Er hatte schon als Jugendlicher im Hinterkopf eines Tages als Architekt zu arbeiten. „Architekt war meine spontane Antwort, wenn ich früher gefragt wurde, was ich später beruflich machen möchte. Tatsächlich habe ich mich aber lange nicht getraut, Architektur zu studieren, weil ich von mir selbst dachte, dass ich nicht kreativ, nicht künstlerisch genug bin“, erzählt Sebastian Bendszus. Er fängt ein Studium der Volkswirtschaftslehre an, doch der Gedanke an die Architektur lässt ihn nicht los. „Da sagte ich mir: Du musst es ausprobieren!“ Gesagt. Getan. Mit Erfolg. Das Studium der Architektur an der Hochschule Bochum nimmt Sebastian Bendszus jede Unsicherheit und fördert seine Stärken. Im vergangenen Semester besteht er als bester Absolvent des Jahrgangs die Bachelorthesis.
„Ich wusste vor dem Studium nicht sicher, ob Architektur mir Spaß machen würde und was genau mit dem Studium auf mich zukommt. Was ich aber wusste ist, dass ich ein Interesse an der Gestaltung von Gebäuden und ein Auge für die gebaute Umgebung habe“, sagt Sebastian Bendszus. Die Einschreibung für den achtsemestrigen Bachelorstudiengang Architektur, der Absolvent*innen nach zweijähriger Berufspraxis zur Eintragung in die Architektenkammer berechtigt, setzt das Bestehen eines Eignungstests voraus. Der Test zeigt auf, ob Studieninteressierte die fürs Studium und die spätere Berufsausübung notwendige künstlerisch-gestalterische Begabung sowie räumliches Vorstellungsvermögen mitbringen. Sebastian Bendszus besteht den Test und schreibt sich direkt fürs Architekturstudium ein. „Das Studium ist total vielseitig. Die unterschiedlichen Module verdeutlichen schnell, dass jede und jeder Studierende ihren oder seinen eigenen Bereich in der Architektur findet.“
In den ersten Studienjahren lernen die Studierenden Grundlagen des Entwerfens und der Baukonstruktion mittels Handzeichnungen und physischen Modellen, erhalten Einblicke in den Umgang mit digitalen Medien im architektonischen Entwurfs- sowie Konstruktionsprozess und besuchen unter anderem Vorlesungen zur Tragwerk- und Gebäudelehre sowie Baustofftechnologie. Daran schließen sich Module zum Städtebau, Bauen im Bestand oder auch Baumanagement an. „Das Studium hat einen stark gestalterischen Schwerpunkt, es gab jedes Semester Module, in denen wir Entwürfe erarbeiteten, kreativ sein und frei denken konnten. Ich habe mich jedes Semester auf genau diese Entwurfsmodule gefreut“, beschreibt Sebastian Bendszus. In einem Semester entwirft er ein Parlament in Grönland, in einem weiteren ein Museum in Paris oder ein Kulturzentrum im Bochumer Bermuda3Eck. In den begleitenden baukonstruktiven Modulen steht die technische Umsetzung des Entwurfs im Fokus. „Diese ähnliche Gewichtung zwischen kreativer Entwurfsplanung und konstruktiver Umsetzung hat es uns ermöglicht umfangreiches Wissen zu generieren, wie Entwürfe sich in der Realität umsetzen lassen. In dem Zusammenhang haben wir auch Kompetenzen zu weiteren Einflussfaktoren wie Brandschutz und barrierefreies Bauen erworben.“
