Warum der Studiengang…
Der Studiengang passte zu meinen beruflichen Plänen wie die Faust aufs Auge. Zu dem Zeitpunkt arbeitete ich als Krankenschwester auf einer Intensivstation, suchte aber nach einer beruflichen Veränderung und stieß dabei auf die vakante Stelle als Quartiersmanagerin beim Deutschen Roten Kreuz im Kreis Borken. Ich hatte von Quartiersarbeit bis dahin noch nie etwas gehört, fand das Arbeitsgebiet aber spannend. Also bewarb ich mich auf die Stelle und beschloss: Wenn ich sie bekomme, ergreife ich die Chance und schreibe mich auch für den Studiengang Gesundheit und Sozialraum ein. Gesagt. Getan. Der Studiengang behandelt genau die Themen, die mich bis heute jeden Tag begleiten. Ich bekam über die Studienzeit das wissenschaftlich fundierte Know-how zu dem, was ich beruflich ausübte, quasi die Theorie zur Praxis, die ich jeden Tag vor Augen hatte. Dass der Studiengang darüber hinaus noch berufsbegleitend angeboten wird – perfekter wäre es nicht gegangen.
Was nach dem Studium geschah …
Ich arbeite jetzt seit über fünf Jahren als Quartiersmanagerin beim Deutschen Roten Kreuz im Kreis Borken und leite das DRK-Generationenbüro in Vreden. Die Anlaufstelle richtet sich an die gesamte Vredener Bevölkerung. Als Quartiersmanagerin ist es meine Aufgabe Sozialräume wie einzelne Quartiere, das heißt Stadtteile und Wohnumfelder, so mitzugestalten, dass ein generationenübergreifendes Miteinander gestärkt und jeder Mensch soziale Teilhabe in seinem Lebensumfeld findet.
Foto: privat
Edith-Margarete Gewers hat an der HS Gesundheit berufsbegleitend Gesundheit und Sozialraum studiert und arbeitet als Quartiersmanagerin.
Mein heutiger Berufsalltag …
Als Quartiersmanagerin führe ich klassische Sozialraumanalysen durch, anhand derer ich herausarbeite, welche Zielgruppen wir mit der Gestaltung der Stadtteile und der sozialen Infrastruktur in Vreden erreichen und welche wir noch wenig bis gar nicht ansprechen. Die Sozialraumanalyse deckt unter anderem auf, wo besonderer sozialer Handlungsbedarf besteht. In weiteren Schritten geht es dann darum, die Bedarfe detaillierter aufzuspüren und zu erarbeiten, wie und mit welchen Angeboten wir benachteiligte Zielgruppen künftig besser unterstützen können. Eine Analyse hatte zum Beispiel ergeben, dass wir queere Menschen, die sich nicht der heteronormativen Lebensweise zugehörig fühlen, bislang mit unseren Angeboten nicht ansprechen. Hieraus ist der Queer-Stammtisch entstanden, der dem Austauschbedarf unter queeren Menschen dient und in dem wir gemeinsam queere Projekte weiterentwickeln. Eine weitere Analyse zeigte auch, dass wir Menschen ab 55 Jahren, also die Altersklasse, die sich zwischen Arbeit und Ruhestand befindet, mit unseren Angeboten nicht ausreichend bedenken. Also haben wir die Menschen angeschrieben und ins Generationenbüro eingeladen. Daraus hat sich eine vielfältige Gruppe gebildet, die einen Teil ihrer Freizeit nun miteinander verbringt, gemeinsam wandern geht oder Brot backt. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist auch, die Koordination und Strukturierung von Seniorenarbeit gemeinsam mit weiteren Akteur*innen der Stadt. Wir haben zum Beispiel einen Treffpunkt für alleinstehende Senior*innen ins Leben gerufen und ein Seniorenforum als Diskussionsort für die Belange älterer Menschen.
