PTB | „Bahnhof Coswig bei Dresden; Wie die BIM-Methode ein Projekt gerettet hat“ | BIM Bier+Brezeln digital | 05. Mai 2022


In seinem Vortrag veranschaulicht Herr Alexander Dudda vom Ingenieurbüro PTB eindrucksvoll und nachvollziehbar die Vorteile der Planung mit BIM, wie die Nutzung eines 3D-Modells, das in dem Projekt ebenfalls zur Bauablaufsimulation herangezogen wurde.

Die Planung gestaltete sich durch die Engstelle am Zwischenbahnsteig 5 schwierig.

Den Bahnhof Coswig passieren ICE-Züge auf der Hauptstrecke Leipzig und Dresden und wurde bereits teilweise (bis auf Bahnsteig 5) modernisiert, da er nicht unmittelbar an der ICE-Strecke anliegt. Der Zwischenbahnsteig 5 am Bahnhof Coswig entsprach daher noch nicht den regelkonformen Anforderungen eines sicheren, barrierefreien Bahnsteigs: den Blindenleistreifen stellte eine weiße, gemalte Linie auf dem nicht zulässigen Asphalt dar, die zu niedrige Bahnsteighöhe erschwerte das Ein- und Aussteigen aus und in die Züge, der Zugang zum Bahnsteig war nur über Treppen möglich und durch die fehlende Neigung des Bahnsteigs erfolgte keine ordnungsgerechte Wasserabführung. Die Ausschreibung des Projekts erfolgte bahngebunden: die bewerbenden Unternehmen mussten bereits bahngebundene Referenzen vorweisen.

Dass das Projekt große Schwierigkeiten in der Realisierung der Anforderungen aufweisen würde, war zu Beginn des Projekts nicht absehbar. Zur Umsetzung wurde eine Vielzahl an Variantenplanungen erstellt, die nahezu allesamt ausgeschlossen werden konnten. Grund für die arbeitsaufwändige Planung der Bahnsteigmodernisierung lag in der Geometrie des Bahnsteigs, welche in 2D kaum zu erfassen war. Durch den sich reduzierenden Gleisabstand zwischen den anliegenden Gleisen ergab sich das fast nicht umgängliche Bahnsteigbreitenproblem. Die Richtlinien der Deutschen Bahn geben eine Mindestbahnsteigbreite von 2,40m bei einer Hindernislänge von >10,00m an, welche hier nicht eingehalten werden konnte. In sechs verschiedenen Variantenplanungen konnte die Bestellung nur mit Einschränkungen realisiert werden: eine zu schmale Bahnsteigbreite, ein alleiniger, im Brandfall nicht zulässiger Zugang über einen Aufzug, ein nicht barrierefreier, alleiniger Treppenzugang, eine fehlende Neigung des Steigs zur Wasserabführung. Das Bauvorhaben war geometrisch nur realisierbar, wenn der Zugang zum Bahnsteig über eine Rampe, die unterhalb des Bahnsteigs über einen Zugangstunnel zugänglich ist, erfolgt. Diese Lösung war in 2D nicht erfassbar. Erst in 3D konnte die Geometrie des Bahnsteigs mit allen Facetten eingesehen, verstanden und berücksichtigt werden. So konnten zudem die lichte Höhe des Tunnels besser geplant werden, die angemessene Höhe zur Wasserabführung angesetzt und der Sicherheitsraum des Zugs besser berücksichtigt werden.

Die Planung erfolgte somit in 3D, nachdem der Bestand mittels Laserscanning erfasst und modelliert wurde. Der Anschluss des Neubaus an das Bestandsbauwerk gestaltete sich ebenfalls als schwierig, sodass für den Zugangstunnel zur Rampe zunächst die Anschlusskonstruktion unterbau werden musste, um die Schwergewichtstreppenwangen zu halten. Das für den Umbau notwendige Material wurde bahngebunden angeliefert. Es erfolgten entsprechende Bahnsperrungen, oder der An- und Abtransport über das Gleis.

