Prof. Lemmen ist neuer Standortsprecher am Campus
Im März übernahm Prof. Markus Lemmen das Amt des Standortsprechers von Prof. Christian Weidauer. Wie waren die letzten Monate? Wie bewertet Prof. Lemmen die Corona-Krise mit Blick auf die Lehre? Was würde er heute am CVH studieren? Sein ganz persönlicher Blick auf diese und weitere Fragen...
Herr Prof. Lemmen, Sie sind seit Frühjahr neuer Campussprecher am CVH. Wie gefällt Ihnen denn Ihr neues Amt bislang?
Als Standortsprecher bin ich deutlich stärker in die strategischen Entscheidungsprozesse eingebunden als vorher. Insbesondere vor den Herausforderungen und Entscheidungs- sowie Abstimmungsnotwendigkeiten im Rahmen der Covid-19-Pandemie kamen hier unglaublich viele und ganz neue Fragestellungen auf mich zu. Gerade in diesem Zusammenhang hat es sich als sehr hilfreich erwiesen in Personalunion als Campussprecher des CVH und als Vorsitzender des Beschließenden Ausschuss CVH auftreten und handeln zu können. Auch wenn diese Zeit immer noch sehr fordernd ist, bin ich zufrieden mit dem, was wir am Campus innerhalb und zusammen mit der gesamten Hochschule Bochum unter diesen wirklich herausfordernden Bedingungen erreicht haben.
Was sind Ihre Hauptaufgaben als Campussprecher?
Als Campussprecher habe ich die Interessen des Campus und aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier am CVH bestmöglich zu vertreten und gegeneinander abzuwägen oder auch auszugleichen. Der Campussprecher ist nicht „Chef“ des Standorts, sondern soll die Wünsche des Standorts und des Personals innerhalb und außerhalb des CVH vertreten; aber er dient auch als Ansprechpartner für die anderen Organe der Hochschule (wie zum Beispiel dem Präsidium, dem Senat oder auch der Dekane und Fachbereichskonferenz) bei vielen Campusbelangen.
Und wo liegen Ihre Arbeitsschwerpunkte in der Lehre?
Im Bachelorstudiengang bin ich erster Ansprechpartner für das Fach Mathematik. Ich kümmere mich zusammen mit Prof. Ashfaq und unserem wiss. Mitarbeiter Jan Falkenhain um den Mathe-Vorkurs für unsere Studienanfänger. Im ersten Semester unterrichte ich dann Lineare Algebra. Mir ist es wichtig, dass es hierbei nicht bei der bloßen Theorie bleibt, sondern der Praxisbezug hergestellt wird. Im Praktikum müssen deshalb praxisrelevante Probleme gelöst werden: Alle unsere Studierenden sollen am Ende des Semesters in der Lage sein, mit relativ einfachen Befehlen Algorithmen zu programmieren, um Gleichungssysteme mit vielen tausend Variablen und Gleichungen selber effizient lösen zu können.
Der Praxisbezug ist mir auch in meinem zweiten Fach, der Regelungstechnik, wichtig: Hier sollen die Studierenden auf der einen Seite die Theorie kennen lernen aber auch auf der praktischen Seite Regler selber ausrechnen und einstellen können, um zum Beispiel die Regelung von Teilen eines Zeppelins oder Quadrokopters ganz praktisch umzusetzen. Im Master lernen die Studierenden dann Simulationen im Rahmen der Fahrzeugsystemtechnik selber umzusetzen und zu validieren.
Was ist Ihnen beim Unterricht der Studierenden besonders wichtig?
Einige meiner Vorlesungen, für die ich verantwortlich bin, gelten als schwer. Ich versuche zu vermitteln, dass man sich auch schweren Themen stellen kann und sich mit Fleiß selbst dann in das Thema einarbeiten kann, wenn man keine ausgesprochene Begabung für das Thema mitbringt.
Dabei sind diese „schwierigen“ Fächer bei mir nicht Selbstzweck. Es geht mir immer auch darum, mit Hilfe von den vermittelten Methoden praktische und praxisrelevante Fragestellungen lösen zu können. Dabei sollen unsere Studierenden dann in der Lage sein, selber diese Probleme mathematisch zu formulieren, zu lösen und die Lösung auch praktisch zu implementieren.