Außerdem initiiere ich aus dem Generationenbüro heraus Informationsveranstaltungen für ältere Menschen, setze ich mich mit dafür ein, wie freiwilliges Ehrenamt in der Stadt unterstützt oder Integrationsarbeit geleistet werden kann. Und manchmal bin ich auch einfach eine Stütze, die hilft, eigene Projektideen der Menschen auf den Weg zu bringen. Eine Dame kam zum Beispiel mit der Idee in meine Sprechstunde, ein Angebot zu entwickeln, das es Menschen ermöglicht, gemeinsam Lebensmittel einzukochen. Als Quartiersmanagerin ist es wichtig, immer ansprechbar zu sein. Der Kern meiner Arbeit ist es mit Menschen zu reden, ihre Interessen wie Nöte kennenzulernen und darauf ausgerichtet Angebote zu entwickeln, auch in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren der Stadt wie Vereinen und Verbänden. Die Arbeit als Quartiersmanagerin ist sehr vielfältig und obwohl ich mich eng mit dem DRK und der Kommune abstimme, habe ich viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist schön zu sehen, wie sich die Menschen über die Angebote in ihrer Stadt freuen und zugleich ist ihre Freude eine Wertschätzung meiner Arbeit. Wenn man gemeinsam mit den Menschen etwas auf die Beine stellt, entstehen wertvolle Momente – mehr Spaß an einer Arbeit kann man nicht haben.
Das habe ich aus meinem Studium mitgenommen …
Unfassbar viel! Ich kann fast täglich etwas aus dem Studium für meine Arbeit herausziehen. Seit den Vorlesungen zur Sozialraumgestaltung gehe ich mit einem völlig neuen Blick für die Bedarfe der Bürger*innen durch die Stadt. Hilfreich war auch das Modul zur kommunalen Planung, das verdeutlicht, wie wichtig in der Quartiersarbeit die Zusammenarbeit mit der Kommune ist, welche Faktoren dabei berücksichtigt und welche Fachbereiche eingebunden werden sollten. Ich habe viel übers Projektmanagement gelernt, insbesondere darüber, wie man an ein Projekt im Bereich Public Health herangeht, es etabliert und evaluiert. Projektmanagement ist heute ein wichtiger Teil meiner täglichen Arbeit. Ebenso nützlich sind für mich die erworbenen Kenntnisse über das wissenschaftliche Arbeiten und darüber, welche Quellen heute sicher verwendet werden können. Interessant fand ich auch die Lerninhalte zur Gesundheitspsychologie und den Input zur Beratungskommunikation: Wie bewege ich Menschen dazu, ein Angebot auch wahrzunehmen?
Edith-Margarete Gewers: „Der Studiengang behandelt genau die Themen, die mich bis heute jeden Tag begleiten.“
Auch aus meiner Bachelorarbeit konnte ich bereits schöpfen. Sie thematisierte inwiefern Quartiersarbeit mit queeren Projekten zur Akzeptanz und Sichtbarkeit queerer Menschen beitragen kann. Besonders interessant fand ich auch das Praxismodul. Vreden ist eine Stadt mit einer großen ländlichen Fläche, vielen Kirchdörfern und Bauernschaften, wo Mobilität und Angebote zur Mobilität eine wichtige Rolle spielen. Im Praxismodul habe ich das Projekt eines Fahrradkurses für Geflüchtete verfolgt, die außerhalb des Stadtkerns leben. Ziel war, ihnen die Möglichkeit zu geben, mehr am sozialen Leben in Vreden teilhaben zu können.
Erinnerungen an meine Studienzeit …
Ich erinnere mich sehr gerne an unsere Online-Lerngruppen zurück. Jeder kam aus einer anderen Stadt mit unterschiedlicher Entfernung zur Hochschule, da war eine Online-Lerngruppe hilfreich. Hatte einer von uns einmal ein Lern-Tief, haben die anderen der Lerngruppe ihn gemeinsam wieder dort rausgeholt.
Mein Tipp für Studierende …
Dranbleiben! Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie viel Disziplin es manchmal kostet, sich nach einem langen Arbeitstag spät abends noch einmal an den Schreibtisch zu setzen und zum Beispiel an einer Hausarbeit zu schreiben, aber es lohnt sich, den Studiengang zu beenden. Gesundheit und Sozialraum ist ein wertvoller Studiengang, der sehr praxisorientiert ist und mit dem man sich auf interessante Stellen bewerben kann.
Nähere Informationen zu unseren Studiengängen und zur Bewerbung um einen Studienplatz gibt es auf der Website der HS Gesundheit.
Das Interview führte Daniela Schaefer, Online-Redakteurin