Neben geometrischen Problemen gab es des Weiteren betriebliche Probleme im Projektablauf: Zur Ermittlung der Sperrpausen der Gleise musste bereits in der Vorentwurfsplanung ein detaillierter Bauablauf vorliegen. Gleissperrungen müssen bei der Deutschen Bahn i.d.R. drei Jahre im Voraus beantragt werden. Anhand des 3D-Modells konnte der Bauablauf simuliert und veranschaulicht werden. Als Softwarelösungen wurden MS Project und Synchro verwendet.

Für das Jahr 2022 ist die Erneuerung der kompletten Oberleitung des Bahnhof Coswig geplant. Hierfür notwendige Umbauten konnten bereits in diesem Projekt berücksichtigt werden: Die Masten, welche am Bahnsteig entlang über dem Tunnel positioniert werden müssen, wurden beispielsweise durch eine verstärkte Decke des Tunnels an den entsprechenden Stellen berücksichtigt.

Abschließend positioniert sich Herr Dudda „pro BIM“, verweist aber eindeutig auf den hohen Zeitaufwand, insbesondere für Planungsingenieure. Zudem fasst Herr Dudda zum Abschluss seines Vortrags noch einmal zusammen, dass das Projekt in 2D anhand von Schnitten und Ansichten sowie die Sperrplanung nicht realisierbar gewesen wäre und begrüßt die Möglichkeit, Probleme bereits in der Planung sichtbar und planbar zu machen.

Q & A

Q: Wurde ebenfalls in 4D oder 5D geplant?

A: Hinsichtlich der Bewerbungen auf die Ausschreibung wurde das Projekt nicht als BIM-Projekt ausgeschrieben. Somit wurde das Leistungsverzeichnis klassisch erstellt.

Q: Wurden die Laserscandaten nur für die Bestandsmodellierung verwendet, oder im späteren Verlauf des Projekts noch einmal zum Abgleich von Planung und Bestand herangezogen?

A: Die Scandaten wurden lediglich für die Erstellung des Bestandsmodells verwendet, wie es der Standard im Tiefbau ist. In einem Hochbauprojekt ist das sicherlich anders, aber im Tiefbau können nach der Bestandsermittlung die Punktwolken ausgeblendet werden.

Q: Arbeiten Sie ausschließlich als Auftragnehmer für die Deutsche Bahn, oder ebenfalls für öffentliche Auftraggeber, wie beispielsweise Kommunen?

A:  Wir sind im Bereich Spezialtiefbau und Verkehrswegebau tätig und haben neben Aufträgen von der Deutschen Bahn auch öffentliche Auftraggeber. Es gibt auch Projekte, in denen die Deutsche Bahn involviert, allerdings nicht der Auftraggeber ist. Beispielsweise möchte die Deutsche Bahn eine Kreuzungsvereinbarung, sobald eine Bahnkreuzung vorliegt. Wir sind darüber hinaus aber auch im Bereich der Umweltleistungen tätig.

Q: Wurden Genauigkeiten für die Punktwolke vom Auftraggeber festgelegt, oder darüber selbst entschieden?

A: Die Genauigkeitsanforderungen wurden vom Auftraggeber festgelegt.

Q: Gab es zudem Anforderungen an die Modellierung?

A: Für die Leistungsphasen wurden LoD-Anforderungen vorgeschrieben.

Q: Welche Software wurde für die Modellierung verwendet?

A: Für die Modellierung wurde die Software Revit der Firma Autodesk genutzt.

Q: Wer hat den Bestand und den Neubau modelliert?

A: Die Bestandsaufnahme sowie die Bestandsmodellierung wurden von einem Vermessungsbüro übernommen. PTB hat sich mit der Modellierung der Neubauten befasst.

Q: Wurde für das Projekt eine CDE genutzt?

A: Bei diesem Projekt wurde mit Closed BIM gearbeitet und keine CDE verwendet. Fertige Planungen wurden zwar abgelegt, allerdings erfolgten keine Besprechungen oder Ähnliches über eine gemeinsame Datenumgebung. Es wurden lediglich am Ende der Leistungsphasen der Upload vorgenommen sowie das Controlling. Es war eines der ersten BIM Projekte des Auftraggebers. Wir haben zwar in 3D geplant, allerdings war der Auftraggeber damals noch nicht in der Lage, alles in 3D zu leiten. Mittlerweile arbeitet die Deutsche Bahn mit Open BIM.

Q: Wurde die Bewehrung modelliert?

A: Ja, in Allplan.