: Nicht nur hat Alexander mit 349 gefahrenen Kilometern mit nur einem Akkupack einen neuen Tagesstrecken-Rekord für die gesamte Weltumrundung aufgestellt, ein solches Vorankommen wird das Erreichen von Wladiwostok erst möglich machen und hilft dem Team, den geplanten Zeitplan wieder einzuholen.
Wie immer klingeln um kurz vor sieben Uhr einige Wecker in den Zelten, auf der Lichtung hinter der kleinen Straßenkapelle kehrt Leben ein. Das Team ist mittlerweile seit einer guten Woche zusammen auf Achse, die Abläufe am Morgen sind gut eingespielt, jeder weiß, was zu tun ist. Rasch sind die Zelte verstaut, man macht sich direkt auf den Weg zum gestrigen Streckenende, um dort während des Checkups zu frühstücken.
Erst einmal muss jedoch jedes Fahrzeug auf die Straße, für den „kleinen“ Vito auf der stark ansteigenden Schotterpiste unmöglich. Kurzerhand wird ein Abschleppseil zwischen Vito und dem gelben Anhänger befestigt, sodass der geländegängige Toyota Landcruiser mit Hänger, Vito und Gepäckhänger ganze 9 Tonnen bis zur Straße bringt.
Am Ladeplatz angekommen, werden sofort die Panels wieder gen Himmel gerichtet während Mechaniker und Elektriker ihren morgenpflichten am Auto nachkommen.
Beim Entladen zeigt sich jedoch ein mittlerweile wohlbekannter Schaden am Transportanhänger: Die Stahltraverse, an welcher der Kippaufsatz bei der Fahrt verriegelt wird, ist zum wiederholten Male gebrochen. Für die Belastungen einiger osteuropäischer Straßen ist der Hänger schlicht nie gebaut worden. Damit der Aufsatz sich während der Fahrt nicht verselbstständigt, wird ein Spanngurt unten über den Rahmen gezogen, man repariert eben mit dem, was man ohnehin da hat.
Die Fahrt ist entspannt, nur wenige Fahrzeuge sind in dieser leeren Gegend unterwegs. Die Fahrt mit dem Solarcar offenbart aber eine neue Qualität von Straßenschäden: Während es fast keine Schlaglöcher oder kaputte Fahrbahndecken gibt, wellt sich der Asphalt teilweise, als wäre er zusammengestaucht worden – volle Belastung für Fahrwerke und Federung, wenn das Solarauto mit 250 kg Eigengewicht in die Minitäler eintaucht. Nach guten 205 Kilometern, über die Alexander Hellwig das Solarauto durch die russische Ödnis gelenkt hat, steuert der auffällige Konvoi einen LKW-Parkplatz bei Mogatscha an. Im Trailer geht es dann in die Stadt, dort sollte laut Aussage von Fernfahrern eine Übernachtungsmöglichkeit sowie Supermärkte zu finden sein.
Das Lead-Fahrzeug sucht in der Stadt nach ebenjenem Hotel, während sich dem wartenden Zugfahrzeug ein Polizist nähert: „Help?“ ist das einzig verständliche Wort, dann steht wieder die Sprachbarriere dazwischen. Telefonisch wird wieder Alexander hinzugezogen, der sich kurze Zeit später mit dem Ordnungshüter berät: Es sieht nicht gut aus. Mogatscha ist ehemaliger Militärstützpunkt, in der entmilitarisierten Zone 200km von der chinesischen Grenze sind aber alle Soldaten abgezogen worden. Die Stadt verfällt, leidet unter Armut – und bietet keinen Nachtplatz. Einige Telefonate später treibt der Polizist aber dennoch ein Nachtlager auf: Etwa 40 km geht es noch mit dem Trailer über die M58, dann kommen die Deutschen in dem winzigen Dorf Semiozernyy unweit der Straße an. „Hier soll es eine Unterkunft geben?“ fragt man sich, als man an winzigen Holzhütten, freilaufenden Ziegen und Gemüsegärten vorbeikommt. Tatsächlich erweist sich die Unterkunft als sauber und sehr gemütlich. In einer Art kleinem Bungalow stehen warme Betten bereit, eine Dusche gibt es zwar nicht, aber wieder eine Sauna. Beim Abendessen in der Gaststätte vernimmt man auf einmal verwundert die deutsche Sprache: Im Dorf gelandet ist auch Uwe, ein Motorradmechaniker aus der Nähe von Hannover und sucht ein Nachtlager. Da eigentlich alles voll ist, erklärt sich das Team bereit ihn mit im Bungalow unterkommen zu lassen.
Der Himmel am nächsten Tag ist wolkenverhangen, nasskalte Nebelschwaden treiben zwischen den Häusern durch das Dorf. Das schlechte Wetter unterbricht seine Serie von Sonnentagen, keine guten Bedingungen für das solargetriebene Fahrzeug. Beim Frühstück wird festgelegt, dass heute keine große Distanz zurückgelegt werden kann, stattdessen konzentriert man sich darauf, die Strecke zwischen dem Haltepunkt des Vorabends und der Unterkunft nachzuholen.
Um 9:30 Uhr ist alles Verladen und die beiden Begleitfahrzeuge mit dem Solarauto im Hänger machen sich auf den Weg zurück zum LKW-Parkplatz bei Mogatscha. Dort angekommen, ist man wieder froh, nicht dort übernachtet zu haben – die verfallenen Häuser und Baracken vermitteln kein sicheres Gefühl. Als ein wenig schwierig erweist sich auch das Einkaufen: Da hier kaum Fremdenverkehr anzutreffen ist, sind die meisten Supermärkte nicht als solche ausgewiesen. Dennoch werden fast alle benötigten Lebensmittel und Utensilien beschafft und der randvolle Vito macht sich zurück zum Ladepunkt.
Mit Michael Roch ist heute ein alter Solarcar-Veteran am Steuer, der Mechaniker und BOmobil-Mitarbeiter ist bisher nur den Vorgänger „BOcruiser“ gefahren. Anfangs etwas zögerlich unterwegs, lautet nach der vergleichsweise kurzen Strecke zum Dorf das Fazit „Fährt sich klasse!“
Dort angekommen, ist das Solarauto die Attraktion des Dorfes: Ohne Berührungsängste und äußerst neugierig umzingeln bald darauf ein gutes Dutzend Kinder jeden Alters das Team und das exotische Fahrzeug. Volle Aufmerksamkeit ist gefordert, damit niemand die wertvollen Panels, die in der mittlerweile hervorgebrochenen Sonne stehen, beschädigt.
16:30: Ein metallisches Scheppern, als wenn Ölfässer von einem LKW fallen hallt durch das Dorf, gefolgt von einem Rumpeln, das nur von viel Gewicht in Bewegung verursacht werden kann. Fassungslos und erschrocken sieht das Team mit an, wie sich ein 10 Tonnen schwerer Radlader von seiner Verankerung auf einem chinesischen Sattelschlepper weiter oben an der Straße losgerissen hat und führerlos die Straße herunter kommt – ausgerechnet dorthin, wo sich die Deutschen zum Laden platziert haben. Kinder und Leute auf der Straße springen aus dem Weg, die riesige Baumaschine ändert leicht ihren Kurs und walzt zwei Zäune platt, bevor sie in einem Garten zum Halt kommt. Der Schreck steht allen ins Gesicht geschrieben, dass niemand verletzt wurde, ist pures Glück. Was folgt, sind hitzige Diskussionen zwischen den Garteneignern und den chinesischen LKW-Fahrern.
Zum Abendessen schwingt heut Mischa Schleimer den Kochlöffel: Es gibt gebratenen Reis, dazu angedünstete Karotten und Ananas, für die Nicht-Vegetarier mit mariniertem Rindergeschnetzeltem aus der Pfanne und eine herausragende Knoblauch-Creme von der Wirtin der Unterkunft. Es dauert keine 20 Minuten, bis alles weggeputzt ist und die Reisenden den Abend ausklingen lassen – für morgen ist nämlich gutes Wetter gemeldet!
Taschen werden gepackt, schnell noch die gewaschene Wäsche von der Leine gezogen, zügig, aber ohne Hast bereitet sich das Team auf die Abreise vor. Als nach dem Frühstück mit Checkup die Fahrzeuge abfahrbereit gemacht werden, staunt man nicht schlecht: Die Chinesen, deren Baumaschine gestern zwei Gärten verwüstet hat, sind mannstark zu früher Stunde angereist, um die Zäune wieder zu reparieren! Einziges Problem: Ein Hammer fehlt. Damit kann das Team auch nicht aushelfen, da um kurz nach 9 Uhr das Solarcar wieder auf die Landstraße geschickt wird, diesmal wieder mit Tim Skerra als Fahrzeugführer. Hügelkuppe um Hügelkuppe zieht das Solarfahrzeug ohne jede Probleme durch die menschenleere Landschaft bis zu einem riesigen Rastplatz.
Während der Großteil der Truppe bei böigem Wind die Panels sichert und die Akkus lädt, machen sich Yago Elbrecht und Amelie Karcher auf die Suche nach einem geeigneten Übernachtungsort. Campen ist wieder angesagt, statt Hotels oder Rasthäusern gibt es hier nur Birken- und Fichtenwäldern. Dort ist auch die Suche erfolgreich: Nach 4 Stunden Ladestopp sind die Akkus gut gefüllt, und das Fahrzeugtrio absolviert noch einige Kilometer, bevor das Auto in den Hänger verladen wird. Dann geht es nämlich durch eine unscheinbare Schneise zwischen den Bäumen am Straßenrand über eine Schotterpiste zu einem abgelegenen Weiher, wo in Minutenschnelle ein Camp aufgeschlagen wird. Während man sich um Feuerholz und die Nachbereitung der heutigen Fahrt wie Sichern der GPS-Tracks und Ausfüllen von Protokollen kümmert, schwingen im Schein von Kopflampen Amelie Karcher, Tim Skerra und Mischa Schleimer Gewürze, Messer und Kochlöffel und improvisieren eine leckere Kartoffel-Allerlei-Pfanne vom Benzinkocher. Alsbald liegen dann auch alle Reisenden satt und müde in ihren Schlafsäcken, um sich unter dem Dach aus Milchstraße und großem Wagen für die nächste Tagesetappe auszuruhen.
Um Punkt 8 Uhr schaffen es die ersten Sonnenstrahlen an diesem Tag in das kleine Tal, in dem das Team die Nacht verbracht hat und bringen die erste Wärme mit. Zelte einpacken, Privatgepäck im Anhänger verstauen, schnell noch die Zähne geputzt und dann geht es auch schon los. Die steile Straße, die man am Vortag in das Tal hinuntergefahren war, ist an diesem Morgen durchfeuchtet. Keine Traktion für den Vito, der es aus eigener Kraft nicht hoch schafft. Schnell wird der LandCruiser in Position gebracht und man zieht das kleine Gespann den Berg hinauf. Dann geht es aber los zum Parkplatz des Vortages, an dem man einen ausgiebigen Ladestopp einlegt. Gegen Mittag setzt sich der solare Konvoi dann wieder in Bewegung. In gut 230 km soll ein Gasthaus angefahren werden.
