Die Hochschule Bochum wird 50. Zum Auftakt des Jubiläumsjahres setzte sie mit ihrem digitalen Neujahrsempfang Zeichen, die nicht nur ahnen ließen, welche Entwicklung die Hochschule für angewandte Wissenschaften seit ihrer Gründung genommen hat, sondern auch ihr Selbstverständnis als Bildungs- und Forschungsinstitution greifbar machten. Und das Interesse war groß: Fast 400 Zuschauer*innen verfolgten den souverän von Katja Leistenschneider moderierten Empfangs-Stream.
Ein Neujahrsempfang ohne Bericht mit Blick auf die vergangenen zwölf Monate ist natürlich undenkbar. Präsident Prof. Dr. Jürgen Bock sprach denn auch von einem verrückten, sorgenvollen, aber auch erfolgreichen Jahr für die Hochschule, bei dem die Pandemie alles auf den Kopf gestellt habe. Und er verwies darauf, wie sie diese Herausforderungen gemeistert hat, aber auch auf die Erfolge, die sie darüber hinaus geschafft hat: positive Entwicklungen bei den Einschreibungen, den Deutschlandstipendien und beim Drittmittelvolumen, die Überführung des Geothermiezentrums in die Fraunhofer-Gesellschaft, die Gründung der Hochschulallianz ruhrvalley, zahlreiche bauliche Veränderungen und anderes mehr konnte er aufzählen. Eine Langfassung der Rede des Präsidenten finden Sie auf der Webseite zum Neujahrsemfpang.
Filmportrait zum Jubiläum
Ein besonderes Highlight war die Premiere des Jubiläumsfilms. In zweieinhalb Minuten reist er nicht nur durch 50 Jahre Hochschulleben, er zeigt in einem eindrucksvollen Puzzle ein Bild der Hochschule: Er stellt heraus was sie ausmacht und gibt einen Eindruck vom Lebensgefühl und Selbstverständnis ihrer Angehörigen und findet sich im Motto des Jubiläums, „Denken, Fühlen, Machen. Sein.“ wieder. Der Film ist auch über die Jubiläums-Webseite www.hsbo50.de der Hochschule aufrufbar.
„Machen setzt Denken und Fühlen voraus“, rückte Prof. Bock die Quellen menschlicher Motivation in den Mittelpunkt. „Wir brauchen Leidenschaft, wir brauchen Enthusiasmus, wir brauchen Frustration, wir brauchen Spaß, wird brauchen Begeisterung, wir brauchen Freude an dem, was wir tun“, stellte er fest. „Und das ist – neben der Rationalität – erforderlich, um erfolgreich ‚zu machen‘ und damit ‚zu sein‘“, kam er auf das Motto „Denken, Fühlen, Machen. Sein.“ zu sprechen.
Dieser Claim spiegele etwas von der Entwicklung der Hochschule in den letzten 15 bis 20 Jahren wider, etwa mit der zunehmenden Bedeutung der Schlüsselkompetenzen und den darum veränderten curricularen Konzepten, wie dem Problem-Based Learning, das etwa das SolarCar-Projekt erfolgreich gemacht hat: Studierende unterschiedlicher Fachbereiche stellen sich einer Aufgabe, die sie selbständig lösen. „Da braucht man sicher auf der einen Seite das rationale Denken, aber auf der anderen Seite spielt das Fühlen, das Miteinander, das Kreative, das aufeinander Eingehen eine große Rolle.“
Glückwünsche zum Geburtstag gab es von Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch. Er sprach die „Exzellenz“ der Hochschule in Sachen Geothermie und Elektromobilität an und hob ihre wichtige und tragende Rolle im Verbund UniverCity der 58.000-Studierendenstadt hervor. Und er wünschte: „Viel Spaß in der Zukunft; die liegt ja noch vor Ihnen!“
Was das Fühlen im wissenschaftlichen Zusammenhang für eine Rolle spielt, das erläuterte Festredner Dr. Nico Rose. Der Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management in Dortmund betrachtete dies vom Ansatz der Positiven Psychologie aus.
