American Solar Challenge 2008
Die American Solar Challenge 2008 startet am 13.07.2008 in Dallas und führt die Solarrenner dann über 4000 km bis zum Ziel ins kanadische Calgary.
Die Bochumer starten hier als eines der wenigen internationalen Teams. Die meisten Solarcars kommen aus US-amerikanischen Hochschulen.
Acht Monate ist es her, seit der letzte Renntagebucheintrag der World Solar Challenge erschienen ist. Von der North American Solar Challenge werden wir ab jetzt wieder in dieser Form berichten.
Die ersten 14 Teammitglieder sind wohlbehalten in Nordamerika gelandet und werden in insgesamt drei Teams wichtige Aufgaben zur Rennvorbereitung übernehmen. Während Martin Grünkemeier, amtierender Chef der Elektrotechnik- und Informatikabteilung, mit zwei weiteren Teammitgliedern die Eventstrecke per GPS aufzeichnet, überführt Team Zwei die Begleitfahrzeuge von Calgary nach Dallas. Dies scheint auf den ersten Blick ein unnötiger logistischer Aufwand zu sein, macht sich in den Kosten für die Mietwagen aber trotz gestiegener Benzinpreise deutlich bemerkbar. Zur Strategieoptimierung zeichnen alle Teams täglich das lokale Wetter auf, um so Prognosen aus Radio und Internet zu validieren und letztendlich eine zuverlässige Informationsquelle auszuwählen.
Unterdessen sorgen vier Teammitglieder unter der Leitung von Ralf Zweering, Hochschulmitarbeiter und ehemaliger Teamchef, direkt in Dallas für die nötige Infrastruktur. Wo finden sich Bau- und Supermärkte, wie an einen Internetanschluss kommen und die veranstaltungsrelevanten Orte vorab besichtigen - nur einige der zu erledigenden Aufgaben.
Kurz nach ihrer Ankunft in Dallas trafen sich die Bochumer mit Joachim Saupe. Über die Bundeswehr kam der gebürtige Deutsche nach Amerika und lebt seit 1981 in Fort Worth, Texas. Als er im Internet von der Teilnahme der Hochschule Bochum an der NASC’08 erfuhr, bot er spontan seine Hilfe an. Eine wertvolle Unterstützung, wie sich bald herausgestellt hat. Als Mitglied der North Texas Electric Auto Association interessiert sich Herr Saupe nicht nur für Elektrofahrzeuge. Er engagiert sich auch für die Experimental Aircraft Association von Arlington. Durch seine Kontakte konnte er einen ganzen Flugzeug-Hangar als Werkstatt und einen nahegelegenen Abstellplatz für den Seefracht-Container organisieren. Zusammen gute Voraussetzungen, um SolarWorld No.1 optimal für die NASC vorzubereiten.
Mittwoch acht Uhr morgens, Arbeitsbeginn in Forth Worth, Texas. Alexander Taege und seine Kommilitonen warten auf den Seefrachtcontainer aus Bochum. Vor genau 42 Tagen wurde der Container auf dem Gelände der Hochschule Bochum durch DHL abgeholt. Das weltweit bekannte Unternehmen mit Firmensitz in Bonn hatte erneut seine Unterstützung in allen Fragen der Logistik zugesagt. Vorläufiger Abstellplatz wird auf dem Firmengelände von Alble Machinery Movers sein, ein Kontakt, der ebenfalls durch Joachim Saupe hergestellt wurde. Herr Saupe versteht es, das Team nicht nur durch wertvolle Kontakte zu unterstützen. An diesem Mittwochmorgen erscheint er in weiser Voraussicht mit eigenem Anhänger und unterstützt so tatkräftig den Transport des Containerinhalts zur Werkstatt.
SolarWorld No.1 selbst ist noch nicht in den USA angekommen. Vom 12. bis zum 14. Juni Hauptattraktion des Messestandes der SolarWorld AG auf der Intersolar in München, reist das schönste SolarCar der Welt standesgemäß per Flugzeug an. Ganz ohne deutsches Fahrzeug sind die Bochumer aber nun nicht mehr. Im Container kam das teameigene Zugfahrzeug für den SolarCar-Anhänger. Die Mietgebühren in den USA für ein passendes Zugfahrzeug wären ähnlich hoch gewesen wie der Anschaffungspreis des Kombis mit passender Anhängerkupplung.
Heute reist eine weitere Gruppe nach Dallas und auch das erste Team aus Calgary mit den Mietfahrzeugen wird erwartet.
Der Flieger mit SolarWorld No.1 an Bord ist schon am 21. Juni in Houston gelandet. 2 Tage später waren dann endlich alle Zollfomalitäten erledigt und Michael Gospodorz und Ralf Zweering konnten mit dem mitgebrachten Teambus das Bochumer Gespann von Houston nach Dallas überführen, wo es sehnsüchtig erwartet wurde. Schon am 20. hatte die Gruppe, die zuständig für die Überführung der Mietfahrzeuge aus Callgary war, Dallas erreicht. Rechtzeitig, um auch das Hauptteam vom Flughafen abzuholen. Dessen Reise verlief planmäßig und auch die vielen technischen Komponenten im Gepäck sind ohne Beanstandung durch den Zoll gekommen. Angeschlagen hat der Drogenhund des Grenzschutzes nur bei den Lakritzbonbons von Johannes Schultze, was zu einer gründlichen Untersuchung des Gepäcks führte. Endlich angekommen ist auch das Gepäck von Teamchef Armin Nestler. Nachdem es in Calgary nicht empfangen werden konnte, versprach die Fluggesellschaft, es direkt ins Hotel nach Dallas zu liefern. Vielleicht ist auch hier das mitgebrachte Lakritz Grund für die Verspätung.
Die Zeit ohne Solarfahrzeug verstreicht nicht ungenutzt. Das Küchenteam spielt sich ein, der Hangar wird weiter den Bedürfnissen des Teams angepasst, die Begleitfahrzeuge ausgestattet, das soziale Netzwerk vor Ort ausgebaut und natürlich auch technische Aufgaben so weit wie möglich angepackt. Ein Meilenstein vor dem Event war die Zulassung von SolarWorld No.1 für die Vereinigten Staaten. Die rote Nummer für Prototypfahrzeuge aus Deutschland wird hierzulande leider nicht akzeptiert.
Das Küchenteam um Christian Hüwelmann und Johannes Schultze glänzt mit aufwendigen Gerichten. Als besondere Herausforderung gibt es täglich auch ein vegetarisches Gericht. Neben den Klassikern Spagetti mit Bolognese- oder Käse-Spinat-Sauce gab es ein Hähnchen-Curry-Gericht. Als dann mit Frikadellen und Kartoffelsalat ein urdeutsches Gericht serviert wurde, konnte sich das Team bei Herrn Saupe, als bekennenden Frikadellenfan, mit einer Einladung zum Essen für einen Teil seines außerordentlichen Engagements bedanken.
Montagabend gegen 20 Uhr geht der aufgeregte Ruf durch die Werkstatt: „Unser Auto ist da!“ Schnell ist der Anhänger entladen und jeder Zentimeter in Augenschein genommen. Nach erster Sichtprüfung scheint SolarWorld No.1 in bestem Zustand angekommen zu sein. Kaum fünf Minuten, nachdem der Sonnenflitzer auf amerikanischem Boden steht, fährt der erste Bewunderer vorbei. Nach einigen interessierten Fragen muss er los, um seinen Freund zu holen: „He godda see this.“
Für Samstag, den 28. Juni hatte das Team zum Tag der offenen Tür geladen oder zum „Open House“, wie der Amerikaner sagen würde. Von 10 bis 16 Uhr war das Hangartor für die Mitglieder der Experimental Aircraft Association sowie alle Freunde des SolarCar-Teams geöffnet. Für viele Besucher eine willkommene Gelegenheit, SolarWorld No.1 aus der Nähe zu erleben und Fragen zu stellen. Um die Kinderbetreuung kümmerte sich Teamchef Armin Nestler persönlich (siehe Bildergalerie). Unermüdlich chauffierte er die Kleinen auf dem Maskottchen des EAA Chapter 34 um den Hangar.
Die Studierenden aus Bochum arbeiten intensiv in zwei Schichten, um SolarWorld No.1 für die Reise durch Amerika vorzubereiten. Größter Brennpunkt der letzten Tage in der Mechanik war das neue hintere Fahrwerk. Ursprünglich stand SolarWorld No.1 noch auf drei Kohlefaserrohren pro Seite, die jetzt durch je eine ellipsenförmige Kohlefaserstrebe ersetzt werden. Dadurch kann das hintere Fahrwerk weniger tordieren und die Hinterräder berühren in extremen Kurvenfahrten nicht mehr die Radkästen. Das alte Fahrwerk kann leider nicht mehr eingesetzt werden, da die Offiziellen bei der technischen Abnahme der Solarfahrzeuge großen Wert auf schleiffreien Lauf der Räder legen.
Mittlerweile einsatzbereit ist die neue Feststellbremse. In der alten, handbetätigten Version wurde das Bremspedal per Seilzug gehalten und damit alle drei Räder festgestellt. Für die neue Umsetzung wurden zwei neue Bremszangen installiert, je eine pro Hinterrad. Diese werden ebenfalls per Bowdenzug über ein zusätzliches Fußpedal betätigt und gelöst.
Mit großem Engagement kümmern sich Jennifer Ostermann und Annika Bishop um den Ausbau der Begleitfahrzeuge. Ausgestattet mit CB Funk und Tischen für Telemetrie Laptops und elektronisches Roadbook, kann die Strategie nun ständig an die aktuelle Situation im Wettbewerb angepasst werden.
Am frühen Nachmittag ist mit Marius Kotyga das letzte studentische Teammitglied schwer bepackt in Dallas angekommen. Erwartet werden jetzt noch Herr Prof. Beese und Herr Prof. Biesenbach, die das Team während des Rennens begleiten.
Am vierten Juli vor 232 Jahren haben Amerikas Gründungsväter, darunter George Washington, Thomas Jefferson, Benjamin Franklin sowie weitere historische Berühmtheiten die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben und sich damit von den britischen Kolonialherren losgesagt und die Vereinigten Staaten von Amerika begründet. Ein für das Team weitaus wichtigeres Datum ist Sonntag der sechste Juli, an dem die Registrierung der teilnehmenden Teams zur North American Solar Challenge 2008 in Cresson Texas stattfindet. Hierbei geht es noch nicht um technische Dinge, welche tags drauf bei dem sogenannten Scrutineering überprüft werden, sondern mehr um formelle Dinge wie die Registrierung der SolarCarfahrer, Versicherungsnachweis und Übermittlung von Notfallinformationen wie Krankenkasse und eventuell notwendige medizinische Informationen jedes Teilnehmers.
