"Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Tag an der Hochschule. Es war nicht nur der Beginn meines Studiums, sondern auch der Start in ein völlig neues Abenteuer – allein in einem fremden Land mit einer anderen Kultur und Sprache zu leben.
In der Einführungswoche meines Architekturstudiums hatten alle Erstsemester eine besondere Aufgabe: Jede Gruppe musste innerhalb von fünf Tagen einen kleinen Pavillon mit einem vorgegebenen Thema zwischen dem Seminargebäude und der Bluebox entwerfen und bauen. Die Baumaterialien mussten wir zum Teil selbst organisieren. Mit meinen damals noch begrenzten Deutschkenntnissen fiel es mir schwer, meine Ideen und Meinungen mit meinen Kommilitonen zu teilen.
Doch trotz der sprachlichen Herausforderungen habe ich meinen Mut zusammengenommen und es versucht. Am Ende haben wir gemeinsam ein kreatives Werk geschaffen – mein erster Schritt, mein Deutsch zu verbessern und mich den Herausforderungen des Architekturstudiums zu stellen.
Anfangs verstand ich in den Vorlesungen kaum etwas. Oft saß ich verzweifelt im Hörsaal und fragte mich: Warum bin ich hier? Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Nach der Uni verbrachte ich unzählige Stunden allein zu Hause, um alle Folien und Aufgaben nachzuarbeiten. Doch ich hatte das große Glück, wunderbare Kommilitoninnen kennenzulernen, die mir geholfen haben, mich zurechtzufinden. Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin.
Ich erinnere mich besonders an meine erste Gesprächspartnerin an der Hochschule –aus diesem kurzen Austausch entstand eine enge Freundschaft, die bis heute besteht. In den ersten Monaten fühlte ich mich oft einsam, doch meine Freundinnen waren immer für mich da und sagten: „Wenn du etwas nicht weißt, frag einfach.“ Einmal mussten wir technische Querschnitte von Werkzeugen auf acht Blättern zeichnen. Da ich die Aufgabe nicht ganz verstanden hatte und keine Werkzeuge besaß, lieh mir meine Freundin ihre eigenen und übersetzte mir sogar Erklärungen ins Chinesische.
Solche Momente werde ich nie vergessen. Wenn ich mich hilflos fühlte, waren es diese kleinen Gesten der Freundlichkeit, die mich aufgefangen und ermutigt haben.
Ich erinnere mich auch an meine ersten Erfahrungen im Fach Baukonstruktion. An diesem Tag blieb ich als Letzte in der Korrektur, um den Professor, der auch Chinesisch sprach, um Rat zu bitten und Fragen zur Aufgabe zu stellen. Er erklärte mir geduldig die Aufgaben und ermutigte mich, dranzubleiben und mein Deutsch weiter zu verbessern.
Für all diese Begegnungen bin ich unendlich dankbar. Ein kleines bisschen Hilfsbereitschaft von anderen hat mir große Motivation und Mut für mein Studium gegeben.
„Aller Anfang ist schwer.“ Wenn ich heute zurückblicke, bin ich froh, dass ich nicht aufgegeben habe. Ich habe Herausforderungen gemeistert und bin gewachsen.
Eine freundliche und unterstützende Atmosphäre auf dem Campus ist für internationale Studierende besonders wichtig. Deshalb bin ich der Hochschule Bochum dankbar, dass sie mir diese Chance und dieses Umfeld geboten hat."
März 2025, Sin Chen aus Taiwan