World Solar Challenge 2011

SolarWorld Gran Turismo (SolarWorld GT) heißt der neuentwickelte Sonnenflitzer des SolarCar-Teams der Hochschule Bochum. Seit knapp zwei Jahren arbeiten 30 Studenten an dem straßenzugelassenen Solarauto, das nun seinem Namen alle Ehre machen soll, denn das Team verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Einmal in einem solarautark-energiebetriebenen Fahrzeug als Botschafter der nachhaltigen Mobilität die Welt zu umrunden.

Als Auftakt dient am 16. Oktober 2011 die World Solar Challenge (WSC) in Darwin, Australien. 42 Teams aus 21 Nationen - das größte Starterfeld in der Geschichte der WSC will in diesem Jahr den roten Kontinent durchqueren.

20. September 2011: Die Weltumrundung rollt an

SolarWorld Gran Turismo (SolarWorld GT) heißt der neuentwickelte Sonnenflitzer des SolarCar-Teams der Hochschule Bochum. Seit knapp zwei Jahren arbeiten 30 Studenten an dem straßenzugelassenen Solarauto, das nun seinem Namen alle Ehre machen soll, denn das Team verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: einmal in einem autark energiebetriebenen Solarauto die Welt zu umrunden. Hierbei tritt das mit regenerativen Energien betriebene Fahrzeug als Botschafter der nachhaltigen Mobilität in Erscheinung. Als Auftakt dient am 16. Oktober die diesjährige World Solar Challenge (WSC) in Darwin, Australien. 42 Teams aus 21 Nationen – das größte Starterfeld in der Geschichte der WSC tritt Down Under gegeneinander an.

IAA: Kurz vor dem Abflug nach Australien luden die Studenten zur Pressekonferenz ein

Am 13.09.2011 auf der 64. Internationalen Automobil-Ausstellung wurde das aktuelle Mammutprojekt des SolarCar-Teams der Hochschule Bochum der Öffentlichkeit präsentiert. Die
SOLARWORLD AG, Hauptsponsor des Projekts, lud zu einer Pressekonferenz ein.

Michael Schmidt, Marketingchef für den Bereich Sponsoring und Event der SolarWorld AG, präsentierte das Vorhaben Weltumrundung und die Studenten standen der Presse Rede und Antwort. Ein Highlight war das 1:1 Model, das die Journalisten vor dem Kongresszentrum begutachten konnten. Zum krönenden Abschluss erschien Fernsehstar Larry Hagman, der das Auto bewunderte und zusammen mit Professor Friedbert Pautzke dem Sender n-tv ein Interview zur Weltumrundung gab. Das SolarCar-Team hat also einen neuen Fan in den USA: Larry Hagman, Ex-Dallas-Fiesling J.R. Ewing, hat das Team zu einem Besuch auf seine Ranch in Ojai, Kalifornien während der kommenden Weltumrundung eingeladen.

Alltagstauglichkeit? Erfolgreich getestet!

Seine Alltagstauglichkeit demonstrierte das brandneue Solarauto bereits auf der Rennstrecke Circuit Zolder, Belgien am Montag, den 22.08.2011. Normalerweise ist es an diesem Ruhetag untersagt die Strecke zu befahren. Da ein Solarauto aber fast lautlos über den Asphalt gleitet, stellte diese Restriktion kein Hindernis für das Team dar. Trotz des regenverhangenen Tages meisterte das Auto erfolgreich 25 Runden auf der Rennstrecke. Hierzu eingeladen hatte das belgische SolarCar-Team Umicore, mit dem seit einem Jahr eine Partnerschaft besteht, bei dem die Teams technisches und organisatorisches Wissen austauschen. Die Partnerschaft ist, obwohl beide Teams an der WSC teilnehmen, durch die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen möglich. Der Fokus der Belgier liegt auf der Schnelligkeit des Autos, während die Bochumer Studenten die Demonstration von Fahrtauglichkeit im Alltag in den Vordergrund stellen. 125 gefahrene Kilometer mehr standen am Ende des Tages auf dem Tacho vom SolarWorld GT, gefahren ohne Sonnenunterstützung nur mit Batterie.

Vom Fliegerhorst in die Kiste

Auf dem Fliegerhorst Nörvenich trat das Team mit dem SolarWorld GT am Freitag, den 26.08.2011, die letzte Testfahrt an. Hauptprogrammpunkt war die korrekte Einstellung der Fahrwerksgeometrie, wichtig für einen minimalen Energieverbrauch.

Am darauf folgenden Montag verpackten die Studenten das Solarauto in der Transportbox von Sponsor DEUFOL, Profi in Sachen Flugtransportverpackungen. Als Gefahrengutbox flog der Sponsor DHL das wertvollste Gut des Teams nach Australien, wo es die Zollbeschau durchlief. Das Vorabteam hat bereits die Rennstrecke auf Gefahren und Besonderheiten hin überprüft und mit dem Eintreffen der restlichen Studenten wurde das Öffnen der Transportbox in Angriff genommen. 3 ½ Wochen bleiben dem Team nun , um sich auf die erste Etappe der Weltumrundung vorzubereiten.


26. September 2011: Angekommen und eingerichtet

3 Wochen vor Beginn des Abenteuers ist das Team komplett in Darwin angekommen und auch der DHL-Container mit Transportanhänger für SolarWorld GT, Werkzeug und Material hat seinen Weg vor die Werkstatt in Darwin gefunden. Es ist immer wieder faszinierend mit anzusehen, wenn der Riesentruck mit Seitenladereinrichtung den Container behutsam abstellt. Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius und subtropischer Luftfeuchte wird das Ausladen zur schweißtreibenden Angelegenheit. Unterstützung gibt es von Mitarbeitern des Unternehmens RenoFLO, in deren Werkstatt das Bochumer Studententeam zu Gast ist. Der Gabelstapler wird als Alternative zum Selbertragen gerne genommen.

Die Arbeitsflächen sind bald eingerichtet, ein kleines Büro entsteht, Internet und Telefonie müssen auch hier klappen. Das Programm, das bis zum Start der WSC noch zu absolvieren ist, stellt hohe Anforderungen an das Team: Der Anhänger muss für Australien zugelassen werden und natürlich auch das Solarcar. Die Elektrik soll noch einmal komplett überarbeitet werden, alle Leitungen müssen übersichtlich und ordentlich verlegt sein. Nicht nur in dieser Hinsicht hat das deutsche Team einen exzellenten Ruf, den man natürlich nicht verlieren will.

Jeden Morgen um 8 Uhr startet der gemeinsame Tag mit dem Frühstück, danach geht es an die Arbeit. Nicht alles läuft hier so wie in Deutschland, Klebe- und Laminierarbeiten müssen in die späten und damit kühleren Abendstunden verlegt werden, denn das Harz-/Härtergemisch bindet bei den hohen Temperaturen sonst zu schnell ab. Das Abendessen steht meist gegen 19 Uhr auf dem Tisch, um acht Uhr abends geht es zurück zur Unterkunft ins Lee Point Village Resort, ein Camping- und Caravanpark, wo die Studenten in Hütten untergebracht sind.