Bis dahin arbeiten noch alle fleißig daran, dass Scrutineering ohne Beanstandung zu bestehen. Überprüft wird Grundlegendes wie die äußeren Abmaße, Sitzposition und Blickfeld des Fahrers. Hier sollten für das Team keine Probleme entstehen, da die Regularien in dieser Hinsicht weitestgehend den Vorgaben der World Solar Challenge folgen. Strukturelle Änderungen wurden bereits mit dem Anfang des Jahres übermittelten Structural Report abgenommen. Darunter fällt zum Beispiel der erweiterte Überrollbügel, welcher dem Fahrer zusätzlichen Schutz gegen von vorne in das Fahrzeug eindringende Körper bietet.
Werden in Deutschland Schrauben und Muttern verklebt, um eine vibrationsbedingte Lockerung zu unterbinden, verlangt die NASC „safety wire“ zur Schraubensicherung. Insbesondere im Fahrwerk mussten viele Bauteile durchbohrt werden um sie mit Splinten oder speziellem Sicherungsdraht zu sichern. Ärgerlich ist dies bei Teilen, die während eines Renntages gewechselt werden müssen. So zum Beispiel bei den Hinterrädern von SolarWorld No.1, welche, ähnlich den Rennboliden der Formel 1, mit nur einer Mutter gelöst werden, um einen schnellen Reifenwechsel zu ermöglichen.
Auf elektrischer Seite liegt das Hauptaugenmerk der Prüfer auf den Batterien. Reicht in Australien eine Batterieüberwachung, wird hier für den Fehlerfall eine selbstständige Trennung der Batterien, vom restlichen elektrischen System des Fahrzeuges gefordert. Auch eine aktive Kühlung der Batterieboxen musste nachgerüstet werden, so das SolarWorld No.1 jetzt über zwei schicke „Abgasöffnungen“ verfügt. Natürlich ist der Sonnenflitzer trotzdem emissionsfrei unterwegs.
Registrierung sämtlicher Teammitglieder und damit offizieller Beginn der NASC
Punkt 14 Uhr verlässt das Team mit frisch beklebten und deutsch beflaggten Fahrzeugen seinen Stützpunkt am Arlington Municipal Airport und fährt zur Team-Registrierung nach Cresson. Heute ein rein formaler Termin, an dem die meisten Teammitglieder nur eine Unterschrift leisten müssen. Morgen wird am selben Ort das Scrutineering stattfinden. Das erste Mal unterwegs in der neuen Teamkleidung ist der Auftritt durchweg gelungen und es wird von ersten Angeboten für den obligatorischen Trikottausch nach Überquerung der Ziellinie berichtet.
Ebenfalls beeindruckend ist erneut das Aufgebot der Universität aus Michigan. Mit ihrem Fahrzeug Continuum, in Australien ca. vier Stunden langsamer als SolarWorld No.1, wird das Team von Race Manager Jeffry Ferman erneut einer der stärksten Konkurrenten der Bochumer sein. Neben stattlichen Hybridfahrzeugen eines bekannten amerikanischen Automobilkonzerns ist auch der teameigene Sattelzug-Auflieger samt Zugmaschine wieder mit dabei.
Nachdem jeder die nötigen Formalitäten erfüllt hat, macht sich das Team zurück auf den Weg zur Werkstatt, um das Solarfahrzeug weiter auf das anstehende Scrutineering vorzubereiten. Nur eine kleine Gruppe, darunter die Fahrer, bleibt noch etwas, um weiteren Kontakt zu den anderen Teams aufzubauen, neugewonnene Freunde vom Prescrutineering im Mai diesen Jahres zu begrüßen und ein wenig die anderen Fahrzeuge auszuspionieren.
Nach einem ausgiebigen Pizza-Mahl am Abend trifft auch Professor Beese mit seiner Frau in Arlington ein, sowie kurz darauf Don Horton, der Observer des SolarCar Teams der Hochschule Bochum. Jedes Team muss einen solchen „Beobachter“ stellen und für dessen Unterkunft und Verpflegung sorgen. Don wird die nächsten Tage bis zum Start in Plano, Texas am 13. Juli mit dem Team verbringen, es aber nicht auf dem Weg nach Calgary begleiten. Unterwegs werden die Observer an jedem Checkpoint und Stage Stop gewechselt, um zu verhindern, dass diese Schiedsrichter parteiisch werden und ihrem Team einen Vorteil verschaffen.
Kleines Fachwörterbuch für die NASC:
Checkpoint: Ein Haltepunkt entlang der Route, an dem die Teams stoppen um ihren Fortschritt zu melden. Observer haben eine kurze Pause, reichen ihre Berichte ein und wechseln das Team, um mit ihm zum nächsten Checkpoint zu reisen.
Observer: 1. Ein Freiwilliger, der drei Wochen seines Lebens opfert, nie seine Notdurft verrichtet, alles niederschreibt, was er sieht, eine Menge Wasser trinkt, immer noch nicht austritt, salzige Snacks zu sich nimmt, mehr Wasser trinkt, am Checkpoint ankommt und ansteht, um die Campingtoilette zu nutzen, ein anderes Team begleitet, am Straßenrand schläft, am nächsten Morgen aufsteht und mit allem von vorne beginnt. 2. Eine Person die ein oranges T-Shirt tragen darf und an dem Abenteuer ihres Lebens teilnimmt.
Qualifier: Nachdem ein SolarCar das Scrutineering bestanden hat, muss es eine bestimmte Anzahl von Meilen in einer bestimmten Zeit absolvieren. Zum Beispiel 200 Meilen in 6 Stunden. Gefahren wird auf einem vom Straßenverkehr abgeschirmten Parcours.
Rayce: Eine andere Art „race“ (engl.: Rennen) zu schreiben, da die Strahlen der Sonne (rays) die Energie liefern, um ein SolarCar zu betreiben.
Scrutineering: Eine technische Überprüfung des Solarfahrzeuges, um sicherzustellen, dass die Regularien der NASC eingehalten werden.
Stage Stop: Ein Treffpunkt entlang der Route, an dem sich alle Team erneut treffen, Erfahrungen austauschen, ausruhen, Wäsche waschen und erneut starten.
Team rettet trotzdem Scrutineering
War das Team zur Zeit des letzten Newseintrages noch frohen Mutes und zuversichtlich am nächsten Tag beim Scrutineering zu brillieren kam kurz darauf die Ernüchterung. Die Verkettung zweier unglücklicher Umstände führte zu einem katastrophalen Kurzschluss, der einen großen Teil der Elektrik von SolarWorld No.1 zerstörte. Neben der Beleuchtung funktionierte die Niederspannung nicht mehr zuverlässig, welche aus den 110V Bordspannung 8V, 12V und 24V erzeugt und damit sämtliche Elektrik neben dem Antrieb versorgt. Am schwersten aber wiegt der Verlust eines Motorcontrollers. Er setzt sich zusammen aus Regelungs- und Leistungselektronik für Antrieb und regenerativer Bremse.
Nach einer kurzen aber intensiven Krisensitzung bewies das Team seine Stärke in Krisensituationen und bewältigte in beispiellosem Teamwork den Kraftakt, den entstandenen Schaden rechtzeitig zu beheben. In nur einer Nacht wurde die Beleuchtung repariert, die Niederspannung in Stand gesetzt und die gesamte Elektrik auf einen anderen Motorkontroller umgestellt. Vorher ausgestattet mit einem Komplettsystem, bestehend aus Motor und Controller der Firma NGM (New Generation Motor) wird SolarWorld No.1 jetzt durch das Zusammenspiel des NGM Motors und einem Motorcontroller Typ „Wavesculpture“ aus dem Hause Tritium angetrieben. Dieser Controller erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei SolarCar-Teams überall auf der Welt und wird nun voraussichtlich auch von der Hochschule Bochum eingesetzt.
Die Mechanikabteilung zeigte sich solidarisch, half, wo sie nur konnte und stellte sicher, dass keine weiteren Probleme mehr auftreten würden. Und so erreichte das Team tatsächlich in letzter Minute aber immer noch pünktlich den Racetrack in Cresson mit einem funktionierenden Solarrenner. Zu diesem Zeitpunkt war die Hälfte des Teams bereits 26 Stunden im Einsatz und einigen war die Müdigkeit deutlich anzumerken. Trotzdem wurde jeder Interessierte freundlich empfangen, Fotos geschossen und Fachgespräche geführt.
Als erstes Team standen die Bochumer dann um neun Uhr Ortszeit bereit, um den Sonnengenerator genehmigt zu bekommen. Leider aber war die Ausrüstung des zuständigen Scrutineers auf postalischem Wege verschollen und so wurde die Abnahme auf den nächsten Tag verschoben.
Durchlaufen werden konnten die Stationen „Driver“ und „Body/Sizing“. Hier werden neben den Solarfahrzeugen die Fahrer überprüft, welche sich ebenfalls qualifizieren müssen. Es wird sicher gestellt dass jeder Fahrer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis der Klasse B oder vergleichbarem ist. Außerdem wird jeder Fahrer gewogen und soweit mit Ballast ausgestattet, dass er auf ein Gewicht von mindestens 80kg kommt, so schreiben es die Regularien vor. Der erste Gang nach dem Wiegen ist meist auf kürzestem Weg zur Toilette, da vorher mehrere Liter Wasser getrunken werden. Dies dient der Gewichtersparung, da so weniger Ballast mit dem Solarfahrzeug mitgeführt werden muss. Ein Unterschied zu dem Rennen in Australien ist, dass in Amerika die Funkgeräte mit gewogen werden.
Eine der spannendsten Stationen ist die Überprüfung des Notausstieges. Der Fahrer darf angeschnallt, mit Helm, angeschlossenem Funksystem und nicht betätigter Feststellbremse maximal zehn Sekunden brauchen, um das Fahrzeug zu verlassen. In Australien reichen den Verantwortlichen fünfzehn Sekunden. Um auch die amerikanischen Vorgaben erfüllen zu können, waren weitreichende konstruktive Maßnahmen erforderlich. Die Anstrengungen haben sich aber ausgezahlt denn alle vier Bochumer Fahrer standen nach weniger als acht Sekunden neben dem Fahrzeug.
Weiter noch zu durchlaufende Stationen sind die mechanische sowie elektrische Abnahme, Fahrstabilitätsprüfung und die Vorführung der Begleit- und Supportfahrzeuge, bevor SolarWorld No.1 zum Qualifier zugelassen wird.