Die Fahrt ist mal wieder bilderbuchreif. Herbstlich gefärbte Hügel voll mit Fichten, Tannen und Birken säumen die Seiten der Straße und auf jeder Kuppe ergattert man einen wundervollen weiten Blick in diese herrliche Natur. Am Abend gegen 19Uhr erreicht man den eingezeichneten Punkt in der Landkarte, an dem sich ein Gasthaus befinden soll. Hier will das Team für die Nacht bleiben. An der Straßenabzweigung wird gestoppt, das Lead fährt zum Kundschaften vor. Nach wenigen Metern und dem Nachfragen bei Einheimischen ist klar, hier gibt es kein Gasthaus, nur eine nette Dame, die Mittagstisch anbietet.
Alexander Hellwig sucht die Dame auf und man versteht sich auf Anhieb gut. Erst vor 2 Wochen sind zwei Deutsche mit solargetriebenen Fahrrädern hier durchgekommen und durften bei ihr im Garten zelten. Mit etwas Überredungskunst darf man auf dem unbewohnten Nachbargrundstück campen. Die eigene Banja wird zum Waschen und saunieren angeheizt und ein reichhaltiges Abendessen wird vorbereitet. Echte russische Hausmannskost! Welch ein Genuss! Nachdem das Zeltlager errichtet, das köstliche Abendessen(Teigtaschen, Nudeln, Fisch, Frikadellen und Pfannkuchen) verzehrt und man sich in der kleinen Banja aufgewärmt und gewaschen hat, kann das Team eine mal wieder sternenklare Nacht mit Blick auf die Milchstraße genießen und ruhig schlafen.
Der Tagesbeginn am 11.9.2012 in einem winzigen russischen Dorf verläuft etwas schleppend: Die Vorräte gehen zur Neige. Bevor es wieder auf die Strecke geht, machen sich Alexander Hellwig und Michael Roch auf die Suche nach einem Laden, um Brot, Zutaten für Abendessen und Trinkwasser zu organisieren. Währenddessen ist noch genug Zeit, um die Morgensonne zu nutzen und wieder ein bisschen Kapazität in die Batterien zu laden.
Als die beiden "Versorgungs-Beauftragten" vollbeladen zurückkehren, hat auch Mischa Schleimer schon seine "Unterweisung" erhalten: Als letzter Russland-Neuling wird er heute zum ersten Mal das Solarauto über den Asphalt lenken. Die Vorräte und letzten Zelte werden verladen - die Routine macht die Abfahrt zu einer reibungslosen Angelegenheit.
Ähnlich reibungslos verläuft die Fahrt bis zur nächsten Raststätte. Abgesehen von überholenden LKW und einem mittäglichen Ladestopp, bei welchem Amelie Karcher das Team mit Mittags-Sandwiches (Käse, Wurst und Mandeln) versorgt, ist das einzig Spektakuläre die wieder einmal hohe Kilometerleistung. 260 km stehen auf den GPS-Loggern, als das Team beim Licht der untergehenden Sonne eine Unterkunft am Rande der Straße ansteuert. Ein wenig Verhandlung zwischen der Besitzerin und Alexander Hellwig ist nötig, bevor das Team hier übernachten kann - 9 Leute sind eigentlich mehr Leute, als Betten vorhanden sind. Wir sind schon einiges gewohnt: Eine Nacht auf Feldbetten und Matratzen auf dem Büroboden reichen allen vollkommen aus. Während die Begleitfahrzeuge und das Solarauto auf dem Hinterhof von scharfen Hunden sicher bewacht werden, sinken alle auch bald in die Betten, um sich für den morgigen Tag auszuruhen. Ein beruhigendes Gefühl: Wenn es so weiterläuft wie bisher, wird diese Etappe deutlich früher beendet werden können.
12.9., 8 Uhr morgens. Das Team hat die Nacht gut in der Raststätte verbracht und startet erholt in den neuen Tag. Der bewachte Parkplatz der Anlage ist nun auch wieder betretbar. Alle Wachhunde sind zurück in den Zwinger gesperrt worden. Heute steht einmal ein alternatives morgendliches Programm auf dem Plan: Das Team möchte sich, als Schatzsucher versuchen und einen nahen Geocache heben.
Der Weg führt quer durch den Wald, da werden 500 m schon einmal länger als gedacht. Am Ort der Zielkoordinaten angekommen, beginnt das große Suchen. Jeder Stock und jeder Stein wird umgedreht. Unter einem Stein findet Yago Elbrecht dann Plastikbeutel mit Inhalt: Gummibärchen - 2 Jahre alt - finden die Schatzjäger in dem kleinen Behälter in der Tüte. Natürlich werden alle Namen der Schatzsucher auf dem beigelegten Block vermerkt. Ein neuer "Schatz" wird in der Box platziert und wieder versteckt. Wer herausfinden will, was das SolarCar-Team aus Bochum hinterlassen hat, muss sich aber schon selbst auf die Suche machen...
Nach dem Fahrzeug-Check geht es dann mit Sack und Pack und natürlich solar getrieben zurück auf die Straße. Das Wetter meint es an diesem Tag leider nicht so gut mit dem Team: Das ambitionierte Ziel, 800 km in den nächsten 3 Tagen zu schaffen, wird nicht zu schaffen sein. Schon nach 85 km muss die Fahrt erst unter-, und dann abgebrochen werden. Starker Regen macht eine Weiterfahrt auf den dünnen Reifen für das leichte SolarCar unmöglich. So macht sich das Leadfahrzeug auf, eine Unterkunft zu finden.
Einen hilfreichen Tipp bei der Unterkunftssuche geben zwei Verkehrspolizisten, die das SolarCar-Gespann als Tarnung für Radarmessungen nutzen. Einige Kilometer zurück gäbe es, so die Informationen der russischen "Freunde & Helfer", ein Cafe in ruhiger Lage und mit bewachtem Parkplatz, welches Zimmer anböte. Für kleines Geld könne man hier übernachten. SolarWorld GT wird verladen und es geht zur Unterkunft. Bei nicht aufhörendem Regen wird im 30 km entfernten Dorf eingekauft. Leckeres Schaschlik gibt es für das Team an diesem Abend.
Bei eisigem Wind klingt der Abend für das Team entspannt aus. Nur Amelie Karcher und Tim Skerra waren noch bis 22:30 Uhr auf der Suche nach einer guten Internetverbindung unterwegs. Flüge für Teammitglieder sind zu buchen, auch das gehört mit zu einer Weltumrundung.
13.9.: Regen, Regen, Regen am Morgen. Besserung ist erst für den nächsten Tag in Sicht. Die Zwangspause nimmt das Team gelassen. Endlich kann ohne schlechtes Gewissen ausgeschlafen werden. Nur eine Fahrt zum 30 km entfernten Supermarkt sorgt für Abwechslung. Ein wenig Ärger hat man mit der Vermieterin auch. Die Dame, die ein kleines Regime auf Ihrem Rasthof führt, war nicht damit einverstanden, dass die Betten nicht um 9 Uhr morgens gemacht waren. Also wurden die Betten gemacht. Zum Glück war die Vermieterin den Rest des Tages mit anderen Sachen beschäftigt, sodass das SolarCar-Team seine Ruhe hat.
"Aussitzen des schlechten Wetters" ist die Devise. Am Abend dann ein kleiner Rückschlag: Beide Kocher funktionieren nicht mehr. Eine nächtliche Reparatur steht an. Nur der kleine Kocher ist wieder flott zu kriegen, das reicht gerade für Spülwasser. Nach dem Abwasch ist es dann auch schon Mitternacht. Das Team lässt es sich aber dennoch nicht nehmen, seinem Geburtstagskind, Alexander Hellwig, zu gratulieren und bei Kerzenschein ein Ständchen am Bett des Teammitgliedes zu singen. Wirklich begeistert und überrascht zeigt sich dieser und bedankt sich herzlich. Dann gehen aber alle zu Bett. Richtig gefeiert wird morgen Abend!
Geburtstagsstimmung im Weltumrundungsteam der Hochschule Bochum: Alexander Hellwig, Mitarbeiter von Sponsor Rosink und Teammitglied der Russland-III-Etappe hat an diesem Tag Geburtstag. Zu Mitternacht bereits mit einem kleinen Geburtstagsständchen bei Kerzenschein im neuen Lebensjahr begrüßt, wird an diesem Morgen in gesamter Gruppenstärke ein Lied gesungen. Selbstgemachte Kuchen gab es für das Geburtstagskind an diesem Morgen.
Das Wetter hatte sich gebessert. An diesem Morgen zeigt sich immer wieder zwischen den Wolken die Sonne. Gegen Mittag macht sich das Team - nach Tagen des Wartens auf besseres Wetter - wieder auf den Weg.
Die Fahrt an diesem Tag gestaltete sich unspektakulär. Die Landschaft hat sich zudem mal wieder geändert, die Route führt nun in südlichere Gefilde. Die herbstliche Landschaft ist einer anderen Flora gewichen. Immer mehr andere Baumarten werden am Straßenrand gesichtet und die Temperaturen steigen wieder etwas an.
Die Straßenverhältnisse sind wieder tadellos. Erst am Abend dann die anstrengende Überraschung: Die angepeilte Unterkunft auf der Landkarte existierte leider nicht. Immer wieder hatte sich das SolarCar-Team bei Truckern Informationen über Raststationen mit Schlafmöglichkeit eingeholt. Dieses Mal jedoch stimmen die Angaben der Fernfahrer nicht. Da noch genügend Leistung in den Batterien vorhanden ist, geht es also weiter. Nach 50 km findet sich ein Cafe, jedoch ohne Übernachtungsmöglichkeiten. Weitere 50 km später entdecken wir ein anderes Cafe - das Gebäude steht aber leider leer. Es dämmert schon, SolarWorld GT wird getrailert und in Dunkelheit geht die Fahrt im Konvoi weiter. Das trailern erweist sich als Glückgriff, denn es stellt sich heraus, dass von den noch zu fahrenden 60 km Strecke gut 30 km eine Baustelle ohne befestigte Fahrbahnoberfläche ist. Der Tag nimmt somit ein langes und anstrengendes Ende. In völliger Dunkelheit erreichen wir ein Rasthaus mit Schlafgelegenheit und sicherem Parkplatz.
Mal wieder ein ruhiger Tag für das solare Weltumrundungsteam der BO. Heute heißt es Abschied nehmen von Marco Dahlhaus, der das Team vom gut 300 km entfernten Flughafen in Blagoweschtschensk Richtung Heimat verlässt. Amelie Karcher, Mischa Schleimer und Teamchef Tim Skerra bilden den Airport-Shuttle für Marco und teilen sich die Hin- und Rückfahrt unterschiedlichster Güte und die insgesamt 9 Std. Fahrtzeit an diesem Tag. Sie starten bereits um 5:30 Uhr, unterwegs werden die Frühaufsteher mit einem wunderschönen Sonnenaufgang und verträumten Nebellandschaften verwöhnt. Die Zeit drängt aber und ein Stopp ist nicht möglich. Um kurz nach 10 Uhr wird der Flughafen Blagoveschtschensk erreicht. Nach einer herzlichen Verabschiedungsrunde geht Marco allein auf Reisen zurück in die Heimat. Das Team wird die Zeit mit ihm in guter Erinnerung behalten und wünscht einen guten Rückflug!