Morgen wird SolarWorld GT den australischen Behörden vorgestellt, um die Straßenzulassung zu bekommen. Denn noch in dieser Woche sollen die Testfahrten starten, damit klar wird, ob der Sonnenwagen aus Bochum wirklich fit ist für eine Weltreise.


30. September 2011: It’s another level

Fast alle Solarautos des deutschen Teams aus Bochum wurden vom „TÜV“-Inspektor Bill Muirhead für die Testfahrten-Zulassung geprüft. „It’s another level!“ staunte der australische Mitarbeiter des Northern Territory Governments dieses Mal und war begeistert, dass sich die deutschen Sonnenwagen bei jeder Rennteilnahme verbessern und als einzige die Alltagstauglichkeit im Blick haben.

Bis in die Nacht des 26. Septembers dauerte der Feinschliff für die Zulassung in der australischen Werkstatt. Die selbstgesteckten Ziele jedes Teammitglieds sind hoch, denn schließlich gilt es einen über die letzten zehn Jahre aufgebauten guten Ruf zu  verteidigen. Willkommene Abwechselung am Abend - das Barbecue, perfekt gegrillt von Tim Kohlmann und Arthur Polit. Jeder kommt dran – denn die Teamverpflegung wird abendlich rotierend in Angriff genommen. Am nächsten Morgen wird SolarWorld GT für die Zulassung herausgeputzt und das Hochschulteam wartete gespannt mit dem funkelnden Wagen auf die Ankunft des Inspektors. Bill Muirhead macht schon bei seiner Ankunft klar, dass er keinen Zweifel an der Verkehrssicherheit des deutschen Fahrzeuges habe. Trotzdem lässt er sich von den Studierenden jedes Detail des Prototyps genau erklären. Sein Urteil attestiert der Entwicklung aus Bochum eine andere Ebene. Das darf man wohl nicht nur bezogen auf die eigene Entwicklung, sondern auch gegenüber der internationalen Konkurrenz verstehen.

Mit der Videokamera ist Nathalie Wiemers stets bei solchen Ereignissen in der Nähe des Teams. Schon die Entstehung des neuen Solarautos begeleitete sie und jetzt dreht sie auch in Australien während der WSC einen Dokumentarfilm über das Bochumer Solarauto.


04. Oktober 2011: Auf die Straße

Wie wird aus einem Prototyp ein wirklich straßentaugliches Vehikel? Nur durch Testfahrten unter realen Bedingungen! Mit der Zulassung gibt der Veranstalter der WSC dafür eine Landstraße abseits des Stuart Highways frei. Die Cox Peninsula Road führt auf eine Landzunge westlich von Darwin durch die Feuchtgebiete, die den Meeresarm von Darwin umschließen. Der Straßenbelag ähnelt dem Stuart Highway, extrem rau und natürlich heiß stellt er die Reifen auf eine harte Belastungsprobe. Vor dem Start zur Testfahrt gilt es aber erst einmal die mechanische und elektrische Checkliste abzuarbeiten. Wie im Flugzeug werden alle sicherheitsrelevanten Systeme und Bauteile noch einmal überprüft. Die Festigkeit der Radmuttern, Fahrwerkskomponenten, elektrische Anschlüsse, Beleuchtungseinheiten, Bremsen – die Liste füllt mehrere Din A4-Seiten. Eine Unterschrift des verantwortlichen Mechanikers oder Elektrikers quittiert den ordnungsgemäßen Zustand und es kann endlich losgehen.

Das deutsche Team ist nicht allein unterwegs. Auch wenn nur wenige „normale“ Fahrzeuge unterwegs sind, trifft man den einen oder anderen Sonnenwagen. Die Teams von Nuon und Umicore testen ihre neuen Solarflundern und jagen mit Geschwindigkeiten nahe 100 km/h über den Asphalt. Insbesondere das holländische Nuon-Team steht unter Erfolgsdruck. Nachdem sie sich beim letzten Wettbewerb nach vier Siegen in Folge der japanischen Tokai University geschlagen geben mussten, wollen sie in diesem Jahr den Titel zurückholen. Konsequent auf Sieg getrimmt, sehen diese Fahrzeuge aus wie fahrende Tischtennisplatten. Zum Fahrertraining gehört sicher auch ein Yogakurs, anders sind der Einstieg und das stundenlange Fahren wohl nicht zu bewerkstelligen.

Aus dieser Spitzengruppe hat sich die Hochschule Bochum schon 2007 bewusst verabschiedet. Mit SolarWorld No. 1 zeigten die deutschen vor vier Jahren erstmals einen Sonnenwagen, der einen wirklich bequemen Sitzplatz vorzuweisen hatte. Platz 4 bei der WSC 2007 trotz der großen projizierten Frontfläche, die sich zwangsläufig aus dem alltagstauglichen Design ergeben hat. Vier Räder und in diesem Jahr zwei Türen und Sitze sind die nächsten logischen Entwicklungsschritte in Bochum gewesen, um zu zeigen, wie nahe man dem „normalen Auto“ kommen kann.

Zurück auf die Teststrecke: 500 Kilometer mehr auf der „Uhr“ von SolarWorld GT – so lautet die nüchterne Bilanz des Tages. Reifenwechsel am Straßenrand geübt, Konvoi fahren, Fahrzeugchecks im Renntempo – 2 Wochen vor dem Start des Wettbewerbs laufen die Vorbereitungen perfekt für die Studierenden aus Bochum.


07. Oktober 2011: Gipfeltreffen

Besuch des belgischen Umicore-Teams in der Werkstatt der Bochumer Studenten zum Erfahrungsaustausch. Reifen sind in diesen Tagen ein wichtiges Thema in der Solarcar-Gemeinde. Der Markt ist begrenzt, Michelin bietet schon über lange Jahre spezielle Reifen an, leider nur in sehr geringen Stückzahlen. Entsprechend begehrt sind die Pneus aus Frankreich. Der deutsche Hersteller Schwalbe engagiert sich für das Team aus seinem Land und entwickelt spezielle Reifen für SolarWorld GT. Reifentechnisch ist die Quadratur des Keises gefragt: Man will einen sehr kleinen Rollwiderstand, um den Energieverbrauch in Form von Rollreibung klein zu halten. Gleichzeitig stellen der raue Asphalt und die Temperatur auf Australiens Straßen extreme Anforderungen an die Verschleißfestigkeit.

Am nächsten Tag steht eine erneute Testfahrt auf dem Programm. Wieder trifft man das NUON-Team, diesmal ausnahmsweise nicht im Tiefflug. Sorgfältig inspizieren die Sonnewagenexperten gegenseitig die neuen Kreationen aus Holland und Deutschland. Bewunderung auf beiden Seiten, auch wenn klar ist, dass hier zwei Welten aufeinander treffen. „Wir bauen den Ferrari, Ihr den Wagen für den Alltag“, konstatiert ein holländisches Teammitglied. Sicher gilt das für den Geschwindigkeitsunterschied in der Spitze, aber selbst ein italienischer Sportwagen hat einen bequemeren Einstieg….

