„Das zeigt, wieviel wir mit unserer Arbeit bewirken können“, freute sich Talentscout Svenja Löhe kürzlich beim Blick auf eine kleine, aber vielsagende Statistik: Seit letztem Jahr haben 10 der 21 Schülerinnen und Schüler aus dem Talentscouting, die sich bei unterschiedlichen Förderwerken um ein Stipendium beworben haben, eine Förderzusage bekommen. In die Studienstiftung des deutschen Volkes schafften es allein 7 von 15 der von den BO-Talentscouts begleiteten Talente.
Diese Erfolgsquote, am Ende liegt sie bei fast der Hälfte, ist nicht nur beeindruckend, sie macht auch neugierig darauf, wie man sie überhaupt erreichen kann: Jede Förderung, wissen Svenja Löhe und ihr Kollege Alberto Rodriguez, ist schließlich eine Auszeichnung und eine Chance für die
Stipendiat*innen. In Deutschland gibt es 13 große Begabtenförderungswerke mit unterschiedlichen Orientierungen, seien sie politisch, religiös, gewerkschaftlich, unternehmerisch oder weltanschaulich unabhängig ausgerichtet. Sie alle erwarten von ihren Kandidat*innen gesellschaftliches Engagement, Motivation, Leistungsstärke und besondere Persönlichkeiten. Da ist es nicht leicht, unter den Bewerber*innen herauszuragen.
Sehr zu schätzen wissen Svenja Löhe und Alberto Rodriguez, dass bei einer Reihe von Stiftungen mittlerweile nicht nur die Schulen vielversprechende Kandidat*innen zur Auswahl vorschlagen können, sondern dass dieses Zutrauen auch für die Talentscouts gilt. „Manche Schulen wählen die Schülerinnen und Schüler überwiegend nach ihren schulischen Leistungen aus“, erklärt Löhe. „Wir Scouts wollen bei unseren Vorschlägen und der weiteren Begleitung der Talente andere Schwerpunkte setzen, ihre Leistungen im Lebenskontext betrachten, ihre Persönlichkeiten stärken und ihnen so früh wie möglich vermitteln, wie sie beispielsweise durch ehrenamtliches Engagement die Gesellschaft und die Welt von Morgen mitgestalten können.“
Natürlich verstehen die Talentscouts sich auch als Begleitung von Bildungsaufsteigern, wie etwa Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Sie können deren spezielle Situation berücksichtigen. Viele Lernende sehen sich selbst zunächst gar nicht als Leistungsträger. „Wir motivieren sie, indem wir ihnen etwas zutrauen, ihnen in ihren oft herausfordernden Lebensumständen Chancen aufzeigen und sie mit ihren individuellen Fähigkeiten wertschätzen“, beschreibt Alberto Rodriguez das Verhältnis zu den Talenten. „Und das hilft uns auch, wenn wir mit ihnen gemeinsam überlegen, welche Fördermöglichkeiten sie zur Finanzierung eines Studiums nutzen können, etwa durch Bewerbungen um Stipendien“, führt er aus. „Die 13 großen Begabtenförderwerke bekennen sich, bei aller Unterschiedlichkeit, zu den Prinzipien der Demokratie und des freiheitlichen Rechtsstaates. Deshalb legen sie Wert auf junge Menschen, die diese Haltung mittragen, die über ihren eigenen Tellerrand schauen und ihre Meinung zu vertreten wissen. Dazu motivieren wir unsere Talente und geben ihnen Gelegenheit, sich darin zu üben“, erklärt Rodriguez.
Eine besondere Chance liegt nach Überzeugung der Scouts auch darin, Schüler*innen mit einer ähnlichen Einstellung und Lebenssituation zusammenzubringen. Die 21 Talente, die vergangenes Jahr im Bewerbungsprozess um ein Stipendium begleitet wurden, waren Schülerinnen und Schüler von zehn verschiedenen Schulen. „Per Messenger haben sie sich in einer gemeinsamen Gruppe vernetzt und mehr getan, als reine Informationen auszutauschen“, beschreibt Löhe. „Sie haben sich gegenseitig motiviert, in ihren Vorbereitungen unterstützt, Referate geübt, Diskussionen simuliert und am Auswahlwochenende mitgefiebert.“ Auch unabhängig von den Talentscouts haben viele von ihnen zusammengefunden und sich ausgetauscht. „Das wertschätzende und unterstützende Miteinander hat letztendlich dazu geführt, dass jedes Talent noch einmal über sich selbst hinausgewachsen ist“, berichten die Scouts nicht ohne Stolz auf ihre Schützlinge.
Bei den Auswahlverfahren legen die Stiftungen neben Leistung und Engagement Wert auf intellektuelle, soziale und kommunikative Fähigkeiten. Die Talentscouts begleiten ihre Talente während des gesamten Bewerbungsprozesses und sehen dabei ihre wesentlichen Aufgaben darin, die Bewerberinnen und Bewerber zu ermutigen, ihre individuellen Stärken herauszuarbeiten und diese gemeinsam zu schärfen.
Sie sind überzeugt, dass Förderwerke, wie die Studienstiftung des Deutschen Volkes, das Avicenna-Studienwerk oder die Hans-Böckler-Stiftung, gerade in Zeiten zunehmenden Populismus und einer fortschreitenden Separierung sozialer Gruppen eine enorm wichtige Rolle für die Stabilität unserer Gesellschaft leisten.
Und damit geht auch diese Aktivität der Bochumer Talentscouts weiter. „Wir hoffen auf weitere Erfolgsgeschichten!“, erzählt Svenja Löhe augenzwinkernd. „Aktuell bereiten schon 15 weitere Talente ihre Bewerbungen für ein Stipendium ihrer Wahl vor. Zusätzlich können sowohl Schulen als auch Talentscouts ihre Vorschläge für die Studienstiftung des deutschen Volkes bis Mitte des Jahres einreichen und so weiteren talentierten jungen Menschen die Möglichkeit geben, 2021/2022 ins Rennen um ein Stipendium beim größten Begabtenförderwerk in Deutschland zu gehen.“