Das war ein mehr als spannendes Umfeld für 20 Studierende des Fachbereichs Bau- und Umweltingenieurwesen: Anfang November erlebten sie auf ihrer zwölftägigen Exkursion nach Vietnam unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Baitsch und Prof. Dr. Stephan Löring sowie Dr. Denis Busch und Clara Walsemann (M.Sc.), wie in der größten Stadt Vietnams Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemals Saigon) gebaut, gewirtschaftet und gelebt wird.
Dabei konnten die Studierenden der Vertiefungsrichtung "Konstruktiver Ingenieurbau" Einblicke in die Baubranche Vietnams und die mit ihren Aktivitäten verbundenen umweltbedingten Herausforderungen erfahren. „In Vietnam bzw. in Ho-Chi-Minh-Stadt wird eine unvorstellbare Menge an Beton verarbeitet“, berichtet Dr. Denis Busch von seinen Eindrücken. „Es ist in keiner Weise mit dem vergleichbar, wie wir in Deutschland bauen. Es wird eine Brachfläche genommen und auf dieser werden eine große Zahl an Hochhäusern zur Wohnnutzung gebaut. Es werden dort neue Stadtteile mit mehreren 1000 Wohneinheiten errichtet auf einem Gebiet, wo vorher im Prinzip nichts war.“
Wie Vietnam in Ho-Chi-Minh-Stadt die Herausforderungen der Entwicklung zu einer modernen urbanen Metropole bewältigen möchte, zeigte sich auch beim Besuch der Metrobaustelle. Zurzeit wird die erste Linie in Ho-Chi-Minh-Stadt mit einer Gesamtlänge von 19,7 km gebaut. Die Linie verläuft von Suoi Tien nach Ben Thanh und soll 2024 eröffnet werden. „Aktuell ist der Straßenverkehr in Ho-Chi-Minh-Stadt für einen Europäer sehr gewöhnungsbedürftig“, erklärt Clara Walsemann. „Die Straßen sind überfüllt mit Mopeds, die kreuz und quer über die Straßen fahren. Und wenn die Straße mal überfüllt ist, dann werden auch gerne mal die Bürgersteige verwendet. Der wachsende Wohlstand führt aber dazu, dass immer mehr Menschen auf das Auto umsteigen, das hat zur Folge, dass die Straßen immer mehr verstopfen und der Bau einer U-Bahn-Linie zur Reduzierung des Verkehrs unausweichlich ist.“
Die Exkursionsteilnehmer*innen lernten auf ihrer Reise beeindruckende Bauten wie den 265,5 m hohen Bitexco Financial Tower kennen, der einer ungeöffneten Lotosknospe nachempfunden ist und dessen riesige auskragende Helikopterlandeplattform auf der 52. Etage beeindruckt. Vom „Landmark 81“, der die ihm benachbarten Hochhäuser, um das Doppelte zu überragen scheint und mit 461 m das größte Gebäude Vietnams ist, hatten die Studierenden einen fantastischen Blick auf die Altstadt von Ho-Chi-Minh-Stadt und die neuen Stadtteile der pulsierenden Metropole.
Ein weiterer Superlativ war sicherlich auch die mit 2,65 km längste Schrägseilbrücke Südostasiens: die Can Tho Brücke führt über den Hau-Fluss im Mekong-Delta. „Das Mekongdelta ist wegen des Klimawandels und des ansteigenden Meeresspiegels akut gefährdet“, erläutert Stephan Löring die Situation dort. „Ohne Hochwasserschutz stünden viele Straßen in der Innenstadt von Can Tho regelmäßig unter Wasser. Deshalb wird hier aktiv an entsprechenden baulichen Maßnahmen und zunehmend auch an nachhaltigen Konzepten zur Bewältigung der großen Herausforderungen gearbeitet.“ Die Gruppe hörte bei ihrem Besuch an der Can Tho Universität und der örtlichen Baubehörde Vorträge zu dem Thema und diskutierte mit den Expert*innen vor Ort Lösungsstrategien zur Bewahrung des Deltas. „Bei der Busfahrt durch diese Region kann man die Problematik direkt mitterleben“, erinnert sich Bauingenieur Busch. „Bei vielen Übergängen von Straße zur Brücke oder umgekehrt gab es einen Versatz, denn aufgrund des absinkenden Bodens im Mekongdelta setzen sich die Straße und die Brücken unterschiedlich.
Zum Exkursionsprogramm gehörte auch der Besuch zweier Hochschulen, unter ihnen die Vietnamese-German University, mit der der Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwesen eine Kooperation unterhält. Da der Studiengang Bauingenieurwesen dort nach europäischem Vorbild akkreditiert ist, ergeben sich besonders gute Möglichkeiten für einen Auslandsaufenthalt, an dem einige Exkursionsteilnehmer*innen im Anschluss Interesse zeigten. Auch die Ton Duc Thang Universität wurde besucht. Nach der Besichtigung des sehr beeindruckenden Campus' hielten Prof. Baitsch und Prof. Löring im Rahmen eines internationalen Seminars Vorträge zu aktuellen Entwicklungen in der europäischen Bauindustrie.