Mit 13 Jahren steht sie zum allerersten Mal im Kreißsaal. Aufgeregt. Mitfiebernd. Vorfreudig. Mara Müller absolviert damals ein Schüler*innenpraktikum in einem Krankenhaus. „Es war die erste Geburt eines Kindes, die ich miterlebt habe. Ein unvergesslich schöner Moment“, beschreibt Mara Müller. Heute studiert sie bereits im siebten Semester den Studiengang Hebammenwissenschaft an der Hochschule für Gesundheit in Bochum (Anm. d. Red. vom 02.01.2025: heute Hochschule Bochum). „Ich wusste schon als Schülerin, dass mein späterer Beruf die Arbeit mit Kindern umfassen sollte, ich schwankte zwischen Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Hebamme.“ Seit jenem Erlebnis im Kreißsaal weiß Mara Müller ganz genau, was sie werden möchte – Hebamme.
„Frauen und Familien in dieser besonderen Lebensphase zu begleiten und zu beraten, dabei zu sein, wenn ein neues Leben die Welt erblickt – der Hebammenberuf hält so viele schöne Momente bereit“, erklärt Mara Müller ihre Berufswahl. Der Weg in den Hebammenberuf führt heute über ein Studium, in dem angehende Hebammen wissenschaftlich fundiertes Wissen rund um die Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit, Familienwerdung bis hin zum ersten Geburtstag des Kindes vermittelt werden. Mara Müller gefiel der Gedanke ein Studium zu absolvieren, um später in ihrem Traumberuf arbeiten zu können, sofort. „So richte ich meine künftige Hebammentätigkeit an wissenschaftlichen Erkenntnissen aus“, sagt Mara Müller. Das Hebammenstudium ist dual ausgerichtet und besteht aus einem hochschulischen und einem berufspraktischen Studienteil, letzterer erfolgt bei klinischen und außerklinischen Kooperationspartner*innen der Hochschule. Auf diese Weise erwerben die Studierenden die wissenschaftlichen und zugleich praktischen Kompetenzen des Hebammenberufes.
„In dem hochschulischen Studienteil haben wir unter anderem Module zum physiologischen Verlauf von Schwangerschaft und Geburt, Wochenbett, Stillzeit bis hin zum ersten Lebensjahr des Kindes besucht. Darauf aufbauend haben wir in weiteren Vorlesungen immer wieder besondere Situationen in diesen Phasen kennengelernt und Fachwissen in Bezug auf mögliche Regelwidrigkeiten erworben, zum Beispiel in Bezug auf eine Frühgeburt oder auch eine Mehrlingsschwangerschaft. Auch haben wir uns umfassend mit der Abgrenzung von physiologischen zu pathologischen Geburtsverläufen auseinandergesetzt. Je fortgeschrittener der Studienverlauf, umso mehr stiegen wir in Fallanalysen und die komplexe Hebammenversorgung ein“, reflektiert Mara Müller den bisherigen Studienverlauf und erzählt von einem Modul, aus dem sie ebenfalls viel mitgenommen hat. „In dem Modul ging es um Techniken der Beratung und Kommunikation in sensiblen Situationen, in denen sich eine Hebamme mit ihrer Arbeit ja häufig bewegt, weil wir den Frauen und Familien in ihrer Privatsphäre sehr nah kommen“, ergänzt Mara Müller. „Es ist in den Praxiseinsätzen schön zu erleben, wenn die Frau sich öffnet und sich Vertrauen zwischen ihr und mir als angehende Hebamme bildet. Wenn die Frau sich gegenüber meinen Vorschlägen nicht verschließt, sondern von mir Hilfe annimmt. Das hat auch viel damit zu tun, wie wir an der Hochschule lernen mit Frauen und Familien zu kommunizieren, sie zu beraten und begleiten.“
Mara Müller: „Die Skills-Labs sind eine super Vorbereitung auf den berufspraktischen Studienteil. Die Übungen, die wir dort in kleinen Gruppen durchgehen, werden mit jedem Semester komplexer.“