Die lange Fahrt zum Flughafen lohnt sich heute doppelt. Nicht nur das einer die Gruppe verlässt, auch ein neues Mitglied stößt an diesem Tag hinzu. Marius Kotyga, der bereits zum Neuseeland-Team zählte, verlässt kurz nach der Abreise von Marco das Arrival-Terminal des Flughafens. Sein Gepäck (samt mit gebrachter Ersatzteile) wird rasch verladen und es geht zu Mittag in das nächste Cafe. Eine ausgiebige Stärkung ist notwendig, bevor die anstrengende Rückfahrt zur Unterkunft beginnt.
Die anderen Teammitglieder haben die Chance genutzt, um etwas länger ausschlafen zu können. Gegen 10 Uhr fahren sie mit Vito und SolarWorld GT im Anhänger zum nächsten Acker, um die Batterien solar zu betanken. Zu fast 90 % der Gesamtkapazität können diese heute gefüllt werden!
Um 17:30 Uhr findet das Team wieder komplett zueinander. Die Bedingungen für die Weiterfahrt am kommenden Tag sind gut. Das Wetter spielt mit, die Batterien sind voll und die anstehende Strecke wurde bei Tageslicht nochmals in Augenschein genommen. Gut gelaunt geht es so für das Team in die harten Unterkunftsbetten...
Kurz nach halb sechs kehrt Geschäftigkeit in den vier Zimmern im Roadhaus ein, um einiges früher als sonst. Das Team muss gute 60 Kilometer durch die Baustellen und Buckelpisten zurück zum letzten Haltepunkt zurücklegen. Nach dem Frühstück zwischen etlichen Hunden, ausrangierten Autos und LKW-Getrieben auf dem Hinterhof der Unterkunft geht es um acht Uhr auf die Schotterpiste, die bald eine Straße werden soll. Man kennt die Strecke mittlerweile, routiniert schlängelt sich das Duo aus Vito und Toyota Landcruiser zwischen Baumaschinen und Schlaglöchern zum Haltestopp.
Nach dem dreiviertelstündigen Checkup klemmt sich wieder Michael Roch hinter das Lenkrad von Solarworld GT, ungewöhnlich viele Fahrer waren interessiert, das Solarauto durch die anspruchsvolle Strecke zu lenken. Im Schneckentempo geht es durch die Baustellen, mitten durch den Betrieb. Entgegenkommende LKW hüllen die Fahrbahn in dichte Staubwolken und rauben die Sicht, immer wieder wird die Spur gewechselt, Gegenverkehr auf der teilweise nur wenige Meter breiten Piste.
Mensch und Maschine werden an die Grenze gebracht, volle Konzentration ist angesagt. Jedes Teil des Solarfahrzeuges ist gewichtsoptimiert und nur so massiv wie gerade nötig und wird daher auf einer solchen Strecke aufs Äußerste belastet. Man bangt mit jeder harten Kante und Schlagloch, dass nichts bricht oder reißt, eine Notreparatur in einer laufenden Baustelle wäre sehr unangenehm.
Nach 60 km passiert man wieder das Roadhouse der letzten Nacht und lässt es hinter sich, man liegt gut in der Zeit. Die Baustellen reißen jedoch nicht ab, werden nur kleiner, Schotter und Asphalt treten immer wieder im Wechsel auf. Auf der Hälfte wechselt auch wieder der Fahrer, das Lenken durch die Pisten ist harte Nervenarbeit: Nach einem einstündigen Mittags-Stopp wird Michael Roch von Matthias Drossel abgelöst. Die Tagesetappe endet an einer Raststätte, unweit der Stadt Birobidshan. Dorthin wird dann auch getrailert: Man findet in der mittelgroßen Stadt, nur wenige Kilometer abseits der Hauptstraße ein vergleichsweise nobles Hotel für die Nacht – Duschen auf den Zimmern und freies WLAN inklusive! Eine willkommene Abwechslung zu den vergangenen Nächten in Truckstops.
Schon bei der Einfahrt in die Stadt offenbart sich reges Treiben, viele, gerade junge Leute, sind auf den Beinen. Beim abendlichen Schaschlik-Essen klärt man das Team auf: Es ist 75-Jahr-Feier der Stadt. Die Hälfte der Truppe macht sich nach dem Essen dann noch auf den Weg, ein wenig Nachtleben zu schnuppern. Kneipen, Clubs und Bars haben aber sonntagabends geschlossen. Nach kurzem Zögern stellt man sich jedoch bei einer Ansammlung junger Menschen auf dem Stadt-Platz vor, von wo man Gitarrenmusik hörte. Ein Glücksfall, wie sich herausstellt: Bei Nikolai, Vitali, Sergej, Julia, Maria und Co wird man herzlich aufgenommen, es beginnt ein reger Austausch zwischen den Kunst-Studenten und den Technikern aus Deutschland. Die Sprache ist kein Hindernis, mit Händen, Füßen und ein paar Brocken Deutsch, Englisch und Russisch wird Freundschaft geschlossen. Kulturelle Interaktion kommt bei den Kilometer-orientierten Solarcar-Touren oft zu kurz, und so geht jeder mit einem Lächeln ins Bett, nachdem man sich um kurz nach Mitternacht herzlich voneinander verabschiedet.
So gemütlich die Betten im Hotel auch sind, um kurz vor sieben werden die Teammitglieder von den Weckern wachgerüttelt. Schnell noch die Dusche genossen und die Tasche gepackt, dann tröpfeln bald alle Neune auf den bewachten Parkplatz hinter dem Hotel. Taschen werden verladen, die Fahrzeuge herausrangiert, dann geht es wieder los Richtung M58. Während die Lade-Crew direkt den Rastplatz ansteuert, das Auto auspackt und die Panels gen Morgensonne richtet, stößt der andere Teil der Truppe nach einem kurzen Einkauf in der Stadt dazu. Wieder einmal sind die Deutschen mit dem ungewöhnlichen Automobil die Attraktion zwischen LKWs und Transitreisenden: Immer wieder kommen interessierte Russen vorbei, um sich das Auto anzuschauen. Umso schwerer ist es wegen der Sprachbarriere begreiflich zu machen, was man hier tut und dass man doch bitte keine Schatten auf die Solarzellen werfen soll.
Als es gegen zehn Uhr dreißig auf die Straße geht ist das Tagesziel klar: Chabarowsk, größte Stadt im weiteren Umkreis wird durchfahren und so viel Strecke wie möglich gemacht. Die Strategie: Akkus leer fahren, für die nächsten Tage ist Regen angesagt. Die Regentage möchte man ungerne bei vollen Energiespeichern mit Warten verbringen.
Chabarowsk kündigt sich wieder mit einem leichten Dunst am Himmel und zunehmendem Verkehr an, auch die Straßen sind wieder schlechter, sodass viel öfter als in den letzten Wochen das Kommando „Gelb Rechts“ oder „Schwarz Mitte“ in die Funkgeräte gerufen wird.
Vor dem Kerngebiet der Großstadt wird noch eine kurze Pause eingelegt, die nächste Stunde wird an den Nerven von Begleitfahrzeug-Besatzungen und Solarcar-Fahrer Yago Elbrecht zerren. Im dichten Stadtverkehr schlängelt man sich zwischen Kleinlastern, Bussen und Massen an PKW durch die zweispurige Straße. Die Vorhut im Lead ist anstrengend, der viele Verkehr ist ein regelrechter Kulturschock nach den hunderten Kilometern Einöde und Tundra. Immer wieder muss man sich dreist mit Warnblinkanlage in den Verkehr stellen, wenn das Solarauto, gute 100m dahinter, an einer Ampel klebt. Nicht minder stressig ist die Aufgabe für die Chase-Besatzung, die nah am Solarauto bleiben und gleichzeitig alle Augen auf den umgebenden Fahrzeugen haben muss. Immer wieder kommt es zu engen Situationen, als Überholer es sich anders überlegen und statt vorbeizuziehen eher die Handykamera zücken.
Als die letzten Ampeln und Plattenbauten aus den Spiegeln verschwinden, kann man ein wenig aufatmen. Die Russland-3-Besatzung hat ihre erste Stadtdurchfahrt problemlos gemeistert. Aber auch nach Chabarowsk ist der Verkehr merklich dichter, mit 50km/h Reisegeschwindigkeit ist der Tross ein rollendes Hindernis auf der Landstraße. Man legt zwischendurch einen Stopp am Seitenstreifen ein, um die lange Kolonne aufgestauter Fahrzeuge vorbei zulassen.
Nach 241 gefahrenen Kilometern lenkt Yago Elbrecht das Fahrzeug um kurz vor sieben Uhr auf den Parkplatz eines Roadhouses. Punktlandung – alle Akkus sind leergefahren. Die Unterkunft für die nächsten Tage überzeugt zum Glück: Wieder Duschen auf den Zimmern, alles ist recht modern eingerichtet, hier wird es sich aushalten lassen. Denn jetzt heißt es: Warten. Die Wettervorhersage lässt kaum Hoffnung auf Sonne zu, man kann nur die Daumen drücken. Immerhin will man bis Ende der Woche am Etappenziel Wladiwostok angekommen sein, um möglichst rasch die Verschiffung nach Australien regeln zu können.
Verlässlichkeit zeichnet den Wetterbericht der letzten Tage aus. Auch an diesem Morgen zeigt sich das Wetter wie bereits vor Tagen angesagt. Graue Wolken und Regen. Die Sonne ist nicht in Sicht. Die Zwangspause für das Team kommt aber nicht ungelegen. Die Unterkunft ist sehr angenehm und so lässt der Teamchef an diesem Morgen das Team ausschlafen. Mit einem späten Frühstück beginnt der Tag für die Studierenden der Hochschule. Der Tag gestaltet sich eintönig. Regen, Regen, Wolken. Abwechslung zum normalen Alltag, allerdings dürfte die natürlich auch gerne anders aussehen. Das Wetter meint es an diesem Tag wirklich nicht gut. Der letzte ist mit dem Essen noch nicht ganz fertig, da frisch der Wind stark auf. Fast stürmisch peitsch der nun starke Regen horizontal über das Gelände der Unterkunft und durchnässt alle, die nicht schnell genug im Trockenen sind.
Das Wetter verdammt dazu, im Zimmer zu sitzen. Für Weltumrunder, die täglich einen anderen Landstrich durchfahren, ist das schon fast eine Qual. Eine Fahrt zum Supermarkt im naheliegenden Dorf sorgt für Abwechslung beim Abendessen. Die Köchinnen des Cafés kochen Tortellini für das Team, dazu gibt es Cola und Pivo. Der Tag zwingt zum Entspannen, was kein Nachteil ist. Der Feierabend ist früh eingeläutet und für die Gesundheit gönnt man sich ein paarmal Schwitzen in der hauseigenen Banja. So erholt geht es warm eingepackt direkt ins Bett zum wohl verdienten Schlaf.
8 Uhr in der Früh. Die Sonne ist noch nicht zu sehen, nur das helle Glühen am Horizont kündigt den Energiespender des SolarCars an. Das Team trifft sich mit Sack und Pack an den Fahrzeugen. Zuerst wird der Sonnenflitzer ausgeladen und alles für das wichtige Laden aufgebaut. 2 Tage Regen und Stillstand liegen hinter dem Team. Mit dem heutigen Sonnenschein sollen die Batterien wieder gefüllt und einige Kilometer gefahren werden. Eine halbe Stunde später treffen dann die ersten Sonnenstrahlen auf die Solarzellen des Leichtbaurenners aus der Bochumer Solarwagen-Manufaktur. Das zirpende Geräusch der Regelelektronik macht deutlich: Hier kommt jede Menge Energie rein!
