Die Nachhaltigkeitskompetenz der Hochschule Bochum hinterlässt Spuren bis in den Norden Deutschlands: So hat Svenja Edelmann mit ihrer Master-Thesis eine Basis für die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundesliga-Fußballclubs Werder Bremen erarbeitet. Sie hat eine Wesentlichkeitsanalyse erstellt, die die relevanten Themenfelder der Beziehungsgruppen, -personen, -institutionen und -Unternehmen des SV Werder Bremen, also die Stakeholder des Clubs, identifiziert und ausgelotet, wo dabei Nachhaltigkeitsthemen wichtig sind.
„Die Wesentlichkeitsanalyse ist ein strategisches Instrument, um aus der Vielzahl der Nachhaltigkeitsthemen die Fokusthemen für eine Nachhaltigkeitsstrategie für ein Unternehmen herauszufinden“, erklärt die Masterabsolventin.
„Gerade bei Bundesligaclubs ist es so, dass sie mit ganz vielen Themen konfrontiert werden und sie sollen für alles in Verantwortung treten, alles übernehmen. Und das ist für viele Clubs gar nicht möglich. Und deswegen habe ich auch die Wesentlichkeitsanalyse ausgewählt, um da eine Schärfung vorzunehmen.“
Dabei schaue man zum einen, welche Nachhaltigkeitsthemen positive und negative Auswirkungen auf die eigene Geschäftstätigkeit eines Unternehmens haben. „Also: auf welche Nachhaltigkeitsthemen habe ich als Unternehmen einen Einfluss, sei es z.B. beim CO2-Ausstoss oder auch durch die Beziehungen zu meinen Sponsoren oder Lieferanten. Und was hat das eigentlich für Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit“, konkretisiert Svenja Edelmann und fügt hinzu: „Genauso wie auch Nachhaltigkeitsthemen auf die Unternehmen einwirken und positiv verändern können.“
Im zweiten Schritt beziehe man dann sowohl die internen als auch die externen Stakeholder in die Analyse mit ein, um dann aus diesen drei Perspektiven am Ende die wesentlichen Themenfelder herauszufinden. „Und wenn man das alles zusammenfasst, dann hat man schließlich eine Nachhaltigkeitsstrategie, die alle Stakeholder-Interessen vereint, aber gleichzeitig auch die wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen berührt“, rundet sie ihre Ausführungen ab.
Grundlage der Erhebung sind zumeist Befragungen. Wie die Resultate ihrer Analyse für den Fußballclub genau aussehen, hat der SV Werder Bremen jetzt auf einer eigenen Webseite veröffentlicht: Unter „www.werder.de/wesentlichkeit“ findet sich auch eine Matrix, die insgesamt 17 Themenfelder – von ‚Soziale Verantwortung‘ bis ‚Diversität auf Führungsebene‘ im Verhältnis zu internen und externen Stakeholdern verortet. Als Konsequenz der Erhebung erstellt Werder beispielsweise bereits einen CO2-Fußabdruck der Unternehmenstätigkeit.
Warum der SV Werder Bremen – so wie übrigens alle Vereine der ersten und zweiten Bundesliga – eine Nachhaltigkeitsstrategie braucht, hat er selbst in einer Presseerklärung Mitte Dezember 2021 erläutert: Zu diesem Zeitpunkt hatte die Deutsche Fußball-Liga (DFL), der diese Vereine angehören, beschlossen, Nachhaltigkeit als verbindliches Lizenzkriterium ab der Saison 2023/24 einzuführen.
Wie dieses Vorhaben konkret umgesetzt und worauf schließlich durch die DFL Wert gelegt werden wird, das war natürlich auch für Svenja Edelmann interessant. Grundlage seien da die drei Dimensionen, die auch Nachhaltigkeit abfragt, also ‚Environmental‘, ‚Social‘ und ‚Governance‘ (ESG-Kriterien). Und Rahmenwerke aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung wie der deutsche Nachhaltigkeitskodex oder die Global Reporting Initiative würden als Leitfäden auch allen Bundesligaclubs helfen.
Durch die Masterarbeit ist übrigens auch die Zusammenarbeit mit dem VfL Bochum soweit vertieft worden, dass der Bochumer Bundesliga-Club und die Hochschule einen Kooperationsvertrag unterzeichnet haben. Nachdem bereits der Bochumer CSR-Beauftragte Matthias Mühlen einen Vortrag über seine Tätigkeit an der BO gehalten hatte, war es nicht schwer, auf den Verein zuzugehen, als Svenja Edelmann eine Umfrage bei ausgewählten Clubs durchführte, um die fußballspezifischen Besonderheiten im Umgang mit ihren Stakeholdern zu ermitteln. „Im Rahmen dieses Interviews kam dann das Interesse beim VfL Bochum auf, auch eine Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen.“
Svenja Edelmann ist in Dortmund aufgewachsen, hat aber an der Hochschule Bremen den Internationalen Studiengang Politikmanagement mit dem Bachelor abgeschlossen. Bereits in diesem Studium hat sie sich mit unternehmerischer Sorgfaltspflicht, also mit Corporate Social Responsibility (CSR) beschäftigt. Ihre Masterarbeit an der Hochschule Bochum, die von Prof. Dr. Marcus Schröter betreut wurde, wollte sie sodann praktisch und in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen schreiben. „Die konkrete Kontaktherstellung kam dann über das Netzwerk Umwelt Unternehmen Bremen zustande, das in Bremen die Unternehmen organisiert und ihnen dabei hilft ein Nachhaltigkeitsmanagement aufzubauen. In diesem Netzwerk war auch Werder Bremen vertreten“, erzählt sie. „So bin ich mit Werder Bremen ins Gespräch gekommen und das Thema hat sich dann konkretisiert.“
Und Svenja Edelmann ist in Bremen geblieben und nicht ins Ruhrgebiet zurückgegangen. „Seit Ende des Jahres arbeite ich bei einer Nachhaltigkeitsberatung (brands & values) in Bremen. Ich bin dort als Nachhaltigkeitsberaterin tätig und tue genau das, was ich auch zuletzt in meiner Masterarbeit gemacht habe, als Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln Wesentlichkeitsanalysen durchführen und all das, was notwendig ist um die Unternehmen nachhaltiger aufzustellen.“