Die Hürden fallen
Nach einer weiteren Nachtschicht ist SolarWorld No.1 um eine zusätzliche Funktion reicher, und zwar um ausfahrbare Blinker an der Front. Diese sind notwendig geworden, um einer Zeitstrafe zu entgehen die jedem Team auferlegt wird, dessen Blinker nicht mindestens 1,5 m auseinander und maximal 30 cm von der Vorderkante des Fahrzeuges entfernt sind. Die Zeitstrafe beträgt 1,5 Minuten pro Zentimeter, welche die Blinker von der geforderten Position entfernt sind. Für SolarWorld No.1 hätte dies über eine Stunde Penalty bedeutet, die man während des Rennens rausfahren hätte müssen. Dass die geforderte Position außerhalb des Fahrzeuges liegt, war für die Autoren der Regularien unerheblich. Selbst frühzeitige Verhandlungsversuche wurden mit der Argumentation abgelehnt, dass Teams mit schlankeren Fahrzeugen aerodynamische Vorteile gegenüber den Teams hätten, welche die Regeln wie gegeben befolgen und man lediglich diesen Vorteil durch die Penalties auszugleichen versuche. In den Augen der Bochumer eine unsinnige Regelung und eine ganz klare Innovationsbremse. Eine mögliche Lösung war die Anbringung von Antennen, die auf einer Strecke, wie der von Plano nach Calgary aber eine deutliche Zeiteinbuße bedeutet. Für den Erhalt der Aerodynamik und Verringerung des potentiellen Verletzungsrisikos anderer Verkehrsteilnehmer wurde ein System erdacht, das die Antennen bei Betätigung des Blinkers federunterstützt ausfährt und per Seilzug wieder einholt. Weitaus elegantere Lösungen, die auch den Spieltrieb des Ingenieurs befriedigt hätten, wie zum Beispiel ein Piezoantrieb, wurden von vornherein von den Scrutineeren ausgeschlossen. Vorgeschrieben ist ein Fail-safe-open System welches sicherstellen muss, dass die Blinker im Fehlerfall ausgefahren bleiben.
Mit dem neuen Blinkersystem sowie der noch ausstehenden Kontrolle der Rückfahrkamera konnte nun auch die Scrutineeringstation „Body/Sizing“ mit einem grünen Punkt abgeschlossen werden. Um den Status eines jeden Teams während der drei Tage des Scrutineerings übersichtlich zu halten, wurde von Seiten der NASC ein Farbcode eingeführt. Die Farbe „rot“ steht für nicht zufriedenstellend, „gelb“ bedeutet, dass noch kleinere Änderungen von Nöten sind, „blau“ berechtigt zur Teilnahme am Qualifying, aber noch nicht zur Teilnahme an der eigentlichen Challenge und „grün“ bescheinigt die Einhaltung der Regularien. Die Station „Driver“ verlangt noch einen Verschluss des Behälters für den Zusatzballast der Fahrer, wovon sich je einer in der linken und rechten hinteren Radverkleidung von SolarWorld No.1 befindet. Im jetzigen Zustand könnten die Deckel sich im Falle eines Überschlages öffnen. Die zu beheben, stellt allerdings kein Problem dar und wird bis zum morgigen Tag erledigt.
Die Station „Electrical“ erforderte umfassende Erklärung und auch Überzeugungskunst. So ist das in Bochum entwickelte Batterie-Protektion-System (BPS) auf eine obere Spannungsgrenze der einzelnen Batterien von 4,2V ausgelegt. Von der NASC gewünscht waren aber 4,1V, was eine unnötige Verminderung der zur Verfügung stehenden Batteriekapazität bedeuten würde. Glücklicherweise war Axel Lux in der Lage, die im Datenblatt der Batterien angegebene Spannungsgrenze von 4,2V durchzusetzen. Eine geforderte Änderung betrifft den Starttaster zur Einschaltung des Fahrzeuges. Durch das mutwillige Niederhalten des Tasters würde das BPS ausgehebelt und deshalb muss zum Bestehen der Station SolarWorld No.1 durch eine aktive Schaltung, die das ausschließt, gestartet werden. Auch hier lässt sich über die Sinnhaftigkeit der Forderung streiten. Fakt ist, dass die Scrutineere das letzte Wort haben und die Teilnahme verweigern können. Bei all der neuaufgeworfenen Arbeit darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Scrutineere lediglich bemüht sind, die Fahrzeuge auf ein einheitliches Sicherheitsniveau zu heben, um die Fahrer in ihren teils abenteuerlichen Kisten zu schützen.
In der Mechanik wurden Bedenken an den verwendeten Unibällen (Gelenkköpfe) geäußert. Vorgeschrieben für die NASC ist ein Sicherheitsfaktor von 1,5. Errechnet wurde für die in SolarWorld No.1 genutzten Unibälle ein Sicherheitsfaktor von 1,36. Ärgerlich für das Team ist, dass diese Forderung nicht Teil der Regularien ist und auch in sonst keiner Form vorab mitgeteilt wurde. Ob der jetzige Sicherheitsfaktor ausreicht, wird dem Team Morgen mitgeteilt. Unterdessen wird recherchiert, wo stärkere Unibälle zu beziehen sind, wobei dabei noch zu überprüfen ist, ob die restlichen Fahrwerksteile nach Anpassung noch eine genügend hohe Festigkeit aufweisen. Andere Teams haben bereits angeboten, auch auf ihre Bestände zuzugreifen. Insgesamt ist das Verhältnis zwischen den Teams gegenüber dem ersten Tag sehr viel offener und freundlicher geworden. Wurden die Deutschen am ersten Tag noch vorsichtig und zurückhaltend begutachtet, konnte sich das Team heute kaum der Bewunderung und Komplimente erwehren. Eigentlich durchgängig war der gelbe Solarflitzer von Interessierten umringt. Selbstverständlich haben auch die Bochumer die anderen Fahrzeuge genau inspiziert, um vielleicht noch die eine oder andere Idee nach Deutschland zu „importieren“.
Der Bereich, in dem die Fahrdynamiktests durchgeführt werden, liegt etwas außerhalb des übrigen Bereiches und wird durch den Trailer der Universität von Michigan abgeschirmt, so dass aus dem Lager der Teams keine direkte Sichtverbindung besteht. Während das Team der Hochschule Bochum gerade seine Slalomfahrt und Bremstests absolvierte stieg plötzlich Rauch hinter dem erwähnten Trailer auf. Aufgeregte Rufe waren kurz darauf zuhören und ganze Gruppen von Menschen rannten Richtung „Dynamics“, um zu helfen. Es war der Eindruck entstanden, dass SolarWorld No.1 Feuer gefangen hätte. Bochumer Teammitglieder berichteten von entsetzten und mitleidsvollen Gesichtern der Konkurrenten. Tatsächlich fuhr SolarWorld No.1 bravourös durch den Parcours. Die Rauchwolke war bei den Vorbereitungen zum Abendessen des Teams aus Michigan entstanden. Einen Grill richtig anzuzünden, will halt gelernt sein.
Eine abschließende Wertung für „Dynamics“ konnte noch nicht erteilt werden, da die Tests vorzeitig durch ein einbrechendes Gewitter beendet wurden. Das Fahrzeug hat alle Tests bestanden, aber es konnten nicht mehr alle Fahrer getestet werden.
Hier der aktuelle Stand der einzelnen Stationen am Ende des zweiten Tages:
Support: Noch nicht geprüft
Body/Sizing: grün
Driver: gelb
Electric: gelb
BPS: grün
Mechanical: gelb
Array: blau
Dynamic: Noch nicht erteilt
Das Team der Hochschule Bochum darf an den Start
Nachdem am gestrigen Tage alle Scrutineere ihr OK gegeben haben, war heute die Rennstrecke für SolarWorld No.1 für das Qualifying freigegeben. Zur Zeit der ersten Testrunde sind bereits sechs weitere Teams am Start. Darunter auch die Universitäten aus Michigan und Minnesota, die erst- und zweitplatzierten der letzten NASC in 2005.
Nach der Umrüstung des Motorcontrollers des Fahrzeuges von NGM auf Tritium gab es Probleme bei starker Beschleunigung und regenerativer Bremsung, bei denen sich der Motorcontroller abstellte und erst nach Aktivierung der Vorschubsperre (so einer Art Kupplung) wieder starten ließ. Behoben werden können diese Probleme, wenn die Kalibrierung des Controllers bei einer Versorgungsspannung von 30V passiert und nicht wie zuvor bei der üblichen Betriebsspannung von 12V. Jetzt ziehen die vier Fahrer zügig und leiser als zuvor, ja fast lautlos ihre Runden. Schnell klebt Alexander Taege an den Rücklichtern von Continuum aus Michigan. So früh will sich Michigan aber nicht überholen lassen und beschleunigt merklich. Auch die Kurven nimmt der Fahrer des ebenfalls gelben Flitzers deutlich enger, was mit einem lauten Quietschen der Reifen quittiert wird. Da die Bochumer bereits Rundenzeiten von 3:08min auf dem 1,7Meilen (ca. 2,72km) langen Parcours fahren und damit genau eine Minute schneller als gefordert sind, wird entschieden, die Konkurrenz ziehen zu lassen. In Australien bei der WSC fuhr jedes Team eine Runde auf der Rennstrecke, um sich zu qualifizieren. Die erreichte Zeit entschied über die eigene Startposition. In Amerika zählt nicht die schnellste Rundenzeit, sondern die Anzahl der in der geforderten Zeit gefahrenen Runden. Eigentlich ist die Position, an der gestartet wird, unerheblich, da durch einen späteren Start keine Nachteile in der Zeitnahme entstehen. Insgesamt muss das Fahrzeug 60 und jeder Fahrer 15 Runden absolvieren. Bei vier Fahrern geht das genau auf. Als Jennifer Ostermann ihre Runden absolviert, hat auch Michigan gewechselt, fährt wesentlich defensiver und wird überholt.
Ein Fahrzeug, das neben SolarWorld No.1 ebenfalls viel Aufsehen erregt, ist das nach dem ägyptischen Sonnengott benannte RA7 des Principia College bei St. Louis. Es zählt zu den flachsten teilnehmenden Autos und erinnert in der Formgebung an einen Stealth Bomber. Während Andrej Willms vom Bochumer Team als letzter Fahrer Runde 45-60 in Angriff nimmt, schafft das sympathische Team vom Mississippi mit „Dynamics“ die letzte Prüfung des Scutineerings und nimmt auch gleich den Qualifier in Angriff.