Parallel kümmert sich ein zweiter Trupp des Teams um das Frühstück und die Mittagsverpflegung. Gemütlich werden leckeres Müsli und Brote vorbereitet. Im wunderschönen Zwielicht der Bäume kommt entspannte Atmosphäre an diesem Morgen auf. Der Sonne folgend wird bis zum Nachmittag geladen. Dann macht man sich abfahrbereit. Weit wird zwar heute wohl nicht mehr gefahren werden, denn mit dem nahenden Winter werden die Tage in Russland immer kürzer. Amelie Karcher fährt heute nochmals das SolarCar. Die Straße bis Wladiwostok soll weniger gut sein, die kommenden 105 km sogar schlecht. Schwarz links, gelb rechts, Schotter voraus! 50 km/h sind an diesem Tag ein ambitioniertes Ziel auf der katastrophalen Straße. Nach gut 2 ½ Std. Fahrt beendet das Team die anstrengende Tagesetappe um 19:03 Uhr auf einen Rastplatz. Hier wird zügig das SolarCar verladen. Jetzt gilt es einen Zeltplatz zu finden. Das Lead ist schnell gestartet findet nur wenige hundert Meter entfernt eine Schneise, durch die man tief in den Wald zu einem sicheren Platz kommt. Hier wird das Nachtlager bei untergehender Sonne errichtet. Einen deftigen Eintopf kocht an diesem Abend der Teamchef. Danach gibt es für den einen oder anderen noch leckeres, über dem Feuer gegartes Schaschlik. Die meisten Teammitglieder haben allerdings schon die Segel gestrichen und sind ins Zelt gekrochen.
Kurz vor acht werden die Zelte klatschnass in die Dachboxen des Hängers verpackt. Ein nächtlicher Regenschauer hat die Wiese in ein Feuchtbiotop verwandelt, doch zum Glück ist der Himmel wieder hellblau, es verspricht ein sonniger Tag zu werden. Kurze Zeit später ist man wieder auf dem Rastplatz, wo die gestrige Etappe endete und richtet die Panels gen Sonne. Mittlerweile schwingt in jedem Frühstück, in jedem Zusammenpacken das unterschwellige Gefühl von Endspurtmit: Als um zehn Uhr die Raststätte im Rückspiegel verschwindet sind es nur noch 630 km bis Wladiwostok. Die Hafenstadt markiert den Endpunkt der längsten Kontinentalstrecke und auch das Ende der Reise dieser Etappe. Doch der Weg dorthin ist wieder alles andere als leicht, die Strecke alles andere als geschmeidig oder verkehrsberuhigt. Im Stakkato von Schlaglöchern und Bodenwellen werden Solarauto und Fahrer Mischa Schleimer durchgeschüttelt, immer wieder unterbrechen Baustellen und Schotterabschnitte die löchrige Straße.
Um 13 Uhr ist Aufatmen angesagt: Auf einem Parkplatz wird ein Ladestopp eingelegt, die pralle Sonne soll genutzt werden, um die erschöpften Akkus wieder vollzutanken. Doch statt Straßenschäden und dichtem Verkehr gibt es nun eine andere Plage: Während des viereinhalbstündigen Aufenthaltes werden riesige Schwärme von großen, asiatischen Marienkäfern zur Tortur. Die zum Trocknen ausgebreiteten Zelte, der Anhänger, Fahrzeuge und Teammitglieder – alles wird von den erbsengroßen Insekten in Scharen bevölkert. Immer wieder hört man ein Fluchen, wenn eines der Tiere jemandem in Gesicht oder T-Shirt-Ausschnitt geflogen ist.
Um 17 Uhr sind die Lithium-Energiespeicher wieder ausreichend voll, bis zum Sonnenuntergang soll es wieder auf die Straße gehen. Der Verkehr lässt kaum nach, jedoch werden die Abschnitte neuerer Bauart länger und häufiger. Eins der größten Hindernisse ist tatsächlich das Solarcar selbst. Hinter dem deutschen Sonnenrenner, der mit 50km/h unterwegs ist, stauen sich dutzende LKW und andere Fahrzeuge . Das Kommando „Überholer“ kommt bald regelmäßig wie eine Bandansage.
Der Fahrtag endet gute 450 Kilometer vor Wladiwostok wie so oft an einem Roadhouse. Geschlafen werden kann hier jedoch nicht, ein freundlicher Russe gibt aber den Tipp, dass es 10 Fahrminuten weiter ein Gasthaus mit Schlafmöglichkeit gibt. Hier angekommen wird schnell klar: Der Standard bleibt doch deutlich unter dem der letzten Herberge. Doch so kurz vor Schluss ist man nicht wählerisch und so liegen alle bald in ihren Betten im Gruppen-Schlafsaal, um wieder Energie für den Endspurt zu tanken.
Den Weckdienst übernehmen an diesem Morgen nicht nur Handys und Armbanduhren, sondern auch das Wetter. Am Himmel zucken Blitze, es grollt zum Sonnenaufgang. Keine guten Bedingungen für das Solarauto, aber man ist optimistisch, dass es bald aufklart und man weiterfahren kann.
Die Abfahrt des Trailers gestaltet sich jedoch zu Anfang sehr schwierig: Das Gespann aus Toyota Landcruiser und gelbem Anhänger hat gerade so in die Lagerhalle hinter dem Roadhouse gepasst und steckt nun mehr oder weniger fest – es gibt einfach keinen Platz zum Rangieren. Erst nach mehreren manuellen Wendemanövern, bei denen alle Teammitglieder den Hänger von Hand herummanövrieren, kommt der Tross frei. Zeit ist dennoch nicht verloren: Am Roadhouse, das das gestrige Etappenende markierte, wartet man noch bis halb eins Mittags auf trockenes Wetter.
Dann jedoch kann es losgehen, diesmal mit Marius Kotyga am Steuer. Der BOmobil-Mitarbeiter und Solarcar-Veteran ist erst auf halber Strecke dazu gestoßen und hatte bisher keine Gelegenheit das Solarauto zu fahren. Jetzt jedoch kurvt er routiniert im gelb-weiß-blauen Sonnenwagen durch den russischen Landstraßenverkehr, bis um sechszehn Uhr die zuneige gehende Batterieladung wieder einen Ladestopp notwendig macht. Auf dem Parkplatz vor einer Schaschlik-Bude, ziemlich genau im Nirgendwo kehrt das Team ein und tankt wieder Sonnenenergie. So schnell wie die Lade-Station aufgebaut ist, ist man jedoch auch von neugierigen Einheimischen umringt. Gar nicht zaghaft und durch die Sprachbarriere nicht im Mindesten gehemmt, wird fröhlich drauflos geplappert. Nett, aber dennoch auf Dauer recht anstrengend, sodass man etwas aufatmet, als man um 18 Uhr wieder gen Sonnenuntergang weiterfährt.
Die Fahrt verläuft reibungs- und ereignislos, kurze Baustellen und viele Überholer sind mittlerweile Routine, bis man um 19:30 Uhr, nach 185 solaren Kilometern eine Unterkunft sucht: Alle Roadhouses, die passiert werden, sind ausgebucht! Zwei Hochzeiten und ein Geburtstag – heute gibt es scheinbar keinen Platz unterzukommen. Als letzte Möglichkeit kann Alexander Hellwig den Hinterhof eines Cafes als Notfall-Campingplatz mit der Besitzerin aushandeln. Wir sind müde und daher nicht sehr wählerisch, kurzerhand werden die Zelte zwischen Baumaterialien und – zum Glück angeleinten – Wachhunden aufgebaut.
Schwierig wird die Situation, als man vom Essen in ebenjenem Cafe wiederkommt: Besucher einer nebenan stattfindenden Party sind auf Krawall aus, so übersetzt es Alexander. Darauf kann man durchaus verzichten. Zum Glück meldet sich die Kafe-Besitzerin wieder: Besucher, die ein Sechsbett-Zimmer reserviert haben, sind nicht erschienen! So kann man um elf Uhr abends die Zelte noch abbrechen und dort einziehen. Es ist ziemlich eng, aber die Betten gemütlich und sauber, und es ist allemal besser, als des Nachts eventuell ungebetene Gäste befürchten zu müssen. Beruhigt und müde sinken wir in die Betten und Isomatten denn morgen winkt das Ziel: Wir wollen Wladiwostok erreichen!
Dichter Nebel hüllt die Landschaft ein, wie geisterhafte Schemen tauchen Berge, Bäume und entgegenkommende Fahrzeuge aus dem Dunst auf, als das Team zum Start der letzten Tagesetappe trailert. Der Nebel lichtet sich zunächst auch kaum, als man die Panels im hinteren Teil der Tankstelle aufbaut, wo man gestern Halt machte. Dabei zählt jedes Sonnen-Watt: Die Akkus sind fast völlig erschöpft, nach Wladiwostok zukommen, wird schwierig.
Während man geduldig Sonnenenergie erntet, kann man die Zeit dafür nutzen, Material zu sortieren und Zelte zu reinigen. Die Zeit ist knapp, das nächstmögliche Frachtschiff wird den Hafen am 30. 9. verlassen, damit das Solarauto und das Material an Bord sind, muss noch einiges vorbereitet werden.
Dann geht es endlich wieder auf die Straße, Alexander Hellwig nimmt die letzten 220 Kilometer bis zum Etappen-Endziel in Angriff. Die Nähe zur einzigen Metropole im Umkreis macht sich am Verkehr bemerkbar: Man staut zeitweilig mehrere Dutzend Fahrzeuge hinter sich auf der engen Landstraße, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit das Solarauto und sich gegenseitig überholen. Gefährliche Situationen entstehen, wenn mehrere Fahrzeuge auf einmal am Konvoi vorbeiziehen. Das Warn-Kommando „Überholer!“, das den Solarcar-Fahrer vorbereiten soll, stößt rasch an seine Grenzen, die Nerven sind gespannt. Ein Halt auf einem Rastplatz soll die Fahrer entspannen und noch einmal Gelegenheit bieten, Solarenergie zu tanken. Mit der morgens geladenen Energie käme man zu weit vor Wladiwostok zum Stillstand. Aber auch der Ladestopp sorgt für wenig Entspannung, starke Winde und Unmengen Staub lassen den Rastplatz wirken, als sei man in der Wüste. Eine saftige Wassermelone, geschenkt von freundlichen Transitreisenden, kommt da gerade recht.
Die letzten Kilometer werden in Angriff genommen, man will so weit kommen, wie es die Akkus gerade zulassen. Die gefährlichen Überholer werden immer zahlreicher, und auf den letzten Kilometern ist die Straße eine einzige Baustelle. Dann ruckt es im Solarauto, irgendetwas macht komische Geräusche, Alexander hält direkt rechts an: Im dichtesten Verkehr ist ein Reifen dem Untergrund nicht mehr gewachsen gewesen und ist Leck geschlagen. Während sich LKW und dutzende Autos um den nun stehenden Konvoi schlängeln, zieht Yago Elbrecht in kürzester Zeit einen neuen Reifen auf, die letzten Kilometer bis zu einer sicheren Verlademöglichkeit brechen an. An einer Haltebucht ist nun Endgültig Schluss, die Akkus sind erschöpft.