Schon lange Jahre die graue Eminenz im Hintergrund des Teams aus den Niederlanden: Der Ex-Astronaut Wubo Ockles. Mit seinen exzellenten Kontakten zur ESA und anderen Hochtechnologie-Unternehmen bringt er schon seit 2001 alle zwei Jahre ein technologisches Spitzenprodukt auf die Straße, das bis auf 2009 immer den Wettbewerb gewonnen hat.

Ein Motorcontrollerfehler unterbricht die weitere Testfahrt des Bochumer-Teams. Der Controller arbeitet zwar noch, aber zur Sicherheit und zum Training wird er gegen ein Austauschgerät gewechselt.

Für das Wochenende ist ein zweitägiger Ausflug geplant. Ein voller Wettbewerbstag soll simuliert werden, inklusive Übernachtung und Frühstück im Busch. Schon am kommenden Mittwoch steht das Scrutineering, die technische Abnahme des Veranstalters an. Noch eine gute Woche bis zum Start der WSC.


12. Oktober 2011: Reifeprüfung

Wer an den Start der World Solar Challenge gehen will, muss sich vorher eine ausführliche Prüfung seines Sonnenwagens gefallen lassen. Bei 36 Teams aus aller Welt eine Menge Arbeit für die Tester des Veranstalters, die in einer großen und zum Glück klimatisierten Ausstellungshalle zunächst mehr oder weniger statisch prüfen, ob alle vorgeschriebenen Regeln beim Bau des jeweiligen Prototypen eingehalten worden sind. Dazu gehört z.B. neben der Fläche der verbauten Solarzellen auch die Rundumsicht des Fahrers, die Funktion der Feststellbremse, die Beleuchtungseinrichtungen und die Sicherheit der gesamten elektrischen Anlage. Etwas dynamischer wird es, wenn der Notfallausstieg aus dem Fahrzeug demonstriert werden muss. Innerhalb von 15 Sekunden muss der vorher angeschnallte Fahrer ausgestiegen sein. Insbesondere enge Cockpits sind hier von Nachteil. Das deutsche Team überzeugt in dieser Disziplin einmal mehr. Felix Burmeister schafft sogar den Ausstieg aus der benachbarten Beifahrertür anstatt der Fahrertür in der vorgeschriebenen Zeit.

Bewunderung erfährt SolarWorld GT nicht nur für sein vorbildliches und sicheres Innenraumdesign. Ständig umlagern andere Teams das Auto aus Bochum, um sich im Detail anzuschauen, was die „verrückten“ Deutschen da wieder gebaut haben. Eine Mischung aus Neid, Bewunderung und Unverständnis schlägt den Studierenden aus Bochum entgegen. Übereinstimmend loben aber alle die extrem hohe handwerkliche Qualität der Laminierarbeiten mit dem Leichtbauwerkstoff Kohlefaser.

Noch einmal spannend wird es bei der Abnahme der Elektrotechnik. Die Verwendung von einfach isoliertem Draht bei der Verkabelung der Powerpoint-Tracker will der Prüfer Prof. John Storey aus Sicherheitsgründen nicht durchgehen lassen. Erst längere Diskussionen zur gewählten Kabelführungsstrategie können schließlich vom gewählten Isolationskonzept überzeugen. Ein aufwendiger Umbau wird so unnötig.

Erst am Samstag müssen die Bochumer Studierenden wieder ran: Die dynamischen Tests stehen auf dem Programm. Der Bremsweg und die Fahrstabilität werden geprüft und schließlich geht es um die schnellste Runde, die die Startaufstellung bestimmt.


13. Oktober 2011: It’s a statement

Tag 2 der technischen Abnahmen des Wettbewerbs. Heute stehen die Wagen in der Halle, die vermutlich um Platz 1 fahren werden. Vorjahressieger Japan von der Tokay Universität überzeugt mit einem extrem aufgeräumten Fahrzeug, das auf den Namen Toray hört. Technisch perfekt bis ins Detail bleibt nur noch die Frage, ob das alles von den japanischen Studierenden selber gebaut worden ist. Skurril ist die DIN A6 große handgeschriebene Bedienungsanweisung, die im Cockpit klebt. Kleine Shinto-Zeichen verzieren außerdem den Fahrerplatz und zeigen die Religiosität des Fernostteams.

Die Konkurrenz kommt aus Holland. Das Nuon-Team steht unter Erfolgsdruck. Nach 4 Siegen in Folge haben sie 2009 den Titel an die Japaner abgegeben und wollen jetzt wieder gewinnen. Technisch genauso elaboriert wie das Sonnenauto von der fernöstlichen Insel überzeugt Nuna6 mit deutlich mehr aerodynamischer Entwicklung. Dagegen soll der Solargenerator der Japaner leistungsfähiger sein. Beide Teams gehen mit 6 qm Siliziumzellen an den Start, bei dem gewählten flachen Design die einzig sinnvolle Entscheidung. Die Regelalterantive 3 qm Gallium-Arsenid haben die Bochumer gewählt, da eine größere Fläche nicht senkrecht zur Sonne auf SolarWorld GT zu platzieren gewesen wäre. Um die vorderen Ränge wird es für den deutschen Wettbewerbsbeitrag nicht gehen. Die Alltagstauglichkeit und der dadurch nötige große Fahrzeugquerschnitt, projezierte Frontfläche genannt, bedingt trotz hervorragendem cw-Wert von 0,138 einen Windwiderstand, der in Verbindung mit der zur Verfügung stehenden Energie eine Durchschnittsgeschwindigkeit um die 55 km/h erzwingt. Der Kommentar einer Holländerin fasst die Intention von SolarWorld GT kurz und knapp zusammen: „It’s a statement!“

Aus aller Welt kommen Solarcars nach Australien. In diesem Jahr zählen u.a. Korea, Italien, die Schweiz und Chile zu den seltener gesehenen Teilnehmerländern. Die Koreaner von der Kookmin University haben offensichtlich ein sehr kleines Budget zur Verfügung. Dementsprechend rudimentär zeigt sich der Fahrzeugaufbau, der in wesentlichen Teilen aus Sperrholz gemacht ist. Ungewöhnlich auch der Antrieb: 6 Motoren sind über ein Getriebe zusammengeschaltet, das über eine Kette das Hinterrad antreibt. Sowohl das italienische als auch das Schweizer Team besteht aus Privatleuten, die von Firmen unterstützt werden. „Emilia2“ aus Italien zeigt als Innovation im Starterfeld ein Schiebedach. Der Ein- und Ausstieg wird dadurch nicht unbedingt schneller oder einfacher. Das Fahrzeug soll aber vom Know How der Ingenieur-Fakultät der Universität Bologna profitiert haben…

In der Werkstatt der deutschen Studierenden wird heute aufgeräumt. Morgen früh um 8 Uhr holt Logistik-Sponsor DHL den Container ab, der in Adelaide auf die Ankunft von SolarWorld GT warten wird. Am Abend sind die lokalen Unterstützer als kleines Dankeschön zum Grillen geladen. Dazu gehören die Werkstatt-Mitarbeiter, in deren Halle die Deutschen arbeiten durften und Richard Summerauer, der sich schon viele Jahre für die Bochumer um die Logistik in Darwin kümmert. Auch Hans Gochermann wird erwartet, der nicht nur SolarWorld GT mit seinen Solarzellenlaminaten ausstattet. Viele der Top-Teams setzen auf Solargeneratoren von Gochermann made in Germany.