Um 4:33pm Ortszeit fällt für das einzige deutsche Team die schwarz-weiße Flagge. Weiter gefahren werden darf aber noch bis 6pm und so wird die verbleibende Zeit genutzt, um die Fahrer zu trainieren und mit weiteren Runden die Startposition zu verbessern. Am Freitag haben die Teams ebenfalls noch Zeit sich zu qualifizieren, die Bochumer werden die Zeit aber in der Werkstatt verbringen, um für die Challenge optimal vorbereitet zu sein.
Kurz bevor das Team zurück zum Hangar fährt, helfen Justus Just und Markus Franke noch zwei weiteren Teams mit der Programmierung ihrer NGM Motorcontroller. Kurz darauf sind beide Teams bereit, auf die Jagd nach Bestzeiten zu gehen.
Das Bochumer Hochschulteam trifft kurz vor dem Start letzte Vorbereitungen
Nachdem am zweiten Tag des Scrutineerings alle Stationen bestanden waren, verließ das Team Cresson und fuhr zurück nach Arlington. Dort hat man sich ein Neubaugebiet ausgesucht, um die Fahrer unter realen Bedingungen trainieren zu lassen. In dem mehrere Blocks großen Gebiet steht zurzeit nur ein Haus, aber die Straßen sind bereits fertig asphaltiert. Ideal also, um sich an das amerikanische Straßenbild zu gewöhnen, ohne den übrigen Gefahren des Verkehrs ausgesetzt zu sein. Unentdeckt blieb das Team nur bis nach kurzer Zeit eine Polizeistreife anhielt. Kein Grund zur Besorgnis, der Ordnungshüter war nur interessiert und wollte ein Foto schießen. Über Funk verständigte er noch seine Kollegen, die kurz darauf erschienen und ebenfalls großes Interesse zeigten. Wenig später stellte sich sogar der Bürgermeister von Arlington ein.
Am späten Freitagnachmittag sowie am Samstagmorgen wagt man den nächsten Schritt und fährt im Konvoy, um neben den Fahrern auch die Besatzung der Begleitfahrzeuge zu trainieren. Der komplette Tross wird angeführt von dem Fahrzeug „Wetter fern“, das zwei Stunden vor dem SolarCar fährt sowie „Wetter nah“, dass nur eine Stunde voraus ist. Sie sammeln in regelmäßigen Intervallen Informationen über Wetter und Sonneneinstrahlung, um diese an „Chase“, das Fahrzeug direkt hinter Solarworld No.1 zu melden, damit diese Informationen für die Strategie genutzt werden können. Als nächstes Fahrzeug folgt „Scout“, welches die übrigen Teams im Auge behält. In einem Abstand von mindestens einem Kilometer folgen „Lead“, das SolarCar und „Chase“. Lead übernimmt die Navigation und hält Ausschau nach Schlaglöchern sowie sonstigen Gegebenheiten, die den Fortschritt des Sonnenracers beeinflussen können. Als letztes Fahrzeug folgt „Trailer“, der Vito, der den Anhänger mit zusätzlicher Ausrüstung und dem Campingequipment zieht.
In eben dieser Aufstellung ist jeder Fahrer eine vorher ausgearbeitete Strecke abgefahren. Die etwas über 20km lange Route wurde von Martin Grünkemeier und Annika Bishop erstellt und in der Art des NASC-Roadbook aufbereitet. Neben dem von der NASC zur Verfügung gestellten Roadbook in Papierform wurde die Route mit derselben Software abgebildet, die auch von den NASC Routenplanern genutzt wurde. Ausgestattet mit GPS-Empfängern bietet diese Software eine sichere Art der Navigation, da zum Beispiel nicht mehr abgeschätzt werden muss, wann der nächste Wegepunkt erreicht wird. Zusätzlich sind die Fahrzeuge noch mit den ausführlichen Notizen des Streckenabfahrtsteams ausgestattet.
Auch an diesem Morgen gab es wieder eine Begegnung mit der Polizei. Nach der Übung eines Nothaltemanövers wendete ein Streifenwagen, der dieses beobachtet hat. Die Befürchtung war, dass man sich nicht ordnungsgemäß verhalten hat und nun zumindest eine Verwarnung bekommen würde. Grundlos, wie sich herausstellte, der Polizist wollte nur ein Foto mit seiner Handykamera schießen und hatte dabei beinahe selbst die nächste Abbiegung verpasste.
Gegen Mittag brach ein Teil des Teams auf nach Plano zu einer Ausstellung aller teilnehmenden Solarfahrzeuge. Kaum entladen, war SolarWorld No.1 erneut Zentrum des Interesses der Anwesenden.
Intensiv diskutiert wird der Einsatz der Reifen bei den Solarcar-Teams. Neben dem Rollwiderstand zählen auch die Kriterien Laufleistung und Sicherheit zu den Auswahlparametern. Das Bochumer Team bringt bei diesem Wettbewerb zum ersten Mal Reifen des Herstellers Schwalbe zum Einsatz. Der deutschen Zweirad-Reifenspezialist hat speziell für SolarWorld No.1 einen neuen Reifen entwickelt, der optimale Leicht- und Langlaufeigenschaften hat, denn ein Reifenwechsel während des Rennens kostet wertvolle Zeit und stellt je nach Verkehrssituation eine ernste Gefahrensituation dar.
Andere Teams haben bereits reges Interesse gezeigt und werden die Erfahrungen der Bochumer mit diesem neuen Reifen genauestens beobachten.
Im Anschluss an die öffentliche Präsentation der Solarboliden waren alle Teams zu einem gemeinsamen Dinner und Infoabend eingeladen, das ebenfalls in Plano direkt neben dem Ort des morgigen Starts der Challenge stattfand. Nach dem sehr guten Essen wurde die Startaufstellung bekannt gegeben. Obwohl die Bochumer nur einen der zwei Tage des Qualifiers genutzt haben, hat es noch für Startplatz sechs gereicht. Leider haben es nicht alle Teams geschafft sich zu qualifizieren und können so nun nicht an der Challenge teilnehmen. Außerdem wurden noch Preise für folgende Kategorien vergeben:
- Best Prepared: University of Minnesota
- Best Braketest: Red River College
- Best Figure 8: University of Minnesota
- Fastest Lap 2:19min (SWNO.1 2:39min): University of Minnesota
- Pole Position: University of Michigan
Am Abend, als die letzten Dinge zusammengepackt und der Hangar gereinigt wird, ertönt unverhofft ein sehr lauter Signalton im Büro des Teams. Unschlüssig, woher der Ton kommt, verlässt das Team den Hangar und sichert das Auto. Telefonisch wird Herr Saupe verständigt, der sich ebenfalls nicht erklären kann, woher der Ton kommt. Es stellt sich heraus, dass der Bochumer Sicherheitschef Marcus Ellinghaus ein Megafon dabei hat, das unbewusst ausgelöst wurde.
Startreihenfolge | Startnr. | Team Name | Anzahl gefahrener Runden |
---|---|---|---|
1 | 2 | University of Michigan | 241 |
2 | 35 | University of Minnesota | 211 |
3 | 42 | Missouri S&T | 166 |
4 | 65 | University of Calgary | 112 |
5 | 3 | University of Kentucky | 109 |
6 | 1 | FH Bochum | 81 |
7 | 95 | Red River | 79 |
8 | 32 | Principia | 79 |
9 | 8 | University of Arizona | 79 |
10 | 100 | Queen's | 79 |
11 | 11 | Northwestern | 71 |
12 | 24 | Waterloo | 62 |
13 | 256 | Oregon State | 49 |
14 | 175 | Durham University | 46 |
15 | 9 | Iowa State | 27 |
Trotz technischer Schwierigkeiten schafft das Team am ersten Tag Platz 4
Es ist Sonntag gegen drei Uhr morgens, als die letzten Teammitglieder erschöpft in ihre Betten fallen. Damit die Fahrer der Begleitfahrzeuge sowie des SolarCars genügend Schlaf bekommen, ist diese kleine Gruppe länger im Hangar geblieben, um SolarWorld No.1 noch einmal durchzuchecken und die komplette Ausrüstung auf die Begleitfahrzeuge und den Anhänger zu verteilen.
Um halb fünf Uhr morgens versammelte sich das Team an der Rezeption des Homestead Hotels, in dem die Bochumer die letzten Wochen residierten. Nach etwa 45 minütiger Fahrt erreichte man Plano, von wo aus die Challenge in wenigen Stunden starten sollte. Gegen halb acht versammelten sich die Teams zu einem gemeinsamen Teamfoto, um danach mit den Autos die Startreihenfolge einzunehmen. Punkt neun Uhr schwenkte die Bürgermeisterin von Plano die Flagge für die Universität von Michigan. Die übrigen Fahrzeuge starteten mit je einer Minute Abstand auf die 2400 Meilen (3862,43 km) lange Strecke von Plano nach Calgary.
SolarWorld No.1, mit viel Applaus auf die verregnete Strecke verabschiedet, blieb bereits nach wenigen Kilometern stehen. Der Wagen hatte sich selbst abgeschaltet. Erste Vermutungen, warum dies geschehen ist, besagen, dass durch die vollgeladenen Batterien beim regenerativen Bremsen Spannungen entstehen, die vom Batterie-Überwachungssystem als Überspannung erkannt werden. Insgesamt dreimal ist dieser Fehler aufgetreten und hat damit dem Principia College ebenso wie dem Red River College erlaubt, widerstandslos vorbei zu ziehen und Bochum auf den achten Platz zu versetzen.
Den ersten Checkpoint in Mc Alester, Oklahoma nach 153,9 Meilen haben die Bochumer um 13:55Uhr trotzdem als sechstes Team erreicht. Die Universität aus Calgary und auch das Red River College waren ebenfalls gezwungen anzuhalten. Neben der üblichen Austellung der Fahrzeuge war ein Wettrennen mit Solarfahrzeug-Bausätzen organisiert worden, um auch schon die kleinen für diesen aufregenden Ingenieursport zu begeistern. Nach einer 30 minütigen Pause durfte SolarWorld No.1 mit frischem Fahrer die Reise erneut aufnehmen. Brian Cole in seiner Funktion Scrutineer und verantwortlich für Body/Sizing und Beleuchtung schwenkte persönlich die Flagge, nachdem er SolarWorld No.1 vor dem Start in Plano noch einer erneuten, unangekündigten Prüfung unterzogen hatte.