Bitte 5 Schlagworte, die Ihre Arbeit am besten beschreiben...
Da tue ich mich sehr schwer.
Wenn ich von Forschung und Lehre rede fallen mir andere Schlagworte ein, als solche, die meine Tätigkeiten in meinen Funktionen als Standortsprecher oder Vorsitzender des Beschließenden Ausschuss aufgreifen. Vielleicht kann man es so auf den Punkt bringen:
Forschung u. Lehre: Technikbegeisterung, lebenslanges Lernen, Kreativität, Vielfalt
Verwaltung: Optimismus, Beharrlichkeit, Diplomatie, Ausgleich und Verständnis
Was schätzen Sie besonders an unseren Studierenden?
Ich bin insgesamt der Meinung, dass wir mit dem Kollegium eine sehr gute Lehre anbieten. Ich bin tatsächlich auf unsere Absolventinnen und Absolventen stolz. Insbesondere schätze ich sehr, dass die große Mehrheit unserer Absolventinnen und Absolventen den Campus als Ingenieurin oder Ingenieur verlässt und diesen Titel zu Recht trägt. Im Verlauf des Studiums fragen unsere Studierenden immer weniger, wie eine Schülerin oder Schüler „ist das prüfungsrelevant“, sondern sie fragen immer mehr ganz im Sinne einer Ingenieurin bzw. eines Ingenieurs „wie geht das“ oder auch „warum funktioniert das bei meinem Kommilitonen aber bei mir nicht“. Es steht nicht mehr im Vordergrund einen Schein zu erhalten, sondern den Inhalt und die Sache zu verstehen. Das finde ich ganz großartig!
Einen weiteren wichtigen Aspekt, den ich sehr positiv herausstellen möchte ist der, dass unsere Studierenden eine gute Informatikausbildung erhalten; je nach Studiengang unterschiedlich stark ausgeprägt, aber trotzdem gut. Unsere Absolventen sind daher aus meiner Sicht ganz hervorragend für die Digitalisierung unserer Industrie und unserer Gesellschaft gerüstet.
Wie unterscheiden sich die Studierenden heutzutage im Gegensatz zu Ihrer Hochschulzeit?
Es gibt schon große Unterschiede in der Studienstruktur, die sich natürlich auch auf die Studierenden auswirken. Das Bachelorsystem ist viel verschulter als mein damaliger Diplom-Studiengang. Die Studierenden müssen weniger selbst organisieren und dürfen weniger selbst bestimmen. Das erleichtert zwar den Ablauf, aber fördert nicht die Selbstständigkeit der jungen Menschen. Das bedaure ich. Vielleicht spielt hier zusätzlich noch das jüngere Einstiegalter der heutigen Studierenden eine Rolle. Je älter man ist, desto ausgeprägter ist ja auch die Selbstverantwortung, das Leben in die eigene Hand zu nehmen. Das war zu meiner Zeit auch nicht anders.
Fachlich gesehen sind die Studierenden heutzutage deutlich fitter in der Informatik: So hatte ich zum Beispiel noch Konstruktionszeichnungen auf Pergament mit Bleistift und Tusche gezeichnet und nicht an einem CAD-System. Radiert wurde mit einer Rasierklinge und nicht per Mausklick. Heutzutage ist so etwas einfach undenkbar und klingt wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit oder Welt.
Wenn Sie am CVH studieren würden, dann…
...hätte ich die Möglichkeit das zu studieren, was mich damals schon begeistert hat: Mechatronik und Robotik. Damals gab es die Mechatronik aber nicht als Studiengang, sondern lediglich als ein Fachgebiet im Fachbereich Maschinenbau der Universität-GH Duisburg. So musste ich dann auf die Vertiefungsrichtungen im Bereich Mechatronik ausweichen: Technische Informatik, Programmierung in den damals ganz neuen Programmiersprachen C und C++ und Regelungstechnik…