In wenigen Minuten ist das Solarauto verladen, im Hänger geht es nun Richtung Zentrum. Die Dämmerung bricht herein, und vor den erschöpften Solarcarianern tut sich ein Lichtermeer auf: Wladiwostoks Innenstadt erscheint hinter dem letzten Hügel und versetzt alle in Staunen. Nach tausenden Kilometern schlechter Straßen, halbverfallener Dörfer und teils fragwürdiger Unterkünften ist die Hauptstadt des Ostens ein krasser Kontrast. Wären nicht alle Schilder und Beschriftungen in kyrillischer Schrift, könnte man genauso gut in Melbourne, San Francisco oder einer anderen Hafenstadt gelandet sein. Über die hellerleuchteten Straßen der Innenstadt geht es Richtung Halbinsel, zur Linken die beeindruckende Zolotoy-Rog-Bücke, die sich über den Hafen spannt. Man muss noch ein wenig suchen, bis man die Unterkunft findet, die einen interessanten Reiseabschluss bietet: Das „Hostel“ ist eigentlich eine Wohnung mit 4 Zimmern, in denen jeweils einige Hochbetten stehen, untergebracht in einem mehrstöckigen Wohnkomplex. Man ist nicht wählerisch, liefert schnell seine persönlichen Sachen ab, um dann beim Abendessen im Restaurant anzustoßen: „Wir haben es geschafft, wir sind in Wladiwostok!“. Doch so ganz ist die Etappe noch nicht abgeschlossen: Die nächsten Tage werden mit Hochdruck genutzt, um den Container zu packen, die Fahrzeuge vorzubereiten und die Zollformalitäten zu erledigen. Die letzte Etappe der Weltumrundung wird SolarWorld GT wieder nach Australien führen. Noch einmal geht es auf den Stuart-Highway, diesmal soll er ohne Trailern komplett abgefahren werden.
9. Etappe, Australien: 23.11. - 13.12.2012
Mit der Abreise von Wladiwostok hatten eigentlich alle im SolarCar-Team gedacht, dass ab jetzt alles ganz einfach würde auf der letzten Etappe der Weltumrundung in Australien. Nach Adelaide fliegen, Container auspacken, Autos zulassen bzw. mieten, nach Darwin trailern, den Stuart-Highway noch mal komplett ohne Tailer-Unterbrechung mit dem Sonnenwagen abfahren und dann in Hahndorf bei Adelaide das Ende der WU feiern.
Tim Kohlmann, Mareike Bautsch, Tim Skerra, Felix Burmeister und Marius Kotyga bilden das Vorab-Team aus Deutschland, das in Adelaide den Container auspacken soll. Im Backpacker-Hostel an der King William Street trifft die Gruppe auf Matthias Drossel, der nach der letzten Russland-Etappe auf der anderen Seite des Globus geblieben war.
Warme Weihnachten
Sommerliche Temperaturen und ein riesiger Weihnachtsbaum auf dem Victoria Square wirken ungewohnt für Europäer. Der Platz, auf dem alle zwei Jahre die World Solar Challenge endet, präsentiert sich seltsam leer. Auf der Rundle Mall, der Einkaufsmeile von Adelaide, spazieren die Australier unter Christbaumkugeln und Girlanden mit den bereits vor Wochen ausgepackten kurzen Sommerkleidern oder Hemden.
Am Montag sind Marius und Mareike mit Chris Selwood, dem Leiter der World Solar Challenge. zur Planung der gemeinsamen Veranstaltung zum Abschluss der WU verabredet. Währenddessen macht sich der Rest der Gruppe auf zu DHL. Man wird von Christine Ewan, der Zuständigen für den Seefracht-Bereich empfangen. Der Tonfall ihrer Begrüßung lässt schon erahnen, dass sie keine guten Nachrichten für das Team hat. Der Container hat in Malaysia sein Anschlussschiff verpasst und wird sich um mindestens eine Woche verspäten. Teamleiter Tim Skerra und seine Begleiter können die schlechte Botschaft nur schwer schlucken. Der komplette Terminplan ist damit hinüber. Die Strategen Matthias und Felix rechnen noch einmal im Detail die möglichen Fahrzeiten und Reichweiten des SolarWorld GT für verschiedene Orte in Australien durch, um immer wieder zum gleichen Schluss zu kommen: Die bisher geplante Fahrt ist nicht mehr zu schaffen. Rücksprache mit dem Team in Deutschland und DHL vor Ort, alle möglichen Optionen werden durchgegangen. Kann man den Zieltermin verschieben? Dann landet man bereits in der australischen Ferienzeit – Oder gibt es eine alternative Strecke mit mehr Sonne und weniger Regenrisiko? Dabei sollte doch die altehrwürdige Strecke von Nord nach Süd mit den vielen Fotomotiven der Weltumrundung eine gute Abrundung verleihen und das Kilometerkonto kräftig erhöhen.
Ab nach Melbourne
Am Ende kommt man zu einem ganz anderen Plan. Das Schiff mit dem Container, in dem der Anhänger mit der wertvollen Fracht steckt, liegt derweil in Melbourne vor Anker. Dem Umschlag auf ein anderes Schiff will man mit aller verfügbaren Unterstützung von DHL zuvorkommen. Das Team aus Adelaide muss sich schleunigst auf dem Weg machen, um in der gut 800 Kilometer östlich gelegenen Metropole wieder Zeit gutzumachen.
Als Steven Kent sich um 10 Uhr am nächsten Morgen aus dem Adelaide-Büro meldet, ist das Team bereits 250 Kilometer entfernt auf der Straße. Er gibt durch, dass man sich von der Rederei noch einmal versichern lassen hat, dass der Seefrachtcontainer entladen wird, um von dort zum DHL-eigenen Depot zu gelangen.
Die Straße in Richtung Melbourne führt durch die Kornkammer Australiens. Auf dem immer flacher werdenden Land sieht man bis zum Horizont nur noch goldfarbene Getreidefelder. Nur die vielen Eukalyptus-Bäume, die die Felder umgeben, zeigen noch ein wenig mehr grün und lassen die Gruppe jedes Mal Ausschau halten, wenn ein Straßenschild auf das eventuelle Überqueren der Straße durch Koalas hinweist. Die drei Fahrer Mareike, Tim K. und Marius wechseln sich regelmäßig ab, und so geht es ohne lange Unterbrechungen zügig voran.
Am späten Nachmittag erreicht man den Firmensitz des Sponsors in der Nähe des Flughafens von Melbourne. Von den neuen Kontakten gibt es gute und schlechte Nachrichten. Man wird alles tun um die Fracht am Ende der Woche bei sich zu haben. Der Haupt-Zeitfaktor sind die Behörden und die Hafenbetreiber. Erst muss auf den Kran gewartet werden, dann auf die Freigabe des Containers durch den Zoll, sodass dieser abgeholt werden darf. Danach geht es mit der Quarantäne weiter. Der schlimmste Fall, der eintreffen könnte, wäre, dass der Container mit Gas geflutet werden muss, um alle nichtaustralische Fauna und Flora im Inneren abzutöten. Dies würde mehrere Tage kosten.
Zugfahrzeug zugelassen
In jedem Fall muss man aber damit rechnen, dass nach einer ersten Prüfung Anhänger und Zugfahrzeug mit Hochdruckstrahlern gereinigt werden müssen, um am Tag darauf erneut kontrolliert zu werden. Dann kommt auch noch das Wochenende in den Weg. Nach einer ersten Nacht im nächstbesten Motel findet man trotz derzeit vieler ausgebuchter Unterkünfte in der Nähe von Hafen und Innenstadt eine Gruppenunterkunft mit getrenntem Wohn- und Schlafbereich. Die Besitzer des Oslo-Hotels mit osteuropäischem Akzent freuen sich auf die deutschen Studierenden. Im Wohnbereich lässt man den Fernseher ausgeschaltet. Die Sofas davor bieten aber einen bequemen Platz zum Arbeiten an Laptop und Smartphone. Das Organisationsteam um Mareike und Tim kann einen kleinen Teilerfolg erringen. Das teameigene Zugfahrzeug mitsamt dem gelben SolarWorld Anhänger können bereits die Zulassung erhalten, ohne dass sich die Prüfstelle die Fahrzeuge nach deren Auspacken noch ansehen muss. Wieder etwas Zeit gutgemacht.
Am Freitagmorgen um 11 Uhr der erlösende Anruf von DHL: Der Container ist endlich freigegeben und man stehe sozusagen schon in der Schlange, um ihn abholen zu dürfen. Zudem hat man einen besonders guten Platz für das Projekt in einem firmeneigenen Depot reserviert, in dem auch die gesamte Quarantäne-Einrichtung integriert ist. Vorm Wochenende ist aber leider nichts mehr zu machen. Am Montag geht es um 7 Uhr früh sofort los mit der ersten Inspektion.
„Wir sind aus dem Zoll! Bitte alles vorbereiten. Wir machen hier klar-Schiff und kommen dann zu euch.“ – Kurznachricht, Tim Skerra, Melbourne, den 26.11.2012, 8:24 Uhr Ortszeit
Als Mareike und Felix diese Nachricht erhalten, wird ihnen schnell klar, dass aus dem ordentlichen, geplanten Einpacken allen Eigentums nichts wird. Man war gefasst, dass man mit viel Glück doch schon bereits am frühen Abend die Stadt verlassen könnte. Mit dieser Uhrzeit hat jedoch keiner rechnen können.
Nachdem am Freitag der Terminplan feststand und erst einmal nichts mehr zu machen war, konnte das Team das Wochenende einläuten. Am Abend soll es früh ins Bett gehen, um bestens ausgeruht in die so wichtige, kommende Woche starten zu können. Einkaufen steht tagsüber auf der Tagesordnung. Nach vielen Monaten rund um den Globus sind die Pfannen, Kunststoff-Teller und –Becher alles andere als ansehnlich. So geht es am Freitag zur allbekannten skandinavischen Möbelhauskette. Die scheint sich in Australien ebenso steigender Beliebtheit zu erfreuen wie auch der Supermarktkonzern zweier deutscher Brüder, der zu Weihnachten mit Spekulatius, Marzipankartoffeln und Mozartkugeln etwas das Heimweh zu mindern vermag. Neben Pfannen und Plastikgeschirr finden noch ein Schälmesser und ein Satz Schneidbretter den Weg in die Einkaufstasche und hinter der Kasse folgt der obligatorische Hotdog für je einen Dollar.
Etwas mehr die Finanzen in Blick halten muss Tim Skerra beim nachfolgenden Einkauf im Baumarkt. Holz und Schrauben werden zur Ausstattung des vorrausfahrendem Begleitfahrzeuges, dem Lead, mit einer Laptophalterung zur ergonomischeren Arbeit benötigt. Hinzu kommen drei Paar Sicherheitsschuhe zur Arbeit im Depot, die dieses Mal unbedingt von Nöten sind. Da recherchiert man lieber noch ein zweites Mal im Internet, um im nahegelegenen Fachgeschäft etwas billiger wegzukommen.
