Von Rüdiger Kurtz
Der Förderpreis wird seit 2013 als Anerkennung für die Doppelbelastungen, denen junge Mütter und Väter während ihres Studiums ausgesetzt sind, vergeben. Im Falle von Annemarie Heiken war es sogar eine Dreifachbelastung, da sie parallel zum Studium und der Erziehung ihrer drei Söhne Leonard, Leander und Laurin, auch noch ein Job mit 30 Wochenstunden zu bewältigen hatte.
Nach ihrer Berufsausbildung zur Bürokauffrau an der Evangelischen Jugendhilfe Menden startete Annemarie Heiken dort auch ihre berufliche Laufbahn. Auf die Einstellung als Personalsachbearbeiterin folgte 2013 der Aufstieg zur Assistentin des Vorstandes. "Das hat mich damals sehr gefreut, aber in der Folgezeit musste ich feststellen, dass ich ohne ein fundiertes betriebswirtschaftliches Wissen samt Hochschulabschluss nicht mehr weiterkommen würde", erzählt die 44-jährige.
Daher entschloss sie sich 2016 für ein Verbundstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Bochum. "Der Vorteil des Verbundstudiums lag neben der Möglichkeit zur parallelen beruflichen Tätigkeit insbesondere in der zeitlichen Flexibilität", erläutert Heiken: "Die Präsenzveranstaltungen an der Hochschule finden in der Regel an jedem 2. Samstag im Semester statt und werden ergänzt durch E-Learning."
Gut gefallen hat ihr auch, dass in kleinen Studiengruppen unterrichtet und dadurch eine intensive Betreuung gewährleistet wird. "Zudem merkt man allen Dozenten an, dass sie eine Menge Praxiserfahrung mitbringen und spannende Beispiele aus ihrer eigenen Erfahrung in verschiedenen Unternehmen in die Lehre einbringen können", ergänzt die Jungakademikerin.
Die Mehrfachbelastung sei zwar gerade am Anfang sehr anstrengend gewesen, aber gemeinsam mit ihrem Mann Alexander und den drei Söhnen habe sie sich schnell auf die neue Situation eingestellt: "Zeitmanagement und gute Planung waren enorm wichtig, gerade auch im letzten Jahr unter Corona-Bedingungen." Um spätestens 5.30 Uhr klingelte morgens ihr Wecker. Duschen, Schulaufgaben für die Kinder ausdrucken, Frühstück vorbereiten, Kinder wecken, fertigmachen und für die Onlinelehre einloggen. Dann ging es gegen 8 Uhr zur Arbeitsstelle.
"Wenn alles gut geklappt hat, konnte ich gegen 14 Uhr wieder zu Hause sein", so Annemarie Heiken: "Manchmal haben wir ein gemeinsames Mittagessen hinbekommen, ansonsten haben die Kinder sich das Essen warm gemacht, das ich am Vorabend vorbereitet hatte." Nachmittags wurden dann die Aufgaben der Kinder kontrolliert, ein wenig gespielt, das Abendessen vorbereitet sowie das Mittagessen für den folgenden Tag. "Und wenn die Kinder im Bett waren, habe ich für das Studium gebüffelt", lacht Annemarie Heiken. Die Vorbereitungen für die Vorlesungen und Prüfungen fanden aber nicht nur in den Abendstunden statt. Auch an den Wochenenden und im Urlaub waren die Fachbücher und Lernunterlagen stets präsent.
"Das war zwar sehr anstrengend, hat mir in all der Intensität aber auch viel Freude bereitet", berichtet Annemarie Heiken. Schließlich habe sie das Studium von Anfang an auch "als Chance für meine persönliche und berufliche Weiterentwicklung" gesehen. Gelohnt haben sich die Anstrengungen auf jeden Fall. "Ich habe viele neue Dinge gelernt, die ich in der Arbeitspraxis dringend benötige und erfolgreich anwenden kann", erzählt die agile Mendenerin. Direkt nach dem Studium, das sie mit einem sehr guten Notenschnitt von 1,5 im vergangenen Jahr erfolgreich beenden konnte, wurde Annemarie Heiken von ihrem Arbeitgeber zusätzlich mit der Teamleitung der Verwaltung betraut.
Über die mit 500 Euro dotierte Auszeichnung, die ihr nun vom Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Bochum verliehen wurde, freut sie sich aufrichtig. "Der Preis ist eine schöne Anerkennung für meine Leistung, aber natürlich auch für die unseres kleinen 'Familienunternehmens'", so Annemarie Heiken: "Wir haben uns gegenseitig unterstützt und top zusammengehalten. Dafür bin ich den Jungs und meinem Mann sehr dankbar."
Entsprechend wurden vom Preisgeld auch ein paar Geschenke für die Kinder besorgt. "Das haben sie sich auf jeden Fall verdient", so die Dreifachmutter, die sich nun erst einmal auf mehr Ruhe und gemeinsame Zeit mit ihrer Familie freut. Zuviel Ruhe ist allerdings auch nicht ihr Ding. "Für die Zukunft kann ich mir durchaus noch ein Masterstudium vorstellen", lacht Annemarie Heiken. Schließlich hat sich die Familie an die Standartantwort bei Anrufen und Nachfragen aus dem Freundes- und Familienkreis schon gewöhnt: "Mama muss gerade arbeiten."