Ökonom Prof. Dr. Stephan Sommer forscht rund um den CO2-Preis. Im Interview verrät er, warum ihn das Thema so gepackt hat und wie man die gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen könnte.
Eins Ihrer Forschungsgebiete heißt „Umweltökonomik“. Wieso ist es wichtig, Umwelt und Ökonomik überhaupt zusammenzudenken?
Sommer: Nur so kann der ökologische Fußabdruck auf unserem Planeten geringer werden! Ökonomik ist die Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, wie wir mit knappen Ressourcen effizient umgehen können. Je weniger Ressourcen wir benötigen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, desto kleiner ist auch der Effekt auf die Umwelt. Diese Umwelteffekte bezeichnen wir als negative externe Effekte. Um diese zu reduzieren, braucht es einen Preis.
Zum Beispiel einen CO2-Preis?
Ja genau. Der CO2-Preis führt dazu, dass sich energieintensive Aktivitäten wie Autofahren und Heizen verteuern. Somit setzt er Anreize, Energie zu sparen und trägt daher zum Klimaschutz bei. In der aktuellen Debatte geht es neben dem Klimaschutz aber auch viel um die Sozialverträglichkeit, denn einkommensschwache Haushalte leiden besonders unter hohen Energiepreisen.Das ist wichtig, aber es wird zu wenig über die Effektivität des Instruments gesprochen.
Was bedeutet das?
Wir wissen seit langer Zeit aus der ökonomischen Forschung, dass ein solcher Preis mit geringstmöglichen Kosten in der Lage ist, CO2 zu reduzieren. Beim Emissionshandel in der EU oder der CO2-Steuer in Schweden hat man das bereits gesehen. Wir müssen als Gesellschaft verstehen, dass wir ein solches Instrument brauchen – als zentralen Baustein in der Klimapolitik. Natürlich muss der CO2-Preis auch sozial verträglich ausgestaltet sein; das ist in meinem Empfinden nach aber ein nachgelagerter Schritt.
Warum hat Sie gerade dieses Thema gepackt?
Der CO2-Preis macht die Lücke zwischen Wissenschaft und praktischer Umsetzung besonders deutlich. Lenkungssteuern, wie der CO2-Preis eine darstellt, sind wissenschaftlich gut erforscht. Es ist auch sehr einfach: Etwas wird teurer und in der Folge wird davon weniger verbraucht. An der Umsetzung hapert es aber und häufig traut sich die Politik nicht, hart einzugreifen. Gleichzeitig finde ich spannend, dass viele unterschiedliche Akteurinnen und Akteure gefordert sind: Neben Wissenschaft und Politik sind etwa auch Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig und müssen ihr Verhalten anpassen.
Welchen Fragen gehen Sie konkret nach?
Mich interessiert die Frage nach der Akzeptanz eines CO2-Preises in der Bevölkerung und wie man sie steigern kann. Dabei spielen Aspekte der Gerechtigkeit eine wichtige Rolle. Durch einen CO2-Preis verteuern sich für Haushalte insbesondere Güter in den Bereichen Mobilität und Heizenergie. Haushalte mit geringem Einkommen geben für diese üblicherweise einen höheren Anteil ihres Einkommens aus als Besserverdiener. Ich frage mich: Wie kann man das ausgleichen und welchen Effekt hat dies auf die Akzeptanz?
Bis zu welcher Höhe könnte ein CO2-Preis denn Zustimmung in der Bevölkerung finden?
Unsere Studien zeigen: Die Mehrheit der Befragten ist nur bereit, relativ niedrige Preise zwischen durchschnittlich 10 bis 30 Euro zu zahlen. Aber auch CO2-Preise von 50 bis 55 Euro erhalten immer noch Zustimmungswerte von rund 40 Prozent. Für eine Steuer ist das meiner Ansicht nach gar nicht so wenig.
Lässt sich die Akzeptanz steigern?
Ja, durch eine Ausgestaltung mit der das Instrument als gerecht wahrgenommen wird. Die Zustimmungswerte des CO2-Preises steigen etwa, wenn er mit einem Klimageld kombiniert wird, also der Rückerstattung der Einnahmen an die Bevölkerung. Außerdem steigt die Zustimmung bei einem Green-Spending, also der Verwendung der Einnahmen für grüne und nachhaltige Zwecke. Mit der richtigen Ausgestaltung, erzielt aber auch ein CO2-Preis von 50 Euro mehrheitliche Zustimmung.
Wie könnte man die Einnahmen aus dem CO2-Preis nutzen?
In der Schweiz werden die Einnahmen pro Kopf zurückverteilt: Am Jahresende zieht die Krankenkasse einen geringeren Betrag ein. In Schweden werden die Einnahmen größtenteils dem Staatshaushalt zugeführt und zum Beispiel in neue Radwege und erneuerbare Energien investiert. Wenn man das Geld an die Bevölkerung zurückverteilt, ist es aber sehr wichtig, dass die Rückzahlung sichtbar ist. Das könnte man mit einer mehrfachen und separaten Überweisung erreichen.
Gibt es weitere umweltökonomische Herausforderungen?
Es bringt wenig, wenn Deutschland und die EU alleine einen CO2-Preis einführen. Wir brauchen einen globalen CO2-Preis, damit alle Emissionen abgedeckt sind. Dafür ist eine bessere Kooperation auf der internationalen Ebene nötig. Gleichzeitig sind neue Technologien, die für sogenannte negative Emissionen sorgen, eine wichtige Zukunftsaufgabe. Sie entziehen der Atmosphäre CO2, so wie es auf natürliche Weise durch Aufforstung geschieht. Auch hier schließen sich neben den technologischen Aspekten Fragen der Akzeptanz an.
Über den Interviewpartner:
Prof. Dr. Stephan Sommer lehrt im Bereich Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bochum. Zu seinen Forschungsgebieten zählen Umwelt-, Energie-, Transport- sowie Verhaltensökonomik. Sommer ist Nachhaltigkeitsbeauftragter des Fachbereichs Wirtschaft.
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Die o.g. Studie entstand zu einem großen Teil während seiner Zeit als Beschäftigter am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Dafür kooperierte er mit Linus Mattauch vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Technischen Universität Berlin sowie Michael Pahle vom PIK.