Zu Gast bei Freund und Konkurrenz
Am Samstag bleibt sogar noch Zeit für die Gruppe, um sich in der Metropole Melbourne umzuschauen und eine Runde mit den historischen Straßenbahnen um die Innenstadt zu drehen. Für Sonntag gibt es noch eine Einladung. Das in Melbourne ansässige Team Aurora hält just genau an diesem Wochenende die alljährliche Vollversammlung ab. Zum vorherigen Austausch und gemeinsamen Grillen freut man sich, die Studierenden aus Deutschland begrüßen zu dürfen.
Aurora war von Anbeginn der World Solar Challenge 1987 dabei, 1999 reichte es für den Sieg. In der Werkstatt sieht man noch vieles aus den vergangenen Jahrzehnten, darunter auch eines der ersten Fahrzeuge, das wie die Pilotenkanzel eines Segelflugzeugs mit aufgebrachtem Solardach aussieht. Seit den ersten richtigen Erfolgen hat es auch hier eine Fortentwicklung gegeben. Diese ging nicht ganz so stark hin zum PKW wie bei den Bochumern, aber immerhin zur höheren Belastbarkeit. Der amtierende „Vorsitzende“ des Teams, Andris Samsons freut sich über eine Sache ganz besonders: Die neuen Regularien, an denen beide Teams mitgewirkt haben, sorgen dafür, dass man sich allmählich wieder auf Augenhöhe trifft, was die nötige Ausstattung zukünftiger Solarwagen angeht. Dass man daher eigentlich zur Konkurrenz gehört, stört aber gar nicht. Die aktuelle Entwicklung wird nicht versteckt, sei es der mechanische Probeaufbau oder erste Modelle zum Test der Aerodynamik. Das Aurora-Team, das derzeit aus gut 15 Teammitgliedern verschiedenen Alters besteht, zumeist erfahrene Techniker und Ingenieure aus der Wirtschaft, die das SolarCar als Hobby verstehen, freut sich über jeden Austausch.
Vor der Heimfahrt geht es noch ein letztes Mal in den Supermarkt. Es werden drei Einkaufswagen vollgeladen mit Wasser, Insektenschutz, einfacher Kost für die kommenden Abende und Snacks zum Erhalt von Kraft und Nerven bei der bevorstehenden langen Reise. Bis zum Startpunkt in Darwin muss womöglich an fünf Tagen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gefahren werden.
Entscheidung im Depot
Der Montag beginnt früh. Marius, Tim S., Matthias und Tim K. wollen um sieben Uhr pünktlich am Depot für die erste Inspektion sein. Zeitgleich sollen Mareike und Felix alles zusammen packen. Der Plan sieht vor, dass alles bereit steht, falls es tatsächlich dazu kommt, dass am späten Nachmittag die Fahrzeuge aus dem Depot kommen. Doch es sollte besser kommen als erwartet. Aus den bis zu drei einkalkulierten Tagen werden zehn Minuten. Die Grundreinigung in Russland erweist sich als gründlich genug. Der dem Team wohl gesonnene Prüfer lässt in seiner Gegenwart nur noch ein, zwei Stellen abspülen, darunter wie erwartet die von den letzten Metern vorm Container wieder schmutzig gewordenen Fahrzeugreifen und das war es.
Ein paar wenige Umräum-Aktionen, Inbetriebnahme der Elektrik des gelben Anhängers, Neuverspannung des SolarCars und es kann losgehen. Vor dem Hotel werden die eilig zusammengeräumten Sachen eingepackt und bereits um 12 Uhr mittags kann der Tross die Stadt verlassen. Bis zum Abend wird man es noch in die Adelaide umgebenden Hügelketten schaffen. Damit ist sogar bereits der erste geplante Reisetag geschafft. So wird man es bis zum Ende des Monats bis nach Darwin schaffen und damit fast wieder den früheren Zeitplan einholen.
Sie konnten es nicht sehen, sie konnten nichts davon wissen: Als vor tausenden von Jahren die Vorfahren der Ureinwohner Australiens dieses Land erreichten, mussten sie zuvor einige Kilometer Meer überqueren. Von Papua Neuguinea aus hat man auch damals den roten Kontinent von der Küste aus nicht sehen können. Auf der bloßen Suche nach Nahrung wäre ein solches Unterfangen nie auf sich genommen worden. Wenn es einen Hunger gab, der diese Menschen trieb, dann war es der nach dem Unbekannten, die pure Neugier.
Durch das Land der Aborigines geht nun auch die Reise des deutschen SolarCar-Teams. Startpunkt der nun erst einmal letzten Reise des SolarWorld GT ist Darwin.
Von Adelaide aus begeben wir uns auf die Spuren von John McDouall Stuart, der 1861-62 die erste erfolgreiche Expedition zur Wegfindung vom südlichen Port Augusta bis zum nördlichen Darwin leitete. Statt damals in acht Monaten werden wir es in vergleichsweise zügigen vier Tagen schaffen. Die Vorsorgen, die für die Reisen getroffen werden sind, aber ähneln denen in der Vergangenheit. Ein Mangel an Wasser wie auch sicherem Schuhwerk dürfen wir uns nicht leisten, weder bei Mensch noch bei Tier. Der Mangel an Hufeisen war es, der Stuarts zweite Expedition scheitern ließ. Während Tim Skerra, studentischer SolarCar-Teamleiter, häufig die neuen Sicherheitsschuhen nutzt, bleiben auf dem Dach des mitgereisten Zugfahrzeugs weiter zwei robuste Ersatzreifen geschnallt.
Die beiden Anhängerfahrer Marius und Matthias geben das Tempo des Gespanns vor: Gerne zügig, aber selbstverständlich immer nur so schnell, dass ein sicheres Gefühl bleibt. Die zwei gut trainierten Jungs sind am Ende auf der meist schnurgeraden und leeren Strecke so schnell unterwegs, dass das Auto zweimal am Tag vollgetankt werden muss. Die sich ansammelnden Tankrechnungen lassen nur davon träumen, wie sparsam es wäre, die Energie zu nutzen, die SolarWorld GT benötigt - nämlich nur die der Sonnenstrahlen!
Am Dienstag kommt man noch bis zur Opal-Minen-Stadt Coober Pedy, am Mittwoch erreicht man Alice Springs in der Mitte des Kontinents. Die lange Zeit im Fahrzeug wird auch gerne zum Schwelgen in der Vergangenheit genutzt. Allen voran Marius und Felix - die mit Abstand ältesten Teammitglieder - halten gerne Ausschau nach Orten des damaligen Renngeschehen.
Wettergewalten
In Alice Springs ist erst einmal Pause angesagt. Bei Außentemperaturen von bis zu 42 Grad kommen die Studierenden aus Europa im mitgebrachten Wagen mehr ins Schwitzen, als es ihnen lieb ist. Die Klimaanlage gibt zeitweise einfach auf. Während das größere Auto in einer Werkstatt vorbei schauen muss, wird die Zeit genutzt, um den kleineren Sonnenwagen vorab "vollzutanken" - ohne Steckdose selbstverständlich. Während es am Mittwochabend noch etwas bewölkt ist, kann man Donnerstagmorgen die Pufferspeicher gut füllen. Zum Mittag kommt rechtzeitig das Auto aus der Reparatur zurück, um wieder nach Zeitplan voran zu kommen.
Auf die ersten weißen Wölkchen folgt bald ein schwarzes Band am Horizont, gefolgt von einem Wärmegewitter. Der Konvoi selbst bekommt nur eine kurze Dusche ab, aber nachdenklich werden wir doch. Alle paar Stunden stoßen wir auf sogenannte Floodways. Die vorher ausgeschilderten Senken, durch die der Stuart Highway führt, können nach besonders starkem Regen unter Wasser stehen. Die dort aufgestellten Messlatten sind teils für bis zu zwei Meter ausgelegt, und das ist nicht unrealistisch: Im Dezember 2009 gossen an einem Tag in Darwin rekordbrechende 2.700 Liter Regenwasser pro Quadratmeter herab. In Teilen Deutschlands ist das der Gesamtniederschlag in einem ganzen Jahr! Wir hoffen darauf, dass nach dem Regen der letzten Tage nach reiner Statistik nun erst einmal Sonne vorherrschen wird. Einen großen Zeitpuffer gibt es nicht, um wie gewünscht Mitte Dezember die komplette Strecke nach Adelaide zu schaffen.
Schweiß beim Endspurt - hin zum Start
Die Nacht zum Freitag verbringen wir zum ersten Mal nach langer Zeit wieder in Zelten. Zuvor hatten wir zum besseren Ausruhen der Fahrer klimatisierte Unterkünfte angesteuert. Bequeme Betten, Duschen und beleuchtete Kochbereiche ließen ein längeres Fahren am Tage zu. Zudem erlaubten vor allem zwei Herbergen die Einhaltung des Budgets: In den Hügeln Adelaides kam man über Jason Duffield an ein bestens ausgestattetes Appartement zum kleinen Preis in der Motor Lodge im Vorort Hahndorf, Wohnort der deutschen Community. In Alice Springs gab es im Haven Backpackers Inn einen ordentlichen Rabatt, als wir auf das Vorhaben mit dem SolarCar aufmerksam machten. Generell freuen sich die Gastgeber hier wieder auf die nächste World Solar Challenge.
An diesem Tag jedoch können wir bei Sonnenlicht keine Stadt mehr erreichen. Stattdessen wird ein Rastplatz aufgesucht. Nachdem schnell eine Portion Nudeln zubereitet wurde und man sich die Mosquitos vom Hals hielt, geht es auf die Isomatten. Schlafsäcke werden nirgends benötigt. Bei immer noch mehr als 30 Grad beginnt die Nacht in den gegen Tiere abgedichteten Zelten mit einer Menge Schweiß. Der Morgen darauf wird für Felix zur Überraschung: Fernab von Zivilisation und Wochenrhythmus hatte er das Datum vergessen. Es ist bereits sein Geburtstag!! Kurz nach Sonnenaufgang geht es wieder weiter. Noch gut 1.000 Kilometer stehen am letzten Reisetag bevor.
In Darwin werden wir bereits von Richard Summerauer und dessen ebenso liebenswerten Frau Greta erwartet. Der österreichische Auswanderer, der seit rund 35 Jahren im Land lebt, ist ein langjähriger Unterstützer des deutschen Teams. Durch seine Kontakte als Verantwortlicher im Bereich der Wasserversorgung der Region konnten wir so auch vor dem letzten Rennen wieder einmal einen großzügigen Platz in einer innerstädtischen Werkstadt mit ausreichendem Strom und Sanitärbereich bekommen. Dieses Mal sind wir auf seinem Privatgrundstück eingeladen, 50 km südlich der Stadt. Nach Zeitplan möchten wir am Samstag, 1. Dezember 2012, in den frühen Morgenstunden den zweiten Teil des Teams am Flughafen im Empfang nehmen. Am Wochenende wird dann das Solarauto gewartet und ausgiebig getestet. Nach der noch bevorstehenden kurzen Überprüfung seitens der lokalen Verkehrsbehörde werden wir dann zu Beginn der kommenden Woche sofort starten können. Die letzte Etappe der Weltumrundung wird beginnen...