Nach dem Stopp läuft alles besser, der Himmel klärt sich auf und die Systeme des Solarcars arbeiten stabil. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit voll ausnutzend, beginnt SolarWorld No.1 seine Aufholjagd. Die Universität Kentucky muss sich schnell geschlagen geben und auch Missouri S&T wird eingeholt. Anstatt bis zum Stagestop in Neosho, Missouri weiter zu fahren, wird die Entscheidung getroffen, in einem Motel kurz vor Fairland, Oklahoma zu übernachten. Dies bringt Vorteile im Bezug auf die Ladezeiten. Erreicht ein Team einen Stagepoint, erhält es eine Rangierzeit von 30 Minuten zugebilligt, in der man die Batterien noch mit Sonnenenergie laden darf. Gefahren werden darf aber bis maximal 18:30Uhr. Erreicht ein Team nun einen Stagepoint kurz vor 18Uhr, fehlt ihm effektiv Zeit zum Laden der Batterien. Hinzu kommt das SolarWorld No.1 voraussichtlich gegen 10Uhr in Neosho ankommt und die Sonne zu dieser Zeit mehr Energie liefert als um 18Uhr abends.
Während der Vorbereitungen zum Abendessen checken zwei Teambetreuer von Missouri S&T im selben Motel ein. Dankbar nehmen sie die Einladung zum Abendessen an. Serviert werden frisch zubereitete Chicken Wraps.
Die Positionierung der Teams am Ende des ersten Tages: Michigan bleibt an der Spitze, gefolgt von Principia. Die Universität von Minnesota steht kurz vor Neosho und danach kommt schon SolarWorld No.1 dicht gefolgt von Missouri S&T. Damit schieben sich die Bochumer auf den vierten Platz vor. Hätten sie nicht etwa eine Stunde durch die selbstständige Abschaltung des Wagens verloren, wären sie ganz vorne mit platziert. Aber Teamchef Armin Nestler zieht auch so eine positive Bilanz des ersten Tages.
Der erste gemeinsame Haltepunkt in Neosho, Missouri, wird erreicht
Halb sechs Uhr morgens. Die ersten verschlafenen Teammitglieder verlassen ihre Motelzimmer und beginnen, das SolarCar aus dem Anhänger zu entladen. Ab halb sieben erlauben es die Regularien die Batterien zu laden, auch wenn das Team erst eine Minute nach acht weiterfahren darf. Bis Cloe, die Observerin, die das Team seit dem letzten Check Point begleitet, die Batterien freigibt, muss noch das Array auf den dafür vorgesehenen Ständer montiert und optimal zur Sonne ausrichtet werden. Als es dann soweit ist, geht das Hauptschütz nicht in die Selbsthaltung. Das heißt, das Auto bleibt nicht an und kann nicht selbstständig die Batterien laden. Der Fehler, eine defekte Spannungsversorgung für den CAN-Bus, ist schnell gefunden.
Der normale Renntag geht von acht Uhr morgens bis sechs Uhr abends. Da das Team tags zuvor eine Minute länger gefahren ist als vorgesehen, muss es heute eine Minute später starten. Insgesamt ist eine halbe Stunde als Puffer erlaubt, um einen geeigneten Platz zur Übernachtung zu erreichen. Mit Geschwindigkeiten nahe der erlaubten Höchstgeschwindigkeit startet SolarWorld No.1 in den zweiten Tag, um möglichst schnell den etwa 30 Meilen entfernten Stage Stop zu erreichen. Leider ist das Team schon nach kurzer Zeit gezwungen anzuhalten. Die Spannungsversorgung des Motorcontrollers ist defekt. Umrüstung auf den NGM-Controller ist die schnellste Reparatur-Methode und so kann SolarWorld No.1 nach knapp 30 Minuten seinen Weg fortsetzen. Als um 09:27:26 Uhr der Stage Stop in Neosho erreicht wird, steht fest, dass die vorrausgegangene Reparatur des Controllers erfolgreich war (siehe Bildergalerie vom 12.07.2008). Eine Reparatur wohlgemerkt, zu der NGM nach eigener Aussage nicht in der Lage war.
Der Sinn der Stage Stops ist es, das Feld auf der langen Reise zusammen zu halten. Positiver Nebeneffekt: Ein wesentlich stärkerer Austausch zwischen den Teams. Die Hilfsbereitschaft untereinander ist erfreulich hoch. So hatte Principia Probleme beim Wechseln ihrer Bremsbeläge, da dazu eine metrische Schraube zu lösen war. Das Bremsenteam der Bochumer, bestehend aus Dave Wiechmann und Michael Roch, war gerne bereit, die nötigen Werkzeuge bereitzustellen. Die Universität von Minnesota hat kurz vor dem Rennen durch einen Defekt alle ihrer Tracker verloren, die das Solararray mit der übrigen Spannungsversorgung des Solarcars verbinden. Principia konnte eine ausreichende Anzahl an Ersatztrackern ausleihen, den nötigen Programmieradapter zur Anpassung der Kennlinien steuerten die Bochumer bei.
Nach einem von Missouri S&T gesponserten Abendessen versammelten sich am Abend die Teams zu einer gemeinsamen Besprechung. Angesprochen wurden einige Punkte, die den Observern aufgefallen waren, sowie eine Änderung der Route. Auf dem Weg nach Omaha war ursprünglich ein steiler Berg zu überwinden, jetzt wurde eine Umgehung gewählt. Auf Nachfrage wurden auch die vergebenen Penalties bekannt gegeben. Bis jetzt fährt das Bochumer Team noch ohne jegliche Zeitstrafe.
Das Team flüchtet vor einem Gewitter mit Tornadowarnung
Pünktlich startet das führende Fahrzeug um neun Uhr morgens vom Stage Stop in Neosho. Die weiteren Fahrzeuge folgen entsprechend ihrer Platzierung in einem Abstand von je einer Minute. Da die Universität von Minnesota Probleme mit ihrer Beleuchtung hat, müssen sie an das Ende des Feldes, um den Ablauf nicht weiter zu behindern. SolarWorld No.1 startet demnach an dritter Position. Die Bochumer haben diesen Morgen mehr Glück als manch anderes Team. Die Supportfahrzeuge beobachten wie überdurchschnittlich viele Fahrzeuge zumindest zeitweise anhalten müssen. Bald erreichen das Chase Fahrzeug irritierte Anrufe, warum so langsam gefahren würde. Die Wetterbedingungen seien doch ideal. Die Strategen des Teams nehmen sämtliche zusätzliche Informationen dankend entgegen, beschwichtigen jedoch nur und bleiben Ihrer ausgegebenen Strategie treu. Und so gleitet SolarWorld No.1 fast lautlos mit 49 Meilen pro Stunde Richtung Topeka.
Michigan hat bei diesen Wetterbedingungen deutliche Vorteile durch die Formgebung des Sonnengenerators und fährt die Etappe immer nahe am Speedlimit, das im Durchschnitt bei 65mph liegt. Als nach dem Checkpoint, der um 12:48 Uhr erreicht wird, der Himmel stärker bewölkt ist, verschiebt sich der Vorteil zugunsten der Bochumer. Durch die seitlich orientierten Solarzellen können sie das jetzt diffuse Licht besser einfangen. Auf dem weiteren Weg nach Omaha begegnen sich mehrfach die Teams der Hochschule Bochum und der kanadischen Universität Waterloo. Die Kanadier fahren höhere Geschwindigkeiten, müssen aber auch des Öfteren stehen bleiben, sodass die Bochumer am Ende des Tages knapp voraus sind. Zusätzlicher Gast an Bord von „Wetter nah“ ist Leith vom Western Michigan Team. Während des Qualifiers hatte sich deren Oberschale gelöst und ist 20 Fuß (etwa 6m) durch die Luft geflogen. Nach der Reparatur des Fahrzeuges verblieb leider nicht genug Zeit, um die für die Qualifikation nötige Anzahl an Runden zu vollenden. Deshalb entschied das Team, sich aufzuteilen und bei anderen Teams mitzufahren, um diese bestmöglich zu unterstützen. Das eigentliche Gastgeberteam von Leith kann ihn für die zweite Stage nicht beherbergen und so reist er von Neosho bis Sioux Falls mit den Bochumern.
Um der hinter den Wolken versteckten Sonne eventuell doch noch ein wenig Energie abgewinnen zu können, sucht das am weitesten vorrausfahrende Fahrzeug des Teams einen geeigneten Platz zum Laden der Batterien. Ein Anwohner stellt seinen noch nicht zur Gänze fertig gestellten Vorgarten zur Verfügung. Unterdessen hat ein Nachbar bereits eine Sondergenehmigung des Stadtrates von Nebraska City erwirkt, damit das Team im City Park übernachten darf.
Tatsächlich wird das Nachtlager neben dem Parkplatz eines nahe gelegenen Wal-Mart aufgeschlagen. Als das Team eintrifft, hat die Küchencrew bereits sämtliche Zelte aufgestellt und mit den Vorbereitungen für das Abendessen begonnen. Kurz nach dem Essen kommt ein Begleitfahrzeug von Missouri S&T vorbei und warnt das Team vor dem aufkommenden Gewitter mit Tornado-Warnung. Ursprünglich wurde dieser Ort zum Campieren ausgewählt, da alles Motels in der näheren Umgebung ausgebucht waren. Deshalb wird jetzt in Rekordzeit zusammengepackt und das Suchraster nach einem geeigneten Motel erweitert. In dem ca. 16 km zurückliegenden Auburn, Nebraska sind noch genügend freie Zimmer vorhanden. Hatte sich das Team darauf gefreut einmal früher ins Bett zu kommen, geht nun die Reise weiter. Auf dem Weg zurück werden sie durch häufige Blitze begleitet, die auf Meilen hinweg die Landschaft taghell erleuchten. Keinen Moment zu spät im Motel angekommen, bricht ein Regen herein, der für kurze Zeit das Wasser Zentimeter hoch auf der Straße stehen lässt. Einige Teammitglieder lassen es sich nicht nehmen, den Regen als willkommene Abkühlung zu nutzen und albern ein wenig draußen herum.
SolarWorld No.1 schafft Platz 3
Mittwoch, 4 Uhr morgens. Die ersten Teammitglieder beginnen noch etwas schlaftrunken, die Begleitfahrzeuge neu zu beladen. Nachdem bei der gestrigen Flucht vor dem Wetter die Ordnung der Ausrüstung in den Fahrzeugen keine Priorität hatte, müssen die Fahrzeuge neu geordnet werden, um optimal auf alle Gegebenheiten der Challenge vorbereitet zu sein. Pünktlich um halb sieben ist das Team zurück in Nebraska City, welches am Ende des gestrigen Renntages erreicht worden ist. Alles ist vorbereitet, als die Batterien von der Observerin freigegeben werden, um die morgendliche Sonne einzufangen und die Batterien zu laden. Leider blockieren dichte Wolkenbänder die Sonne und verhindern, dass zusätzliche Energie für die heutige Etappe gewonnen werden kann. Während alles für die Abfahrt vorbereitet wird, schauen etliche Anwohner vorbei und informieren sich über das futuristisch aussehende Fahrzeug. Es wird sogar selbstgebackener Kuchen verteilt.