14. Oktober 2011: Auf der Rennstrecke

2 Tage noch bis zum Start der World Solar Challenge. Nach der bestandenen technischen Abnahme dreht SolarWorld GT heute Testrunden auf dem Hidden Valley Race Track. Diese Rennstrecke sieht normalerweise großvolumige V8-Boliden, die röhrend über die Piste brettern. Heute und morgen steht die Strecke den Sonnenwagen aus aller Welt zur Verfügung. Zum ersten Mal dabei ist ein Team aus dem Iran. Schon mehrmals angemeldet, haben es die Perser in den vergangenen Jahren nicht geschafft, in Australien pünktlich in Australien zum Wettbewerb anzukommen. Der Nahe Osten ist außerdem mit Saudi-Arabien vertreten. Beide Teams sind erst in dieser Woche in Darwin angekommen. Der Zustand der Fahrzeuge lässt noch mehrere Nachtschichten für diese Teams erwarten.

Die ersten handstoppten Rundenzeiten von 2 Minuten 20 Sekunden, gefahren von Tim Schlinkmann, lassen hoffen, dass auch SolarWorld GT einen Startplatz unter den ersten zehn erreichen kann. Der BOcruiser war hier vor 2 Jahren mit 2 Minuten 8 Sekunden unterwegs, was für Starplatz 3 gereicht hat. Man darf also gespannt sein, ob sich SolarWorld GT mit seinen 4 Rädern und den entsprechenden Vorteilen gegenüber den Dreirädern in Kurven morgen im Qualifying behaupten kann. Denn in der Endgeschwindigkeit auf der langen Geraden kann der gelbe Flitzer mit seinen knapp 90 km/h zurzeit mit den Spitzenteams, die mit über 100km/h unterwegs sind, nicht mithalten.

Das Interesse der australischen Medien ist ungebrochen. Neben diversen Zeitungen, die berichten, will morgen der Sender ABC in seiner Morning Show den Wetterbericht aus SolarWorld GT auf der Rennstrecke übertragen.

Heute Abend lädt die Ministerpräsidentin des Northern Territory zum Empfang für alle Solarcar-Teams in das Parlamentsgebäude mitten in Darwin. Der Dresscode auf der Einladungskarte schreibt eine Krawatte für die Herren vor. Dieses Kleidungsstück findet sich nicht in den Koffern der Bochumer. Das Team-Poloshirt muss reichen.


15. Oktober 2011: Enge Kurven, schnelle Runden

Schreck in der Abendstunde: Nach dem intensiven Kurventraining auf der Rennstrecke zeigen sich beim abschließenden Fahrwerkscheck Risse in beiden Dreieckslenkern im vorderen Fahrwerk. Trotz 2.000 Testkilometern tauchen diese Defekte erst jetzt auf, denn die Belastung in den schnell gefahrenen Kehren mit starkem Beschleunigen und Bremsen ist außergewöhnlich. Es gibt fertige Ersatzteile, so ist der Schaden schnell behoben. Trotzdem werden noch am Abend bei einer örtlichen Mechanikwerkstatt weitere Teile beauftragt, die für das Bochumer Team kostenfrei bis Samstagnachmittag gefertigt werden.

Frühes Aufstehen am Morgen, um 7:30 Uhr will das Team auf der Rennstrecke sein. Arthur Polit soll die schnelle Runde fahren. Ein Platz unter den ersten zehn wäre schön, der BOcruiser hat hier mit Platz 3 am Start die Latte sehr hoch gelegt. Volles Risiko verbietet sich aber, denn das Fahrwerk scheint empfindlich auf die Kurven der Rennstrecke zu reagieren. Nuna6 legt mit 2 Minuten und 2 Sekunden eine Topzeit vor, die kaum zu schlagen ist. SolarWorld GT geht gegen 9 Uhr auf die Strecke. Schon jetzt herrschen mit 30 Grad Celsius im Schatten knallharte Bedingungen für die Fahrer, die im Solarcar auf die Startfreigabe warten. Bei SolarWorld GT stehen beide Türen auf, um wenigsten etwas Durchzug für Arthur zu erzeugen. Los geht es und der gelbe Sonnenwagen startet in die Aufwärmrunde. Mit fliegendem Start spurtet SolarWorld GT in die entscheidenden Kurven. Wo andere Dreiräder schon umkippen würden, driftet SolarWorld GT elegant durch die enge Kehre vor der Zielgerade. 2 Minuten 12 zeigt die Stoppuhr, das sollte für einen Startplatz unter Nummer 10 reichen. Stabilitätstest und Bremsprüfung werden mit 50 Kilometer pro Stunde statt mit den geforderten 35 km/h gefahren und ohne Probleme gemeistert. Begeisterter Empfang an der Box für Arthur Polit. Das Auto ist dicht umringt von zahlreichen Kameras und Schaulustigen. Auffällig viele Nuon-Shirts sind zu sehen. Kommentar eines Holländers voller Bewunderung: „It’s a car!“

Der Lohn des Tages: Das Nummernschild mit der Bezeichnung „SUN 11“, die offizielle Zulassung des Nothern Territory für den öffentlichen Straßenverkehr, gültig bis zum Ziel in Darwin.

Morgen ab 8:30 Uhr starten die Sonnenwagen vor dem Parlamentsgebäude in der Innenstadt von Darwin. Die Startflagge wird die Ministerpräsidentin bedienen. Das Abenteuer beginnt.


16. Oktober 2011: Fehlstart

Startaufstellung am frühen Morgen vor dem Parlamentsgebäude von Darwin. Eine Kapelle spielt auf für die 35 Teams aus aller Welt. Starplatz 9 für SolarWorld GT. Felix Burmeister wird die erste Etappe fahren und posiert cool mit Helm im Arm für die Fotografen und Kameraleute, die auch heute wieder ihre Linsen auf den gelben Wagen aus Bochum richten. Leichte Hektik, als Felix das Fahrzeug einschalten will. Der CAN-Bus, der alle wesentlichen Funktionen steuert, steigt immer wieder aus. Matthias Drossel prüft alle entsprechende Steckverbinder und scheint den Fehler im Heck des Sonnenwagens gefunden zu haben.