Weitere Module lehren Themen der Frauen- und Familiengesundheit, zeigen Fortschritte der Digitalisierung im Gesundheitswesen, bereiten auf eine interprofessionelle Zusammenarbeit vor oder vermitteln Kenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens. Mara Müller ist besonders gerne in den Skills-Labs, den modern ausgestatteten Praxisräumen am Gesundheitscampus. Dort erwerben die Studierenden im geschützten Rahmen und an unterschiedlich komplexen Modellen praktische Hebammenfertigkeiten. „Die Skills-Labs sind eine super Vorbereitung auf den berufspraktischen Studienteil. Die Übungen, die wir dort in kleinen Gruppen durchgehen, werden mit jedem Semester komplexer. Angefangen haben wir mit dem Waschen und Ankleiden eines Babys oder dem Abtasten des Babys im Bauch. Später haben wir zum Beispiel geburtshilfliche Handgriffe oder die Unterstützung der Plazentageburt geübt und in der höchsten Lernstufe trainierten wir mit High-Fidelity-Simulatoren realitätsnah komplexe Situationen wie geburtshilfliche Notfälle“, berichtet Mara Müller. „Dabei haben wir in den Skills-Labs immer erfahrene Lehrende an unserer Seite.“
Auch im berufspraktischen Studienteil begleitet der Studienbereich Hebammenwissenschaft die Studierenden während ihrer Einsätze vor Ort bei den klinischen wie auch außerklinischen Kooperationspartner*innen der Hochschule durch regelmäßige Besuche. Mara Müller hat in zwei unterschiedlichen Krankenhäusern Praxisphasen im Kreißsaal, in der Kinderklinik sowie in der gynäkologischen Ambulanz absolviert, ebenso Einsätze in einer freiberuflich geführten Hebammenpraxis und einem Geburtshaus. „Der Wechsel aus Theorie- und Praxisphasen gefällt mir im Studium sehr gut. Erst wird die Theorie erlernt, dann darauf aufbauend die praktische Anwendung“, erzählt sie begeistert. Mara Müller ist im siebten Semester, besucht aktuell ein Modul zur Praxisanleitung, in dem sie die Bedeutung der praktischen Anleitung für den Lernprozess von Studierenden selbst erlernt, bereitet sich auf ihre staatliche Prüfung im Praxiseinsatz vor und schreibt an ihrer Abschlussarbeit. „Eine geballte Menge an Arbeit, aber ich weiß ja, wofür ich das mache“, sagt sie und lächelt beim Gedanken an ihren baldigen Berufseinstieg. Dann umreist sie ihre Abschlussarbeit. „Im Abitur hatte ich Deutsch als Leitungskurs gewählt, dort haben wir unter anderem Gedichte des Expressionismus analysiert. Daran angelehnt, werde ich in meiner Bachelorarbeit das Bild der Frau in Gedichten des Expressionismus anhand einer Dokumentenanalyse erforschen. Ja, ich weiß, das auf die deutsche Lyrik angesetzte Thema ist schon sehr besonders, ich habe es mir aber selbst ausgesucht und freue mich, dem nachgehen zu dürfen.“
Mara Müller schätzt am Hebammenberuf auch die Vielfältigkeit. Hebammen arbeiten klinisch oder außerklinisch, angestellt oder freiberuflich, in kleineren oder größeren Teams. „Ich fühle mich durch das Studium sehr gut auf die Arbeitswelt vorbereitet, vor allem auch auf das hohe Maß an Eigenverantwortung, das eine Hebamme trägt.“ Mara Müller weiß schon genau, wie es nach dem Studium mit der Berufszulassung und dem Bachelorabschluss in der Tasche für sie weitergeht. „Ich habe bereits einen Arbeitsvertrag unterschrieben und werde im Kreißsaal eines Krankenhauses Geburten begleiten“, verrät Mara Müller. „Wenn ein Kind auf die Welt kommt, ist das ein wunderschöner Moment, der den ganzen Raum mit positiver Energie füllt. Davon möchte ich noch ganz viele erleben.“
Bericht: Daniela Schaefer, Online-Redakteurin