Gerade als der Bochumer Konvoi auf die Straße einbiegen will, um seinen Weg fortzusetzen, zieht die Universität aus Waterloo vorbei. Da das konkurrierende Team die gleiche Geschwindigkeit fährt wie die Bochumer, treffen beide Teams gleichzeitig am nächsten Checkpoint in Omaha ein. Nach dem Checkpoint greift eine Streckenänderung, die um einen sehr steilen Anstieg herumleitet anstatt direkt über ihn hinweg zu führen. Dies bedeutet einen Umweg von ca. 16 Meilen. SolarWorld No.1 läuft sehr zuverlässig, ungleich dem kanadischen Fahrzeug, das auf der heutigen Etappe mehrfach anhalten muss. So ist es nicht verwunderlich, dass die Hochschule Bochum gegen 14:30 Uhr mit einem halbstündigen Vorsprung in Sioux Falls ankommt, und sich damit auf den dritten Platz vorschiebt. Der Drittplatzierte nach Erreichen des ersten Checkpoints, die Universität aus Minnesota, hatte erneut Probleme mit ihren Powertrackern und ist zurückgefallen. Nach Informationen eines ihrer Teammitglieder sind bereits zwei der von Principia geliehenen Powertracker defekt. Minnesota erreicht Sioux Falls um 18:25 Uhr und damit fünf Minuten vor Rennschluss. Die Platzierung der vorausfahrenden Teams hat sich nicht geändert. Ungefähr anderthalb Stunden vor SolarWorld No.1 erreichte das Principia College den Stage Point und weitere anderthalb Stunden vor Principia die Universität aus Michigan. Die Ziellinie der zweiten Stage liegt im Falls Park, in dem dieser Tage neben den solarbetrieben Rennboliden auch die Wasserfälle des Big Sioux River zu bewundern sind. Gegründet 1856 durch Landspekulanten, die das Land in Anspruch nahmen, bevor Goldsucher und Eisenbahner das Gebiet erreichten, ist Sioux Falls die größte Stadt im Bundesstaat South Dakota und Heimat für 139.517 Einwohner (Stand 2005).
Am Abend zieht ein weiteres Gewitter über die Teams hinweg. Die Wettervorhersage meldet keine Besserung. Die gesamte nächste Woche ist mit schweren Gewittern, starken Winden und Niederschlag zu rechnen. Mit Ausnahme von Freitag, für den meist Sonnenschein vorausgesagt ist. Die Teams bauen nun darauf an, diesem Tag genug Strecke zurücklegen zu können um dem schlechten Wetter davon zu können. Der Donnerstag ist rennfrei, damit die langsameren Teams aufschließen und alle gemeinsam in die dritte Stage starten können.
Reparatur- und Wartungsarbeiten bereiten SolarWorld No.1 auf die nächste Etappe vor
Nachdem gestern alle früh zu Bett gegangen sind, steht eine kleine Gruppe kurz nach sechs Uhr morgens bereits wieder am SolarCar, um die von der NASC eingeschossenen Batterien entgegenzunehmen und zu laden. Leider unterscheidet sich der Himmel nur wenig von dem wie er sich in Nebraska City einen Tag zuvor präsentierte und so kann erneut keine nennenswerte Ladung der Batterien erreicht werden.
Um neun Uhr trifft sich das gesamte Team am Fahrzeug, um den Einwohnern Sioux Falls SolarWorld No.1 zu präsentieren und Fragen zu beantworten. Leider bleibt Besuch aus, was aufgrund der erneut losbrechenden Gewitter auch verständlich ist. Die übrigen Teams und deren Rennboliden sind nicht zugegen, als die NASC-Offiziellen den Bochumern empfehlen, ihr Fahrzeug ebenfalls zu verladen, um Beschädigungen durch heraufziehende Stürme zu verhindern.
Als das Heftigste vorbei ist, brechen einige Teammitglieder erneut auf, um den Motor von SolarWorld No.1 zu warten. Beim Verladen des Fahrzeuges am Abend zuvor waren ungewöhnliche Geräusche aufgefallen und so sollen, wenn nötig die Lager gewechselt werden. Es wird vermutet, dass diese durch die schlechten Straßenverhältnisse eventuell beschädigt worden sind. Viele der zu befahrenen Straßen sind noch in Plattenbauweise angelegt. Kritischer sind jedoch die häufigen Schlaglöcher, die nicht selten in Ausmaß und Tiefe gefährliche Dimensionen annehmen. Nach dem Wechsel der Lager läuft wieder alles rund und ohne auffallende Geräusche. Die Elektriker wollen versuchen, den Motor durch Optimierung der Steuersoftwareparameter noch leistungsfähiger zu machen. Um die mittlerweile erreichte Zuverlässigkeit nicht zu gefährden, werden die alten Einstellungen zuvor gesichert.
Die übrigen Teammitglieder nutzen die verbleibende Zeit bis zum Start in die vierte Stage, um Wäsche zu waschen und verpassten Schlaf nachzuholen, damit sie für den restlichen Verlauf der Challenge erneut volle Leistung bringen können.
Zur Mittagszeit hin klart der Himmel wieder auf und erstrahlt in einem Blau, als wenn nichts gewesen wäre. Jetzt zeigt sich auf dem Präsentationsplatz wieder das gewohnte Bild: Futuristische Fahrzeug werden von Menschengruppen umringt. Ebenfalls zugegen ist der 12-jährige Zac. Er wohnt im gleichen Hotel und ist von Team und Fahrzeug fasziniert. Als er eine Teamkappe geschenkt bekommt und SolarWorld No.1 lenken darf, als es an eine andere Position geschoben wird, ist er vollends begeistert. Am liebsten würde er als neues Teammaskottchen mit nach Calgary reisen. Abgerundet wird der Abend, als die Stadt Sioux Falls zum Pizzaessen einlädt.
SolarWorld No.1 startet erfolgreich in die 3. Stage der NASC 2008
Für den Beginn der dritten Stage wird die Ziellinie in Sioux Falls kurzerhand in die neue Startlinie umgewandelt. Wie zuvor in Plano und Neosho starten die Solarboliden entsprechend ihrer Platzierung ab neun Uhr im Abstand von einer Minute. Zac, der neue Fan und Hotelnachbar der Bochumer hat es sich nicht nehmen lassen, SolarWorld No.1 zu verabschieden. Gerne würde er die Startflagge schwenken, aber diese Ehre fällt zu seinem Bedauern dem Bürgermeister aus Sioux Falls zu. Viele der übrigen Teams schaffen es kaum aus dem Falls Park heraus, bevor sie am Straßenrand anhalten. Ob es technische Probleme, oder zu leere Batterien sind, die sie zum Anhalten zwingen, ist unklar. Das Team der Hochschule Bochum setzt seinen Weg jedenfalls mit der durch die Strategie errechneten Geschwindigkeit fort.
Die Etappe von Sioux Falls nach Fargo ist mit 274 Meilen nicht sonderlich lang, aber aufgrund der vielen kleinen Nebenstraßen, die zu bewältigen sind, ist sie eine der zeitintensivsten. Um die maximal zulässige Lenkzeit für SolarCarfahrer von sechs Stunden pro Tag nicht zu überschreiten, wechselt Jennifer Ostermann nach vier Stunden mit Marius Kotyga. Der Wechsel dauert knapp zwei Minuten. Zu diesem Zeitpunkt hat die Universität aus Waterloo die Bochumer erneut überholt. Der Checkpoint in Fargo wird kurz vor Minnesota und Calgary erreicht. Marius Kotyga hat fast einen Krampf im Bein, da er längere Zeit über das Bremspedal hochhalten musste. Sonst hätten permanent die Bremslichter geleuchtet. Das alleine wäre nicht tragisch, aber an dasselbe Signal ist auch der Tempomat gekoppelt, welcher dadurch deaktiviert wird. Provisorisch wird ein Handtaster eingebaut, um wieder volle Funktionalität zu gewährleisten. Der Umbau kostet das Team 5:18 Minuten.
Das nächste Ziel ist der Stage Stop in Winnipeg, der sich bereits in Kanada befindet. Da dieser am heutigen Tage unmöglich erreicht werden kann, werden neue Wetterinformationen eingeholt, um einen geeigneten Rastplatz für die Nacht zu finden. Die Wahl fällt auf Reynolds, ca. 200 Meilen vor der kanadischen Grenze. Hier, so hofft das Team, befindet es sich weit genug vor dem drohenden Unwetter, das ihnen schon den ganzen Tag folgt, um bis morgen früh trocken zu bleiben. Und tatsächlich kann am Abend noch deutlich länger geladen werden als es Waterloo kann, die eine Ausfahrt früher angehalten haben.
Das Bochumer Team erreicht die Grenze von Kanada
Zur Erleichterung aller ist es letzte Nacht trocken geblieben. Übernachtet wurde in Reynolds, North Dakota im Vorgarten eines Anwohners. Nachdem die Crew aus dem Fahrzeug „Wetter Fern“ angefragt hatte, ob in seinem Vorgarten die Batterien geladen werden dürften, war er sofort bereit das Team der Hochschule Bochum aufzunehmen und auch übernachten zu lassen. Die Bedingungen waren sehr gut. Eine große Wiese mit offenem Blick nach Westen eignete sich nicht zur zum Laden der Batterien, sondern auch zum Kampieren und Fußballspielen. So konnte sich jeder, der wollte, nach sechs Tagen Fahrt einmal richtig austoben. Die große Garage von John Kimberley befindet sich zwar noch im Bau, bietet aber jedem, der kein Zelt aufbauen wollte, ein Dach über dem Kopf, außerdem ist Strom und Wasser vorhanden. Als jedoch die Batterien vom Observer freigegeben werden ist, die Bewölkung so dicht, dass die gewonnene Energie den Verbrauch des Fahrzeuges im Stand nicht ausgleichen kann. Kurz darauf fängt es dann auch noch zu regnen an, sodass heute die Energie vom letzten Tag reichen muss.