Die Startzeit rückt näher, die ersten Solarcars rollen zur Startlinie. Twente geht als Überraschungssieger des Qualifying als erster auf die Straße, gefolgt von Nuna und Michigan. Als es für die Bochumer Studierenden losgehen soll – wieder ein kompletter Systemausfall! Die Motorcontrollerplatine wird als Fehlerquelle ausgemacht. Reparaturversuche scheitern, als Notlösung übernimmt ein Laptop die Steuerfunktion für den CAN-Bus. Mit knapp zwanzig Minuten Verzögerung startet endlich auch für SolarWorld GT die World Solar Challenge 2011 und damit die Weltumrundung.

Knapp 50 km/h lautet die angesagte Geschwindigkeit. Mehr lässt die aktuelle Sonneneinstrahlung in Verbindung mit den Verbrauchswerten nicht zu. Damit muss man sich mit speziellen Regeln der WSC auseinandersetzen, die eine Mindestgeschwindigkeit und so eine späteste mögliche Ankunftszeit an den Kontrollstopps vorschreiben.

Katherine heißt der erste dieser Punkte heute bei Streckenkilometer 316. Um 15:30 Uhr schließen hier die „Pforten“. Ab 14:30 Uhr kommt der Solarcar auf den Hänger, um 15:24 Uhr wird Katherine erreicht. Um kurz vor vier nach der vorgeschriebenen halbstündigen Pause geht es weiter mit Sonnenenergie. Die Schatten werden länger. Fast 400 Kilometer wurden heute überwunden, auch wenn der Start etwas holperig geraten ist.

Jede Mannschaft nimmt einen Schiedsrichter mit an Bord des hinteren Begleitfahrzeuges. Rick ist ein alter Bekannter des deutschen Teams und hat vor vier Jahren zum ersten Mal einen Spitznamen für einen Bochumer Sonnenwagen erfunden. SolarWorld No.1 wurde von ihm zum „Sexiest Solarcar of the World“ erklärt, kurz Sexy World No.1. SolarWorld GT heißt ab heute auch „Bochum Beauty“.


17. Oktober 2011: Ein Viertel geschafft!

Um 6 Uhr steigt die Sonne über den Horizont und vor dem Start um 8 Uhr kann noch 2 Stunden in die Batterien geladen werden. Gestern Abend hat die Elektrikcrew intensiv an der Beseitigung des CAN-Bus –Fehlers gearbeitet, damit SolarWorld GT pünktlich losfahren kann. Nebenan hat das MIT-Team übernachtet. Genauso wie bei den Bochumern laufen alle zunehmend schneller hin und her und laute Rufe schallen durch das Lager je mehr der Zeiger auf die acht vorrückt. Im Gegensatz zum gelben Sonnenwagen, der auf die Sekunde losrollt, bleibt das MIT-Fahrzeug zunächst stehen und kommt erst mit 10 Minuten Verspätung zurück auf den Highway.

Die Strategie der Deutschen heute: Einen kompletten Tag solarbetrieben fahren. 45 km/h lautet die errechnete, sinnvolle Durchschnittsgeschwindigkeit, die im Solarcar per Tempomat gehalten wird. 500 Watt braucht SolarWorld GT in dieser Betriebsart.

Der Himmel verspricht reichlich Sonnenstrahlen, auch wenn leichte Dunstschleier in den höheren Luftschichten wahrzunehmen sind. Derzeit fällt es schwer abzuschätzen, auf welchem Platz sich SolarWorld GT befindet. Ständig sieht man andere Teams mit Defekten am Straßenrand oder wird überholt. Wer nicht trailert und die gesamte Strecke auf den Rädern des Solarcars überwindet, wird auf jeden Fall vor dem Team platziert, die ihren Sonnenwagen huckepack genommen haben.

Für die Weltumrundung sind die Etappen auf dem Hänger unkritisch, denn die Länge der Geplanten Strecke um den Globus liegt weit über den vom Guinness-Buch geforderten knapp 30.000 km.

Für die Platzierung bei der WSC zählt zunächst die Zeit und danach, wenn getrailert wurde, die Anzahl an gefahrenen Solarkilometern. Wer wie viel Strecke mit dem Hänger gefahren ist, findet sich bei dem Kontrollstopp auf keiner ausgehängten Liste. Nur die Ankunftszeiten werden auf einer für alle sichtbaren Tafel notiert. Danach liefern sich Nuon und Tokai ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am zweiten Halt in Dunmarra bei Streckenkilometer 633 sind die Sonnenflitzer auf die Minute gleich angekommen, 4 Minuten dahinter Michigan aus den Staaten. Eine Stunde später fährt das Verfolgerfeld angeführt von Aurora/Australien mit Apollo/Taiwan und Twente/Holland.

Der Himmel wird gegen 15 Uhr immer mehr von Schleierwolken bedeckt. Die solare Leistung, die um die Mittagszeit um 200 Watt über dem Verbrauch lag, sinkt nun so, dass ein Teil der Vortriebsenergie aus der Batterie kommen muss. Ein völlig normaler Verlauf, bei dem die strategische Kunst darin besteht, die Batterie an jedem Tagesende etwas mehr entladen zu haben, um am Ende in Adelaide mit nahezu leeren Akkus anzukommen.

Der Tageshalt liegt heute ca. 10 Kilometer hinter der Siedlung Elliot bei Streckenkilometer 746. Ein Viertel des Stuart Highways liegt hinter SolarWorld GT.


18. Oktober 2011: Buschfeuer

Schon gestern Abend verbreiteten sich erste Gerüchte, dass der Stuart Highway wegen Buschfeuern nördlich von Alice Springs gesperrt sei. Entsprechend standen die führenden Teams an der Straßensperre fast 4 Stunden und konnten erst heute Morgen wieder weiterfahren. Die Organisatoren haben daher beschlossen, auch alle anderen Teams so lange warten zu lassen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle herzustellen.

Die Auswirkungen der Buschfeuer kann man auch weiter nördlich schon deutlich sehen und riechen. Ein grauer Dunstschleier hängt über dem Horizont, der Geruch von verkohltem Holz liegt in der Luft. Kilometerlange Streifen von verbranntem Buschwerk säumen die Straße. Wenn das Feuer schon länger abgebrannt ist, sprießt auf der schwarz verbrannten Erde frisches Grün. Selbst einige Bäume mit scheinbar verkohlten Stämmen treiben in der Krone neue Blätter aus.

SolarWorld GT startet den Tag auf dem Hänger. Auf dem Dach des Trailers wird dabei ab heute der größere Teil des Sonnengenerators montiert, um auch während der Anhängerfahrt laden zu können.