Die angehenden Architekten trainieren im Studium das Moderieren, Präsentieren und Führen von Verhandlungen. Zudem können sie aus einer Reihe von Wahlpflichtfächern zusätzliche individuelle Studienschwerpunkte setzen, zum Beispiel in der digitalen Bildbearbeitung oder Animation, im Freihandzeichnen, plastischen Gestalten wie in der Innenraumgestaltung. Neben Rechtskenntnissen für die Architekturpraxis können sie Umsetzungskompetenzen im Building Information Modeling (BIM) oder umweltgerechten Bauen erwerben, denn auch eine klimabewusste Architektur spielt im Studium eine Rolle. Sebastian Bendszus: „Im Bauwesen gibt es viele Stellschrauben zur Reduzierung des CO2 Ausstoßes, etwa durch das Bauen mit nachhaltigeren Rohstoffen oder die generelle Reduzierung von Neubauten und die Umnutzung von Bestandsgebäuden. In letzterem Modul haben wir neue, auf die zukünftige Entwicklung ausgerichtete Nutzungskonzepte für bestehende Gebäude entwickelt. Wir haben zum Beispiel einen Entwurf zur Umnutzung des Bahnhofs im Bochumer Stadtteil Langendreer erarbeitet.“
Sebastian Bendszus: „Das Auslandssemester in Sevilla war spannend und eine tolle Erfahrung.“
Fest verankert sind im Studienplan Exkursionen. „Ich hatte darüber hinaus die Möglichkeit in meinem Studium an einem Workshop in der Nähe von Neapel teilzunehmen. Dort haben wir für ein Bergdorf Konzepte erstellt, um das Dorf und die Umgebung attraktiver für Touristen zu gestalten“, erzählt Sebastian Bendszus. Ein Semester hat er zudem in Sevilla studiert. „Das Auslandssemester in Sevilla war spannend und eine tolle Erfahrung. In der historischen Altstadt gab es eine Baulücke zwischen zwei Straßen. Wir hatten die Aufgabe ein Gebäude zu planen, das Wohnungen und Werkstätten im Inneren, aber auch eine öffentliche Durchwegung beinhaltet.“
Sebastian Bendszus gefällt an der Architektur besonders, dass sie einen positiven Einfluss auf gesellschaftliche und soziale Bereiche nehmen kann. Er berichtet von seiner Bachelorthesis, die er vergangenes Semester als bester Absolvent des Jahrgangs bestanden hat. Sein Themengebiet war die Gestaltung eines Entwurfs für ein experimentelles Theater im Duisburger Innenhafen. Die Studierenden sollten ihren Gebäudekomplex auf ein Areal platzieren, auf dem sich eine riesige Stahlbetontreppe befindet, die in den Entwurf einzuarbeiten war. „Als erstes habe ich die Treppenanlage an den Enden freigeschnitten, um sie aus der Umgebung zu lösen und damit sie frei als Skulptur im Hafenbecken liegt. Dann habe ich für mein Theater zwei miteinander verbundene, aufgeständerte Baukörper entworfen und sie in eine hinter der Treppe befindliche Auenlandschaft eingesetzt. In einem Gebäude finden die Theateraufführungen statt, das andere ist ein Backstage-Gebäude, in dem sich unter anderem Werkstätten und die Verwaltung befinden.“ Sebastian Bendszus hat einen Ausschnitt der Treppe in seinem Modell mit Wellpappe nachgestellt, von dessen unteren Stufen aus ein Steg aufs Wasser führt. „Die ungenutzte Stufenpromenade wird im Bereich des Theatergebäudes als Freilichttheater genutzt. Ein Steg verbindet die Treppenanlage mit der sich auf dem Wasser befindlichen Freilichtbühne.“
Drei Monate hat Sebastian Bendszus intensiv an seiner Bachelorthesis gearbeitet, in der BlueBox auf dem Zentralcampus. „Die BlueBox ist eine zweigeschossige Werkstatt für uns angehende Architekten, in der wir uns das Studium über ausbreiten und unsere Entwürfe erarbeiten können. Während der Bachelorthesis war sie mein zweites Zuhause. Es war ein gutes Gefühl, sich dort mit Kommiliton*innen auszutauschen, sich gegenseitig Rat zu geben und über die Entwürfe zu diskutieren. Manchmal arbeiteten wir bis in die Nacht an unseren Projekten. Am Studienende meinen Arbeitsplatz aufräumen und ausziehen zu müssen, hat sich schon wehmütig angefühlt, aber ich freue mich darauf, jetzt das Berufsleben eines Architekten kennenzulernen.“
Bericht: Daniela Schaefer, Online-Redakteurin