Als die Bochumer endlich die kanadische Grenze nach den Universitäten aus Minnesota und Waterloo erreichen, sind die Batterien leer. Der sonst gewünschte Rückenwind wird heute zur Qual, da er unaufhaltsam die Wolken Richtung Norden schiebt. Die vorausfahrenden Fahrzeuge haben die Sonne über sich, aber SolarWorld No.1 schafft es leider nicht die Wolkendecke zu überholen und hinter sich zu lassen. Es erreicht um 15:10Uhr als fünftes und letztes Solarfahrzeug aus eigener Kraft das Red River College in Winnipeg, wo es bereits von einer großen Menschenmenge erwartet wird. Alle elf verbleibenden Teams mussten ihre Fahrzeuge per Anhänger nach Winnipeg transportieren. Das bleibt für die betroffenen Teams nicht ohne Konsequenzen, sie erhalten empfindliche Zeitstrafen. Die offizielle Zeit berechnet sich wie folgt: Eine Stage setzt sich aus mehreren Intervallen zusammen, die von Checkpoints unterteilt werden. Wird in einer Stage mit drei Intervallen im zweiten Intervall getrailert, so wird die maximal zulässige Zeit für Intervall eins und zwei angenommen, die der Zeit entspricht, die ein Team braucht, um die Distanz mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25mph zu fahren. Zusätzlich erhalten sie eine Zeitstrafe von 1,5 Minuten für jede getrailerte Meile. Überwindet das SolarCar auch das dritte Intervall im Anhänger, wird ebenfalls die maximal zulässige Zeit angenommen, sowie die Zeitstrafe verhangen. Für Intervall eins und zwei wird keine erneute Zeitstrafe erteilt.
Eine weitere Gefahr stellen die bisher schlechten Straßen in Kanada dar, die in noch schlechterem Zustand sind als die zuvor befahrenen Straßen in den USA. Das Team der Northwestern Universität entdeckte mehr durch Zufall, dass alle Speichen in einer ihrer Felgen gerissen waren. Dabei handelt es sich um eine gekaufte und nicht um eine selbstentwickelte Felge!
Ärgerlich ist, dass während der halbstündigen Ladephase nach Erreichen des Stage Stopps wieder der Himmel verhangen ist und kaum Energie gespeichert werden kann. Das Team aus Minnesota, das etwa eine Stunde zuvor eingetroffen ist, hatte noch deutlich bessere Bedingungen angetroffen. Auch der vom Red River College gesponserte Barbecue wird von strahlendem Sonnenschein begleitet.
Red River zeigt sich insgesamt als hervorragender Gastgeber. Neben dem guten Essen spielt eine Liveband, es gibt Pavillons für die Solarflitzer, am Abend wird ein Film gezeigt und in der Sporthalle werden Hockeyspiele organisiert. Sogar für Übernachtungsmöglichkeiten ist gesorgt. Als besondere Dreingabe steht allen Teams die mechanische Werkstadt der Universität samt CNC Maschinen zur Verfügung.
Zwar beendeten die Bochumer die dritte Stage an fünfter Stelle, befinden sich aber insgesamt noch an dritter Stelle und so stellt sich die morgige Startaufstellung wie folgt dar:
- Unversity of Michigan
- Principia College
- Hochschule Bochum
- University of Waterloo
- University of Minnesota
Die Sonne macht sich rar in Kanada
Trotz wetterbedingtem Ausfall der morgendlichen Ladephase geht das schönste SolarCar der Welt am Red River College in Winnipeg als drittes an den Start. Eine ungewisse Entscheidung, da kurz zuvor noch überlegt wurde, ob SolarWorld No.1 überhaupt an den Start der achten Etappe gehen soll. Mit ungefähr 2kWh ist zwar genug Energie in den Batterien, um den nächsten Check Point in der maximal zulässigen Zeit zu erreichen, aber es bliebe keine Reserve für den restlichen Tag. In diesem Fall wurde eine rein rationale Entscheidung gefällt. Neben dem Fahren der Etappe stand der Transport des SolarCars mit dem Anhänger zur Debatte. Die abzuwägenden Kriterien waren die angerechnete Zeit und die verbleibende Energie nach Erreichen des Check Points im 135 Meilen entfernten Brandon. Die allgemeinen Wettervorhersagen der Teams besagen, dass ab Brandon die Sonne scheinen soll. Trifft dies zu und endschließt sich das Team zum Transport mit dem Anhänger, so kann im Check Point gute drei Stunden geladen werden. Wertvolle Energie für die verbleibenden Etappen. Das aktuellste Bild des Wolkenradars lässt nicht ausschließen, dass sich nicht doch noch ein paar Wolken in den Weg der Bochumer schieben. Da die Entscheidung auf der Kippe steht und nicht das ausschlaggebende Argument für die eine oder die andere Vorgehensweise gefunden werden kann, entscheidet die Strategie zu fahren. Zur Sicherheit wird das Gepäck und die Ausrüstung aus dem Hänger auf die Fahrzeuge der mitreisenden Professoren Beese und Biesenbach aufgeteilt. So kann SolarWorld No.1 schneller verladen werden, falls sich herausstellt, dass die Etappe doch nicht zu schaffen ist.
Wie sich bald herausstellt, war die Entscheidung weiter zu fahren die richtige. Mit konstanten 60 Kilometern pro Stunde und damit 50% schneller als nötig, durchquert das Team die kanadische Einöde. Der erste Check Point des Tages wird sogar wieder einmal vor Waterloo erreicht. Das Principia College ist eine halbe Stunde vor den Bochumern angekommen und will gerade die Weiterreise antreten, stößt aber auf Probleme und kann erst verspätet starten. Ein paar Stunden später kann der deutsche Sonnenracer sogar an dem Zweitplatzierten vorbeiziehen, als dieser am Straßenrand steht. Die Wolkendecke ist mittlerweile durchbrochen und die Strecke ist nur noch vereinzelt abgeschattet.
Mit diesen gleichbleibenden Bedingungen können bis 18:20 Uhr etwa 310 Meilen zurückgelegt werden. An diesem Abend übernachten erstmalig alle zum deutschen Rennteam gehörenden Personen am gleichen Ort. Raststätte ist ein Campingplatz in „Indian Head“, an dem auch das Team aus Arizona unterkommt. Am morgigen Tag muss der nächste Stage Point in Medicine Hat erreicht werden. Ein anspruchsvolles Stück Weg von etwa 350 Meilen liegt jetzt noch vor den Bochumern. Schaffen sie die gleiche Durchschnittsgeschwindigkeit wie heute und treten keine unvorhergesehenen Ereignisse auf, sollte dies zu schaffen sein. Zumal das Wetter vielversprechend aussieht. Da eine neue Zeitzone erreicht wurde, ist das Team jetzt acht Stunden hinter der deutschen Zeit.
Von Platz 4 bis Platz 2 ist alles denkbar für das Team der Hochschule Bochum
Unter kristallblauem Himmel jagt das zweite Fahrzeug in der Kette des Bochumer Konvois entlang des Transkanadischen Highways (TCH) auf der Suche nach der ersten Wetteränderung. Die Crew besteht aus dem Fahrer Tom Bartels, dem Navigator vom Sunseeker Team aus Western Michigan, sowie Axel Lux, dem Meteorologen. In regelmäßigen Abständen werden der Kurzschlussstrom einer Referenzsolarzelle sowie Informationen über Wind und Wolken an das Verfolgerfahrzeug von SolarWorld No.1 per SMS-Code übermittelt. Wird eine Wetteränderung zum Guten oder zum Schlechten gesichtet, wird diese verfolgt und weiter beobachtet. Aus diesen und den Informationen von „Wetter fern“ ermitteln die Strategen in „Chase“ die zu fahrende Geschwindigkeit und die Strategie für die Challenge.
Neben seinen Aufgaben in „Wetter nah“ ist Tom Bartels verantwortlich für den Großteil der Telemetrie des Teams der Hochschule Bochum. Dazu gehört ein Industrie PC der Firma Kurz Elektronics, der alle wichtigen Informationen aus dem CAN-Bus von SolarWorld No.1 sammelt, zwischenspeichert und per Bluetooth an Chase sendet. Dort werden die empfangenen Daten von einem Server empfangen und in eine Datenbank geschrieben, von wo aus sie per Netzwerk durch weitere Rechner angezeigt und ausgewertet werden.
Axel Lux ist der Spezialist für Batterien im Team. Zusammen mit Debora Meyke betreut er das Batteriemanagementsystem (BMS) sowie das Batterieprotektionssystem (BPS). Beide Systeme sind Eigenentwicklungen der Hochschule, die zum Teil schon in Hans Go! eingesetzt und seitdem weiterentwickelt wurden. Das BMS sammelt Spannungen und Temperaturen der einzelnen Batteriemodule und stellt diese für die Telemetrie auf den CAN-Bus. Das BPS schaltet das Fahrzeug im Fehlerfall spannungsfrei.
Sonst ebenfalls an Board ist Jennifer Ostermann, die aber heute das SolarCar lenkt und Joachim Saupe, heute Beifahrer von Prof. Biesenbach. Frau Ostermann und Herr Saupe sind beide stark in der Organisation der ganzen Reise engagiert.
„Wetter nah“ kommt etwa zwei Stunden vor dem SolarCar in Medicine Hat, dem letzten Stage Stop vor der Zieleinfahrt in Calgary an. SolarWorld No.1 erreicht das heutige Ziel 56 Minuten nach Waterloo. Ebenfalls eingetroffen sind die Teams der Universitäten aus Michigan und Minnesota. Das Team des Principia College hat erneut mit schweren Problemen zu kämpfen, und es geht das Gerücht um, dass sie irreparable Schäden erlitten haben und das Rennen nicht beenden können. Damit wären die Bochumer auf den zweiten Platz vorgerückt, da der Vorsprung auf Waterloo in der Gesamtzeit immer noch 22 Minuten beträgt. Ungewiss ist jedoch, ob der Vorsprung auf der morgigen 303km langen Etappe gehalten werden kann. Am Ende des heutigen Tages mussten die Bochumer wegen Gegenwind die Geschwindigkeit von 60 auf 50km/h reduzieren. Dies geschah zur Vorsicht, da kurz vor Medicine Hat einige sehr steile Wegstücke überwunden werden mussten und die Batterien bereits leer waren und keine zusätzliche Energie zu deren Überwindung mehr liefern konnten.