Am Freitag erreicht das Team noch das Northern End, die Gegend um Darwin. Nach zuletzt noch fast 1200 Kilometern Langstrecke muss man in den letzten beiden Stunden zunächst durch einen starken Schauer, der einen kurzzeitig zum Anhalten zwingt. Die letzten Kilometer bei fast untergegangener Sonne hängt man sich zur Sicherheit hinter einem Roadtrain, der die Straße freihält. Dann kommt man bei der Ranch von Greta und Richard Summerauer an. Mittlerweile ist man auf die Scheinwerfer und Taschenlampen angewiesen, um das richtige Tor zu finden. Bis am Ende der Anhänger auch noch durch die Baumreihen bis zum Anwesen durchmanövriert ist, sind wirklich alle geschafft. Zum Abendessen müssen Bohnen aus der Dose mit einer Portion Reis herhalten: Hauptsache satt.
Am Morgen weckt die heiße Sonne die letzten Schlafenden. Tim Kohlmann und Tim Skerra mussten bereits ganz früh raus, um die Neuankömmlinge um vier Uhr in der Frühe am Flughafen in Darwin abzuholen. Mit dabei sind jetzt Yago Elbrecht, Mechaniker aus dem Stammteam, Tristan Herbers aus dem Motor-Fachteams des kommenden Solarwagens und Gereon Löbbe, Unterstützer und Mitentwickler der Motoren des jetzigen Wagens als Gast.
Bei Tageslicht erkennt man erst richtig das mehrere Fußballfelder große Areal der Summerauers. Richard lebt mit seiner Frau über dreißig Jahre hier und hat viele abenteuerliche Geschichten zu erzählen. Seit vielen Jahren unterstützt er das Solarcar-Team aus Bochum wie auch jetzt wieder.
Am Samstagabend geht es nach dem ersten Tag Vorbereitungen abends nach Darwin. Am Hafen finden sich diverse Restaurants, die Känguru, Krokodil, Meeresgetier und Kamel auf der Speisekarte haben. Mareike packt die Gastgeschenke für die Summerauers aus. Besonders das Fotobuch zum SolarWorld GT und die nun zweite vergebene Unterstützerurkunde werden begeistert entgegengenommen.
Am Sonntag wird das Team mit Professor Michael Schugt endlich komplett. Der Mitbegründer des BOmobil-Projektes und ebenfalls schon längerer SolarCar Begeisterte freut sich, es endlich auch einmal mit auf die Tour geschafft zu haben.
Wie erhofft war die technische Abnahme seitens der Behörden fast reine Formalität: Ein Foto von Innen, ein Foto von außen für die Akten, ein kurzer Bremstest vorm Haus. Gegen eine kleine Gebühr, die wohl nicht einmal die Fahrtkosten für die beiden extra angereisten Mitarbeiter gutmacht, hält man die nötigen Papiere in den Händen. Von der lokalen Presse erscheint noch ein Fotograf für ein paar letzte Aufnahmen von Fahrzeug, Team und insbesondere von den drei Jungs aus der Stammbesatzung.
Dann geht es auf Reise. Direkt vor dem Tor von Greta und Richard von denen man sich noch herzlich verabschiedet, fährt man los. Nach einer Minute erreicht man bereits den nahen Stuart Highway und dreht ab gen Süden. Mit vollen Batterien will man die nächstgelegene Stadt Katherine erreichen. Beim Ladestopp am Nachmittag fährt plötzlich ein VW Tuareg mit ungewöhnlicher Aufmachung vor. Aus dem Wagen heraus steigen Rainer Zietlow und ein begleitender Fotograf. Er kommt mit dem deutschen Wagen mit ebenfalls deutschem Kennzeichen gerade von einer Reise zwischen Melbourne und Sankt Petersburg zurück. Unter Zuhilfenahme einer großen Menge an fossilem Brennstoff kann er sehr selbstbewusst einige Weltrekorde vorweisen, darunter eine panamerikanische Zeitfahrt. So stoßen zwei Teams mit unterschiedlichen Mitteln und Philosophien aufeinander. Am Ende des Tages wird Katherine nach nicht ganz 300 Kilometern erreicht. In anderthalb Wochen will man die letzten 3000 Kilometer schaffen. Da sollte sich der Tagesschnitt besser noch steigern…
Start vom Campingplatz in Katherine. Im Dezember wird es in dieser Region auch nachts nicht wirklich kalt. Es bleibt die Wahl zwischen Schwitzen im Zelt oder Mückenstichen unter freiem Himmel. Eine schnelle Dusche am Morgen. Dabei kann man die Philosophie von Richard Summerauer ernstnehmen: Abtrocknen ist hier im Norden unsinnig, es verkürzt nur die Zeit bis man durch den eigenen Schweiß wieder nass wird.
Heute gibt es die erste Einweisung in das Fahren des SolarCars für eines der neuen Mitglieder. Michael Schugt, der zuvor im hinteren Begleitfahrzeug in die Telemetrie und Strategie eingeführt wurde, ist einer der ersten der sich ans Steuer trauen will. Matthias und Yago geben die kurze Einführung in Fahrmanöver, Funk, Steuerelemente und Fahrverhalten, dann heißt es Abfahrt.
Der Himmel klart nach Wolken in der Früh auf und bringt Straße und Solarpaneel auf Temperatur. In Australien treffen extreme Hitze auf einen Straßenbelag der in der obersten Schicht aus bloßem, zusammengekittetem Schotter besteht. Das strapaziert nicht nur die Reifen des SolarCars. Zerschlissenen Pneus von Road Trains muss man alle paar Kilometern ausweichen. Schwalbe hat spezielle Reifen für das deutsche Team entwickelt, die jetzt schon für die nächste WSC in 2013 auf dem originalen Straßenbelag getestet werden können.
Drei Stunden lang hält der Fahrer tapfer durch. Dann ist der Mittags-Ladestopp erreicht: Solarpaneele ausrichten, eine kalte Cola aus dem Anhänger-Kühlschrank nehmen, auf der Karte die weitere Strecke nachschauen und Sandwiches für die Weiterfahrt machen.
Für ein paar nette Bilder für daheim sorgt ein anhaltender Roadtrain. Drei doppelstöckige Anhänger, mit Rindern beladen. Der Fahrer des 150 Tonnen-Monsters muss einmal von Hand die Muttern aller Reifen aller 16 Achsen nachziehen und hat danach noch Zeit für einen kurzen Plausch. Nach dem Eintrag ins rote Buch gibt man ihm noch eine neue SolarWorld Kopfbedeckung mit auf dem Weg.
In der Zwischenzeit setzt sich Elektriker Felix an ein anderes zukunftsträchtiges Element der Bochumer Solarwagen, das Telemetrie-Modul. Die Variante, die für das Nachfolgerfahrzeug vorgesehen ist, soll den bisherigen Industrierechner abzulösen, der seit den Zeiten von HansGO! seine Dienste tut. Mit einer Entwicklerplattform von einem neuen Unterstützer, der Firma Beck, sollen elektrischer Verbrauch, Größe und Gewicht auf ein Drittel gesenkt werden. Die Abspeicherung aller Daten aus dem Fahrzeug-Netzwerk und die nachfolgende Übertragung über Bluetooth sind in Bochum bereits auf dem Trockenen getestet worden, und die Erweiterung auf WLan ist in der Mache. Im SolarWorld GT soll alles schon einmal im Einsatz getestet werden. Noch fehlt das entsprechende neue Programm, um alle aus dem Solarwagen einprasselnden Zahlen zu filtern, umzurechnen und ordentlich darzustellen, man kann sie aber nach dem Einbau des neuen Moduls bereits erfolgreich empfangen.
Die starke Mittagssonne will man vollends zum Laden ausnutzen. Erst am späten Nachmittag geht es weiter. Zunächst fährt der zweite neue Fahrer des Tages, Tristan, dann übernimmt Felix für die letzten zwei Stunden das Steuer. Nach über 1,5 Tagen gibt es nun den ersten Reifen, der ausgetauscht werden muss.
Erst als die Sonne den Horizont erreicht, kommt man am angezielten Rastplatz, rund 100 Kilometer vorm nächstgroßen „Ort“, Renner Springs für die Übernachtung an.
Der nächste Tag bringt wieder reichlich Sonnenenergie. Bis Tennant Creek führt die Tagesstrecke. Fast tausend Kilometer in drei Tagen: Bei dem Schnitt sind die Termine zu den Abschlussfeierlichkeiten zu halten.
Die Gründe sind vielfältig, warum es am Morgen wieder sehr früh aus den Zelten am Rastplatz geht: Sie alle haben mit den Solarzellen zu tun. Am Abend musste Stratege Matthias schlechte Nachrichten bekannt geben. Die Energiebilanz der ersten beiden Tage ist völlig unbefriedigend. Kurzgesagt: Es kommt solar nicht rein, was soll.
Auch bei bestem Himmel kommen mit ausgerichtetem Solararray selten dreistellige Wattzahlen heraus. Das ist aber notwendig, um es auch mit einem Regentag rechtzeitig ins Ziel zu schaffen. Die Gründe sind vielfältig: In Russland hat das Solar-Array unter wenig berührungsängstlichen Zöllnern, Steinschlägen und anderen Unglücken sehr gelitten. Außerdem mag es zwar viel Licht geben, aber es arbeitet unter starker Hitze und der sich aus der Luft absetzenden Staub schlechter. Trotz des beginnenden Sommers schenkt die Sonne dem Wagen kaum mehr Energie als noch im Ruhrgebiet während der Europaetappe.
Für den 13. Dezember ist bereits fest eine Feier in Hahndorf bei Adelaide mit einigen bekannten Gästen geplant. Das Team will an diesem Tag aber selbstverständlich die Weltumrundung für erfolgreich beendet erklären. Um nun überhaupt eine Chance dafür haben, sollten die Werte so bleiben, und wir müssen nach strengen Zeitplänen eines Rennens arbeiten: Wenn die Sonne morgens den Horizont erreicht, muss der Solarwagen schon aus dem schützenden Hänger gebracht sein, bis knapp vor Sonnenuntergang wird gefahren, im Dunkeln gegessen und sich wieder ins Bett begeben. Das wird hart, eine ganze Woche durchzuziehen.
Die mystische Entstehungsgeschichte der Aborigines und dessen Landes beinhaltet unter vielen Elementen eine regenbogenfarbige Himmels-Giftschlange. An einem Platz, an dem dieses Tier Rieseneier gelegt hat, führt der Stuart Highway vorbei. Den erdgeschichtlich gesehenen Neuankömmlingen aus Europa sind die Granitgesteine unter dem neueren Namen „Devil’s Marbles“ bekannt. Sie sind meterhoch, überwiegend rund, teils scheinbar perfekt kugelförmig und häufig geschichtet.
Bei dieser Kulisse lässt sich die perfekte Mittagsladepause vornehmen. John Walker, ein Fotograf und Kameramann, der für die letzte Etappe engagiert wurde und seit diesem Donnerstag mitreist, kann noch schnell ein paar Aufnahmen mit seinem Assistenten vornehmen, dann können die Solarpaneele aufgestellt werden und jeweils ein Teil des Teams kann die Gegend besichtigen. Der Tag endet in Barrow Creek neben einem Roadhouse. Als nächstes will man das australische Zentrum bei Alice Springs erreichen. Dort gilt es einen Gast abzuholen und mitzunehmen, der den bisherigen Rennteams nicht ganz unbekannt ist.