Um halb zehn stoppt der Tross von Begleitfahrzeugen, Zugmaschine und Hänger. In 9 Minuten ist das Solarcar abgeladen und der Generator vom Trailer auf das Kohlefaserdach ummontiert. Felix Burmeister sitzt am Steuer und wird die zwei Stunden bis Tennant Creek fahren. Dort trifft man auf zwölf weitere Teams, die hier ihre vom Buschfeuer verursachte Wartezeit absitzen müssen. Optimales Laden heißt jetzt die Devise. In der prallen Mittagssonne natürlich ohne Schatten ein langweiliger und schweißtreibender Job für die Array-Crew. Erst um kurz vor fünf dürfen die Bochumer Studierenden weiterfahren. Bis dahin bleibt Zeit, Tennant Creek zu erkunden, was aber angesichts der Größe des Ortes in weniger als einer Stunde zu schaffen sein dürfte. Immerhin gibt es ein funktionierendes Mobilfunknetz mit Datendiensten, sodass auch diese Meldung ihren Weg heute ungewöhnlich schnell nach Deutschland findet.


18. Oktober 2011 (Nachtrag): Batteriefeuer

Es schien eigentlich ein ruhiger Nachmittag zu werden. Der Parkplatz, auf dem der Kontrollstopp in Tenannt Creek liegt, füllt sich mit immer mehr Solarcars und deren Begleitfahrzeugen, die Sonnenpanels ausgerichtet, um Energie einzufangen. Um 16 Uhr hat Tim Skerra das Bochumer Team versammelt, um den weiteren Tagesplan zu klären, als dicker, weißgrauer Rauch aus dem benachbart stehenden philippinischen Solarcar aufsteigt. So brennen nur Batterien, das ist den Bochumern sofort klar, den philippinischen Teammitgliedern offensichtlich nicht, denn sie stehen hilflos um ihr Fahrzeug und ahnen nicht, in welcher Gefahr sie schweben.

Wenn sich Lithium-Batterien entzünden, entsteht ein Brand mit Temperaturen von ca. 1.500 Grad Celsius, der nur schwer zu löschen ist. Explosionen sind jederzeit möglich, abhängig vom Typ des Batteriegehäuses.

Jetzt zeigt sich der Sinn der Sicherheitsunterweisungen beim deutschen Team. Felix Burmeister macht den Ahnungslosen klar, was los ist und scheucht die Neugierigen der anderen Teams weg. Kyril Lugovyi und Tim Skerra holen die Feuerlöscher, Andreas Bullach und Stefan Benninghoff greifen die Sandeimer, die für solche Fälle im Sicherheitsequipment der Bochumer bereitstehen.

Bei Metallbränden wie diesem versagt das klassische Löschmittel Wasser. Mit Pulver- und Kohlendioxid-Löschern und dem Sand starten die vier Studenten einen ersten Löschangriff. Das Feuer greift zwar nicht auf die leicht brennbare Kohlefaserkarosse über, die Rauchentwicklung wird aber so stark, dass weitere Löschversuche wegen der giftigen Rauchgase nicht mehr ohne Atemschutz möglich sind. Inzwischen haben auch viele andere auf dem Platz begriffen, wie dramatisch die Situation am philippinischen Solarcar ist. Hektisch werden andere Sonnenwagen weggeschoben. Polizei und Feuerwehr von Tenannt Creek rücken an. Felix Burmeister wird von Observer Rick gebeten, die örtlichen Rettungskräfte in die besondere Gefahrenlage einzuweisen. Eine erste Inspektion der Brandstelle erfolgt unverständlicherweise trotzdem ohne Atemschutz. Erst nachdem Felix noch einmal das Gefahrenpotential deutlich macht und eine konkrete Löschstrategie vorschlägt, packen die Feuerwehrmänner die Pressluftflaschen aus.

Die deutsche Batteriesicherheitskiste wird zur Hälfte mit Sand gefüllt, dann holen die Brandretter mit Hilfe von Schaufeln die rauchenden Batterieboxen aus dem Solarcar und bedecken sie in der Kiste mit weiterem Sand. Langsam aber sicher steigt immer weniger Rauch aus der Kiste. Das Feuer erstickt.

Per Satelittentelefon bedankt sich Veranstaltungsdirektor Chris Sellwood noch am Abend bei Team-Chef Tim Skerra für den souveränen Einsatz und das perfekte Sicherheitsmanagement in dieser extrem gefährlichen Situation.


19. Oktober 2011: Und rollt und rollt…

SolarWorld GT geht heute wieder auf eigenen Rädern an den Start. Alice Springs, die Hälfte der Strecke, soll heute erreicht werden. Die Strecke führt durch das verbrannte Buschland bei Barrow Creek. Hier war die Strecke gesperrt. Noch immer liegt der beißende Gestank in der Luft, am Horizont stehen Rauchsäulen aktuell brennender Feuer.

Der Kontrollstopp, ursprünglich am Barrow Creek Hotel, wurde 100 Kilometer weiter nach Süden verlegt, um aus der Brandzone zu kommen. Tim Schlinkmann steigt hier erschöpft aus dem Solarcar. Selbst in einem derart bequemen Modell wie SolarWorld GT wird es bei 33 Grad Außentemperatur ohne Klimaanlage reichlich warm und bei 45 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit langweilig und deswegen auch anstrengend.

Arthur Polit soll die zweite Etappe des Tages fahren. Die Steppe an der Straße wird wieder grau-braun. Rot schimmert die Erde unter Gräßern und Büschen. Bis zu 40 Kilometern am Stück geht es hier schnurgeradeaus ohne eine Kurve.

Die Landschaft ändert sich kaum und Langeweile macht sich breit. Da kommt ein kleines Spiel gerade recht. „Solarcar-versenken“ funktioniert ähnlich wie „Schiffe-versenken“. „Wasser“ gibt es natürlich nicht, Koordinaten ohne Treffer werden stattdessen mit dem Wort „Outback“ quittiert. Zäh wie der Asphalt unter den Rädern fließt die Zeit dahin.

20 Kilometer vor Alice Springs auf einer Parkbucht wird das vierte Nachtlager aufgeschlagen. Der Himmel bedeckt sich, der Wetterbericht für die nächsten Tage klingt nicht überzeugend für Sonnenwagenfahrer.


20. Oktober 2011: Feuer und Wasser

Der Tag startet wie gewohnt, wenn auch fünf Minuten früher, denn die Sonne steht von Tag zu Tag früher am Himmel. Die Array-Crew baut die Solar-Panels auf und wartet darauf, dass der Energiespender endlich hinter dem Wolkenband hervorkommt, das am Horizont gen Osten solares Laden verhindert.

Gestern wurde im Team diskutiert, wie man den Rest des Wettbewerbs absolvieren will. Nur wenn man möglichst viele solare Kilometer vorweisen kann, kommt man auf eine Platzierung um Rang 15. Das bedeutet aber auch, dass man erst am späten Samstagnachmittag in Adelaide ankommt und damit aufgrund der zu erwartenden geringen Zuschauerzahlen wenig Aufmerksamkeit für das deutsche Solarcar-Konzept erregt.