Das Interesse der Bevölkerung an der NASC scheint von Tag zu Tag zu steigen je näher die Solarrenner an Calgary herankommen. Und so werden viele neugierige und wohlüberlegte Fragen, vor allem von Kinder, während des abendlichen Ladevorgangs beantwortet. Als vor zwei Jahren die teilnehmenden Teams Calgary erreichten, wurden sie von sechszehntausend begeisterten Menschen empfangen, weiß Don Horten, der Observer der Bochumer, zu berichten. Und so scheint der morgige und letzte Tag der Challenge spannend zu werden. Insbesondere im Kampf um die vorderen Platzierungen und der Frage, ob Principia doch noch starten kann oder ob sie sich zu dem Bedauern der anderen Teams geschlagen geben müssen. So oder so ist Principia mit ihrem beeindruckend designten Fahrzeug und ihrem sympathischen Team als kleinste teilnehmende Institution Sieger der Herzen. Das Team der BO hat durch die letzten beiden erfolgreichen Tage erneut das Rennfieber gepackt und will sich vor Waterloo platzieren, auch wenn diese durch ihr flacheres Fahrzeug und den angekündigten Gegenwind mit deutlichen Vorteilen in die letzte und entscheidende Stage der North American Solar Challenge 2008 starten.
SolarWorld No.1 kämpft bis zum Schluss um den dritten Platz
Der Morgen des letzten Tages der North American Solar Challenge beginnt mit guten Nachrichten und für Solarrennen schlechtem Wetter. Das Team des Principia College ist gestern doch noch eine Stunde und fünfzehn Minuten nach Schließen des Stage Points in Medicin Hat angekommen. Für das verspätete Eintreffen vergibt die NASC ebenfalls Zeitstrafen, die jedoch nicht so drastisch ausfallen wie der Transport im Anhänger. Das Team. dem Justus Just und Markus Franke letzte Nacht zurück auf die Straße halfen, war erneut die Northwestern Universität. Um das Fahrzeug in der Kürze der Zeit wieder fahrbereit zu bekommen, half nur der Austausch des Motorcontrollers. Da Northwestern selbst keinen Ersatzkontroller besitzt, sind sie heute mehr als dankbar, dass sie die Challenge mit dem Ersatzcontroller der Bochumer beenden dürfen.
Zwar bleibt es an diesem Morgen trocken, aber die geschlossene Wolkendecke verhindert wieder einmal ein effektives Laden der Batterien. Auch weht ein Gegenwind von etwa 20km/h. Alles in allem nicht die besten Bedingungen, um den Vorsprung auf Waterloo zu halten. Um 9:02 Uhr startet Marius Kotyga mit SolarWorld No.1 auf die letzte Etappe von Medicin Hat nach Calgary. Die beiden Wetterfahrzeuge sind zu diesem Zeitpunkt bereits weit vorausgefahren und schicken viertelstündlich aktuellste Wetterinformationen an Chase. Die Strategie für den heutigen Tag ist einfach, schnellst möglich und mit leeren Batterien ankommen. Jedes Watt verbleibende Leistung bedeutet verschenkte Zeit. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Wetterlage permanent ändert. Erst bricht die dicke, geschlossene Wolkendecke auf, nur um durch eine dünnere Version ersetzt zu werden. Gerade als „Wetter nah“ auf das Gelände der Universität von Calgary fährt, erreicht auch das Team aus Waterloo als zweites Team die Ziellinie. Von nun an tickt der Countdown für die Bochumer. Ihnen bleiben noch 22 Minuten um ebenfalls die Challenge zu bestehen und den dritten Platz zu verteidigen. Immer kürzer werden die Abstände, in denen die vorausgefahrenen Teammitglieder Informationen über den Ablauf im Ziel an das Rennteam übermitteln und den aktuellen Status abzufragen. Kurz vor Calgary dreht der Wind und unterstützt das Vorrankommen von SolarWorld No.1. Mit 72km/h bereits deutlich schneller als in den Tagen zuvor wird die Geschwindigkeit noch weiter erhöht. Als noch zehn Minuten verbleiben, um den dritten Platz zu halten, steht das Team an einer roten Ampel und muss noch zwei weitere Kreuzungen passieren.
Die Teammitglieder am Ziel haben das restliche Publikum bereits ordentlich angeheizt und so werden die Bochumer mit lautem Jubel empfangen. Die Zeitnahmelinie ist kurz vor der eigentlichen Ziellinie. So erhalten alle Teammitglieder die Chance, ihr Fahrzeug auf den letzten Metern zu begleiten. Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender der SolarWorld AG und Hauptsponsor des Teams, hat es sich nicht nehmen lassen, samt Familie anzureisen und persönlich die Zielflagge zu schwenken als die Bochumer als dritte nach Michigan und Waterloo die North American Solar Challenge 2008 erfolgreich abschließen. Erste Hochrechnungen der Bochumer ergeben den dritten Platz knapp vor Waterloo und auch die Kanadier kommen auf ein ähnliches Ergebnis. Etwa eine Stunde später, nach Eintreffen von Principia, wird der dritte Platz mit zwei Minuten Vorsprung vor Waterloo auch von offizieller Seite bestätigt. Insgesamt schaffen es nur die fünf Topteams, die gesamte Strecke zu fahren und gänzlich auf den Transport im Anhänger zu verzichten. Die fünf Teams sind:
- Continuum University of Michigan (USA)
- RA7 Principia College (USA)
- SolarWorld No.1 Hochschule Bochum (Deutschland)
- Midnight Sun IX University of Waterloo (Kanada)
- Centaurus University of Minnesota (USA)
Direkt nach der Ziellinie werden die Fahrzeuge erneut durch die Scrutineere überprüft. In deren Aufmerksamkeit liegen erneut die Beleuchtungsanlage sowie der gefahrene Reifendruck. Sie finden aber keinen Grund zur Beanstandung. Ein Mitglied aus dem Team von Waterloo berichtet, dass bei ihnen kurz nach Ankommen die Rundumleuchte deaktiviert wurde und sie deshalb eine Zeitstrafe bekommen. An der Platzierung ändert sich dadurch jedoch nichts.
Bald beginnt auch der obligatorische T-Shirt Tausch. Die Poloshirts der Bochumer sind auf Platz eins der Wunschliste der anderen Teams. Und so müssen die Bochumer nur die Wahl treffen, welches Trikot sie gerne hätten. Als das erste Kapuzenshirt der Bochumer gegen eine Observerjacke sowie passendem T-Shirt getauscht, wird ist auch hierfür der Preis festgelegt. So machen sich die Bochumer sehr erfolgreich auf die Jagd nach den Observerjacken, um sich auf diesem Basar überhaupt einer Herausforderung stellen zu müssen. Einige Kapuzenshirts sowie wenige Hosen wechseln auf diesem Weg ihren Besitzer. Auch die Baseballcaps erreichen einen hohen Marktpreis und werden nicht selten gegen T-Shirts anderer Teams getauscht. Nach weniger als einer Stunde kann nicht mehr unterschieden werden, wer zu welchem Team gehört. Fast jeder trägt wenigstens ein Teil der Bochumer Uniform, einige Wenige haben sich ein komplettes Set zusammen getauscht.
Nachdem alle Teams das Ziel erreicht haben und alle Shirts weggetauscht wurden, macht sich das Team auf den Weg zum Hotel, um sich für die abendliche Einladung von Herrn Asbeck frisch zu machen.
Technical Innovation Awards für Mechanik und Elektrik gehen an das Team der Hochschule Bochum
Nach einem ausgezeichneten Abendessen mit anschließendem lustigem Umtrunk am gestrigen Abend genießt es jeder im Team, einmal länger als bis sechs Uhr zu schlafen. Zur Mittagsstunde laden SolarWorld und die Universität von Calgary in den örtlichen Zoo zum Barbecue und zur Awardverleihung.
Nach Begrüßungsreden der Direktorin der örtlichen Universität und Dan Eberle, dem Hauptorganisator der NASC überrascht Michael Schmidt als Vertreter der SolarWorld AG alle Anwesenden, als er die erste SolarWorld European Solar Challenge (SESC) ankündigt. Name und Zeitpunkt der Challenge sind noch nicht endgültig festgelegt, aber es bestehen schon erste Vorstellungen zu der zu absolvierenden Route. Nach dem Start in Gibraltar sollen Spanien, Monaco, Frankreich, Deutschland, Österreich und Italien besucht werden. Viele der NASC-Offiziellen haben bereits ihr Interesse bekundet, auch in Europa als freiwillige Helfer teilzunehmen.
Im Anschluss an diese überraschende Ankündigung wurden die Observer-Awards vergeben. Diese Preise werden von den Observern gestellt und vergeben. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um nicht ganz ernst gemeinte Auszeichnungen. So gewann der Bochumer Mechanikchef Christoph Harmes einen Seitenschneider, da er ständig Dinge aus SolarWorld No.1 ausbauen musste und nie das richtige Werkzeug zur Hand hatte. Michigan gewann eine Wünschelrute, da sie in ihren Nachtlagern nie genügen Wasser zur Verfügung hatten. Da sich das Team aus Minnesota in den letzten zehn Tagen ausschließlich von Weißbrot mit Erdnussbutter und Erdbeermarmelade ernährt hat, gewannen sie Cashewbutter und Pfirsichmarmelade, um ein wenig Abwechslung auf dem Speiseplan zu haben.
Nach den Observer-Awards galt es, weitere NASC-Preise zu vergeben. Principia gewann erneut den Safety-Award für die konsequente Umsetzung und Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen. Michigan bekam den Teamwork-Award. Die Bochumer wurden nicht nur mit dem Technical Innovation Award für Mechanik, sondern auch noch mit dem Electrical Innovation Award für die sauberste Verarbeitung ausgezeichnet.
Morgen steht das Packen des Containers an. Die gesamte Ausrüstung, alle Campingsachen sowie der mitgebrachte Teambus müssen sicher verladen werden. Danach verteilt sich das Team in alle Himmelsrichtungen. Ein Teil reist am kommenden Freitag zurück nach Deutschland während andere noch einen Urlaub in den USA oder Kanada anhängen.
Hier endet dieses Tagebuch. Unser besonderer Dank gilt der Hochschule Bochum, insbesondere dem Präsidium und den Fachbereichen Elektrotechnik und Informatik, Maschinenbau und Mechatronik sowie Wirtschaft, die uns seit Jahren unterstützen. Eine Unterstützung, die, wie wir feststellen konnten, nicht jedes Team genießen kann. Nicht vergessen wollen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulverwaltung, die wir mit ständigen Exkursionen und verspätet eingereichten Anträgen stark belasten.
Ein großer Rückhalt kommt aus den Familien- und Freundeskreisen der Teammitglieder. Sie motivieren nach Rückschlägen und unterstützen auch sonst jeden Einzelnen, obwohl das SolarCar enorm viel von der gemeinsamen Zeit verschlingt.
Die enorme Unterstützung unserer Sponsoren ist es, die dieses Projekt erst ermöglicht hat und am Leben erhält. Wir hoffen, sie in angemessener Weise repräsentiert zu haben und würden gerne auch weiterhin mit ihnen zusammenarbeiten.
Danke an alle!