Diese hat die Elemente, die Menschen brauchen, um gut und glücklich zu leben in dem Akronym PERMA zusammengefasst. Dabei steht das „P“ für „Positive Emotions“, also eine aktive positive Haltung im Leben, „E“ für Engagement, „R für Relationships, also soziale Beziehungen, „M“ für Meaning, also Bedeutung und Sinnhaftigkeit und „A“ für „Achievement“, womit Leistung und das Erreichen von Zielen gemeint ist.
Wissenschaft mit Gefühl
Und wofür ist das „Fühlen“ aus dem Jubiläums-Motto für einen Wissenschaftsbetrieb wie die Hochschule Bochum gut? Schließlich setzen wir Wissenschaft nicht selten mit kühler Rationalität gleich. „Wir verstehen immer besser, dass die Weise, wie wir gerade jetzt fühlen, sehr viel damit zu tun hat, wie und was wir denken können" erläuterte Rose. „Wir fragen uns nun ‚Was machen negative Emotionen mit unserem Denken?‘ Und das wissen wir aus unserem Leben: Negative Emotionen, also Angst, Furcht, Trauer, machen unseren Körper eng, und sie machen auch unser Denken, den Geist ein Stück eng. Auf der anderen Seite machen die positiven Emotionen den Körper, das Blickfeld weiter und auch den Geist.“ Das lässt sich vielseitig nutzen, etwa auch in der Forschung. „Wenn wir die Zukunft einladen wollen, kreativ sein möchten, dann macht es Sinn, sich mit Musik etc. zu ‚pushen‘, wenn wir genau sein wollen, präzise hinschauen, kann es nützlich sein, ‚herunterzukommen‘. Beides kann also wertvoll sein.
Hochschulen als Lernorte, als Netzwerk-Orte mit einer schönen Offenheit und Entscheidungsfreiräumen könnten besonders sinnstiftende Orte sein, skizzierte Dr. Rose.
Das spiegelte übrigens auch ein Filmbeitrag wider, der den „Karriereweg FH-Professur“ vorstellte und bei dem Professor*innen der BO selbst darüber zu Wort kommen, warum ihnen ihr Beruf so gut gefällt.
Karrierewege im Gespräch
Durchaus kurzweilig ging es schließlich in der abschließenden Podiumsdiskussion aus dem Hörsaal 9 der Hochschule zum Thema „Lehre und Forschung in Bochum: mit Herzblut und Tatendrang“ zu. Der Bogen des Gesprächs mit Karin-Brigitte Göbel, Vorsitzende des Vorstandes der Stadtsparkasse Düsseldorf und FH-Bochum-Absolventin, Andreas Lüning, Gründer und Vorstandsmitglied der G DATA CyberDefence AG, der Rektorin der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, Bochum, Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann und Bochums Kulturdezernent Dietmar Dieckmann, beide digital zugeschaltet, spannte sich vom gewandelten Umgang mit Studienabbrechern bis hin zu den Eigenschaften, die die Hochschule ihren Studierenden und Absolvent*innen mit auf den Karriereweg geben sollte. Sie zeigte auch den Wandlungsprozess, der in 50 Jahren aus einer vor allem Anwendungswissen vermittelnden Fachhochschule zu einer vielschichtigen, anspruchsvollen Lehr- und Forschungseinrichtung hat werden lassen.
„Unsere Verantwortung ist es, jungen Menschen ein Fundament mitzugeben, auf dem sie aufbauen können“, erklärte Hochschulpräsident Dr. Bock. Und darüber hinaus? Mit auf den Weg in die Zukunft gaben die Diskussionsteilnehmer ein(e) jede(r) den Studierenden Wünsche mit: „Mutig sein, sich engagiert einbringen und auch einmal ein ‚Sidestep‘ machen, um ans Ziel zu kommen“ war Karin-Brigitte Göbels Rat. „Das mit dem eigenen Leben machen, was einem wirklich Spaß macht“, konnte Unternehmer Andreas Lüning hinzufügen und Ethik-Professorin Graumann riet, sich zu engagieren und Beiträge zu einer besseren Gesellschaft zu leisten. „Wir müssen bereit sein, Veränderungen zu meistern“, blickte auch Kulturdezernent Dietmar Dieckmann in die Zukunft. Die nächsten 50 Jahre können also kommen...