Die Fraktion, die möglichst weit vorne im Wettbewerb abschließen möchte, ist etwa genau so groß wie diejenige, die die Öffentlichkeitsarbeit für wichtig hält und deswegen früher in Adelaide sein möchte.

Vor dem nächsten Kontrollstopp in Alice Springs, der schon kurz nach dem Start am Morgen erreicht wird, kommt es zu einer kleinen Ehrenrunde durch die Stadt. Die Fahranweisungen im Roadbook entsprechen nicht der Ausschilderung an der Straße, der man besser gefolgt wäre. Am Stopp stehen noch viele Solarcars, keiner weist die Ankömmlinge ein. Nach einer halben Stunde geht es weiter mit Sonnenenergie.

Um halb eins steigt Felix Burmeister aus dem Cockpit und Tim Schlinkmann geht ans Steuer. 4 Stunden Fahrzeit sind genug.

Die Einfahrt zum Lasseter-Highway kommt in Sicht. Hier geht es zum berühmten Uluru, wie der Ayers Rock in der Sprache der Ureinwohner heißt. Der 490-km-Umweg steht aber für die WSC nicht auf dem Programm.

Immer wieder ziehen Wolkenfelder vorbei. Trotzdem bleibt genug Energie für SolarWorld GT, um wieder mit 45 über den Stuart Highway zu rollen. Der Wetterbericht hat schlechtere Bedingungen prognostiziert und so bleibt es ein Pokerspiel, mit möglichst vielen Sonnenkilometern die Kontrollstopps in der vorgeschriebenen Zeit zu erreichen. Einen darf man auslassen, aber diesen Joker hat das Team schon für Kulgera gezogen. Morgen um 10 Uhr muss also Coober Pedy bei Streckenkilometer 2180 erreicht werden, sonst fliegt Bochum aus der Wertung. Selbst mit Trailern ein äußerst knappes Zeitkorsett!

Von Osten kommen dunkle Gewitterwolken. Voraus sieht man graue Schleier. Um 16 Uhr wird SolarWorld GT verladen, das Trailern beginnt. Nicht zu früh, denn kurze Zeit später klatschen die ersten Tropfen auf den Asphalt. Die grauen Schleier entpuppen sich im weiteren Streckenverlauf als noch brennende Buschfeuer. Hier hat der Blitz wohl die Flammen entzündet haben. Kleine Brandherde reichen fast bis an die Straße. Es stinkt wie in der Räucherkammer. Der Regen entschärft die Situation, auch wenn die dazugehörigen Sturmböen das Anhängerfahren nicht leichter machen. 30 Kilometer hinter dem Roadhouse Marla soll der Lagerplatz aufgeschlagen werden. Das Zelten dürfte in dieser Nacht eine feuchte Angelegenheit werden.


21. Oktober 2011: Back for Gold

In der Nacht hat es geregnet wie lange nicht mehr in der Region. Gut gegen Buschbrände, schlecht für Solarcar-Teams, die zelten wollen. Im Konvoi mit fünf anderen Trailern haben die Bochumer kurz vor Einbruch der Dunkelheit noch Cadney Homestead, ein Roadhouse mit angeschlossenem Campingplatz, erreicht. Angesichts der Regengüsse, die vom Himmel gekommen sind, die richtige Entscheidung. Viele Zelte werden erst gar nicht aufgebaut. Die Schönwettermodelle würden diese Wassermassen nicht abhalten.

Heute Morgen geht es früh los, Trailern darf man vor 8 Uhr und auch nach 17 Uhr. Die Opalstadt Coober Pedy soll gegen 9 Uhr  das nächste Zwischenziel sein. Links und rechts der Straße tauchen die Abraumhalden der Opalminen auf, kleinere und größere rote Hügel wahllos über die weite Ebene verteilt. Vor dem Betreten der Fläche wird eindringlich gewarnt. Verlassene Minenlöcher sind nicht gesichert und auch die aktiven Abbaustellen entsprechen eher nicht den deutschen Sicherheitsstandards für Zechen.

Mit Glendambo und Port Augusta liegen noch zwei Kontrollstopps vor dem Ziel in Adelaide. Eine dicke Wolkendecke verhindert energetisch wirksame Sonneneinstrahlung. Trotzdem sind noch Solarcars auf dem Highway auf eigenen Rädern unterwegs. Auch am Straßenrand stehen Teams, die versuchen zu laden. Mit diesem Wetter ist für SolarWorld GT die WSC zu Ende, denn ab Port Augusta verbietet die südaustralische Polizei für alle Sonnenwagen ab Freitagmittag eine Weiterfahrt in den hektischen Wochenendverkehr der Metropole Adelaide. Wie viele solar gefahrene Kilometer am Ende zu verbuchen sind, muss man noch abwarten. Die Buchführung des Veranstalters in dieser Hinsicht ist etwas undurchsichtig. Auch auf den Internetseiten der WSC werden falsche Angaben gemacht.

Am Samstagmorgen dürfen die Studierenden aus Deutschland ihren Zieleinlauf zelebrieren. Die Sonne lacht auf den Wetterkarten für morgen - Showtime für SolarWorld GT.

Die ersten Plätze für den Wettbewerb wurden gestern schon vergeben. Tokai aus Japan hat zum zweiten Mal hintereinander gewonnen, an zweiter Stelle kam Nuna6 über eine Stunde später durchs Ziel. „Back for Gold“ war der Leitspruch der Holländer in diesem Wettbewerb. Das wird wohl noch mindestens zwei weitere Jahre dauern…


22. Oktober 2011: Im Ziel am Anfang

Was wie ein fernöstliches Rätsel klingt, bedeutet die Realität für SolaWorld GT. Das Ende der World Solar Challenge ist erreicht, der Anfang der Weltumrundung ist gemacht.

Kurz vor Mittag rollt der gelbe Sonnenwagen aus Bochum auf den Victoria Square im Herzen von Adelaide. Donnernder Applaus empfängt das 30-köpfige Team, das mit seiner Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit viele Freunde in der internationalen Solarcarszene gefunden hat.

Der Zieleinlauf erfolgt natürlich mit zwei Personen. Tim Schlinkmann und Tim Skerra steigen aus und zeigen, wie viel Platz Bochum Beauty bietet: Das Feier-Bier kommt direkt aus dem deutschen Sonnenwagen!

Blauer Himmel macht die vergangenen grauen Tage vergessen, in strahlendem Sonnenschein geht es in den Springbrunnen auf dem Platz, ein traditioneller Ritus für alle Solarcar-Fahrer. Um die Show abzurunden, zeigen die Bochumer auch in diesem Jahr, dass ein Burn Out auch mit einem Sonnenwagen funktioniert.

Ständig kommen weitere Teams auf den Platz. Das Wetter der letzten Tage hat alle am Fortkommen gehindert. Nur drei Sonnenwagen waren bis Freitagabend im Ziel, ein Novum in der Geschichte der WSC. Wer auf welchem Platz steht, ist spätestens ab Position 6 unklar.