Die Strecke nach Alice Springs hält keine bösen Überraschungen bereit. Allein ein kleiner Willy-Willy, eine australische Windhose, die aber auch schon mal einen Reisebus die Spuren wechseln lässt, sorgt für eine Schrecksekunde. Das SolarCar lässt sich aber ohne Probleme auf der Straße halten.
Am Nachmittag wird die übliche Ladepause eingehalten. Man freut sich bereits auf die bevorstehende Möglichkeit zum Duschen während man noch einmal in der Prärie in der Sonne brät. Die längste schnurgerade Straße Australiens mit rund 40 Kilometern durchfährt die Gruppe noch. Wieder lässt die Hitze Himmel und Straße wenige hundert Meter vor dem Sonnenwagen verschmelzen. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen die Studierenden Alice Springs.
Elf SolarCar-Fahrer müsst ihr sein
In der erst seit dem zweiten Weltkrieg florierenden Stadt, die einst als Telegraphen-Station an einem Wasserloch entstand und weitestgehend abgeschirmt vom Weltgeschehen war, erweitert sich die Größe der Gruppe noch einmal. Rosslyn Jan ist extra aus Sydney angeflogen. Sie ist Observerin, also ehrenamtliche Team-Überwacherin und Helfer bei der WSC, und das schon seit dem zweiten Rennen Anfang der 80er Jahre. Sie hat so schon deutsche Teams mit MadDog, HansGO!, SolarWorld No.1 und BOcruiser begleitet. Im letzten Jahr empfing sie das Weltumrundungsteam in Sydney und half vorher mit der Informierung der Medien. Nun will sie selber noch ein Stück mitfahren und nicht mehr als Oberserverin, sondern als Teammitglied dabei sein, hochmotiviert und auf ein paar entbehrungsreiche Tage im Outback eingestellt.
In aller Ohr
Dass es mit den Medien geklappt hat, zeigt sich am nächsten Morgen. Teamleiter Tim Skerra ist zum Hörfunk geladen. Nicht etwa eine Aufzeichnung am Auto wird gemacht, sondern er geht im Studio live auf Sendung bei der Australien Broadcasting Cooperation, ABC, für Alice Springs und Umgebung. Nach einigen Minuten Frage und Antwort, sei es zu den Straßenverhältnissen in Russland, Gastfreundschaft in den USA oder dem deutschen Verhältnis zur regenerativen Energie, kommt Moderator „Antony“ direkt nach der Sendung noch selbst zum Ladeplatz des Teams, um sich das Auto anzusehen. Der Erste ist er aber nicht. Während der Sendung wurde der aktuelle Standort verraten und einige Menschen aus der Umgebung, die um die für ein Wochenende frühe Uhrzeit schon ausgeschlafen sind, schauen vorbei. Nach Fotos und Interviews für weitere geladene Presse macht man sich frohen Mutes noch am selben Tag wieder auf den Weg gen Süden. Der Zeitplan lässt keinen Platz für eine Verschnaufpause.
Es wird dunkel
Südlich von Alice Springs zweigt die Straße in Richtung des weltbekannten Uluru ab, dem besser als Ayers Rock bekannten roten Felsen im weiten Nichts des westlichen Teils des Kontinents. Am Roadhouse direkt an dieser Abzweigung werden die Begleitfahrzeuge wieder aufgetankt. Der Himmel in Fahrtrichtung verheißt nichts Gutes
Es sind nicht ein oder zwei kleine Schäfchenwolken, die sogar ab und an etwas Sonnenlicht zum Vorteil des Teams in Richtung Solarwagen reflektieren könnten. Nein, es zieht zu und eine dichte Wolkenfront bewegt sich der Gruppe entgegen.
Am Montag ist es endlich soweit. Es klart allmählich auf. Am Morgen muss man sich das Ladeteam noch mit einem Wechsel aus Sonne und Wolken zu Frieden geben, aber am frühen Nachmittag steht genug Energie in der Batterie zur Abfahrt bereit. Mit einem Tag Verspätung erreicht man Coober Pedy. In der Minenstadt, die für ihre Opale bekannt ist, gilt es für Reisende als Atraktion, in Untergrundhotels unterzukommen. In alten oder teils auch extra angelegten Stollen findet man wenige Meter unter Tage ganze separate Räume wie auch offene Schlafquartiere nach Jugendherbergsart. Die Wände müssen nicht gestrichen werden, eine energiefressende Klimaanlage braucht es auch nicht im kühlen Gehöft und mit einem weiteren Rabatt vom Besitzer einer der Hotels, „Martin“ vom Radeka, ist das auch fürs Team erschwinglich. Auf der Fahrt nach Norden hat man das Team hier schon kennengelernt und sich auf ein Wiedersehen gefreut. Normalerweise wird der Besitzer mit dem Rauschebart um ein gemeinsames Foto gebeten, diesmal fragt er danach.
Nacht am Lagerfeuer
Für den kommenden Tag ist eine kleine Besonderheit geplant. Rosslyn wird als erster Gast die Ehre haben mit dem SolarCar fahren zu dürfen. Für sie wird es zudem überhaupt das erste Mal sein, dass sie am Steuer eines solargetriebenen Rennwagens sitzt. Damit wird für sie ein echter Wunsch nach gut 20 Jahren Solar-Rennerfahrung wahr. Die ersten Stunden des Tages fährt noch Matthias, der sonst im Chase mit dem Anhänger am Lenkrad oder am Strategie-Laptop sitzt. Bei der Mittagspause wird dann die neue Fahrerin unterwiesen. Auf der Fahrt wird sie von Mareike begleitet. Nach zwei Stunden ruhiger Fahrt wird mit einem Grinsen nur noch die Frage gestellt: „How was my driving?!“
Man bereitet sich darauf vor, die letzte Nacht im echten Outback zu verbringen. Auf offener Strecke kann man immer häufiger bis zum Horizont blicken. Nur noch dürres, scharfkantiges Gestrüpp als Vegatation in der Landschaft. Die heutige Etappe endet am Lake Hart, einer von mehreren großen Salzseen in der Region. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort Salz, Wasser gibt es in diesem See zur Zeit nicht. Er ist absolut trocken und flach.
Tim Kohlmann lässt an diesem Abend den Kochlöffeln ruhen. Mit der Assistenz von Yago macht sich Rosslyn an asiatisches Huhn mit grünem Curry. Es schmeckt wunderbar und die doch intensive Schärfe bringt den Kreislauf bei der allmählich abkühlenden Luft noch einmal ordentlich in Schwung. Zur Feier des Tages wird ein gemütliches Lagerfeuer entfacht, das ganz nebenbei Fliegen und Moskitos vertreibt. Nach einer anschließenden Nachtwanderung herunter ans Ufer beschließt ein Teil der Gruppe, direkt auf dem salzigen, trockenem Boden zu schlafen.
Bis an die Küste
Der Morgen des Mittwochs wird noch einmal etwas ungemütlich. Für jede am Abend vertriebene Fliege scheinen ein ganzen Dutzend zurückzukehren. Um elf Uhr geht es los auf die zunächst letzte Etappe. Das Wetter wird so gut, dass man es schließlich am Nachmittag des 12. Dezember bis nach Port Augusta schafft. Man erreicht die Südküste Australiens und damit ein symbolisches Ziel. Die Fahrten durch die Länder und Kontinente begannen und endeten immer in der Nähe von Meer und Ozean und so schafft man es an das Gewässer zurück, an dem das Bochumer Team im letzten Jahr die Reise begann.
415 Tage war der gelbe Sonnenwagen der Hochschule Bochum unterwegs, heute ist die Reise in der Nähe von Adelaide zu Ende gegangen. Fast 29.000 Kilometer lang führte die Route über Neuseeland, USA, Italien, Monaco, Frankreich, Luxemburg, Deutschland, Tschechien, Österreich, Ungarn, Rumänien, Moldawien, Ukraine und Russland wieder an den Ausgangspunkt nach Adelaide, Australien. In Hahndorf, einer von Deutschen gegründeten Siedlung in den Adelaide Hills, wartete das Empfangskomitee mit WSC-Chef Chris Selwood an der Spitze. Auch der langjährige Teamarzt Dr. Hans Henschel, der einen zweiten Wohnsitz in Adelaide hat, ließ es sich nicht nehmen, bei diesem denkwürdigen Ereignis dabei zu sein.
Team TREV von der University of South Australia aus Adelaide, die mit ihrem Elektroauto 2010 die Welt umrundet haben und von den Bochumern zu dem Event eingeladen wurden, präsentieren stolz ihr Auto. Auch das Team Aurora aus Melbourne, das bei der letztjährigen WSC den siebten Platz belegte, sowie TAFE SA sind gekommen, um die Studierenden aus Deutschland zu beglückwünschen.
Gut zwei Stunden hielt der Ansturm auf Team und das Rekordauto aus Bochum an. Bei strahlendem Sonnenschein standen die Studierenden sichtlich entspannt den Fragen der Zuschauer Rede und Antwort. Auch auf den vielen Fotos sieht man dem Team die Erleichterung an.
Steven Kent und Peter Likos vom Sponsor DHL laden das Team im Anschluss an das Event noch in einen örtlichen, bayrischen Pub ein, um gemeinsam mit den Studierenden auf den Erfolg anzustoßen. Nachdem auch diese gemütliche Runde zu Ende ging, konnte das Team endspannt die Rückfahrt nach Adelaide zur dortigen Unterkunft antreten. Ruhe hat das Team jetzt noch immer nicht. Jeder wollte mit den Weltrekordlern aus Deutschland sprechen. Telefoninterviews für australische und deutsche Radiosender standen noch an, bevor man sich verdient zurücklehnen und die Ereignisse der letzten Tage, Wochen und Monate Revue passieren lassen konnte.
Teamchef Tim Skerra sieht mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf das Ende der größten Reise seines Lebens: „Man hat sich an das Reisen gewöhnt, die Tour ist zu einem kleinen Lebenswerk geworden, mit dem sich jeder von uns wirklich identifizieren kann. Viel Energie und Engagement steckt von allen Beteiligten in diesem Projekt. Man ist stolz es geschafft zu haben, Kritiken widerlegt zu haben und somit international ein Statement in Sachen alternativer Energieressourcen und Antriebstechnologien für die Individualmobilität gesetzt zu haben.“
Auch der professorale Leiter des Projektes in Bochum Dr. Friedbert Pautzke ist stolz, glücklich und erleichtert, dass die Weltumrundung nun ihren Abschluss findet: „Als wir vor zwei Jahren begonnen haben, die Weltumrundung zu planen, waren viele skeptisch, ob ein solches Projekt mit Studierenden zu schaffen ist. Jetzt zeigt sich, welche Qualifikation, nicht nur in technischer Hinsicht, Studierende der Hochschule Bochum erreichen können.“
Nach 14 Monaten ist das Mamutprojekt solarautarke Weltumrundung geschafft. Das Team von rund 60 Mitgliedern der Hochschule Bochum blickt stolz auf die gemeinsam erreichte Leistung und möchte sich an dieser Stelle bei allen Unterstützern rund um den Globus herzlich bedanken. In den kommenden Tagen wird SolarWorld GT und das gesamte Equipment wieder in einen Überseecontainer verstaut und auf den langen Seeweg geschickt. Pünktlich zum Weihnachtsfest geht es am 23.12. für die SolarCar-Fahrer im Flieger Richtung Heimat, um rechtzeitig bei Familie und Freunden zu sein.