Morgen Abend werden alle Preise bei der großen Awards Night verliehen. Man darf gespannt sein, ob auch für das deutsche Team eine Ehrung ansteht.


23. Oktober 2011: Bochum Beauty

Was Observer Rick schon ganz am Anfang des Rennens wusste, ist nun offiziell: Der schönste Sonnenwagen der Welt kommt wieder aus Bochum. Während der Awards Ceremony bekam Tim Skerra den Design Award stellvertretend für das ganze Team überreicht.

37 Teams aus 31 Nationen hatten sich im Adelaide Convention Centre eingefunden, um den Abschluss der World Solar Challenge zu feiern. Veranstaltungsdirektor Chris Selwood wies in seiner Rede noch einmal auf die außergewöhnlichen Umstände des diesjährigen Wettbewerbs hin. Nur 7 Sonnenwagen haben die komplette Distanz von 3.000 Kilometern geschafft, alle anderen mussten für mehr oder weniger viele Teilstücke ihr Solarcar auf den Anhänger laden, um in der vorgeschriebenen Zeit nach Adelaide zu kommen. In der Wertung landet SolarWorld GT dabei mit solar gefahrenen 1454 Kilometern nur auf Platz 21. Erstaunlich bleibt bei näherem Hinschauen auf die Liste, dass sich Solarcars wie das der Philippinen und von Umicore, die aufgrund von Batterieschäden ihre Energiespeicher komplett getauscht haben und vermutlich durch vollgeladene Sätze ersetzt haben, vor den deutschen platzieren konnten. Ein bisschen Enttäuschung ist bei den Studierenden zu spüren. Für den gebotenen Einsatz hatten sich viele von ihnen einen Listenplatz deutlich weiter vorne erhofft.

Die Veranstaltung beginnt traditionell mit einer Demonstration von Aborigines-Kultur. Vier australische Ureinwohner zeigen rituelle Tänze begleitet von einem Didgeridoo, ein Blasinstrument aus dem ausgehöhlten Holz von Eukalyptus.

Ein Video fasst in knapp 15 Minuten die Höhepunkte des Rennens zusammen. Immer wenn ein Solar-Fahrzeug im Bild zu sehen ist, ertönt Applaus und Geschrei von den jeweiligen Machern.

Ein bewegender Höhepunkt des Abends wird die Verleihung des Awards „Spirit oft he Event“, benannt nach David Fewchuck, dem langjährigen Teammanager von Aurora aus Australien. Er starb letztes Jahr überraschend. Lang anhaltender, stehender Applaus würdigt die Verdienste dieses Solarcar-Pioniers, den viele gut kannten. Erster Preisträger dieses neu benannten Awards wird zu seiner großen Überraschung Chris Selwood. Damit würdigt das Komitee die langjährigen Verdienste von Chris, der das Ereignis World Solar Challenge zu dem gemacht hat, was es jetzt ist.

Nachdem die ersten drei platzierten Teams ihre Trophäen überreicht bekommen haben, geht es zum Abschieds-Umtrunk in die Bar des Kongresszentrums.

Zum dritten Mal in Folge nimmt das deutsche Team der Hochschule Bochum den Design Award für das schönste und innovativste Solarcar der Welt mit nach Hause. Seit dem Jahr 2007 wird der Preis vergeben, immer ging er bisher nach Bochum. Schon lange vor dem Wettbewerb war den Sonnenwagenbauern aus der Revierstadt klar, dass SolarWorld GT nicht vorne mitfahren konnte. Trotzdem stand das gelbblaue Beispiel deutscher Ingenieurskunst in Australien immer im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Ein Botschafter für die nachhaltige Mobilität der Zukunft will SolarWorld GT sein. Der Designpreis der WSC beweist, dass die Bochumer Elektromobilität weltweit Zeichen setzt. Beste Voraussetzungen für eine in diesem Sinne erfolgreiche Umrundung der Erde!


09. Oktober 2011: Rennsimulation unter realen Bedingungen

Am Freitag startet ein ereignisreiches Wochenende für das Bochumer SolarCar-Team, denn zwei Wettbewerbstage werden am Samstag sowie Sonntag unter realen Rennbedingungen auf der Cox Peninsula Road geprobt. Um 8 Uhr morgens rollen am ersten Renntag die Räder des Solarautos los. Kurz danach macht sich auch die Trailer-Crew auf den Weg. Zuständig für die Verladung des Equipments, bricht sie stets als letztes auf und bildet die Nachhut des Konvois. Diverse Situationen müssen geübt werden. Beispielsweise muss jedes Team an sogenannten Checkpoints eine halbe Stunde pausieren, um die Solarzellen des Sonnenflitzers effizient zu laden. Hierfür werden die Solarzellen vom Dach genommen und optimal von der Array-Crew in Richtung Sonne ausgerichtet, um maximale Energie zu erzeugen. Während der Rennsimulation treffen die Bochumer Studenten auf das Team Twente, eines der beiden holländischen Rennteilnehmer, und das belgische Team Umicore.

Um 17 Uhr endet der Renntag, doch auch nachdem die Räder zum Stehen kommen, muss das Team weitere Aufgaben meistern. Innerhalb von 15 Minuten gilt es beim Rennen eine baumfreie Fläche zu finden, um dort bestmöglich die Batterien solar zu laden und die Zelte aufzuschlagen. Bereits nach 4 Minuten, um 17:04 Uhr, wurde ein geeigneter Platz gefunden und so diese Herausforderung zufriedenstellend bewältigt. Während das Support-Team die Zelte aufstellt und die Küchen-Crew – mit den Chefköchen Jan Hintz und Matthias Heister– das Essen zubereitet, prüft das Rennteam die Systeme des Solarautos. Beim Campen versorgt die Solaranlage auf dem Dach des Trailers unter anderem eine Kühltruhe und einen Kompressor, mit dem die Reifen gefüllt werden, mit Strom. Nachdem für den nächsten Tag die Reifen gewechselt wurden, lassen die zufriedenen Studenten einen erfolgreichen Simulationstag am Lagerfeuer ausklingen.

Am nächsten Morgen um 5:30 Uhr startet der zweite Tag der Rennsimulation, denn pünktlich zum Sonnenaufgang um 6:30 Uhr wollen die Studenten vorbereitet sein. Bereits mit den ersten Sonnenstrahlen soll das Batterieladen beginnen. Um genau 8:04 Uhr, nach Einnahme eines Cerealien-reichen Frühstücks, ist das Bochumer SolarCar-Team wieder gestärkt auf der Strecke.

Ergebnis der letzten zwei Testtage sind eine über 700 km erfolgreiche Fahrt im SolarWorld GT und zufriedene Teammitglieder: Die Generalprobe ist gelungen!

Am Mittwoch, den 12.10. folgt dann die technische Abnahme zum Rennen...


World Solar Challenge 2011 - SolarCar Projekt Hochschule Bochum

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